Die Teilung Deutschlands, bzw. die damit einhergehende Spaltung der Welt in Ost und West, ist seit fast fünfzehn Jahren Geschichte. Rückblickend scheint, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen politischen und ideologischen Ausrichtungen der Alliierten, eine Teilung Deutschlands als etwas historisch Unumgängliches.
Betrachtet man aber die Entwicklung in der Mitte der 1940er Jahre genauer, scheinen im Speziellen die politischen Aktivitäten der Sowjets in Ost-Deutschland nicht den üblichen Kategorisierungen von Kommunismus und Stalinisierung zu entsprechen.
Ausgerechnet in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) wurde auf Betreiben der sowjetischen Militäradministration (SMAD) ein Versuch der Demokratisierung begonnen. Mit der frühen Zulassung von Parteien und Verbänden unter der Zielvorstellung eines antifaschistisch-demokratischen Deutschlands erfolgte die Einbeziehung des deutschen Volkes, um am (politischen) Wiederaufbau Deutschlands mitzuwirken. Doch wie sind diese demokratischen Schritte der SMAD in Deutschland im Lichte der Geschichte zu beurteilen? Handelte es sich hierbei um politisches Kalkül, um die Umwandlung Deutschlands in einen sozialistischen Staat nach sowjetischem Vorbild einfacher gestalten zu können? In welchem Verhältnis stehen diese demokratischen Versuche mit der Gruppe Ulbricht, die mit klaren politischen Zielvorstellungen aus dem Exil nach Deutschland zurückgekehrt ist?
Als Indikatoren dieser Entwicklungen in der SBZ sollen die Kulturpolitik und der „Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“ herangezogen werden, die den Kern dieser Hausarbeit bilden.
Der „Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“, präsentierte einerseits die Hoffnungen vieler Künstler und Intellektueller auf ein neues, anderes, antifaschistisches Deutschland. Andererseits ist der Kulturbund auch ein kühl kalkuliertes Macht- und Propagandainstrument der SED-Diktatur zur Durchsetzung eines sozialistischen Staates geworden. Wie ist es zu dieser Entwicklung gekommen? Nach einer kurzen historischen Einordnung und allgemeiner Darstellung der Fakten und Ausrichtung alliierter Besatzungspolitik, soll sich eingehender mit der sowjetischen Kulturpolitik und dem „Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“ beschäftigt werden. Anhand der Entwicklung der Kulturpolitik in der SBZ soll nachgewiesen werden, inwiefern das kulturelle und politische „Tauwetter“ der ersten Jahre als Wegbereiter und Hilfe der Institutionalisierung eines sozialistisch bzw. kommunistischen Staates nach sowjetischem Vorbild gedient hat und das es sich bei dieser Entwicklung von der antifaschistisch-demokratischen Ausrichtung hin zum Sozialismus keineswegs um eine zufällige Entwicklung gehalten hat, sondern diese als politisches Kalkül anzusehen ist.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Einführung in den Kontext
- Deutschland nach dem Krieg - Eine Bestandsaufnahme
- Das besetzte Deutschland - Grundzüge alliierter Besatzungspolitik
- Politik und Kultur in der sowjetischen Besatzungszone
- Demokratischer Neuanfang?
- Kultur als politisches Konzept
- Kultur im politischen Konzept der SMAD
- Kultur im politischen Konzept der KPD
- Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands
- Gründung - Ziele - Funktion
- Integration statt Ausschluss - Kreative „Sammlung“ in der SBZ
- Rolle der Deutschen Kommunisten im Kulturbund
- Kultur - auf dem Weg in eine Diktatur?
- Ideologisierung der Kultur
- Der Kulturbund, ein Mittel der Diktaturdurchsetzung in der SBZ/DDR?
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Entwicklung der Kulturpolitik in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und die Rolle des „Kulturbunds zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“ im Kontext der frühen Nachkriegszeit. Sie verfolgt das Ziel, die politischen und ideologischen Hintergründe der sowjetischen Deutschlandpolitik in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg aufzudecken und zu analysieren, inwieweit diese Politik zur Etablierung einer sozialistischen Ordnung in der SBZ und später in der DDR beigetragen hat.
- Die sowjetische Besatzungspolitik und ihr Einfluss auf die Entwicklung Deutschlands
- Die Bedeutung von Kultur als politisches Instrument im Kontext der SBZ
- Die Rolle des „Kulturbunds zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“ in der SBZ
- Die Entwicklung von der anfänglichen „Demokratisierung“ hin zur Diktatur in der SBZ
- Die Ideologisierung der Kultur in der SBZ und ihre Bedeutung für die Etablierung einer sozialistischen Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt den historischen Kontext der Teilung Deutschlands und die besonderen Herausforderungen der sowjetischen Besatzungspolitik in den Vordergrund. Sie beleuchtet die frühen Versuche der Demokratisierung in der SBZ, die im Zusammenhang mit dem „Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“ analysiert werden sollen.
- Einführung in den Kontext: Dieser Abschnitt befasst sich mit dem Zustand Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg und den Leitlinien der alliierten Besatzungspolitik. Er erläutert die Ziele der Alliierten und die Herausforderungen, die sich aus den unterschiedlichen politischen Interessen und ideologischen Ansätzen der Besatzungsmächte ergaben.
- Politik und Kultur in der sowjetischen Besatzungszone: Hier wird die Deutschlandpolitik der Sowjetunion im Detail untersucht. Die Analyse beleuchtet die Motive der Sowjets und ihre ambivalenten Strategien, die zwischen dem Aufbau einer sozialistischen Ordnung und dem Gewinn von Reparationen schwankten. Die Rolle der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) im Kontext der sowjetischen Besatzungspolitik wird ebenfalls betrachtet.
- Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands: Das Kapitel widmet sich der Gründung, den Zielen und der Funktionsweise des „Kulturbunds“. Es beleuchtet die verschiedenen Strömungen und Akteure innerhalb des Kulturbunds und untersucht dessen Rolle in der Integration und Vereinnahmung von Künstlern und Intellektuellen in der SBZ.
- Kultur - auf dem Weg in eine Diktatur?: Dieser Abschnitt befasst sich mit der zunehmenden Ideologisierung der Kultur in der SBZ und dem Einfluss des „Kulturbunds“ auf die Etablierung einer sozialistischen Gesellschaft. Es werden die Prozesse der Kontrolle und Instrumentalisierung der Kultur durch den SED-Staat analysiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen wie Kulturpolitik, „Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“, sowjetische Besatzungspolitik, Demokratisierung, Ideologisierung, Diktatur, DDR, antifaschistisches Deutschland, sozialistischer Staat, Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) und Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED).
- Citation du texte
- Philipp Appel (Auteur), 2005, Kultur als Steigbügel der Macht? - Analyse der Kulturpolitik in der SBZ am Beispiel des "Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77433