Constantin und seine Legitimationsbemühungen


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2006

21 Pages, Note: 1-


Extrait


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Constantin und die Tetrarchie
1. Diocletian als Reformer
2. Constantin als Usurpator

III. Dynastische Legitimationsbemühungen
1. Etablierung der constantinischen Dynastie
2. Sicherung des Kaisertums

IV. Sakrale Unterstützung eines Herrschaftsanspruchs
1. Constantin und der Sol-Invictus-Kult
2. Der neue Christengott
3. Repräsentation als Legitimation

V. Abschließende Gedanken

Literaturverzeichnis

Quellen (Editionen):

Sekundärliteratur:

I. Einleitung

Constantin der Große und seine Dynastie nehmen in der Forschung und Lehre der Althistoriker eine herausragende Stellung ein und haben in vielen Vorlesungs­verzeichnissen ihren festen Platz. Die Geschichte der Spätantike ist vor allem durch Constantin und seine Söhne entscheidend geprägt worden und hat mit der Ausbreitung des Christentums religionspolitisch einen welthistorischen Bedeutungscharakter erlangt. Dabei stand vor allem die Frage nach der so genannten „Konstantinischen Wende“[1] im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses. Doch nicht nur der Durchbruch des Christentums ist es, der die positive Bilanz Constantins dokumentiert. Auch sein Beitrag zur erfolgreichen Grenzsicherung des römischen Reiches, nach den Einfällen des 3. Jahrhunderts, ist in der Nachbetrachtung als eine Errungenschaft des Kaisers aufgefasst worden. Eine lange Friedensphase während der Zeit der Alleinherrschaft verdient ebenfalls Anerkennung.

Constantin erscheint dem interessierten Laien auf den ersten Blick als ein durchaus sehr erfolgreicher Kaiser, der sich in altrömischer Tradition dem Wohl des Staates verpflichtet fühlt und nebenbei das Christentum als die neue Staatsreligion propagiert. Damit verknüpft stellt sich aber unweigerlich die Frage, wie die umrissenen Erfolge überhaupt Realität werden konnten? Welche Mittel, Anstrengungen und Bemühungen waren für Constantin überhaupt notwendig, um seine Ziele erreichen zu können? Wie konnte sich Constantin trotz schwieriger Ausgangslage als Usurpator so glänzend behaupten, dass er der Nachwelt als wohl schillerndste Figur der Spätantike überliefert ist? Welche Herrscherideologie und Autorisation benutzte er, um über seine niedere Herkunft und zweifelhafte Identität hinwegzutäuschen, und eine Alleinherrschaft erringen, absichern und vererben zu können?

Die folgenden Gedanken versuchen die Ereignisgeschichte Constantins kurz zu umreißen und sein macht- und religionspolitisches Handeln nachzuzeichnen, um dem Hauptanliegen der Arbeit Rechnung tragen zu können, das die Legitimations­bemühungen Constantins des Großen zu erörtern sucht. Auf Basis einschlägiger Quellen und Sekundärliteratur soll Wissen über seine dynastischen und sakralen Anstrengungen zusammengetragen werden. In einer kurzen Hinleitung soll Constantins Vorgänger Diocletian und sein tetrarchisches Konzept vorgestellt werden. Danach erfolgt eine legitimationsgeschichtliche Untersuchung Constantins, angefangen mit seiner Usurpation bis hin zu seinem Tod. Am Ende steht eine kurze Reflektion des Vorgetragenen.

II. Constantin und die Tetrarchie

1. Diocletian als Reformer

Die Spätantike beginnt in übereinstimmender Perspektive gewöhnlich mit Kaiser Diocletian. Auch wenn jener häufig im Schatten seines berühmten Nachfolgers Constantin dem Großen stand, war er für die Forschung doch auch sehr relevant. Der wissenschaftliche Dialog erfolgte hauptsächlich über sein beinahe revolutionäres Herrschaftskonzept der Tetrarchie, einer Kollegialherrschaft zweier Augusti und zweier Caesaren, die von Diocletian ins Leben gerufen wurde. Heute ist man im Gegensatz zur Argumentation des 19. Jahrhunderts, die Diocletian als Schöpfer eines absolutistisch anmutenden Dominats[2] bezeichnete und die Tetrarchie als utopisches Konzept gering schätzte, zu der Auffassung gelangt, Diocletian habe die Ansätze seiner Vorgänger pragmatisch und konsequent reproduziert[3] aber nichts vollkommen Neues oder Utopisches erschaffen. Kolb argumentierte in den letzten Jahren, die Tetrarchie sei sehr wohl systematisch konzipiert worden[4].

Diocletian war ebenfalls wie seine zahlreichen Vorgänger aus dem 3. Jahrhundert als Usurpator im November 284 an die Macht gekommen. Es gelang ihm jedoch mit der Tradition der Soldatenkaiser[5], in der er selbst verwurzelt war, zu brechen und seine Herrschaft über 20 Jahre lang zu festigen. Er schaffte es die Grenzen zu befrieden, er stoppte den ökonomischen Raubbau und behob durch seinen eigenwilligen Herrschaftsentwurf, zumindest eine Zeit lang, das Usurpatorenproblem.

Die Viererherrschaft war jedoch zunächst eine Dyarchie, die entstand, als Diocletian ein Jahr nach seiner Machtergreifung einen ebenfalls aus niederen Kreisen stammenden militärischen Emporkömmling, namens Maximian, zuerst zum Caesar erhob und kurz darauf, ein Jahr später, zum Augustus und Mitregenten delegierte. Diese Zweikaiserherrschaft wurde durch den „domus divina“[6] - Gedanken theokratisch konsolidiert, propagandistisch durch Münzen, Inschriften und Panegyrik verbreitet und sollte die Herrschaft über jeden Legitimitätszweifel bei Volk und Heer erhaben machen[7].

Das missliche Nachfolgeproblem wollte Diocletian dadurch lösen, dass er und Maximian im Jahre 293 zwei Caesares ernannten, Galerius für den Donauraum und Constantius Chlorus für Gallien und Britannien, die als präsumtive Augusti nach weiteren zehn Jahren das 20- jährige Erbe der zwei „seniores Augusti“ antreten sollten. Jeder Caesar verwaltete selbstständig einen eigenen, von insgesamt vier Reichsteilen. Die Caesares wurden ebenfalls in die göttliche Tetrarchenfamilie aufgenommen und als „Söhne“ mit den Augusti sakrosankt assoziiert. Auch leiblich waren die Familien der einzelnen Herrscher untereinander versippt. Revolutionär an der Idee Diocletians erschien vor allem, dass die Augusti geplant freiwillig abdanken sollten. Dieses eigenwillige Nachfolgemodell funktionierte dann auch zunächst reibungslos: 305 dankten Diocletian und Maximian ab, die zwölf Jahre zuvor berufenen Caesares Constantius Chlorus und Galerius rückten zu Augusti auf und ernannten ihrerseits, die ebenfalls aus dem Balkanraum stammenden Militärs, Severus und Maximinus Daia zu neuen „Caesares“. Das seltsam anmutende Nachfolgerecht fand seinen unüblichen Höhepunkt darin, dass die leiblichen Söhne der Augusti übergangen wurden, sie gingen leer aus[8].

[...]


[1] Erwähnt sei hier vor allem die Forschungskontroverse, unter anderem zwischen Jochen Bleicken und Klaus Bringmann. Bleicken verteidigt, in altbekannter Tradition die Positionen Jackob Burckhardts und Henri Grégoires, das bloße Machtkalkül in Constantins Religionspolitik, während Bringmann und andere einen eindeutigen Zusammenhang von Religionspolitik und individueller Glaubenshaltung Constantins erkennen wollen. In den Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses rückten stets vor allem die angeblichen Visionen im Zusammenhang mit der „Schlacht an der Milvischen Brücke“ und ihre unmittelbaren oder langfristigen Auswirkungen auf Constantins religiöse Motive in seinem Handeln. Vgl. dazu auch die erst kürzlich erschienene Monographie, die als erste Standortbestimmung zu empfehlen ist: Girardet, Klaus M.: Die Konstantinische Wende. Darmstadt, 2006.

[2] Die Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen, aufeinander folgenden Formen kaiserlicher Herrschaftsausübung, dem Prinzipat und dem Dominat, wurde lediglich in der deutschen Geschichtsschreibung vorgenommen und beruft sich auf die Besonderheiten des diocletianischen Hofzeremoniells, die in der deutschen Forschung als derart markante Änderung Diokletians gegenüber seinen Vorgängern aufgefasst wurden, dass eine begriffliche Differenzierung stattfand. Diese Einschätzung wird aber von der großen Mehrheit der Althistoriker heute nicht mehr geteilt. Zumal auch das Herrscherzeremoniell Diocletians weiterer Aufklärung bedarf. Vgl. dazu und zu anderen Forschungskontroversen rund um Diocletian: Kuhoff, Wolfgang: Aktuelle Perspektiven der Diokletian-Forschung, in: Alexander Demandt (Hrsg.): Diokletian und die Tetrarchie: Aspekte einer Zeitenwende. Berlin 2004, S. 11-26.

[3] Vgl. dazu das Werk von: Seston, William: Dioclétian et la tétrarchie I: Guerres et réformes: (284-300). Paris, 1946.

[4] Vgl.: Kolb, Frank: Diocletian und die Erste Tetrarchie: Improvisation oder Experiment in der Organisation monarchischer Herrschaft? Berlin, New York, 1987, S. 177-179.

[5] Seit 235 sprach man von Soldatenkaisern, da in jenem Jahr der letzte Kaiser aus dem Hause der Severer, Severus Alexander, von unzufriedenen Soldaten umgebracht worden war.

[6] Diocletian erhob die Prätention von Jupiter abzustammen und nannte sich „Iovus“, Maximian kultivierte als „Herculius“ die Abkunft von Hercules. Maximian war somit der „Bruder“ Diocletians und umgekehrt, wobei Diocletian die führende Rolle als Kaiser einnahm.

[7] Vgl. Brandt, Hartwin: Geschichte der römischen Kaiserzeit: von Diokletian und Konstantin bis zum Ende der konstantinischen Dynastie (284-363). Berlin, 1998, S. 20 f.

[8] Vgl. Brandt, S. 21.

Fin de l'extrait de 21 pages

Résumé des informations

Titre
Constantin und seine Legitimationsbemühungen
Université
University of Tubingen  (Historisches Seminar - Abteilung für Alte Geschichte)
Cours
PS Konstantin der Große und seine Dynastie
Note
1-
Auteur
Année
2006
Pages
21
N° de catalogue
V76888
ISBN (ebook)
9783638823890
ISBN (Livre)
9783638827164
Taille d'un fichier
440 KB
Langue
allemand
Mots clés
Constantin, Legitimationsbemühungen, Konstantin, Große, Dynastie
Citation du texte
Tobias Deppler (Auteur), 2006, Constantin und seine Legitimationsbemühungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76888

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