Das 18. Jahrhundert ist das Zeitalter, in dem in West- und Mitteleuropa die Ideen der Aufklärung zum Durchbruch kommen. Die Grundüberzeugung der Aufklärer ist die Gleichheit aller Menschen aufgrund ihrer Vernunft, eine ihrer zentralen Forderungen die Toleranz im Hinblick auf religiöse Überzeugungen. Dies macht die bis dahin selbstverständliche Verbindung von Staat und Kirche fragwürdig und schafft ein Klima, in dem schließlich auch die Juden als gleichwertige Mitmenschen ins Blickfeld rücken. Doch lange Zeit „fehlte noch die persönliche Verwirklichung, der lebendige persönliche Beweis“ , dass auch ein Jude am geistigen Leben des aufgeklärten Europa teilnehmen konnte.
Diesen Beweis hat Moses Mendelssohn (1729-1786) erbracht. Er war „der erste moderne Jude, der nicht nur als Zaungast an der Umweltkultur teilnahm, sondern tätiger Mitträger und Mitgestalter dieser Kultur war.“ Und bei alledem blieb er doch sein ganzes Leben lang der Religion seiner Väter treu und hielt sich an die Vorschriften des scheinbar so unvernünftigen und despotischen mosaischen Gesetzes. Er zeigte seinen Zeitgenossen, wie „der Jude, der sich treu blieb, der von seinem Judentum nicht abdankte noch von ihm etwas fortnahm, im neuen Europa aufrecht auf seinem Platz stand.“
Im Rahmen dieser Arbeit soll untersucht werden, wie es Mendelssohn gelang, in seinem Denken jüdische Religion und Vernunft in Einklang zu bringen. Den Ausgangspunkt bildet hierbei der Lavaterstreit, zum einen wegen der Bedeutung, die dieser Auseinandersetzung in Mendelssohns Biographie zukommt, zum anderen weil die im Zusammenhang damit entstandenen Schriften wohl - wie sich im Vergleich mit seiner Spätschrift Jerusalem ergibt - mit einigem Recht als „abstract of Moses Mendelssohn’s religious-philosophical works“ angesehen werden können. Im Folgenden wird dann zunächst untersucht, welche positiven Glaubensinhalte nach Mendelssohns Auffassung unbedingt zum Judentum gehören, und in welchem Sinne er dieses als eine in seinen Lehren den Anforderungen der Vernunft genügende Universalreligion betrachtet. In einem zweiten Teil richtet sich der Blick dann auf das unterscheidend Jüdische, d.h. das mosaische Gesetz, und die Ansichten, die Mendelssohn in seinen Schriften über dessen Sinn, Ursprung und Gültigkeit äußert. Stets im Auge behalten wird dabei sein Verhältnis zur rabbinischen Tradition und zu den jüdischen Philosophen des Mittelalters, sowie zu Spinoza.
Inhaltsverzeichnis
- I.) Einleitung
- II.) Moses Mendelssohn und das Judentum
- II.1) Der Universalismus des Judentums
- II.1.1) Ein missglückter Bekehrungsversuch
- II.1.2) Das Judentum als Vernunftreligion
- II.1.3) Anspruch und Wirklichkeit
- II.2) Das spezifisch Jüdische
- II.2.1) Die Gesetzgebung am Sinai
- II.2.2) Die Gültigkeit der Tora
- II.2.3) Der Sinn des Gesetzes
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht, wie Moses Mendelssohn jüdische Religion und Vernunft in Einklang brachte. Der Lavaterstreit dient als Ausgangspunkt, aufgrund seiner Bedeutung für Mendelssohns Biographie und weil die daraus entstandenen Schriften als Zusammenfassung seiner religiös-philosophischen Werke betrachtet werden können. Die Arbeit analysiert Mendelssohns positive Glaubensinhalte des Judentums und seine Sichtweise des Judentums als Universalreligion. Ein zweiter Teil befasst sich mit dem mosaischen Gesetz und Mendelssohns Ansichten zu dessen Sinn, Ursprung und Gültigkeit.
- Die Synthese von jüdischer Religion und Vernunft bei Moses Mendelssohn
- Der Lavaterstreit und seine Bedeutung für Mendelssohns Werk
- Mendelssohns Verständnis des Judentums als Universalreligion
- Die Interpretation und Bedeutung des mosaischen Gesetzes
- Mendelssohns Verhältnis zur rabbinischen Tradition und zu jüdischen Philosophen
Zusammenfassung der Kapitel
I.) Einleitung: Die Einleitung skizziert den historischen Kontext des 18. Jahrhunderts, das Zeitalter der Aufklärung in Europa, und die damit verbundene Forderung nach Toleranz. Sie hebt Moses Mendelssohns herausragende Rolle als erster moderner Jude hervor, der aktiv am geistigen Leben Europas teilnahm, ohne dabei seinem Glauben abzuschwören. Die Einleitung stellt die zentrale Forschungsfrage nach Mendelssohns Synthese von jüdischer Religion und Vernunft und kündigt den Fokus auf den Lavaterstreit und Mendelssohns Schriften an.
II.) Moses Mendelssohn und das Judentum: Dieses Kapitel, das Herzstück der Arbeit, untersucht Mendelssohns Verständnis des Judentums. Es analysiert zunächst den Lavaterstreit, Mendelssohns Zurückhaltung bei öffentlichen religiösen Stellungnahmen und seine Betonung der Aufrichtigkeit seiner religiösen Überzeugung. Im Weiteren werden Mendelssohns positive Glaubensinhalte im Judentum und seine Sichtweise des Judentums als Universalreligion beleuchtet. Der zweite Teil konzentriert sich auf das mosaische Gesetz, seinen Ursprung, seine Gültigkeit und seinen Sinn nach Mendelssohn. Hierbei wird sein Verhältnis zur rabbinischen Tradition und zu Philosophen wie Spinoza eingehend betrachtet.
Schlüsselwörter
Moses Mendelssohn, Jüdische Aufklärung, Vernunft, Religion, Lavaterstreit, mosaisches Gesetz, Tora, Universalreligion, Rabbinische Tradition, Spinoza.
Häufig gestellte Fragen zu: Moses Mendelssohn und das Judentum
Was ist der Inhalt dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Synthese von jüdischer Religion und Vernunft bei Moses Mendelssohn. Sie analysiert Mendelssohns Verständnis des Judentums als Universalreligion, seine Interpretation des mosaischen Gesetzes und sein Verhältnis zur rabbinischen Tradition. Der Lavaterstreit dient als zentraler Ausgangspunkt, da er Mendelssohns religiös-philosophische Ansichten exemplarisch widerspiegelt.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: Mendelssohns Synthese von jüdischer Religion und Vernunft; den Lavaterstreit und seine Bedeutung für Mendelssohns Werk; Mendelssohns Verständnis des Judentums als Universalreligion; die Interpretation und Bedeutung des mosaischen Gesetzes; Mendelssohns Verhältnis zur rabbinischen Tradition und zu jüdischen Philosophen (z.B. Spinoza).
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Hauptkapitel zu Moses Mendelssohn und dem Judentum, sowie eine Zusammenfassung der Kapitel und ein Schlüsselwortverzeichnis. Das Hauptkapitel analysiert Mendelssohns positive Glaubensinhalte im Judentum, seine Sichtweise des Judentums als Universalreligion und seine Ansichten zum mosaischen Gesetz bezüglich Ursprung, Gültigkeit und Sinn. Der Lavaterstreit wird eingehend im Kontext von Mendelssohns religiösen Überzeugungen untersucht.
Welche Rolle spielt der Lavaterstreit?
Der Lavaterstreit dient als Ausgangspunkt der Arbeit, da er für Mendelssohns Biographie und sein Werk von großer Bedeutung ist. Die aus dem Streit hervorgegangenen Schriften werden als Zusammenfassung seiner religiös-philosophischen Positionen betrachtet. Der Streit verdeutlicht Mendelssohns Zurückhaltung bei öffentlichen religiösen Stellungnahmen und seine Betonung der Aufrichtigkeit seiner Überzeugung.
Wie wird das mosaische Gesetz behandelt?
Die Arbeit untersucht Mendelssohns Ansichten zum mosaischen Gesetz, seinen Ursprung, seine Gültigkeit und seinen Sinn. Hierbei wird sein Verhältnis zur rabbinischen Tradition und zu Philosophen wie Spinoza eingehend betrachtet. Es wird analysiert, wie Mendelssohn das Gesetz in sein Verständnis einer vom Vernunftglauben geprägten jüdischen Religion integriert.
Was ist die zentrale Forschungsfrage?
Die zentrale Forschungsfrage lautet: Wie brachte Moses Mendelssohn jüdische Religion und Vernunft in Einklang?
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Moses Mendelssohn, Jüdische Aufklärung, Vernunft, Religion, Lavaterstreit, mosaisches Gesetz, Tora, Universalreligion, Rabbinische Tradition, Spinoza.
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- Martin Feyen (Author), 2000, Moses Mendelssohn und das Judentum, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77004