Investitions- und Managementpolitik von Venture Capital-Gebern und ihre Performance


Tesis, 2006

77 Páginas, Calificación: 2,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

I Einleitung
1. Motivation
2. Vorgehensweise

II Wesentliche Grundlagen von Venture Capital
1. Definition, Begriffsabgrenzung, Eigenschaften von Venture Capital
1.1 Definitionen des Begriffs Venture Capital
1.2 Managementfunktion von Venture Capital
1.3 Der Venture Capital-Zyklus
1.4 Investitionsformen von Venture Capital
2. Finanzierungsphasen
2.1 Early Stage
2.2 Expansion Stage
2.3 Late Stage
2.4 Quantitative Bedeutung der Finanzierungsphasen
3. Arten von Venture Capital-Gebern
3.1 Informeller Markt
3.1.1 Freunde und Familie
3.1.2 Business Angels
3.2 Formeller Markt
3.2.1 Inkubatoren
3.2.2 Corporate Venture Capital
3.2.3 Staatliche und öffentliche Beteiligungsgesellschaften
3.2.4 Unabhängige Venture Capital-Gesellschaften
3.3 Resümee
4. Der Exit einer Beteiligung
4.1 Initial Public Offering
4.2 Trade Sale
4.3 Weitere Exit-Kanäle
4.4 Quantitative Bedeutung der Exit-Kanäle
5. Historische Entwicklung von Venture Capital
5.1 Entwicklung und Bedeutung von Venture Capital in den USA
5.2 Entwicklung und Bedeutung von Venture Capital in Deutschland
5.3 Resümee
6 Probleme einer Venture Capital-Finanzierung
6.1 Prinzipal-Agenten-Beziehung
6.2 Monitoring, Staging, Syndizierung als Lösungsvorschlag

III Empirische Ergebnisse
1. Notwendigkeit und Nutzen der Beratungsunterstützung
1.1 Differenzierung zwischen der Beratungsintensität und bisherige empirische Forschung
1.2 Ergebnisse der Studie
2. Beratungsaktivitäten vs. Monitoringaktivitäten
2.1 Differenzierung zwischen Beratungs- und Monitoringaktivitäten
2.2 Bisherige empirische Forschung
2.3 Ergebnisse der Studie
3. Staging und Monitoring
3.1 Allgemeines zu Staging und Monitoring
3.2 Ergebnisse der Studie
4. Value-Added, Grandstanding, Zertifizierung, Zielsetzung
4.1 Beschreibung der Hypothesen
4.2 Weitere Besonderheiten der IPO-Märkte
4.3 Ergebnisse der Studie
4.4 Überprüfung der Hypothesen
5. Syndizierung und Performance
5.1 Syndizierung und Netzwerke
5.2 Bisherige empirische Forschung
5.3 Ergebnisse der Studie: Syndizierung in Deutschland
5.4 Ergebnisse der Studie: Syndizierung in den USA
6. Resümee

IV Schlussbetrachtung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Der Venture Capital Zyklus

Abb. 2: Investitionsmöglichkeiten von Venture Capital-Gebern

Abb. 3: Finanzierungsphasen

Abb. 4: Entwicklung der Portfoliounternehmen

Abb. 5: DAX-Performance bis zum 07.11.2006

I Einleitung

1. Motivation

Unternehmensgründer stehen häufig vor einem grundlegenden Problem: Kapitalmangel! Sie haben eine gute Idee und wollen diese vermarkten, doch die nötigen finanziellen Mittel und das Know-how für die Erstellung eines Business Plans, Durchführung von Marktforschung, Produktion eines Prototyps, personelle Kapazitäten usw. sind nicht vorhanden. Junge Unternehmen lassen sich charakterisieren durch immaterielle Anlagewerte sowie zahlreiche Verlustjahre. Für sie ist es nur schwer möglich, Fremdkapitalgeber zu finden, da diese ohne hinreichende Sicherheiten keine Kredite vergeben.

Hohe Ausfallwahrscheinlichkeiten der Kredite sowie eine fast unmögliche Identifizierung erfolgreicher und nicht erfolgreicher Unternehmen schrecken die Banken ab. Sie können sich nicht auf Vergangenheitswerte stützen, denn diese liegen bei einem neu gegründeten Unternehmen nicht vor (G. Franke/H. Hax, 2004, S. 511).

Doch es gibt andere Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmensgründer: Großunternehmen, Privatpersonen, öffentlich-rechtliche sowie unabhängige Gesellschaften und auch Banken treten auf dem Kapitalmarkt als Venture Capital-Geber (VC-Geber) auf, um die Finanzierungslücke für junge, innovative, aber auch mittelständische Unternehmen zu schließen. Insbesondere junge Unternehmen stehen i.d.R. vor einer höchst ungewissen Zukunft. VC-Geber entlasten diese Unternehmen nicht nur finanziell. Auch durch eine aktive Managementunterstützung soll dem jungen Unternehmen geholfen werden.

Doch nicht jedes Unternehmen eignet sich als Investitionsobjekt für VC-Geber. Auf die innovativen, risikoreichen, aber eben auch chancenreichen Branchen Internet, Software, Informations- und Kommunikationstechnologie, Medizin und Biotechnologie richtet sich der Hauptfokus der VC-Geber. Totalverluste müssen in diesen sensiblen und schnelllebigen Märkten eingeplant werden. Bei einer guten Performance und einer freundlichen Börsenstimmung wird den Portfoliounternehmen (PU) oft ein Börsengang ermöglicht, um dadurch die Eigenkapitalbasis weiter zu erhöhen und zukünftiges Wachstum zu sichern. Doch auch der VC-Geber profitiert von einem Börsengang: Er kann seine Beteiligung häufig ertragreich veräußern.

In Deutschland gilt VC noch als neuartiges Instrument der Unternehmensfinanzierung, welches erst in den 1990er Jahren den Durchbruch schaffte. Die hervorragende Stimmung an den deutschen Börsen, insbesondere am Neuen Markt, löste einen Boom in der gesamten VC-Branche aus. Die Abkühlung der Branche, aber auch der gesamten Weltwirtschaft folgte unmittelbar.

Dass in der VC-Branche auch nach dem Platzen der Börsenblase um die Jahrtausendwende noch viel Geld verdient werden kann, zeigt ein aktuelles Beispiel aus den USA: Sequoia Capital, eine der bekanntesten VC-Gesellschaften im Silicon Valley, die schon an heute erfolgreichen Unternehmen wie Apple, Oracle, Cisco, Yahoo und Google beteiligt war, erregte zuletzt durch die Beteiligung am Video-Website-Unternehmen Youtube Aufmerksamkeit. So investierte Sequoia Capital im Jahre 2005 als einzige VC-Gesellschaft 3,5 Mio. Dollar und im April 2006 weitere 8 Mio. Dollar in Youtube. Im Oktober 2006 schließlich wurde Youtube von Google für 1,65 Milliarden Dollar übernommen. Branchenkenner rechnen damit, dass Sequoia Capital durch diese Beteiligung 400 bis 480 Mio. Dollar erwirtschaftete, das etwa 40fache des ursprünglichen Einsatzes (J. Koenen, 2006, 16).

2. Vorgehensweise

In der vorliegenden Arbeit sollen zunächst die wesentlichen Grundlagen von VC ausführlich dargelegt werden, die zum Verständnis der empirischen Resultate im zweiten Teil der Arbeit beitragen. Hierzu gehören zunächst die Definition und Abgrenzung des Begriffs sowie besondere Charakteristika von VC. Anschließend werden acht idealtypische Finanzierungsphasen erläutert. Im Kapitel „Arten von Venture Capital-Gebern“ werden die verschiedenen Gruppen von VC-Gesellschaften, die sich in der VC-Branche etabliert haben, näher betrachtet.

Erträge können während der Investitionsphase der VC-Gesellschaft zunächst nicht realisiert werden. Diese ergeben sich erst durch die Wertsteigerung und einen erfolgreichen Ausstieg (genannt „Exit“) aus der Beteiligung. Der Exit sollte sich nach Ablauf von drei bis fünf Jahren über die Veräußerung der Unternehmensanteile vollziehen (W. Weitnauer, 2000, S. 6). Die verschiedenen Möglichkeiten der Veräußerung dieser Anteile soll im Kapitel „Der Exit einer Beteiligung“ dargelegt werden.

VC hat sich weltweit unterschiedlich entwickelt. Während sich VC in den USA bereits zu einem sehr beliebten und bekannten Finanzierungsinstrument entfaltet hat, so war der Begriff Venture Capital in Deutschland bis Mitte der 90er Jahre weitgehend unbekannt. Die historische Entwicklung dieser beiden Märkte soll deshalb näher beleuchtet werden, da sich die Studien im empirischen Teil der Arbeit hauptsächlich auf den deutschen und US-amerikanischen VC-Markt beziehen. Dieses erste grundlegende Kapitel endet mit der Beschreibung der Probleme, die bei einer VC-Finanzierung entstehen können. Speziell wird auf die Prinzipal-Agenten-Beziehung eingegangen; außerdem werden Vorschläge zur Reduzierung dieser Probleme angeführt.

Im empirischen Teil der Arbeit steht zunächst die Managementfunktion von VC-Gebern im Mittelpunkt, die neben der eigentlichen Kapitalzufuhr einen Mehrwert des VC-gestützten Unternehmens schaffen soll. Welche Auswirkungen hat eine aktive Beratungsunterstützung der VC-Geber? Kann durch eine intensive Betreuung das Risiko eines Totalverlustes gesenkt werden? Danach wird zwischen Monitoring- und Beratungsaktivitäten der VC-Gesellschaft unterschieden und hinterfragt, unter welchen Umständen diese Aktivitäten intensiviert oder abgeschwächt werden.

Anhand eines Datensatzes aller VC-finanzierten Unternehmen des Neuen Marktes in Deutschland soll die Investitions- und Managementpolitik von VC-Gebern dargelegt werden. In welchen Phasen investieren VC-Geber bevorzugt? Gibt es Unterschiede zwischen diversen Gruppen von VC-Gebern bezüglich Börsengang, Phasenfinanzierung, Syndizierung und Finanzierungsdauer?

Mit Hilfe eines deutschen und US-amerikanischen Datensatzes soll die Bedeutung von Syndizierungen und Netzwerken im Bereich der VC-Branche erläutert werden. Gibt es bei syndizierten VC-Investitionen Unterschiede in der Performance der PU?

Des Weiteren wird das Verhalten von deutschen und ausländischen VC-Gebern untersucht und Vergleiche zum US-amerikanischen Markt gezogen, wenn dies angebracht erscheint und es Vergleichsmöglichkeiten gibt. Wie unterscheiden sich die Investitionsmuster der VC-Geber? Gibt es favorisierte Investitionsentscheidungen? Wenden sie ähnliche Managementstrategien an?

Insbesondere bei jungen, noch unerfahrenen VC-Gesellschaften hat sich herausgestellt, dass diese ihre Beteiligung möglichst frühzeitig veräußern wollen um durch gelungene Börsengänge ihre Reputation zu erhöhen und damit auch schneller neues Kapital für weitere Fonds zu akquirieren. Dieses Phänomen, genannt „Grandstanding“, wurde von Gompers (1996) belegt. Dieses und weitere bislang für den deutschen VC-Markt theoretische Phänomene und Hypothesen werden im Kapitel „Empirische Ergebnisse“ aufgegriffen und überprüft.

II Wesentliche Grundlagen von Venture Capital

1. Definition, Begriffsabgrenzung, Eigenschaften von Venture Capital

Im Folgenden ersten Kapitel soll Venture Capital definiert und von anderen Formen der eigenkapital- bzw. eigenkapitalähnlichen Beteiligung abgegrenzt werden. Danach soll die zweite wichtige Eigenschaft von VC neben der eigentlichen Kapitalzuführung erläutert werden, nämlich die Managementfunktion von VC. Der VC-Zyklus und die verschiedenen Investitionsmöglichkeiten von VC-Gebern schließen dieses erste, einführende Kapitel ab.

1.1 Definitionen des Begriffs Venture Capital

Der Begriff „Venture Capital“ hat sich auch im deutschen Sprachgebrauch seit einigen Jahren durchgesetzt. „Risiko-“ oder „Wagniskapital“ kommen für eine Übersetzung ebenso in Frage, jedoch sehen einige Autoren beträchtliche Differenzen, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen wird.[1]

Im Grunde gesehen ist Venture Capital nichts anderes als die Vergabe finanzieller Mittel an Unternehmen durch Beteiligungsgesellschaften, egal ob es sich um Gründungsunternehmen oder bereits etablierte Unternehmen handelt. Als hauptsächliche Zielgruppe der VC-Gesellschaften gelten die so genannten kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU).

VC-Geber stellen diesen jungen, kleinen bis mittelgroßen, nicht-börsennotierten Unternehmen Eigenkapital für die Wachstumsfinanzierung bereit. Für die Bereitstellung des Kapitals erhält der VC-Geber i.d.R. im Gegenzug umfassende Mitsprache- und Kontrollrechte und begleitet das Management des VC-Nehmers aktiv und unternehmerisch. Die Beteiligung ist auf einen gewissen Zeitraum befristet und auf Wertsteigerung über die Laufzeit ausgerichtet, nicht auf laufende Erträge. Der VC-Geber erhält seinen „Lohn“ also erst nach dem Ende der Beteiligungsdauer. Die Beteiligung muss durch den VC-Geber veräußert werden. Der primäre Wiederverkaufsmarkt für derartige Unternehmensbeteiligungen ist hierbei die Börse. Aber auch ein Verkauf an ein anderes Unternehmen kann in Betracht gezogen werden.[2] Diese Definition entspricht dem US-amerikanischen Sprachgebrauch und wird in Deutschland auch des Öfteren als VC im engeren Sinne bezeichnet. Im angelsächsischen Raum wird die Finanzierung von Unternehmen, welche sich bereits in späteren Phasen ihrer Entwicklung befinden, unter dem Oberbegriff „Private Equity“ subsumiert. Private Equity als Synonym zum Begriff Venture Capital zu verwenden wäre demnach falsch, da Private Equity neben VC zusätzlich Buy-Outs, Mezzanine Investments, Distressed Debt Investments sowie Venture Leasing und Venture Factoring umfasst (B. Reichardt, 2005, S. 31).

Entschließt sich ein VC-Geber zur Finanzierung eines jungen Unternehmens, so muss er sich im Klaren darüber sein, dass er auch unmittelbar an den damit verbundenen Chancen und Risiken beteiligt ist. Eine VC-Finanzierung ist somit eindeutig von einem Darlehen mit festen Zins- und Rückzahlungsansprüchen abzugrenzen. Genauso ist diese Finanzierungsform nicht mit dem Erwerb von Aktien zu vergleichen, denn diese können täglich und bei ersten Anzeichen einer Krise des Unternehmens veräußert werden (G. Leopold/H. Frommann/T. Kühr, 2003, S. 2).

1.2 Managementfunktion von Venture Capital

VC-Gesellschaften nehmen i.d.R. eine aktive Managementunterstützung wahr und beteiligen sich somit an wichtigen strategischen, organisatorischen, finanziellen und personellen Entscheidungen. Sie helfen ihren PU aufgrund ihrer Kontakte und etablierter Netzwerke bei der Suche nach potenziellen Partnern (Kunden, Lieferanten, qualifizierten Arbeitskräften, weiteren Finanziers). Um Informationsasymmetrien zwischen Unternehmer (VC-Nehmer) und VC-Geber zu reduzieren hat die VC-Branche diverse Instrumente[3] wie die stufenweise Kapitalzufuhr („staging“), hybride Finanzierungsinstrumente, aktives Monitoring oder Kontrollrechte der VC-Gesellschaft an ihrem PU entwickelt (T. Tykvová, 2005, S. 15).

Die VC-Gesellschaften decken durch ihre aktive Mitarbeit im Management des PU das i.d.R. bestehende Führungsdefizit des Jungunternehmers ab. Durch ihr aktives Mitwirken in der Entwicklung des jungen Unternehmens und dem Aufbau einer Informationsbasis reduzieren sie nicht nur das Risiko eines Verlustgeschäftes, sondern sie schützen sich auch vor opportunistischem Verhalten des Jungunternehmers (G. Franke/H. Hax, 2004, S. 513).

Arthur Rock, VC-Geber aus den USA, unterstrich 1987 in einem Interview die besondere Bedeutung der Manager und des Management-Teams:

„If you can find good people, they can always change the product. Nearly every mistake I’ve made has been in picking the wrong people, not the wrong idea.”

(W.D. Bygrave/J.A. Timmons, 1992, S. 6).

Auch auf den Webseiten von VC-Gesellschaften wird auf die Bedeutung einer intensiven Zusammenarbeit, Partnerschaft und die Bedeutung von Netzwerken verwiesen:

Deutsche Venture Capital (DVC):[4]

„Die DVC investiert als Lead- oder, in größeren Finanzierungsrunden, als Co-Lead Investor ca. 1 – 10 Mio. Euro in junge Wachstumsunternehmen. Jeder Bereich wird durch ein erfahrenes Team von Investmentmanagern, bestehend aus Branchen-, Technologie- und Finanzierungsexperten, betreut. Die DVC zeichnet sich als Venture Capital Investor aus durch Managementkompetenz und hoch spezialisierte, mit Branchenexperten besetzte Teams sowie ein Internationales Netzwerk von Kontakten in der Wirtschaft und Erfahrung in der Geschäftsentwicklung im In- und Ausland.“

3i Deutschland:[5]

„Über die Bereitstellung von Eigenkapital hinaus bietet 3i seinen Beteiligungen umfangreiches Know-how und Zugang zu einem breiten und internationalen Netzwerk. 3i versteht sich als Partner seiner Beteiligungsunternehmen und fokussiert seine Aktivitäten auf den partnerschaftlichen Erfolg.“

1.3 Der Venture Capital-Zyklus

Der Begriff „Venture Capital Cycle“ wurde von Gompers und Lerner (1999) geprägt. Im Wesentlichen umfasst das Geschäftsmodell von VC-Gesellschaften vier Phasen: Die Kapitalakquisition („Fund Raising“), die Suche und Auswahl beteiligungswürdiger Projekte, die Kapitalzufuhr sowie die Managementunterstützung der ausgewählten PU und schließlich die Beendigung des Beteiligungsverhältnisses. Der Zyklus beginnt zunächst mit der Aufgabe der VC-Gesellschaft, Kapitalmittel bei verschiedenen Investoren wie Banken, Unternehmen, Pensionsfonds, Versicherungen, Privatpersonen oder öffentlichen Einrichtungen einzuwerben. Diese erste Phase wird als „Fund Raising“ bezeichnet. Das „Fund Raising“ wird nicht kontinuierlich vorgenommen, sondern in zeitlichen Abständen von etwa zwei bis fünf Jahren.

VC-Aktivitäten können projektorientiert oder fondsorientiert organisiert werden. Projektorientierte Ansätze, bei denen ein Intermediär Kapital für ein konkretes Projekt einwirbt, welches dem Unternehmen dann zukommt, sind weniger verbreitet. Viel häufiger vorzufinden ist die Organisation der Beteiligungsaktivitäten im Rahmen einer eigens gegründeten Fondsgesellschaft. Die VC-Gesellschaft fungiert in diesem Fall als Managementgesellschaft. Ihr obliegt die Geschäftsführung der Fondsgesellschaft einschließlich der Investitionsentscheidungen. Die Investoren treten als stille Gesellschafter auf, die ihr Kapital über die Laufzeit des Fonds investieren. Die Laufzeit eines VC-Fonds beträgt i.d.R. zehn Jahre.

Mit den eingesammelten Mitteln werden die von der VC-Gesellschaft ausgewählten Unternehmen finanziert. Die VC-Gesellschaft ist eine vom Fonds rechtlich unabhängige Gesellschaft und erbringt bzw. steuert alle wesentlichen Leistungen, die mit der Auswahl der Unternehmen, der Betreuung dieser und dem Verkauf der Beteiligung einhergehen (D. Engel, 2004, S. 38).

Die Auswahl der PU gilt als sehr aufwändiger Prozess. Im Rahmen der so genannten „Due Diligence“ wird das potenzielle Portfoliounternehmen sehr sorgfältig analysiert, geprüft und bewertet, bevor eine Investitionsentscheidung getroffen wird. Die VC-Gesellschaft muss eine Vielzahl von Geschäftsplänen auswerten und oft bis zu 100 Referenzen prüfen, bis die letztendliche Entscheidung für oder gegen eine Investition getroffen wird.[6] Nicht selten wird eine Investitionsentscheidung auch davon abhängig gemacht, ob sich andere VC-Gesellschaften für eine Syndizierung finden lassen. Mehrere VC-Gesellschaften übernehmen hierbei gemeinsam die Finanzierung eines PU.

Nachdem die PU ausgewählt wurden, beginnt die eigentliche Beteiligungsphase. Die VC-Gesellschaft versucht nun nicht nur als Finanzier, sondern auch durch eine enge Betreuung und Beratung des Unternehmens einen Mehrwert zu schaffen (P.A. Gompers/J. Lerner, 1999, S. 5 f.).

Üblicherweise werden die Beteiligungen nach einer durchschnittlichen Haltedauer von fünf bis sieben Jahren durch einen Exit veräußert. Der im Idealfall daraus entstehende Gewinn und die ursprünglichen Einzahlungen fließen dann zurück an die Investoren. Für ihre Leistungen erhalten die VC-Gesellschaften eine zumeist festgelegte Managementgebühr und eine variable Gewinnbeteiligung des Fonds. Bereits parallel zur Exit-Phase beginnt die VC-Gesellschaft mit dem Fund Raising für einen darauf folgenden Fonds. Waren die letzten Fonds ein Erfolg, so wird es ihr im Regelfall leichter fallen, Mittel für den Folgefonds zu finden (BVK, 2005a, S. 5 f.).

Folgende Grafik soll zur Veranschaulichung der Zyklen beitragen.

Abb. 1: Der Venture Capital Zyklus

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an B. Reichardt, 2005, S. 39.

1.4 Investitionsformen von Venture Capital

Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Möglichkeiten für Investoren, eine VC-Finanzierung durchzuführen. Bei der ersten Investitionsform (1) handelt es sich um eine direkte, unmittelbare Beteiligung an einem Unternehmen. Der Investor kommuniziert bei der Wahrnehmung einer aktiven Managementunterstützung direkt mit dem VC-Nehmer, ohne dass ein Intermediär (VC-Gesellschaft) zwischengeschaltet wird. Er muss die PU selber kontrollieren, bewerten und betreuen. Da der Diversifikationsgrad i.d.R. geringer ist, steigt das Risiko bei einer direkten Investition im Vergleich zu den anderen Investitionsmöglichkeiten.

Bei der zweiten Möglichkeit (2) nimmt der Diversifikationsgrad zu. Der Investor beteiligt sich an einem Primärfonds, der von einer VC-Gesellschaft verwaltet wird. Dieses darin eingesammelte Kapital wird in mehrere PU investiert. Es kommt keine direkte Vertragsbeziehung zwischen Investor und PU zustande. Die Managementfunktion wird ebenfalls von der VC-Gesellschaft übernommen und nicht vom eigentlichen Investor.

Eine dritte Möglichkeit (3) sieht die Beteiligung an einem Dachfonds („Fund of Funds“) vor. Dieser Dachfonds ist ein Fonds, welcher nicht direkt in Unternehmen, sondern in verschiedene VC-Fonds investiert. Damit kann relativ schnell eine große Diversifikation erzielt werden.

Folgende Abbildung stellt die Investitionsmöglichkeiten in übersichtlicher Form dar.

Abb. 2: Investitionsmöglichkeiten von Venture Capital-Gebern

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Mackewicz & Partner, 2006, o.S.

2. Finanzierungsphasen

VC-Geber haben die Möglichkeit, in verschiedenen Lebenszyklusphasen von Unternehmen eine Beteiligung einzugehen. Oft konzentrieren sich VC-Gesellschaften auf bestimmte Phasen und schließen riskante Lebenszyklusphasen aus ihrer Investitionstätigkeit aus. Frühere Phasen gelten grundsätzlich als riskanter, da das jeweilige Unternehmenspotenzial schwer abzuschätzen ist und noch keine materiellen Vermögensgegenstände als Sicherheit dienen können. Gleichzeitig besitzen aber gerade diese Unternehmen mit innovativen Ideen extrem große Wachstumsmöglichkeiten, die durch eine VC-Finanzierung realisiert werden können. Die Finanzierung älterer, bereits etablierter Unternehmen gilt als risikoärmer, wobei die Wachstumsmöglichkeiten eingeschränkt sind. Des Weiteren spezialisieren sich VC-Gesellschaften auf bestimmte Branchen wie Biotechnologie, Medizin, Computer, Maschinenbau usw. oder sie begrenzen ihre geographische Reichweite, d.h. sie finanzieren nur Unternehmen in ihrer näheren Umgebung (W.A. Sahlman, 1990, S. 489).

Im Folgenden wird zwischen der Early Stage-, Expansion Stage- und Late Stage-Phase unterschieden, denen acht idealtypische Finanzierungsphasen zugeordnet werden können.

2.1 Early Stage

Die Seed-Phase stellt die erste Phase in der Unternehmensentwicklung dar. Der Jungunternehmer benötigt Kapital zur Ausarbeitung des Business Plans und dessen Umsetzung. Danach sollen Marktanalysen und Produktentwicklungen bis hin zum Prototyp finanziert werden. VC-Gesellschaften und Kreditinstitute schrecken vor dieser ersten risikoreichen Phase eher zurück, da das Marktpotenzial noch nicht durchschaubar, das Risiko verhältnismäßig hoch ist und zunächst geringe Erträge zu erwarten sind. Jungunternehmen müssen deswegen andere Finanzierungsquellen wählen, z.B. öffentliche Beteiligungsgesellschaften oder auch Privatinvestoren wie Business Angels (B. Reichardt, 2005, S. 45 f. & G. Leopold/H. Frommann/T. Kühr, 2003, S. 20).

Je schneller ein Unternehmen wächst, desto größer ist auch der Bedarf nach Kapital. Investitionen in Forschung und Entwicklung, spezielle Geschäftsausstattungen, Rohstoffe, Produktentwicklungen, Vertriebskanäle, Marketing, Ausbildung usw. summieren sich schnell auf, sodass diese jungen Unternehmen bis zu sechs Mio. US-Dollar zu Beginn ihrer Entwicklung benötigen (W.D. Bygrave/J.A. Timmons, 1992, S. 4).

In der Start-up-Phase ist die Produktentwicklung zumeist schon abgeschlossen und der Finanzier beteiligt sich fortan an der eigentlichen Unternehmensgründung. Erste Markttests sind gegebenenfalls schon durchgeführt worden. Es müssen Vorbereitungen für die Markteinführung getroffen und Betriebsmittel beschafft werden. Der Business Plan ist i.d.R. schon entwickelt und detaillierte Marktanalysen wurden erstellt. Erste Pilotkunden, Einkaufsquellen und Kooperationspartner wurden identifiziert. Das Management-Team wurde bereits gebildet und häufig wird ein Aufsichtsrat oder ein vergleichbares Gremium vom VC-Geber eingesetzt, um den Unternehmensgründer bei seinen wichtigen Entscheidungen zu unterstützen. Der Finanzbedarf ist in dieser Phase beträchtlich gewachsen. VC wird für ein junges Unternehmen zur wichtigsten Finanzierungsquelle, da Fremdkapitalgeber ohne hinreichende Sicherheiten kein Kapital zuschießen werden. Das Marktpotenzial und der technologische Entwicklungsstand des jungen Unternehmens sind im Vergleich zur Seed-Phase bereits besser abschätzbar. Die Risiken können deshalb als etwas niedriger eingestuft werden.

Nach der Gründungsfinanzierung wird in der First Stage-Phase weiteres Kapital für die breite Markteinführung des Produkts und den Aufbau der Vertriebsorganisation, die Installierung von Marketingprogrammen, die Schaffung von Produktionskapazitäten und den Aufbau bzw. die Verstärkung der personellen Kapazitäten benötigt (K. Nathusius, 2001, S. 58f. & W.A. Sahlman, 1990, S. 479).

2.2 Expansion Stage

Unternehmen, die finanzielle Mittel von VC-Gesellschaften in der Expansionsphase benötigen, sind bereits etablierte, oft mittelständische Unternehmen. Es werden größere Wachstumsschritte finanziert. Die Unternehmen haben während der Second Stage-Phase i.d.R. ihren Break-even-Punkt überschritten und erwirtschaften bereits Gewinne. Auch Banken werden in dieser Phase einsteigen und Fremdkapital zur Verfügung stellen. Zusätzliches Eigenkapital von VC-Gebern wird benötigt, um anstehende Wachstumsschritte durchführen zu können und die Eigenkapitalquote zu verbessern. Außerdem sind finanzielle Mittel in nahezu allen Funktionsbereichen eines Unternehmens erforderlich. Produktions- und Logistikkapazitäten müssen aufgestockt und Produktentwicklungen vorgenommen werden, denn in High Tech-Branchen ist es durchaus üblich, dass Neuprodukte im Halbjahresrhythmus auf den Markt gebracht werden (K. Nathusius, 2001, S. 59).

Die Finanzierungsanlässe in der Third Stage-Phase konzentrieren sich auf die Marktdurchdringung. Internationalisierungsstrategien müssen durchgesetzt und das Vertriebssystem weiter ausgebaut werden. Eventuell können Akquisitionen oder Kooperationen in Betracht gezogen werden. In dieser Phase wird sich das Unternehmen i.d.R. einem enormen Umsatzwachstum gegenüber sehen (ebenda, S. 59 & W.A. Sahlman, 1990, S. 479).

2.3 Late Stage

Häufig wird als eine Art Zwischenfinanzierung vor dem Börsengang eine Brückenfinanzierung („bridge financing“) als letzte Stufe der VC-Finanzierung durchgeführt. Unternehmen sollen während der Bridge-Phase auf einen geplanten Börsengang vorbereitet und die Eigenkapitalquote nochmals erhöht werden. Der Börsengang soll innerhalb kurzer Zeit (6-12 Monate) vollzogen werden. Doch Bridge-Finanzierungen können auch anfallen, um Wachstumsschwellen vor dem Verkauf an einen industriellen Investor („Trade Sale“) zu überwinden (B. Reichardt, 2005, S. 45 f. & BVK, 2004, S. 2).

Bridge-Finanzierungen spielten in Deutschland lediglich während des Börsenbooms gegen Ende der 90er Jahre eine Rolle und hatten nach dem Zusammenbruch der Börsen und der Schließung des Neuen Marktes so gut wie keine Bedeutung mehr für VC-Gesellschaften. Erst seit dem Jahre 2005 konnten VC-Gesellschaften den Börsengang als Veräußerungsmöglichkeit wieder verstärkt nutzen. Eine positivere Börsenstimmung kann auch wieder eine verstärkte Bedeutung solcher Brückenfinanzierungen implizieren. Allerdings argumentieren Leopold, Frommann und Kühr dahingehend, dass derartige börsenreife Unternehmen viel eher Partner für klassische Investmentbanken darstellen, da bis zum Börsengang keine interessanten Wertsteigerungen mehr erwartet werden können (G. Leopold/H. Frommann/T. Kühr, 2003, S. 28).

Auch die diversen Formen des Buy-Outs sind eine Möglichkeit der Wachstumsfinanzierung. Management Buy-Outs (MBOs) stellen eine Form der Unternehmernachfolge durch Gesellschafterwechsel dar. Ein vorhandener Manager oder ein Management-Team übernehmen hierbei durch die Unterstützung von Eigenkapitalinvestoren eine Unternehmenseinheit, welche sie bisher geführt haben. Entweder übernehmen sie das gesamte Unternehmen oder es findet eine Teilübernahme nach Herauslösung aus der bisherigen Unternehmensstruktur statt. Diese wird auch als „Split-Off“ bezeichnet. Bei den Zielunternehmen kann es sich bspw. um Teileinheiten von Konzernen handeln, die mit den strategischen Zielen der bisherigen Muttergesellschaft keine Übereinstimmung mehr finden. Die neuen Manager verselbständigen sich und werden zu geschäftsführenden Gesellschaftern, die die unternehmerische Gesamtverantwortung übernehmen.

Bei einem Management Buy-In (MBI) liegt der Unterschied im Gegensatz zum MBO lediglich in der Herkunft der Manager. Sie sind Externe und haben somit weniger Insiderinformationen als die bisherigen Manager. Für sie ist das Unternehmen nicht transparent. Somit steigt auch der Risikograd bei einer MBI-Finanzierung.

Unter einem Leveraged Buy-Out (LBO) versteht man eine stark fremdfinanzierte Unternehmensübernahme mit Minderheitsbeteiligung (weniger als 10%) des Managements. Die Eigenkapitalinvestoren verfolgen das Vorhaben, das Unternehmen zusammen mit dem Management nach der Übernahme strategisch neu auszurichten und es wieder auf Wachstumskurs zu bringen.

Bei allen Formen des Buy-Outs wird versucht, ein Unternehmen in einen autonomen Zustand zu versetzen, in dem es Finanzmittel erhält, welche im alten Zustand nicht zur Verfügung gestellt wurden (BVK, 2005a, S. 28f.).

Bei Turnaround-Finanzierungen werden angeschlagene, sanierungsbedürftige Unternehmen von VC-Gebern gestützt. VC-Investoren versuchen die Rentabilität derartiger Unternehmen nach einer Verlustphase wieder zu steigern. Die Finanzierung solcher Unternehmen birgt viele Risiken, deshalb werden potenzielle VC-Investoren detaillierte Analysen durchführen müssen, um die Risiken adäquat abschätzen zu können. Eine Mitwirkung bei Turnaround-Finanzierungen wird von VC-Gesellschaften durchaus von vornherein aus ihrer geschäftlichen Tätigkeit ausgeschlossen. Turnaround-Finanzierungen stellen einen Sonderfall dar, der sich kaum in einen zeitlichen Ablauf einordnen lässt (G. Leopold/H. Frommann/T. Kühr, 2003, S. 29f.).

Folgende Abbildung stellt die Finanzierungsphasen in übersichtlicher Form dar. Außerdem werden die idealtypische Gewinn- und Verlustkurve sowie der Break-even-Punkt aufgezeigt.

Abb. 3: Finanzierungsphasen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an O. Betsch/A. Groh/K. Schmidt, 2000, S. 20.

2.4 Quantitative Bedeutung der Finanzierungsphasen

In Deutschland dominierten bis Mitte der 90er Jahre Expansionsfinanzierungen die Venture Capital-Investitionen in Deutschland. Als wichtigster Grund hierfür gilt ein ausgeprägter Mittelstand, der von den immer stärker aufkommenden VC-Gesellschaften neues Eigenkapital erhielt. Ein Umbruch setzte ab dem Jahre 1998 ein, als Bridge- und dann auch die risikoreichen Early Stage-Finanzierungen in Seed- und Start up-Unternehmen an Bedeutung gewannen. Doch schon nach dem Jahre 2000 verloren Bridgefinanzierungen vollkommen an Bedeutung. Im Jahre 2004 fiel der Early Stage-Anteil deutlich unter die 40%-Marke und sank sogar noch weiter ab auf 23,2 % in 2005. Mit einem Anteil von etwa 75% lag im Jahre 2005 der Investitionsschwerpunkt der VC-Gesellschaften im Late Stage-Bereich. Dies ist auch damit zu erklären, dass das Risiko eines Totalverlustes bei späteren Finanzierungsphasen weitaus geringer ist als bei Frühphasenfinanzierungen (BVK, 2006a, S. 4 f.).

3. Arten von Venture Capital-Gebern

Im Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben sich diverse Arten von VC-Gebern herauskristallisiert. In den USA waren die ersten Investorengruppen hauptsächlich privater Natur. Banken, Industrieunternehmen, Versicherungsgesellschaften, Pensionsfonds, Stiftungen und auch der Staat kamen als Investorengruppen nach dem Zweiten Weltkrieg hinzu. Grundsätzlich kann zwischen einem informellen und einem formellen Markt unterschieden werden. Neben den renditeorientierten, unabhängigen Beteiligungsgesellschaften, welche als Intermediäre zwischen den oben genannten Investoren und Eigenkapital suchenden Unternehmen wirken, gibt es in Deutschland noch weitere private und öffentliche bzw. öffentlich geförderte Kapitalbeteiligungsgesellschaften. Sie können genauso wie Corporate Venture Capital-Gesellschaften (unternehmensabhängige VC-Gesellschaften) dem formellen, organisierten Markt zugeordnet werden. Kapitalbeteiligungen von Privatpersonen und Business Angels sind dem informellen, nicht organisierten Markt zugehörig. Im Folgenden werden diese Märkte bzw. Kapitalgeber erläutert und voneinander abgegrenzt.

3.1 Informeller Markt

3.1.1 Freunde und Familie

In sehr frühen Phasen der Unternehmensentwicklung ist der informelle Markt für Unternehmensgründer von großer Bedeutung. Dieser Markt umfasst ausschließlich Investitionen durch Privatpersonen, also bspw. Freunde und die Familie, aber auch die Ersparnisse des Unternehmensgründers können diesem informellen Markt zugeordnet werden. Es wird kein zusätzlicher Finanzintermediär eingeschaltet, sondern die VC-Geber investieren direkt in ein Unternehmen. Ohne dieses Startkapital könnte eine Unternehmensgründung schon sehr frühzeitig scheitern. Die Kapitalkosten sind zumeist niedrig. Allerdings können Freunde und Familie als private Kapitalgeber nicht durch ihre persönliche Erfahrung dem Unternehmer und seinem Unternehmen einen Mehrwert (Value-Added) durch Managementerfahrung erbringen, da ihnen i.d.R. das notwendige Know-how fehlt. Sie werden deshalb auch als passive Investoren bezeichnet. Konstruktive Kritik an Unternehmensentscheidungen ist von derartigen Investoren nicht zu erwarten (A. Brinkrolf, 2002, S. 18 f.).

3.1.2 Business Angels

Business Angels können ebenso dem informellen Markt zugeordnet werden. Sie sind Privatpersonen, die neben dem Kapital aber auch Management- und Unternehmererfahrung einbringen. Im Optimalfall haben sie selbst Erfahrungen mit Existenzgründungen gemacht und verfügen über technisches oder kaufmännisches Know-how sowie professionelle Kontakte. Sie betreuen und beraten den Jungunternehmer in wichtigen, unternehmerischen Entscheidungen. All diese Eigenschaften fügen dem jungen Unternehmen einen zusätzlichen Wert zu (Value-Added-Funktion des Business Angels) (J. Hemer, 1999, S. 186).

Durch das Kapital, welches Business Angels aus ihrem Privatvermögen direkt in junge Unternehmen investieren, bieten sie Existenzgründern in sehr frühen Phasen der Unternehmensentwicklung (Seed- und Start-up) eine Finanzierungsalternative. Für Jungunternehmer ist es wegen des hohen Ausfallrisikos fast unmöglich, Fremdkapital von einem Kreditinstitut zu beziehen. Der formelle Beteiligungsmarkt ist zudem an Transaktionen mit kleinen Volumina wenig interessiert. Die durchschnittliche Investitionssumme eines Business Angels beläuft sich auf etwa 25.000 bis 250.000 Euro (A. Brinkrolf, 2002, S. 17 f. & K. Nathusius, 2001, S. 63f.).

Nach der ersten Finanzierungsphase wird es notwendig sein, weitere VC-Geber zu finden, um größere Investitionsvorhaben zu finanzieren. Hier bieten sich dann Syndizierungen mit zusätzlichen Business Angels oder aber VC-Gesellschaften des formellen Beteiligungsmarktes an, die über eine stärkere Finanzkraft verfügen.

Hemer führt an, dass für die Mehrheit der Business Angels Renditeziele hinter nichtmateriellen Motiven nachrangig sind. Viel eher seien das Interesse an neuen Technologien, die Weitergabe persönlicher Erfahrung sowie die Fortsetzung ihrer früheren unternehmerischen Aktivitäten Gründe für eine Investition. Auf der anderen Seite steht für den Jungunternehmer nicht das Kapital, sondern die Value-Added-Funktion der Business Angels im Vordergrund. Die Anzahl der Business Angels in Deutschland wird auf ca. 5000 geschätzt (J. Hemer, 1999, S. 190 ff.).

In Deutschland gib es seit dem Jahre 1998 ein Business Angels Netzwerk[7] (BAND). Dieses Netzwerk engagiert sich für den Aufbau und die Professionalisierung der Business Angels-Kultur in Deutschland. Auf Anfrage wurde dem Verfasser mitgeteilt, dass das BAND derzeit 1200 Mitglieder zählt (Stand 14.10.2006).

3.2 Formeller Markt

3.2.1 Inkubatoren

Dem formellen Markt ist eine neuartige Form von VC-Gebern namens Inkubatoren zuordenbar. Unter diesem Begriff werden verschiedene Arten von Dienstleistern subsumiert, dessen Investitionsschwerpunkt ebenfalls in den früheren Phasen der Unternehmensentwicklung liegt. Neben dem Kapital stellen sie auch Büroflächen und Infrastruktur bereit und helfen bei der strategischen Ausrichtung des Unternehmens. Des Weiteren vermitteln sie Kontakte zu Geschäftspartnern und weiteren Kapitalgebern (C.G. Schmalholz, 2001, o.S. & A. Brinkrolf, 2002, S. 21).

3.2.2 Corporate Venture Capital

Das von etablierten Industrieunternehmen bereitgestellte Kapital für junge Unternehmen wird auch als Corporate Venture Capital (CVC) bezeichnet. Großunternehmen[8] wie Siemens, DaimlerChrysler oder die Deutsche Telekom gründeten selbstständige Gesellschaften, um die technologische Forschung und Innovationen zu fördern. So bieten bspw. Siemens Venture Capital, DaimlerChrysler Venture und T-Venture auch Kapital für sehr junge Unternehmen an. Auch Versicherungen und Kreditinstitute verfügen häufig über eigene VC-Gesellschaften in Form von Tochterunternehmen.

Sie stellen den Portfoliounternehmen auch über die Investition hinaus Managementleistungen zur Verfügung und verfolgen damit einen Value Added-Ansatz. Dabei kann es sich sowohl um Beratungen durch Stabs- und Linienabteilungen des Großunternehmens, als auch um Hilfe in bestimmten Funktionsbereichen handeln. Neben der Erzielung von hohen Renditen aus der Investition stehen unternehmensstrategische Ziele im Vordergrund. Bei guter Performance kann das finanzierte Unternehmen später übernommen oder Kooperationen gebildet werden. Die Großunternehmen können so den Anschluss an innovative Entwicklungen und Technologien auf dem Markt halten (Window on Technology) (G. Leopold/H. Frommann/T. Kühr, 2003, S. 34 & K. Nathusius, 2001, S. 65f.).

Für den US-amerikanischen VC-Markt führen Gompers und Lerner an, dass CVC-Gesellschaften auffallend zyklisch investieren. Sie werden von steigenden Erträgen angelockt, schränken bei einem Ertragsrückgang ihre Investitionstätigkeit jedoch schnell wieder ein. Gegen Ende der 80er Jahre befand sich die US-amerikanische VC-Branche in einem Tief. Zwischen 1990 und 1992 waren CVC-Gesellschaften mit durchschnittlich nur 5% an neuen VC-Fonds beteiligt. Während der Aufschwungsphase investierten sie wieder sehr stark, so dass sie im Jahre 1997 mit einem Anteil von knapp 30% an neuen Fonds zu den Hauptinvestoren gehörten (P.A. Gompers/J. Lerner, 1999, S. 98).

3.2.3 Staatliche und öffentliche Beteiligungsgesellschaften

Staatliche und öffentlich geförderte Beteiligungsgesellschaften sind Instrumente der staatlichen Wirtschaftspolitik. Hier kann zwischen drei Gruppen unterschieden werden:

1. Staatliche Beteiligungsgesellschaften

Die Gesellschafter von staatlichen Beteiligungsgesellschaften sind ausschließlich staatliche Körperschaften. Die Refinanzierung der investierten Gelder erfolgt über die Haushalte der Körperschaften oder über den Kapitalmarkt. Dies kann durch die Emission von Anleihen geschehen. Als Beispiel für eine solche Staatliche Beteiligungsgesellschaft kann die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) genannt werden, die insbesondere die Refinanzierung der Beteiligungen von Kapitalbeteiligungsgesellschaften durch verschiedene Programme übernimmt (A. Brinkrolf, 2002, S. 23).

2. Mittelständische Beteiligungsgesellschaften (MBG)

MBGs sind öffentlich geförderte Beteiligungsgesellschaften, die von regionalen Institutionen wie Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und dem regionalen Kreditgewerbe gegründet wurden. Die Refinanzierung erfolgt hauptsächlich mit Mitteln aus dem ERP-Programm.[9] Zu nennen ist hier die MBG Baden-Württemberg (G. Leopold/H. Frommann/T. Kühr, 2003, S. 44).

3. Kapitalbeteiligungsgesellschaften der Länder

Kapitalbeteiligungsgesellschaften der Länder weisen als Anteilseigner nur staatliche Körperschaften auf. Die Gesellschafter können höhere Beteiligungen als MBGs eingehen und richten sich damit auch an eine andere Gruppe von Portfoliounternehmen. In der Regel erfolgt die Refinanzierung über das jeweilige Bundesland und staatliche Beteiligungsgesellschaften. Als Beispiel kann die Kapitalbeteiligungsgesellschaft Brandenburg Capital (BC) aufgeführt werden (A. Brinkrolf, 2002, S. 24).

3.2.4 Unabhängige Venture Capital-Gesellschaften

Unabhängige VC-Gesellschaften gelten als spezialisierte Intermediäre, die nicht in einen Konzern eingebunden sind und auch keine wirtschaftspolitischen Aufgaben wahrnehmen. Sie betreiben Fundraising, um Kapital für neue Fonds zu akquirieren. Als Kapitalgeber solcher Fonds gelten in Deutschland hauptsächlich Pensionsfonds (37,4%), Funds of Funds (14,4%), Kreditinstitute (11,6%), Versicherungen (8,1%) und der öffentliche Sektor (7,7%).[10] Das von diesen Investoren eingesammelte Kapital wird in Unternehmensbeteiligungen angelegt. Das Ziel der Erwirtschaftung einer angemessenen Rendite, die sich möglichst im zweistelligen Bereich befinden soll, steht im Mittelpunkt ihrer Geschäftstätigkeit. Die Gewinnerzielung wird bei einer Wertsteigerung der Anteile an den Portfoliounternehmen realisiert. Die Renditeerwartungen der VC-Gesellschaften sind dementsprechend höher als bei traditionellen Bankfinanzierungen (A. Brinkrolf, 2002, S. 24).

Generell gilt, dass unabhängige VC-Gesellschaften durch die Zusammenarbeit mit den PU Spezialisierungsvorteile erzielen. Dadurch können die Transaktionskosten von Kapitalgebern und Kapitalnehmern reduziert werden. Durch ihre aktive Mitwirkung als Intermediär, können sie junge Unternehmen optimaler auf ihre Investitionswürdigkeit hin überprüfen (G. Franke/H. Hax, 2004, S. 466).

Die meisten unabhängigen VC-Gesellschaften in Deutschland werden im Mitgliederverzeichnis des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) geführt. Die empirischen Studien, die für den deutschen VC-Markt durchgeführt wurden, beruhen hauptsächlich auf dem Zahlenmaterial des BVK. Da der BVK laut eigenen Angaben[11] ca. 90-95% aller unabhängigen VC-Gesellschaften in Deutschland in seinem Mitgliederverzeichnis vereint, können die empirischen Ergebnisse (siehe Kapitel „Empirische Ergebnisse“) als repräsentativ gewertet werden. Der Umfang des informellen Marktes beruht auf Schätzungen und wird daher im Verlauf dieser Arbeit nicht weiter verfolgt.

3.3 Resümee

Der informelle Markt der Kapitalbeschaffung scheint für Jungunternehmer also durchaus interessant zu sein, vor allem in den ersten Phasen der Unternehmensentwicklung. Sobald jedoch zusätzliches Kapital für Wachstumsmaßnahmen benötigt wird, verliert der informelle Markt an Bedeutung, da derartige Investorengruppen i.d.R. nicht die notwendige Finanzkraft bieten können. In ihrer Wachstumsphase müssen Unternehmer deshalb auf VC-Geber des formellen Marktes zurückgreifen, die dann auch in der Lage sind, größere Projekte zu finanzieren.

[...]


[1] Vgl. zu ausführlichen Diskussionen über die Begriffsabgrenzungen Schween (1996) und Schefczyk (1998).

[2] Zu den diversen Formen des „Exits“ wird auf Kapitel 4 verwiesen.

[3] Auf diese Instrumente wird im Kapitel „Probleme einer Venture Capital-Finanzierung“ näher eingegangen.

[4] Siehe Webseite: http://www.dvcg.de/company/homepage.asp.

[5] Siehe Webseite: http://www.3i.com/germany/index.html.

[6] Die intensive Prüfung scheint der Regelfall zu sein, doch es gibt auch Ausnahmen: Sequoia Capital investierte auch schon in Unternehmen, von denen sie noch nicht einmal einen Business Plan in der Hand hielten (J. Koenen, 2006, S. 16).

[7] http://www.business-angels.de.

[8] weitere Informationen zu den Corporate Venture Capital-Organisationen der Großkonzerne, siehe Firmenhomepage: www.siemensventurecapital.com, www.t-venture.de, www.daimlerchrysler.com.

[9] Das European Recovery Program (ERP) ist aus dem Marshall-Plan hervorgegangen. Im Rahmen dieses Programms gibt es diverse Subprogramme wie das ERP-Eigenkapitalhilfeprogramm, das ERP-Existenzgründungsprogramm oder das ERP-Beteiligungsprogramm. In Deutschland ist die KfW für die Durchführung der Förderung verantwortlich. Diese ist bspw. auch für das ERP-Beteiligungsprogramm verantwortlich; nähere Informationen dazu siehe Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) http://www.bmwi.de.

[10] Die Prozentangaben beziehen sich auf den Anteil des gesamten Fundraisings in Deutschland im Jahre 2005, siehe BVK, 2006b, S. 3.

[11] Siehe Homepage des BVK http://www.bvk-ev.de.

Final del extracto de 77 páginas

Detalles

Título
Investitions- und Managementpolitik von Venture Capital-Gebern und ihre Performance
Universidad
University of Constance  (Lehrstuhl für Internationales Finanzmanagement)
Calificación
2,3
Autor
Año
2006
Páginas
77
No. de catálogo
V77243
ISBN (Ebook)
9783638743143
Tamaño de fichero
716 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Investitions-, Managementpolitik, Venture, Capital-Gebern, Performance
Citar trabajo
Diplom-Handelslehrer Dominik Gaudszun (Autor), 2006, Investitions- und Managementpolitik von Venture Capital-Gebern und ihre Performance, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77243

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