Der methodologische Individualismus berücksichtigt zwar durchaus die Auswirkungen des sozialen Kontextes auf die Bedingungen individuellen Verhaltens, erkennt aber zu wenig die formgebende Kraft sozialer Strukturen in ihrer Emergenz. Kreuzt man dieses Bild vom handelnden Menschen in seinem Verhältnis zur Gesellschaft mit seiner Handlungsabsicht der Nutzenmaximierung, seiner Fähigkeit zu rationaler Selektion von Handlungsmöglichkeiten und mit Handlungssituationen des Austausches unter den Interagierenden, so finden wir die dieser grundlegenden Vorstellung des Menschen bzw. des Verhältnisses zwischen Akteur und Gesellschaft gemeinsamen Theoriengebäude in den ökonomischen Theorien der Mikrosoziologie wie der Verhaltenstheorie von George C. Homans, der Austauchtheorie von Peter M. Blau und der Theorie der rationalen Wahl von James C. Coleman (vgl. Münch 2003: 11).
Das diesen Theorien zugrunde liegende Akteurmodell wird Homo Oeconomicus genannt.
Dieses Menschenbild ist jedoch nur schwer eindeutig zu definieren, da jede Theorie die strukturelle Bedingtheit des Akteurhandelns durch den sozialen Kontext im Sinne des methodologischen Individualismus mehr oder minder stark betont bzw. jeweils spezifische Bedingungen in jeweils spezifischen sozialen Kontexten konstatiert. Deswegen gibt es bedeutsame Nuancen in der Verwendung des Homo-Oeconomicus-Modells. Die zentrale Frage lautet nun, inwieweit ein völlig asozial konzipiertes Akteurmodell des Homo Oeconomicus gegeben ist, oder inwieweit eine die strukturelle Bedingtheit durch das Soziale implizierende Modifikation desselben vorliegt, oder ob diese Modifikation gar noch den Prozess der Emergenz als Ergebnis der Interaktionen wenigstens zum Teil eingesteht.
Inhaltsverzeichnis
- Der Homo Oeconomicus als Akteurmodell soziologischer Theorie.
- Der soziologisierte Homo Oeconomicus in den Handlungstheorien.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay analysiert das Akteurmodell des Homo Oeconomicus in der soziologischen Theorie. Dabei werden die Beziehungen zwischen individueller Handlung und sozialen Strukturen untersucht. Der Text beleuchtet insbesondere die Rolle des Homo Oeconomicus in verschiedenen Handlungstheorien und diskutiert, inwieweit dieses Modell das soziale Verhalten des Menschen adäquat darstellt.
- Der „Konflikt zwischen Teil und Ganzem“ (Georg Simmel) in der soziologischen Theorie
- Die Verbindung zwischen individuellem Handeln und kollektivbezogenen Erklärungszielen in der Soziologie
- Die Rolle des Homo Oeconomicus in der Mikrosoziologie und seine Beziehung zum methodologischen Individualismus
- Die Unterscheidung zwischen dem Homo Oeconomicus und dem Homo Sociologicus als Akteurmodelle
- Die Bedeutung der Persönlichkeitsentwicklung im Kontext von Sozialisation und gesellschaftlichen Erwartungen
Zusammenfassung der Kapitel
1. Der Homo Oeconomicus als Akteurmodell soziologischer Theorie
Das Kapitel beleuchtet die Bedeutung des „Konflikts zwischen Teil und Ganzem“ (Georg Simmel) für die soziologische Theorie. Dabei werden die unterschiedlichen Perspektiven der Makro- und Mikrosoziologie auf das Verhältnis zwischen individuellem Handeln und sozialen Strukturen dargestellt. Der Text führt den Begriff des Homo Oeconomicus ein und zeigt seine Relevanz im Kontext des methodologischen Individualismus.
2. Der soziologisierte Homo Oeconomicus in den Handlungstheorien
Dieses Kapitel untersucht die Anwendung des Homo Oeconomicus-Modells in verschiedenen Handlungstheorien der Mikrosoziologie, wie der Verhaltenstheorie, der Austauschtheorie und der Theorie der rationalen Wahl. Dabei werden die unterschiedlichen Positionen der jeweiligen Theorien bezüglich der strukturellen Bedingtheit des Akteurhandelns durch den sozialen Kontext beleuchtet.
Schlüsselwörter
Der Essay beschäftigt sich mit den zentralen Begriffen des Homo Oeconomicus und des Homo Sociologicus als Akteurmodelle der soziologischen Theorie. Weitere zentrale Themen sind der methodologische Individualismus, die Handlungstheorien, die Makro- und Mikrosoziologie, der „Konflikt zwischen Teil und Ganzem“ (Georg Simmel) und die Rolle von Sozialisation und Persönlichkeitsentwicklung.
- Citation du texte
- Florian Schlotterbeck (Auteur), 2005, Homo Oeconomicus: der Mensch - ein asoziales Wesen?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76903