Das Stadtschloss zu Cölln und seine Funktionen im späten Mittelalter


Seminararbeit, 2002

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Berlin-Cölln und die Mark Brandenburg vor dem Schlossbau

3. Der Weg zum Schlossbau

4. Die Funktionen des Schlosses
4.1 Exekutive und judikative Funktionen
4.2 Die religiösen Funktionen

5. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Steht man in heutiger Zeit vor dem Berliner Dom im Lustgarten und blickt nach Südosten auf den Schlossplatz, dann sucht man den Namensgeber vergeblich. Nur der marode und hässliche Betonklotz des Palastes der Republik erhebt sich auf einem Teil des Areals, welches einmal eines der bedeutendsten Bauwerke Europas beheimatet hat: das Berliner Stadtschloss.

Als die ideologische Zerstörungswut der DDR-Machthaber im Jahre 1950 in einem Akt der Kulturbarbarei die [...] Reste des Berliner Stadtschlosses sprengten, ging mit ihnen nicht nur ein wichtiges Zeugnis der preußischen und deutschen Geschichte, sondern auch das prächtigste und künstlerisch herausragendste Gebäude Berlins, ja gar eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler Europas für immer verloren.[1]

Mehr als 200 Jahre hatte der barocke Teil des Schlosses bis dahin im Mittelpunkt zeitgeschichtlicher Ereignisse gestanden[2], während die ältesten Teile bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts zurückreichten.

Selten hat ein Großbau die Schicksale der politischen Kraft, die ihn sich geschaffen hatte, so sehr geteilt wie das Berliner Schloss.[3] Seine Mitte des 15. Jahrhunderts erfolgte Gründung durch die brandenburgischen Kurfürsten repräsentiert eine frühe Stufe landesfürstlich-absolutistischer Herrschaft.[4] Sein glanzvoller Ausbau ein knappes Jahrhundert später spiegelt den Aufschwung und die Konsolidierung landesfürstlicher Gewalt in der Reformationszeit. Der barocke Um- und Ausbau um 1700, der bis 1950 dem Schloss und ganz Berlin sein äußeres Gesicht gegeben hat, stand im direkten Zusammenhang mit der Begründung des Königreiches Preußen[5].

Abgesehen von diesen rein äußerlichen Eigenschaften des Bauwerkes beinhaltete der Schlossbau eine Reihe wichtiger Funktionen für den jeweiligen Landesherrn und die Stadt. Diese Funktionen sind Gegenstand dieser Hausarbeit, da sie wichtige Zeugen der Stadtentwicklung Berlin-Cöllns, wie auch des Ausbaues der landesherrlichen Macht in der Mark Brandenburg sind. Ausgehend von der Zeit vor dem Schlossbau soll, anhand des Ereignisses des Schlossbaus und seiner späteren Funktionen, der Wandel der Doppelstadt von einem autonomen mittelalterlichen Städtchen zu einer Residenz mit modernen Anklängen dargestellt werden.

2. Berlin-Cölln und die Mark Brandenburg vor dem Schlossbau

Vor der Grundsteinlegung des Schlosses gab es für den jeweiligen branden-burgischen Markgrafen keine feste Residenz. Die Mark wurde wie seit jeher üblich durch eine Art Reiseherrschaft regiert und verwaltet. Es gab keine Haupt- bzw. Residenzstadt und auch ein Herrschaftsschwerpunkt ist nur schwer auszumachen.[6]

Die alten politischen und religiösen Schwerpunkte in der Mark, Spandau, Brandenburg und Tangermünde spielten ebenso wenig diese Rolle. Zumal es in der Forschung kaum möglich ist, den bestimmenden Aufenthaltsort des Markgrafen bzw. des Kurfürsten zu bestimmen.[7]

Über die Art und Weise der persönlichen Herrschaftsausübung der Markgrafen, über ihre Aufenthaltsorte ist fast bis ins 14. Jahrhundert nur wenig in Erfahrung zu bringen. Auf der Grundlage der vorhandenen Quellen bieten sich nur leichte Einbli title="">[8] Die Zeit der askanischen Herrschaft (1134-1317) und der wittelsbachischen Herrschaft (1323-1373) verläuft in etwa nach diesem Schema, wobei die Letzteren nur noch in größeren Dörfern und Städten ihren Aufenthalt nahmen.[9]

Wird die Mark Brandenburg unter den Askaniern und Wittelsbachern noch per Reiseherrschaft verwaltet, so kommt die Ausübung landesherrlicher Macht und Verwaltung unter dem Hause Luxemburg (1373-1415) völlig zum erliegen.[10] Während dieser Zeit existierte in der Mark Brandenburg im Prinzip keine landesherrliche Zentralgewalt mehr.

Berlin-Cölln hatte eben in dieser Zeit einen bescheidenen Aufstieg genommen und war in seiner Bedeutung an die „alten“ märkischen Schwerpunkte Spandau, Tangermünde und Brandenburg herangerückt. War Berlin vor 1448 auch keine Residenzstadt, so hatte sich die Handels- und Hansestadt doch seit Langem zu einem Zentrum des Landes entwickelt. Das geschah im Umstand der Städtefreiheit, der Verselbstständigung der Städte, des Adels und der Ritterschaft in der Mark, der ständischen und städtischen Opposition und der oben erwähnten Schwäche der landesherrlichen Gewalt.[11] Berlin entwickelte sich in dieser Zeit zu einer weitgehend autonomen Stadtgemeinde.

Berlin und Cölln waren zu dieser Zeit zwei voll ausgebildete Bürgerstädte mit Pfarrkirche – im größeren Berlin zwei Pfarrkirchen -, mit Bettelordensniederlassung – der Franziskaner in Berlin und der Dominikaner in Cölln -, mit Rathaus, Stadtmauer und Spitäler; dazu kam ein bedeutendes Mühlenwerk zwischen beiden Städten.[12]

Berlin und Cölln gehörten zu denjenigen kommunalen Handels- und Gewerbestädten in der Mark, deren wirtschaftliche aktive und in der eigenständigen Ordnung der städtischen Angelegenheiten erfahrene Bürger im 13. Jahrhundert von den Markgrafen für ihre Territorialpolitik eingesetzt wurden. Diese Städte sollten zur Verteidigung und Erfassung des Landes dienen;[13] Berlin wurde Vogtei- und Propsteisitz. Diese Stadt ersetzte eine landesherrliche Burg, denn die Stadt an sich stellte eine Art „Großburg“ dar, deren Bewohner sich eigenhändig schützten und in der der Landesherr einen angemessenen Hof einrichten konnte.

Die brandenburgischen Markgrafen verfügten in Berlin über Grundbesitz zu beiden Seiten der Klosterstraße. Dort lag das markgräfliche Hohe Haus, das unter diesem Namen erstmals 1429 in Erscheinung trat.[14] Dieses ging aus der markgräflichen „aula“ in Berlin hervor, welche seit 1261 beurkundet ist.[15] Der „ansehnliche Wohnhof“[16], der sich in die städtische Bebauung einfügte, diente als zeitweiliger Aufenthaltsort der Markgrafen in der Zeit der Reiseherrschaft.[17]

Berlin, seit 1307 mit Cölln verbunden, entwickelte sich, wie oben schon einmal erwähnt, zu einer autonomen, sich selbst regierenden Bürgerstadt und zu einem Hauptort in der Markgrafschaft Brandenburg und wurde in der unruhigen Zeit um 1400 mit dem Rat an der Spitze eine eigenständige politische Führungskraft.[18] Eine vollständige Stadtfreiheit, wie sie beispielsweise die freien Reichsstädte besaßen, erlangte sie nie. Die theoretische Oberhoheit des jeweiligen Landesherrn blieb immer bestehen.

Die führende Position der Stadt in der Markgrafschaft Brandenburg ist jedoch unbestritten. Sie kam bezeichnend zur Geltung, wenn nicht nur mittelmärkische Städte, Herren und Landeshauptleute wie auswärtige Fürsten, sondern die Markgrafen Sigismund und Jobst wie Wilhelm von Meißen selbst, sich in Landesangelegenheiten an die Ratmannen von Berlin und Cölln wandten.[19]

Der zeitgenössische Chronist Engelbert Wusterwitz kennzeichnete Berlin als das Haupt der Mark: Dietrich von Quitzow habe 1410 „mit den Berlinschen den anfang zu streiten gemacht, auf das, so er dieselben unter seine gewalt und herrschaft gebracht, er auch den anderen stedte in der Marcke deste ehe könte mechtig werden.“[20] Mit diesem Raub- und Fehdewesen wurden erst die neuen Landesherren aus dem Hause Hohenzollern, nach 1412, fertig.[21]

[...]


[1] Peschken, Goerd u. Althoff, Johannes: Das Berliner Schloss (= Berliner Ansichten Bd. 11), Berlin 2000, S. 9.

[2] Siehe Petras, Renate: Das Schloss in Berlin. Von der Revolution 1918 bis zur Vernichtung 1950, Berlin u. München 1992, S. 6.

[3] Siehe hierzu auch: Rollka, Bodo u. Wille, Klaus-Dieter: Das Berliner Stadtschloss. Geschichte und Zerstörung, Berlin 1993 (2. erw. Aufl.), S. 7 ff.

[4] Peschken, S. 9.

[5] Ebd., S. 9.

[6] Siehe hierzu: Müller-Mertens, Eckhard: Die landesherrliche Residenz in Berlin und Kölln 1280-1486, in: ZfG, 36 (1988), S. 138-154.

[7] Hierzu: Ebd., S. 141-143.

[8] Ahrens, Karl-Heinz: Residenz und Herrschaft. Studien zu Herrschaftsorganisation, Herrschaftspraxis und Residenzbildung der Markgrafen von Brandenburg im späten Mittelalter (= Europäische Hochschulschriften, Reihe III, Bd. 427), Frankfurt a./M. [u. a.] 1990, S. 80f.

[9] Ebd., S. 82.

[10] Ebd., S. 84.

[11] Müller-Mertens, S. 139.

[12] Schich, Winfried: Anlage und Funktion des Schlosses und des Schlossbezirks in Mittelalter und Renaissance, demnächst in: Engel, H. u. Ribbe, Wolfgang (Hg.): Das Schloss und der Schlossbezirk in der Mitte Berlins, voraussichtlich Berlin 2002, S. 1?.

[13] Siehe Schich, S. 2. Zit. in: Krabbo, Hermann: Die Stadtgründungen der Markgrafen Johann I. und Otto III. von Brandenburg (1220-1267), in: Archiv für Urkundenforschung, Bd. 4 (1912), S. 255-290; Schulze, Hans K.: Die Besiedlung der Mark Brandenburg im Mittelalter, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands, Bd. 28 (1979), S. 42-178, hier S. 148-169.

[14] Siehe Ahrens, S. 293-298.

[15] Urkunden-Buch zur Berlinischen Chronik (BUB), Nr. 12; Krabbo, Hermann u. Winter, Georg (Bearb.), Regesten der Markgrafen von Brandenburg aus askanischem Hause, Leipzig-Berlin 1910/55, Nr. 863.

[16] Müller-Mertens, S. 139.

[17] Siehe Ahrens, S. 19-88.

[18] Schich, S. 3.

[19] Müller-Mertens, S. 149.

[20] Siehe Müller-Mertens, S. 149. Zit. in: Ribbe, Wolfgang: Die Aufzeichnungen des Engelbert Wusterwitz. Überlieferung, Edition und Interpretation einer spätmittelalterlichen Quelle zur Geschichte der Mark Brandenburg (= Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Bd. 12), Berlin 1973, S. 119, 195-197.

[21] Siehe Schulz, Knut: Vom Herrschaftsantritt der Hohenzollern bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges (1411/12-1618), in: Ribbe, Wolfgang (Hrsg.): Geschichte Berlins (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin), Bd. 1, München 1988 (2. verb. Aufl.), S. 249-340, hier S. 254-273; Böcker, Heidelore: Die Festigung der Landesherrschaft durch die hohenzollernschen Kurfürsten und der Ausbau der Mark zum fürstlichen Territorialstaat während des 15. Jahrhunderts, in: Materna, Ingo u. Ribbe, Wolfgang (Hg.), Brandenburgische Geschichte, Berlin 1995, S. 169-230, hier S. 171-178.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Das Stadtschloss zu Cölln und seine Funktionen im späten Mittelalter
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Geschichtswissenschaften)
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
19
Katalognummer
V77522
ISBN (eBook)
9783638828840
ISBN (Buch)
9783638831659
Dateigröße
437 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stadtschloss, Cölln, Funktionen, Mittelalter
Arbeit zitieren
Magister Artium Falko Krause (Autor:in), 2002, Das Stadtschloss zu Cölln und seine Funktionen im späten Mittelalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77522

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