Schutz von Geschäftsmodellen und softwarebasierten Lösungen in der Finanzindustrie


Bachelorarbeit, 2006

69 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Aufgabenstellung
1.2 Der Ansatz

2 Gegenstand möglichen Schutzes

3 Produktrecherche

4 Urheberrecht
4.1 Rahmenbedingungen des Urheberrechts in Deutschland
4.2 Urheberrecht in Europa, den USA, Internationale Vereinbarungen
4.3 Bewertung der Schutzmöglichkeiten des Urheberrechtes

5 Markenrecht
5.1 Rahmenbedingungen des Markenrechts in der Deutschland
5.2 Markenrecht in Europa, den USA, Internationale Vereinbarungen
5.3 Bewertung der Schutzmöglichkeiten des Markenrechts

6 Patentrecht
6.1 Rahmenbedingungen des Patentrechts in der Deutschland
6.2 Patentrecht in Europa, den USA, Internationale Vereinbarungen
6.3 Das „kleine Patent“ Gebrauchsmuster
6.4 Technizität, Softwarepatent, Geschäftsmethoden: Einordnung, Bewertung

7 Geschmacksmuster
7.1 Rahmenbedingungen des Geschmacksmusterrechtes in Deutschland
7.2 Designschutz in Europa und USA sowie Internationale Vereinbarungen
7.3 Bewertung der Möglichkeiten des Designschutzes

8 Unlauterer Wettbewerb

9 Geschäftsgeheimnis versus Veröffentlichung
9.1 Geheimnisschutz
9.2 “Freedom to operate” durch Veröffentlichung

10 Rechte an der Erfindung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber
10.1 Diensterfindung
10.2 Meldepflicht des Arbeitnehmers, Inanspruchnahme des Arbeitgebers
10.3 Anmeldung Patent / Schutzrecht
10.4 Erfindervergütung
10.5 Urheberrecht, Computerprogramme
10.6 Rechte an den Werken in den USA

11 Zusammenfassung

Anhang 1: Sonderprobleme im Kontext Internet
Anhang 2: Wege zu den Schutzrechten
Anhang 3: Teilnehmerstaaten Internationaler Vereinbarungen
Anhang 4: Adressen

Abbildungs – und Tabellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

Rechtsquellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Eidesstattliche Versicherung

1 Einführung

1.1 Aufgabenstellung

Produktmanager und -entwickler in der Finanzindustrie sind damit betraut, neue Produkte und effizientere Prozesse zu (er-)finden und zu implementieren. Es besteht ein natürliches Interesse daran, einmal gefundene bzw. umgesetzte Produkte und Prozesse möglichst weitgehend als Alleinstellungsmerkmal bzw. vor der ungewollten Nutzung durch Andere, beispielsweise Wettbewerber, zu schützen. In vielen Fällen mag man die eigenen Prozesse als Geschäftsgeheimnis (engl. Trade Secret) schützen wollen. Meist jedoch strebt man nach hohem Bekanntheitsgrad für neue Produkte. Hier bietet die Gesetzgebung mit Urheberrechten, Patenten und Marken (engl. Copyright, Patents, Trademarks) sowie Gebrauchs- und Geschmackmusterschutz (letztendlich Designschutz) die Möglichkeit, wissensbasierte immaterielle Güter und Vermögen (engl. Intellectual Assets, Begriffsbestimmung s. Abbildung S. 6) in vielen Märkten zu schützen bzw. zu nutzen. Es gibt internationale Vereinbarungen, welche die entsprechende Erlangung von „Intellectual Property Rights“ in einer großen Anzahl von Rechtsordnungen erleichtern können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Einordnung der Intellectual Property Rights[1]

Ein Geschäftsmodell besteht aus drei Hauptkomponenten[2].

- Die sog. „Value Proposition“ beantwortet die Frage nach dem Nutzen des Geschäftes, des Bedarfes.
- Das Ertragsmodell untersucht, wie und wodurch Geld verdient wird.
- Die Architektur der Wertschöpfung beschreibt, in welcher Konfiguration die Leistung erstellt wird. In diesen Bereich der Geschäftsmethoden[3] („Business Method“) fällt die gesamte Ausgestaltung der Leistung in ihrem Außenauftritt (z.B. Bequemlichkeit in der Kundeninteraktion) als auch die eigentliche Abwicklung.

Diese Thesis setzt „Geschäftsmodell“ mit Finanzdienstleistung gleich, beschäftigt sich nicht mit Value Proposition und Ertragsmodell, sondern untersucht, welche Schutzrechte man einsetzen kann, um ein Geschäftsmodell vor Nachahmung im Wettbewerb zu schützen.

In der Finanzindustrie bedeutet die Entwicklung und Umsetzung neuer Produkte (direkt ertragbringende Dienstleistungen und unterstützende Servicedienstleistungen) und Prozesse fast immer die Nutzung bestehender (bewährter) Technologien aus der Informationsverarbeitung (IT). Finanzunternehmen entwickeln keine neuen Computer und Kommunikationsnetzwerke, sondern analysieren deren Möglichkeiten. Die Schutzmöglichkeit von Geschäftsmethoden und deren Umsetzung in Computerprogrammen ist in Europa sehr eingeschränkt, da ein hoher technischer Grad der Lösung als Voraussetzung für die Patentierbarkeit gesucht wird (in den USA ist der Ansatz offener).

Diese Bachelor-Thesis gibt einen kurzen Überblick über die Möglichkeiten und Anforderungen des Urheber-, Patent- und Markenrechtes sowie der Gebrauchs- und Geschmacksmuster in Deutschland, Europa und den USA, um eine schnelle Entscheidungshilfe für eventuelle Schutzmaßnahmen zu geben. Die Frage der Rechte an einer Erfindung (Arbeitnehmer/Arbeitgeber) wird angesprochen. Zur Beleuchtung der Anforderung der „Technizität“ für den Patentschutz werden auch einige relevante Beispiele vorgestellt. Im Anhang 2 werden die entsprechenden Pfade (und ungefähren Kosten) für die Erlangung der verschiedenen Schutzrechte aufgezeigt.

1.2 Der Ansatz

Wer sich mit dem Gedanken trägt, ein immaterielles Gut wie ein Geschäftsmodell oder einen Prozess in der Finanzindustrie (fortan einheitlich „Produkt“) zu schützen, muss sich zuerst über die generelle Schutzmöglichkeit informieren. Ist mein Produkt in seiner Ausprägung Gegenstand eines gesetzlichen Schutzes? Kapitel 2 „Gegenstand möglichen Schutzes“ stellt die Schutzbereiche vor.

Ist die Prüfung positiv ausgefallen, d.h. eines der Schutzrechte umfasst auch das neue Produkt bzw. die entwickelte Lösung, so gilt es als nächstes zu recherchieren, ob nicht schon ein gleiches oder ähnliches Produkt existiert oder gar geschützt wurde. Ist mein Produkt wirklich neu oder bereits anderweitig geschützt / vorhanden? Kapitel 3, „Recherche“, bietet dazu Hilfestellung.

Falls auch an der Neuigkeit des Produktes keine hinreichenden Zweifel bestehen, sollte man als nächstes die Erfordernisse zur Schutzerteilung, Charakter des Schutzes, Schutzfristen und ähnliche Rahmenbedingungen prüfen. Erfüllt das Produkt die weiteren Erfordernisse zur Erlangung von Schutz und lohnt sich der jeweilige Schutz? Kapitel 4-8 (Urheberrecht, Markenrecht usw.) geben über den Schutzcharakter und die entsprechenden Anforderungen der jeweiligen Schutzrechte Auskunft, mit jeweils den internationalen Vereinbarungen. Innerhalb des Kapitels 6 (Patente) wird gesondert auf das Technizitätserfordernis von Patenten und das Softwarepatent eingegangen. Im Anhang 1 werden die speziell vom Internet aufgeworfenen Problemstellungen wie Domaingrabbing, Metatagging, Linking und Framing zusammengefasst behandelt. Informationen über den Weg zur Erlangung des jeweiligen Schutzes (Beantragung, Kostenindikation, Adressen) im Anhang 2 sollen der Entscheidungshilfe dienen.

Sollte es keine sinnvolle gesetzliche Schutzmöglichkeit geben, stellt Kapitel 9 kurz die Vorteile der Veröffentlichung dem Geschäftsgeheimnis gegenüber.

Unter Umständen kann sich die Frage nach dem Recht an der Erfindung stellen, Kapitel 10 stellt dazu die Regeln des Arbeitnehmererfindergesetzes vor.

2 Gegenstand möglichen Schutzes

Nachahmung an sich ist in einer lernenden, sich weiterentwickelnden Gesellschaft unverzichtbar. „In einem funktionsfähigen System dienen sowohl Innovation als auch Imitation dem Fortschritt. Durch Nachahmung und Wettbewerb wird die Grundlage für weitere Innovationen gelegt“[4]. Daher sind Intellectual Property Rights auch so zu verstehen, wie dies in Section 8 h der Verfassung der USA steht: „to promote the progress of science and the useful arts by securing for limited times to authors and inventors the exclusive right to their respective writings and discoveries”. Der angebotene Schutz wird im Patentrecht nur gegen Veröffentlichung gewährt; so ist einerseits durch die Schutzfrist ein Investitionsanreiz bzw. Investitionssicherheit gegeben, andererseits dient die Offenlegung der Innovation dem allgemeinen Fortschritt. Die deutsche Marktwirtschaft (wie auch z.B. die EG und die USA) zielt auf die Gewährleistung des freien Wettbewerbs, aber unter dem Schutz und in den Grenzen einer Marktordnung. So stehen sich eine grundsätzliche Nachahmungsfreiheit und der Gedanke des Leistungsschutzes gegenüber. Für den Leistungsschutz hat der Gesetzgeber Sonderschutzrechte wie das Urheber- Marken- oder Patentrecht entwickelt. Leistungen, die nicht unter einen dieser Schutzbereiche fallen, können durch das allgemeine Wettbewerbsrecht vor unlauterer Nachahmung und Verwendung geschützt werden[5].

Im Folgenden werde ich den englischen Begriff „Intellectual Property Rights“ verwenden, da er der begrifflichen Abgrenzung dieser Arbeit besser gerecht wird. Deutschland kennt zwar den Begriff der „gewerblichen Schutzrechte“; darunter fallen Sonderschutzrechte zu Patenten, Gebrauchsmustern, Marken, Geschmacksmustern (die ich in dieser Thesis anspreche) und weitere Sonderschutzgesetze wie das Halbleiterschutzgesetz (betrifft Chip-Topologien) und das Sortenschutzgesetz (betrifft Pflanzen). Das Urheberrecht wird jedoch nicht zu gewerblichen Schutzrechten gezählt, ist aber für diese Arbeit relevant.

Grundsätzlich sind natürlich alle Intellectual Property Rights für die Finanzindustrie von Interesse, wenn es um die Be- und Verwertung von Assets geht. Da ich hier jedoch nur Schutzrechte prüfe, die im weiteren Sinne Schöpfungen der Finanzindustrie selbst betreffen könnten, fallen Halbleiterschutzgesetz und Sortenschutzgesetz schon auf den ersten Augenschein nicht mehr unter die relevanten Schutzrechte und sind in der folgenden Tabelle nicht aufgeführt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Überblick über relevantes Recht

3 Produktrecherche

Um den Schutz eines eingetragenen gewerblichen Schutzrechtes zu erhalten, muss man ein neues Werk zur Anmeldung vorlegen. Daher empfiehlt es sich, möglichst vor der Anmeldung entsprechende Recherchen zum Stand der Technik vorzunehmen. Man spart sich viel Zeit, wenn man frühzeitig eine evtl. Aussichtslosigkeit erkennt. „Seit Jahren werden im Durchschnitt zwei von drei Patentanmeldungen zurückgewiesen, weil ihr Gegenstand nicht neu ist oder die notwendige Erfindungshöhe fehlt. Fachleute schätzen, dass durch Doppelt- und Dreifachentwicklungen ein wirtschaftlicher Verlust von rund 7,5 Milliarden Euro pro Jahr entsteht“[18]. Dabei gibt es umfangreiche Recherchemöglichkeiten.

Für die Eigenrecherchen stehen umfangreiche Datenbanken im Internet zur Verfügung, meist über die Patent- bzw. Registrierungsbehörden (siehe Anhang). In den über 20 Patentinformationszentren[19] liegen nicht nur die patentamtlichen Veröffentlichungen (Offenlegungs-, Auslege-, Patentschriften, Unterlagen eingetragener Gebrauchsmuster) zur Einsicht aus, sondern es können auch Datenbanken genutzt werden. Das PIZ in Darmstadt hilft mit erfahrenen Rechercheuren bei der Formulierung der Online-Recherche[20]. Starthilfe kann man auch bei dem Innovationsnetzwerk INSTI[21] erfragen. Bei der Recherche bleibt jedoch die Unsicherheit aus den Veröffentlichungsfristen. So werden z.B. Patentschriften erst 18 Monate nach Anmeldedatum veröffentlicht, finden sich also während dieser Frist nicht in den Patentdatenbanken.

Grundsätzlich ist zu überlegen, Spezialisten einzusetzen. Schutzrechts­anmeldungen müssen in Deutschland zwar nicht von Patentanwälten begleitet sein, deren Wissens- und Erfahrungsvorsprung in Recherche, Formulierung und Prozess dürfte sich aber in jedem Fall lohnen. Ein deutscher Patentanwalt hat ein ingenieurwissenschaftliches bzw. naturwissenschaftliches Studium sowie eine 34-monatige Ausbildung mit dem Deutschen Patent- und Markenamt absolviert, ist also in Technik und Schutzrecht beheimatet[22].

Im Zusammengang der Patentanwaltskammer, PIZ und IHK´s wird eine kostenfreie Erfinderberatung zur Verfügung gestellt (kann über jede der drei genannten Organisationen erfragt werden)[23].

In Finanzinstituten empfiehlt sich natürlich der Weg über die Rechtsabteilung.

Generell gilt es im Auge zu behalten, dass die im Grunde niedrigen Amtsgebühren (400 € für ein deutsches Patent, mit Neuheitsrecherche) oder Anwaltskosten nicht den Blick auf den Ressourcenverbrauch im eigenen Fachgebiet verstellen dürfen. Hier wird die Auseinandersetzung mit u.U. fehlgehenden Schutzbemühungen die Gesamtrechnung in einem viel höheren Ausmaß ansteigen lassen.

4 Urheberrecht

4.1 Rahmenbedingungen des Urheberrechts in Deutschland

Gesetzliche Grundlage ist das Urheberrechtsgesetz. Es schützt die künstlerische Ausdrucksform der persönlichen eigenen Schöpfung. Ein Urheberrecht entsteht automatisch mit der Schaffung des Werkes. Dem Urheber steht nach § 15 (1) UrhG die Verwertung in körperlicher Form (Vervielfältigung, Verbreitung und Ausstellung)[24] und unkörperlicher Form (Vortrag, Sendung usw.)[25] zu. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es zusätzlich zu den Verwertungsrechten, die veräußerbar sind, beim Urheberrecht das unveräußerbare Urheber­persönlichkeitsrecht gibt. Im Internet wäre die Kopie und Ausstellung eines Werkes auf einer anderen Website schon eine urheberrechtliche Verletzung, ein kostenloser Link jedoch nicht, da keine Verwertung erfolgt ist und die Anerkennung der Urheberschaft nach § 13 UrhG nicht gefährdet ist. Zum Sonderfall Datenbanken siehe Kapitel 4.2. Nutzungsrechte können übertragen werden. Der Inhaber eines Urheberrechtes kann vom Verletzer seiner Rechte im wesentlichen Unterlassung, Schadensersatz und ggf. Vernichtung von Vervielfältigungsstücken verlangen. Das Urheberrecht schützt maximal für die Lebenszeit des Schöpfers des Werkes plus 70 Jahre.

4.2 Urheberrecht in Europa, den USA, Internationale Vereinbarungen

1886 entstand die Berner Übereinkunft (Berne Convention for the Protection of Literary and Artistic Works). Neben der Festsetzung von Mindestschutznormen ist die wesentliche Übereinkunft, dass in den Signatarstaaten Ausländer den Inländern rechtlich bezüglich der Urheberrechte gleichzustellen sind. Eine weitere Kernbestimmung legt fest, dass die Urheberrechte automatisch mit der Schöpfung des Werkes anerkannt werden, ohne Registrierung oder Kennzeichnung. Dazu legte man Minimalschutzfristen fest (Lebenszeit des Autors plus 50 Jahre).

Seit 1967 wird die Berner Übereinkunft von der World Intellectual Property Organisation verwaltet. Die WIPO ist eine UN-Tochter mit Sitz in Genf, die sich aus Patentgebühren etc. selbst trägt.

Zeitgleich mit der Gründung der WTO (World Trade Organisation, Nachfolger von GATT, General Agreement on Tariffs and Trade) 1994 verabschiedeten die Mitgliedsstaaten eine neue umfassende Vereinbarung. Die TRIPS (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Übereinkunft betrifft die ganze Bandbreite der Intellectual Property Rights: Urheberschutz, Patente, Marken, Geheimnisschutz usw. TRIPS ist ein kraftvolles Regelwerk, da seine Ratifikation Voraussetzung zur Aufnahme in die WTO ist und zudem bei Regelverstößen Sanktionen über das Sanktionssystem der WTO auch gegen Nichtmitglieder verhängt werden können.

Bezüglich des Urheberrechtes bekräftigt TRIPS die Regelungen der Berner Übereinkunft. Neu ist z.B. die Auflage, Computerprogrammen und Datenbanken denselben Schutz wie Werken der Literatur zu gewähren[26].

Die „Directive 96/9/EC of the European Parliament and of the Council of 11 March 1996 on the legal protection of databases” setzte den Schutz von Datenbanken in zwei Ausprägungen um. Das originäre Urheberrecht schützt Datenbanken, die dem Anspruch des persönlichen Ausdrucks gerecht werden. Dazu gibt es ein „sui generis“ (eigenes) Recht für Datenbanken, die mit erheblicher Investition („investment of considerable human, technical and financal resources“) erschaffen wurden, mit dem wesentlichen Ziel, eben diese Investitionen zu schützen[27]. Im deutschen Urheberrecht wurde der Schutz der Programme im § 69, der Schutz der Datenbanken unter „Verwandte Schutzrechte“ im § 87 UrhG statuiert. Eine Gerichtentscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 9.11.2004 sprach allerdings den Betreibern von englischen Pferderennen die schützenswerte Investitionshöhe ihrer publizierten Datenbank ab, da deren Datenbanken schon durch die Ausübung des Kerngeschäftes entstehen würden und nicht in einer gesonderten Anstrengung[28]. Da dies wahrscheinlich auf die Finanzindustrie ähnlich zutrifft, gilt es die Entwicklung zu beobachten.

Einige zusätzliche Erweiterungen des internationalen Urheberrechtes wurden 1996 durch die WIPO in den WCT (WIPO Copyright Treaty / WIPO-Urheberrechtsvertrag) angenommen. Dies sind meist Erweiterungen, die aus den Gegebenheiten des Zeitalters der Informationstechnologie gesehen wurden (Verbote zur Umschiffung von technischen Schutzmassnahmen; Regelungen zur Vermietung, usw.). Die EG setzte den WCT mit der „Harmonisierungsrichtline“[29] um. Der WCT legt Mindestnormen fest.

In den USA ist die Rechtslage nach den internationalen Harmonisierungen durchaus ähnlich. Die Registrierung des Copyrights beim „Copyright Office of the Library of Congress“ ist nur noch als Voraussetzung einer Klage wegen Urheberechtsverletzung notwendig[30]. Vereinbarungen aus den internationalen Regelwerken wurden in den USA in der DMCA (Digital Millennium Copyright Act of 1998) umgesetzt. Hier wird z.B. auch auf die Rechtsstellung der Internet Service Provider bei copyright-Verletzungen der von ihnen „gehosteten“ Kunden eingegangen.

Datenbanken sind in den USA als „hot news“ vor Nutzung Anderer geschützt, wenn die folgenden Merkmale zusammenkommen[31]:

- die Generierung oder Zusammenstellung der Datenbankinformationen mit erheblichem Aufwand verbunden war,
- die angebotene Information hochaktuell ist,
- die Nutzung durch den Anderen „schmarotzen“ (free riding) bei den Bemühungen des Datenbankerschaffers darstellen würde,
- die beanstandete Nutzung der Informationen im direkten Wettbewerb zu den Diensten des Datenbankerschaffers steht,
- die Möglichkeiten Anderer, zu schmarotzen, derart sind, dass der Anreiz, die Datenbank überhaupt zu erschaffen, oder deren Qualität gefährdet ist.

Unlautere Ausnutzung von Datenbanken kann auch als „Electronic Trespass“ untersagt werden. Solche Fälle waren beispielsweise das „Abgrasen“ von Datenbanken durch einen Internetroboter, um die so gewonnen Adressinformationen zu direkter eigener Kundenansprache zu nutzen.

4.3 Bewertung der Schutzmöglichkeiten des Urheberrechtes

Ein gesondertes Problem der Finanzindustrie sind Einschränkungen in der Produktgestaltungsfreiheit und damit auch der schutzwürdigen Differenzierung, die z.B. durch Regelungen der Finanzaufsicht oder durch unumgängliche Standardisierungen in Technik und Systemen entstehen. Ein Geldautomat muss Karten anderer Geldinstitute annehmen können, ein strukturiertes Finanzmarktprodukt in übergeordneten Systemen handelbar bleiben, eine Auslandszahlung über übergeordnete Clearingmechanismen übermittelbar sein.

Zum urheberrechtlichen Schutz sagt daher Wehling[32]: „Die Idee und darauf aufbauend der Inhalt müssen so ausgeformt sein, dass sie sich von ihrer eigenen Abstraktheit entfernt hat und die Handschrift des Schöpfers trägt. Ideen für Versicherungen oder Dienstleistungen zeichnen sich in den meisten Fällen jedoch durch ihre bestechende Einfachheit aus“. „Es ist daher festzustellen, dass das Urheberrecht keinen adäquaten Schutz für innovative Dienstleistungsmodelle bietet“[33]. Andererseits: Es kann zwar nicht den „Kern des dienstleistungs­orientierten Werkes“, aber immerhin das „Gewebe, das diesen Kern umlagert“ schützen[34], also die Abbilder von AGB´s, Broschüren usw.

Das Urheberrecht gilt es auch schon im Werden eines innovativen Produktes zu berücksichtigen. Zur Sicherung des eigenen „Know-How“ bzw. von Innovationen in Projekten wird in der Praxis täglich durch Ausgestaltung von z.B. Werk- und Dienstverträgen dafür gesorgt, dass in der Zusammenarbeit mit bzw. Beauftragung von Dritten die Urheberrechte an den geschaffenen Ergebnissen in der eigenen Hand bleiben (und nicht durch die Beauftragten genutzt werden).

[...]


[1] Angelehnt an Wolfgang Bessler et al., Zur Bedeutung von wissensbasierten immateriellen Vermögensgegenständen, 2003, S.313.

[2] Vgl. Patrick Stähler, Geschäftsmodelle in der digitalen Ökonomie, 2001, S. 41 f.

[3] Nach Jänich ist eine geschäftliche Methode ein planmäßiges Vorgehen im geschäftlichen Bereich, um ein Ziel optimal zu erreichen; Marktforschung und Werbung werden dazugezählt. Vgl. Volker Jänich, Sonderrechtsschutz für geschäftliche Methoden, S. 483.

[4] Axel Wehling, Schutz innovativer Versicherungsdienstleistungen, 2001, S. 94.

[5] Vgl. Axel Wehling, Schutz innovativer Versicherungsdienstleistungen, 2001, S. 95-99.

[6] Siehe u.a. UrhG § 2, § 69, § 87; Berner Übereinkunft Artikel 2, TRIPS Artikel 9.

[7] Siehe MarkenG § 1, § 3, § 5; Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke, Artikel 4; TRIPS Artikel 15 (1).

[8] Siehe § 5 MarkenG.

[9] Siehe PatG §1 (1), GebrMG § 1 (1).

[10] Siehe EPÜ Artikel 52 und 53 (liest sich wie eine wörtliche Übersetzung des deutschen PatG § 1).

[11] Siehe PatG § 1(2), GebrMG § 1 (2).

[12] Siehe TRIPS Artikel 27 (1).

[13] Siehe GebrMG § 2.

[14] Siehe 35 USC § 100.

[15] Supreme Court in: Diamond v. Chakrabarty, 447 US 303 (1980).

[16] Vgl. Mallor, J. P. et al (2004), Business Law. S. 190,

[17] Siehe GeschMG § 1, Artikel 3 Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster, TRIPS Artikel 25 (1), 35 USC § 171.

[18] Patentsanwaltskammer, Patente Marken Design, 2005, S. 27.

[19] „PIZ“, Adressen über http://www.patente.bmbf.de/de/patentverw_278.php.

[20] 15 € je angefangene Viertelstunde.

[21] http://www.insti.de/index.php.

[22] Eine einfache Recherche durch einen Patentanwalt dürfte um 500 € Kosten, je nach Komplexität des Gegenstandes. Ähnlich in USA (Stichprobe bei http://sciencelawyer.com/prior/: 300 USD für eine zweistündige Recherche zum US-Patent, zwischen 700-1500 USD für eine eintägige Recherche auch in den internationalen Datenbanken).

[23] Beispiel Frankfurt am Main: über die IHK-Innovationsberatung Hessen (www.itb-hessen.de) können sich Erfinder kostenlos in den Räumen der IHK von Patentanwälten beraten lassen (20 Minuten).

[24] Siehe § 16-18 UrhG.

[25] Siehe § 18-22 UrhG.

[26] Siehe TRIPS, Art 10.

[27] Siehe Directive 96/9/EC of the European Parliament and of the Council of 11 March 1996 on the legal protection of databases (http://europa.eu.int/ISPO/infosoc/legreg/docs/969ec.html).

[28] Vgl. Mark Prinsley, Shock ECJ decision for databases, 2004.

[29] Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft.

[30] Vgl. Mallor, J. P. et al (2004), Business Law. S. 193.

[31] National Basketball Association v. Motorola, Inc. 105 F.3d 841 U.S. Court of Appeals for the Second Circuit, 1997

[32] Axel Wehling, Schutz innovativer Versicherungsdienstleistungen, 2002, S. 64.

[33] Axel Wehling, Schutz innovativer Versicherungsdienstleistungen, 2002, S. 66.

[34] Vgl. Axel Wehling, Schutz innovativer Versicherungsdienstleistungen, 2002, S. 66.

Ende der Leseprobe aus 69 Seiten

Details

Titel
Schutz von Geschäftsmodellen und softwarebasierten Lösungen in der Finanzindustrie
Hochschule
Frankfurt School of Finance & Management
Veranstaltung
IT-Recht
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
69
Katalognummer
V77461
ISBN (eBook)
9783638744584
ISBN (Buch)
9783638849203
Dateigröße
897 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schutz, Geschäftsmodellen, Lösungen, Finanzindustrie, IT-Recht
Arbeit zitieren
B.Sc. Onno Onneken (Autor:in), 2006, Schutz von Geschäftsmodellen und softwarebasierten Lösungen in der Finanzindustrie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77461

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