Bieri’s Entwurf einer Idee der Handlungsfreiheit ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen intensiven Beschäftigung mit dem Thema des eigenen Willens. In seinem Werk vermeidet Bieri es ausdrücklich, naturwissenschaftliche Erkenntnisse als Beweise für seine Ausführungen in die Überlegungen einfließen zu lassen. Um dennoch nicht etwa willkürlich, irgendwelche Begriffe und Werte als Grundbausteine seiner Idee zu verwenden, legt er den Fokus auf die ‚allgemeinen Termini’, die ‚unmittelbar’ die Gesamtheit unserer menschlichen Erfahrungen, ihr tatsächliches Wirkungsfeld, betreffen. ‚Unmittelbar’ bedeutet in diesem Kontext, dass über diese Begriffe unser Erleben artikuliert wird, es entfaltet sich, indem sie verborgenes in ‚ausdrückliches Wissen’ verwandeln.
Um eine Struktur auf ihren Gehalt hin sinnvoll untersuchen oder diesen gar in Frage stellen zu können, muss der Inhalt selbst erst einmal zum Thema gemacht werden. Es erscheint darum angebracht, sich im ersten Abschnitt mit der ‚Idee der Handlungsfreiheit’ insgesamt zu beschäftigen, d. h., die notwendigen Voraussetzungen dieser Idee zu verdeutlichen. Es wird dabei aufgezeigt werden, wie die verschiedenen Prämissen konstituiert und schließlich untereinander verknüpft sind. Die erforderlichen sprachanalytischen Überlegungen werden, streng nach Bieri, keineswegs die Herkunft der verwendeten Begriffe, wie ‚Wollen’ oder ‚Tun’, sondern deren Anwendungsgebiete in den Fokus rücken und derart in die Ebene unseres intuitiven Erlebens selbst eindringen.
Eine solche primär intuitiv geprägte Betrachtungsweise birgt natürlich erstens die Gefahr einer einseitigen Simplifikation in sich, ist aber dennoch zweitens die Einzige, die tatsächlich in der Lage ist, das Erfahrene in einem möglichst breitem Spektrum von zutreffenden Inhaltsbeschreibungen zu artikulieren. Drittens engt sie den Spielraum einer kritischen Auseinandersetzung mit Bieri’s Idee stark ein, da ihre Urteile nur anhand eigener Eingebungen und keinesfalls mit Hilfe wissenschaftlicher Befunde verglichen werden können. Die leitende Frage im zweiten Abschnitt muss daher lauten: Erkenne ich, den von Bieri geschilderten ‚freien Willen’, aufgrund meiner Erfahrungen als tatsächlich wirksam an oder nicht?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Idee der Handlungsfreiheit
- Die Idee der Bedingtheit
- Die Idee der freien Entscheidung
- Die Fähigkeit zur kritischen Reflexion
- Die Aneignung des Willens
- Der Versuch einer intuitiven Kritik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit Bieri's Konzeption eines "freien Willens" und analysiert dessen Aufbau, indem sie die grundlegenden Annahmen des Konzepts erläutert und kritisch hinterfragt. Die Arbeit verfolgt das Ziel, den Wirkungsbereich der grundlegenden Annahmen zu beleuchten und die Stimmigkeit des Konzepts zu verdeutlichen.
- Die Idee der Handlungsfreiheit als Resultat der Bedingtheit des Willens.
- Die Rolle der "freien Entscheidung" und ihre Ausprägungen als "instrumentelle" und "substantielle" Entscheidung.
- Die Bedeutung des "freien Willens" in Bezug auf die Fähigkeit zur kritischen Reflexion und die Aneignung des Willens.
- Die Relevanz der intuitiven Kritik als Methode zur Analyse des Konzepts.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet Bieri's Ansatz zur Beschreibung des "freien Willens" und stellt die Grundannahmen des Konzepts dar. Dabei wird insbesondere auf die Bedeutung des "unmittelbaren" Erlebens und dessen Artikulierung durch die verwendeten Begriffe hingewiesen.
Das zweite Kapitel widmet sich der Idee der Handlungsfreiheit und untersucht die Bedingungen, die zur Entstehung und Umsetzung eines Willens notwendig sind. Hier werden die verschiedenen "Spielräume möglicher Handlungen" erläutert, die aus der Erfahrung der Offenheit der Zukunft resultieren.
Der Abschnitt 2.1 fokussiert auf die Bedeutung der "Bedingtheit" des Willens. Es wird gezeigt, wie innere und äußere Voraussetzungen den Handlungsspielraum beeinflussen und die Entscheidungsmöglichkeiten des Wollenden prägen.
Abschnitt 2.2 befasst sich mit der Idee der "freien Entscheidung" und unterscheidet zwischen "instrumentellen" und "substantiellen" Entscheidungen. Diese Unterscheidung wird anhand von konkreten Beispielen erläutert und in Beziehung zum "Reservoir" der Wünsche gesetzt.
Schlüsselwörter
Handlungsfreiheit, freier Wille, Bedingtheit, Entscheidung, instrumentelle Entscheidung, substantielle Entscheidung, intuitive Kritik, Erfahrung, Erleben, Spielraum, Wunsch, Wille, Bedürfnis, Emotion, Charakter.
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- Lars Wegner (Autor), 2007, Bieri's Konzeption eines 'freien Willens', Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77396