Der demografische Wandel, der seit 1990 besonders Ostdeutschland wie im Zeitraffer zu beobachten ist, wird sich fortsetzen und z.T. sogar verstärken. Neben den Effekten der (Über-)Alterung der Gesellschaft, dem Zusammenbruch ganzer regionaler Wirtschaftssysteme und der damit verbundenen Massenarbeitslosigkeit kommen seit der Wiedervereinigung Prozesse der „Entleerung“ ganzer Regionen hinzu.
Diese Entwicklung wird nicht ohne Konsequenzen für die öffentliche Mobilität bleiben. Das Verkehrsaufkommen geht zurück, die Struktur der Nachfrage wird sich ändern. Die Grundlagen der öffentlichen Mobilität sind in schrumpfenden Regionen bedroht, dazu wird die Verkehrsnachfrage künftig räumlich höchst unterschiedlich sein.
Weil Verkehrsdienstleistungen ein Teil der Daseinsvorsorge sind, kann dieser Entwicklung nicht tatenlos zugesehen werden. Der Staat muss die Grundlagen der öffentlichen Mobilität auch in Zukunft sicherstellen. Aber statt Ausbau werden der Erhalt und Anpassung von Mobilitätsdienstleistungen notwendig werden; erstmalig wird es sogar um das Management des Schrumpfens gehen. Die bisher bewährte Verkehrspolitik wird mit diesen Anforderungen jedoch kaum fertig werden.
Unter besonderer Berücksichtigung von Brandenburg wird untersucht, wie sich die verkehrspolitische Governance verändern muss, damit die öffentliche Mobilität weiterhin gewährleistet werden kann. Kann öffentliche Mobilität nur als flächendeckender ÖPNV verstanden werden? Welchen Stellenwert wird sie als Teil der Daseinsvorsorge in Zukunft haben? Wer ist für die öffentliche Mobilität verantwortlich, wie wird sie „gewährleistet“?
Wenn die Bevölkerung in vielen Landkreisen dramatisch schrumpft, die Siedlungsstruktur zerfasert, die Menschen immer älter, aber auch immer (auto)mobiler werden, und die Lebensstile sich individualisieren, dann ist es kaum noch möglich und nötig, große Menschenmengen auf einmal zu transportieren. Aber Mobilität auch ohne Auto bleibt unverzichtbar. Es geht nicht nur um Daseinsvorsorge, sondern auch um die wirtschaftliche Zukunft ganzer Regionen. Statt einer flächendeckenden Versorgung mit ÖPNV muss es innovative Verkehrsdienstleistungen geben.
Dazu bedarf es aber einer neuen Mobilitäts-Governance im Gewährleistungsstaat: Andere Gesetze, andere Finanzierungsinstrumente, neue Akteure, frisches Denken, andere Leitbilder und vor allem ein kontrollierter und regulierter Wettbewerb um die bessere Qualität, um weniger Subventionen und um das bessere Mobilitätskonzept.
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG
- 1.1. Legitimation, Fragestellung und Hypothese der Arbeit
- 1.2. Stand der Forschung, Aufbau und Methodik der Arbeit, verwendete Literatur
- 2. METHODISCHE UND THEORETISCHE VORÜBERLEGUNGEN
- 2.1. Begriffe und Methoden
- 2.2. Die Steuerungstheorie und der akteurzentrierte Institutionalismus
- 2.3. Die Governance - Perspektive
- 2.4. Der Analyserahmen – Die regionale Mobilitäts-Governance
- 2.5. Hypothesenbildung
- 3. ÖFFENTLICHE MOBILITÄT ALS STAATLICHE DASEINSVORSORGE
- 3.1. Daseinsvorsorge in Deutschland
- 3.2. ÖPNV als Teil kommunaler Daseinsvorsorge
- 3.3. Individuelle Rechte auf bzw. staatliche Pflichten zur öffentlichen Mobilität?
- 3.4. Reform der Daseinsvorsorge - Mobilität im Gewährleistungsstaat
- 4. VERKEHRSPOLITISCHE RAHMENBEDINGUNGEN
- 4.1. Akteure der öffentlichen Mobilität
- 4.2. Die Rechtslage
- a) Europäisches Gemeinschaftsrecht
- b) Bundesdeutsches Recht
- c) Brandenburgisches Landesrecht
- 4.3. Finanzierung des ÖPNV
- 4.4. Ausblick
- 5. DER DEMOGRAFISCHE WANDEL
- 5.1. Entwicklung in Deutschland
- a) Bevölkerungsentwicklung
- b) Alterung
- c) Binnenwanderung und regionale Disparitäten
- d) Individualisierung, Pluralisierung und Flexibilisierung der Lebensformen
- 5.2. Entwicklung in Ostdeutschland und Brandenburg
- 6. DIE FOLGEN DES DEMOGRAFISCHEN WANDELS FÜR DIE ÖFFENTLICHE MOBILITÄT IN BRANDENBURG
- 6.1. Veränderte Nachfrage und Entwicklungen in der Praxis
- 6.2. Konsequenzen für Politik und Verwaltung
- 7. HERAUSFORDERUNGEN UND CHANCEN DER MOBILITÄTS-GOVERNANCE
- 7.1. Aktuelle Innovationshemmnisse
- a) Antiquierte Infrastrukturpolitik und Leitbilder
- b) Verkrustete Strukturen
- c) Fehlanreizende Finanzierung
- 7.2. Eine neue Mobilitäts-Governance im Gewährleistungsstaat
- a) Gewährleistung der Daseinsvorsorge im Wettbewerb
- b) Reform der rechtlichen Rahmenbedingungen
- c) Innovative Angebote und Subjektförderung
- d) Neue Akteure, neues Denken, neue Leitbilder
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Folgen des demografischen Wandels für die öffentliche Mobilität in schrumpfenden Regionen, insbesondere in Brandenburg. Ziel ist es, die Herausforderungen und Chancen der Mobilitäts-Governance zu beleuchten und mögliche Lösungsansätze zu entwickeln.
- Die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Verkehrsnachfrage und die öffentliche Mobilität.
- Die Bedeutung der öffentlichen Mobilität als Teil der Daseinsvorsorge in Deutschland.
- Die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen der Verkehrspolitik in Deutschland und ihre Relevanz für die Entwicklung der öffentlichen Mobilität in schrumpfenden Regionen.
- Die Herausforderungen und Chancen der Mobilitäts-Governance in schrumpfenden Regionen.
- Mögliche Lösungsansätze für die Gestaltung einer zukunftsfähigen öffentlichen Mobilität in Brandenburg.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Legitimation, Fragestellung und Hypothese der Arbeit darlegt. Anschließend werden methodische und theoretische Vorüberlegungen präsentiert, die den Analyserahmen und die verwendeten Methoden erläutern. In Kapitel 3 wird die öffentliche Mobilität als staatliche Daseinsvorsorge in Deutschland betrachtet, wobei die Rolle des ÖPNV und die rechtlichen Rahmenbedingungen im Fokus stehen. Kapitel 4 untersucht die verkehrspolitischen Rahmenbedingungen, die auf europäischer, nationaler und Landesebene gelten. Anschließend werden in Kapitel 5 die Entwicklungen des demografischen Wandels in Deutschland und Brandenburg beleuchtet. Kapitel 6 untersucht die Folgen des demografischen Wandels für die öffentliche Mobilität in Brandenburg und analysiert die Herausforderungen und Chancen der Mobilitäts-Governance. Die Arbeit endet mit einem Fazit.
Schlüsselwörter
Demografischer Wandel, öffentliche Mobilität, Mobilitäts-Governance, ÖPNV, Daseinsvorsorge, Schrumpfungsregionen, Brandenburg, Verkehrswende, Nachhaltigkeit, Innovationen, Akteurskonstellationen, Regulierung.
- Citar trabajo
- Robert Rädel (Autor), 2007, Die Folgen des demografischen Wandels für die öffentliche Mobilität in schrumpfenden Regionen, unter besonderer Berücksichtigung von Brandenburg, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76831