Der Zusammenhang zwischen städtischer Armut, sozialer Ausgrenzung und sozialräumlicher Segregation am Beispiel sozialer Brennpunkte Berlins


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2005

34 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsdefinition der Armut
2.1 Theoretische Ansätze
2.2 Indikatoren der Unterversorgung
2.3 Risikogruppen
2.3.1 Arbeitslose
2.3.2 Ausländer
2.3.3 Alleinerziehende
2.3.4 Kinderreiche Familien
2.3.5 Kinder und Jugendliche

3. Begriff der Ausgrenzung

4. Segregation

5. Das Beispiel Berlin
5.1 Sozialer Wandel in Berlin
5.2 Demographische Betrachtung der Bevölkerungsstruktur Berlins
5.2.1 Arbeitslose
5.2.2 Ausländer
5.2.3 Gegenüberstellung der Einwohner mit geringem Einkommen und der Einwohner mit höherem Einkommen
5.3 Evaluation der Bevölkerungsstruktur Berlins
5.3.1 Großsiedlungen West
5.3.2 Großsiedlungen Ost
5.3.3 Innenstadtgebiete West
5.3.4 Innenstadtgebiete Ost

6. Fazit

7. Ausblick

8. Anhang

9. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen bestimmen seit den siebziger Jahren den sozialen Wandel:

1. Umbrüche in der Erwerbsarbeit und am Arbeitsmarkt

Ein entscheidender Aspekt in diesem Zusammenhang ist der Wandel von einer Industriegesellschaft zu einer Dienstleistungsgesellschaft. Damit wurden und werden sowohl gering als auch höher qualifizierte Arbeiter aus dem Arbeitsmarkt verdrängt. Diesen Abbau kann die neue Dienstleistungsgesellschaft kaum kompensieren. Die aktuelle Ökonomie ist geprägt von ungesicherten Beschäftigungsverhältnissen und niedrig entlohnten Arbeitsplätzen. Dies führt zu einer Spaltung des Arbeitsmarktes.

2. Schwächung traditioneller sozialer Milieubindungen

„Wachsender Wohlstand und Bildungsexpansion nach dem Krieg, gegründet auf Vollbeschäftigung und sozialstaatlichen Leistungen, haben die Spielräume für individuelle Lebens- und Karriereplanung erweitert und den Einfluss von Konventionen und milieugestützten Sozialbindungen abgeschwächt.“[1] Die Arbeiterkultur mit einhergehenden Organisationen gegenseitiger Hilfe, aber auch sozialer Kontrolle auf Nachbarschaftsbasis haben sich aufgelöst. Soziale Bindungen betreffen aber nicht nur den Erwerbsbereich. Auch im privaten Bereich gehen immer mehr soziale Bindungen verloren; es werden weniger Ehen geschlossen, dafür deutlich mehr geschieden. So heirateten in Deutschland 1960 noch 689 000 Paare, hingegen im Jahre 2001 nur noch 390 000, was eine Reduzierung um etwa 50% bedeutet. Im Verhältnis dazu stieg die Zahl der Scheidungen deutlich an: 1960 wurden 73 000 Ehen gelöst, 2001 waren es bereits 197 000. Dies bedeutet ein Anstieg um über 150%.[2]

3. Die abnehmende Fähigkeit der Sozialstaaten zum sozialen Ausgleich

Vor allem in den großen Städten bündeln sich die sozialen Folgen. Hier steht auf der einen Seite die Konzentration der neuen Dienstleistungsberufe sowie der neue Reichtum, der in diesen Bereichen erwirtschaftet wird. Auf der anderen Seite kommt es hier aber auch zur Zuspitzung der im voraus genannten Probleme, die aus der Deindustrialisierung, aus wachsender Einkommensungleichheit, Auflösung sozialer Unterstützungsnetze und aus der Finanzknappheit der „öffentlichen Hand“ erwachsen. Zuletzt genanntes führte in den letzten Jahren zu einer Etablierung eines Teufelskreises: Der Abbau von Arbeitsplätzen bedeutet weniger Steuereinnahmen in die öffentlichen Kassen und höhere Sozialausgaben, was zur Folge hat, dass damit ein weiterer Abbau von Arbeitsplätzen auch im öffentlichen Dienst beziehungsweise in öffentlichen Unternehmen erzwungen wird. Dies bedeutet wiederum weniger Einnahmen und steigende Ausgaben im Sozialbereich.

Auch der seit den achtziger Jahren anhaltende Rückzug des Staates aus der Wohnungsversorgung spielt eine wichtige Rolle in Bezug auf den staatlich regulierten sozialen Ausgleich, da die Privatisierung der Wohnungsversorgung einen mitbestimmenden Faktor zur sozialräumlichen Segregation darstellt. Anhand dieser Ausführungen kann man erkennen, dass Benachteiligungen am Arbeits- und Wohnungsmarkt wieder stärker ineinander greifen und der Staat immer weniger in der Lage ist, als Sozialstaat den sozialen Ausgleich sicherzustellen.

Diese drei Bereiche machen deutlich, dass der soziale Wandel einhergeht mit Deindustrialisierung, daraus folgender Arbeitslosigkeit und dem Anwachsen sozialer Ungleichheit. Das Einkommen stellt die zentrale Größe zur Beteiligung am Leben in der Bundesrepublik Deutschland dar. Zunehmende Arbeitslosigkeit geht stets einher mit einem geringeren Einkommen. Damit wachsen die Risiken, an oder unter der Armutsgrenze leben zu müssen.

Auf diesen ineinander greifenden Aspekten bauen die nachfolgenden Ausführungen auf, deren Ziel es sein soll, den Zusammenhang zwischen städtischer Armut, sozialer Ausgrenzung und sozialräumlicher Segregation am Beispiel sozialer Brennpunkte Berlins zu belegen.

Um die Kette von der Armut zur Ausgrenzung nachvollziehen zu können, bedarf es sowohl einer Definition von Armut, einschließlich der Indikatoren und Risikogruppen, als auch einer Definition von sozialer Ausgrenzung. Daraus folgend soll die sozialräumliche Segregation näher beleuchtet werden, zunächst allgemein und nachfolgend anhand des Beispiels Berlin als Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland. Als eine Dimension der Armut, Ausgrenzung und sozialräumlichen Segregation steht der Bereich des Wohnens in Berlin im Mittelpunkt. Daraus folgend soll festgestellt werden, ob es soziale Brennpunkte hinsichtlich der Ausgrenzung in Berlin gibt und, falls zutreffend, in welchen Stadtteilen diese zu finden sind.

2. Begriffsdefinition der Armut

2.1 Theoretische Ansätze

Armut wird von verschiedenen Theoretikern und Wissenschaftlern auf unterschiedlichste Weise wahrgenommen und empirisch untersucht. Diese Heterogenität ist auch in den Definitionen von Armut erkennbar. Aus diesem Grund soll sich der erste Teil dieser Arbeit auf ausgewählte Armutsgrenzen und Ansätze beziehen, über die wohl die größte Einigkeit herrscht.

Den Ausgangspunkt dafür soll Neumann liefern, der Armut verstanden haben will als „ein Mangel an Mitteln, der die Sicherheit des Lebensbedarfs – beruhend auf den jeweils historisch geltenden sozialen, kulturellen, typischen Standards einer jeweiligen Gesellschaft – nicht gewährleistet. Der normativ zu bestimmende Grad des Unterschreitens jenes Standards wird dabei als Armutsgrenze definiert.“[3]

Die verschiedenen Definitionen des (sozio-kulturellen) Existenzminimums basieren in der Regel zum einen auf dem Lebenslagenansatz und zum anderen auf dem Ressourcenansatz.

Der Lebenslagenansatz geht auf Unterversorgungserscheinungen in einzelnen relevanten Bereichen wie Einkommen, Arbeit, Bildung, Wohnen, Gesundheit, Ernährung, Freizeit etc. bzw. deren Kumulation zurück und verhindert damit eine ausschließlich an ökonomischen Ressourcen ausgerichtete Betrachtung der Armut. Im Gegensatz dazu wird nach dem Ressourcenansatz Armut als eine Unterausstattung an monetären bzw. nichtmonetären Ressourcen verstanden.[4] Die hierbei relevante Größe ist das verfügbare Einkommen, auf das sich auch fast ausschließlich alle bisherigen empirischen Untersuchungen beziehen. Beim Lebenslagenansatz wird mehr die tatsächliche Versorgungssituation des Individuums und weniger – wie nach dem Ressourcenansatz - die potentielle Versorgungslage in den Vordergrund gerückt. „Modelle, die vom Ressourcenansatz ausgehen, [...] unterstellen, dass alles Lebensnotwendige durch Verausgabung der Ressourcen beschafft werden kann und die Untersuchungseinheit (Personen, Haushalte etc.) alle Verantwortung der Ressourcenver-teilung, -verwendung bzw.

-umsetzung trägt.“[5]

Ausgehend vom Ressourcenansatz betrachtet man nun die beiden in Deutschland am häufigsten verwendeten Armutsmaße: zum einen die 60%-Armutsgrenze und zum anderen die politisch definierte Einkommensarmutsgrenze nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG).

Erstere beschreibt Armut als extreme Ausprägung nach dem Konzept der sozialen Ungleichheit. Armut wird in diesem Zusammenhang relativ zu einem gesellschaftlichen Standard, dem Nettoäquivalenzeinkommen, definiert und damit aus Wohlstandsverteilungen abgeleitet. Als arm gilt demnach, wer über weniger als 60% des durchschnittlichen Nettohaushaltseinkommens des Lebensraumes und vergleichbarer Haushalte verfügt. Hierbei sei angemerkt, dass in der Literatur auch Armutsgrenzen in Höhe von 40% und 50% zu finden sind. Noch bis vor wenigen Jahren war die 50%-Einkommensgrenze die am häufigsten verwendete Armutsgrenze. Die Anwendung unterschiedlicher Armutsgrenzen hat erheblichen Einfluss auf die Armutsmessung und damit auf die Anzahl und Struktur derer, die als arm bezeichnet werden.

Die Sozialhilfegrenze nach dem BSHG ist hingegen auf das Subsistenzkonzept zurückzuführen, welches Armut absolut als Existenzminimum definiert, das entweder nur der Lebenserhaltung dient (physisches Existenzminimum) und damit jenen Bedarf an Nahrung, Kleidung etc. zugesteht, der das dauerhafte Überleben sichert, oder in einem erweiterten Sinn auf ein menschenwürdiges Dasein innerhalb einer Gesellschaft, das heißt jenes Minimum an Bedürfnisbefriedigung, das nach Anerkennung der Gesellschaft für eine menschenwürdige Existenz erforderlich ist, abzielt (konventionelles/sozio-kulturelles Existenzminimum).[6] Auf letzterem Existenzminimum basiert auch die – das staatliche Instrument der Armutsbekämpfung darstellende – Sozialhilfe. „Aufgabe der Sozialhilfe ist es, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Hilfe soll ihn soweit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; hierbei muss er nach seinen Kräften mitwirken.“ (§ 1 Abs. 2 BSHG)[7] Eine Person bzw. ein Haushalt gilt dann als arm, wenn das Einkommen geringer ist als das im BSHG festgelegte Existenzminimum. Die Sozialhilfebedürftigkeit kann in die zwei Aspekte bekämpfte Armut und verdeckte Armut unterschieden werden. Unter dem Begriff der verdeckten Armut werden jene Personen zusammengefasst, deren Einkommen niedriger ist als jenes, das ihnen von Rechts wegen durch die Sozialhilfe zugesichert ist, und die trotzdem diese Leistung nicht in Anspruch nehmen und folglich nicht mehr in der Sozialhilfestatistik erscheinen. In diesem Zusammenhang spricht man auch von der Dunkelziffer der Armut.[8] Unter dem Begriff der bekämpften Armut wird derjenige Personenkreis subsumiert, der sozialhilfeberechtigt nach dem BSHG ist und die Leistungen der Sozialhilfe auch bezieht.[9]

Zwei Leistungsarten der Sozialhilfe sind zu unterscheiden: die Hilfe in besonderen Lebenslagen (HBL), die sich aus ihren Einzelhilfen definiert und z.B. als Hilfe zur Pflege, Eingliederungshilfe für Behinderte, Krankenhilfe, Ausbildungshilfe und Hilfe für werdende Mütter gewährt wird, sowie die Hilfe zum laufenden Lebensunterhalt (HLU). Die HLU gliedert sich weiter in die einmaligen und die laufenden Leistungen. Die einmaligen Leistungen umfassen Bedarfsgegenstände wie Wäsche und Hausrat, wenn diese aufgrund der aktuellen Lebenssituation angeschafft werden müssen. Zu den laufenden Leistungen zählen insbesondere der laufende Bedarf an Ernährung, Kleidung, Unterkunft, Heizung, Hausrat sowie Körperpflege.

Die monetäre Bemessung der Sozialhilfegrenze basiert auf der laufenden HLU, die daher häufig als Indikator zur Beschreibung von Einkommensarmut in Deutschland herangezogen wird.

Ein eigens aus diesen Fakten zusammengestelltes Schema ist im Anhang beigefügt und soll die verschiedenen Ansätze der Armutsdefinition verdeutlichen.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass sich die vorangegangenen Angaben und Fakten auf die Zeit vor dem 1. Januar 2005 beziehen, da zu diesem Zeitpunkt eine Sozialreform nach dem „Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ (im Volksmund „Hartz IV“) in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft trat. Der wohl wesentlichste Aspekt dieser Reform ist die Einführung des Arbeitslosengeldes II (ALG II), unter dem die bisher geltende „Arbeitslosen- und Sozialhilfe“ auf dem Niveau der bisherigen Sozialhilfe zusammengefasst werden.

Ich beziehe mich in dieser Arbeit auf die 60%-Einkommensarmutsgrenze, da sie mir als deutlich aussagekräftiger erscheint als die Sozialhilfegrenze, um das Ausmaß der Armut in Deutschland zu repräsentieren. Dies führe ich zum einen auf vorliegende empirische Ergebnisse und zum anderen auf deren Erfassbarkeit zurück. Nachteile in der Sozialhilfestatistik sehe ich vor allem in der Unterschätzung der tatsächlichen Armut und der fehlenden Vergleichbarkeit. Ersteres ist auf die verdeckte Armut zurückzuführen, da viele arme Menschen zum einen gar nicht wissen, dass ihnen in ihrer Situation Sozialhilfe zusteht. Zum anderen scheuen auch viele – vor allem ältere Menschen – den Gang zum Sozialamt. Die Gründe hierfür liegen im Stolz oder Scham, in der Furcht vor der Stigmatisierung als Almosenempfänger oder auch in der Befürchtung, dass Familienmitglieder aufgrund des Subsidiriatätsprinzips des Sozialhilfegesetzes zur finanziellen Mithilfe in einigen Fällen verpflichtet werden. Damit lässt sich der Umfang der Dunkelziffer und demzufolge auch der tatsächlich zur Inanspruchnahme der Sozialhilfe berechtigten Personen nur schätzen. „Studien lassen den Schluss zu, dass in den letzten drei Jahrzehnten nur weniger als die Hälfte der Sozialhilfeberechtigten ihre Ansprüche auf staatliche Unterstützung auch wirklich geltend gemacht haben.“[10] Die fehlende Vergleichbarkeit ist auf zwei Aspekte bezogen. Auf der einen Seite ist mit der 60%-Einkommensarmutsgrenze – im Gegensatz zur Sozialhilfegrenze – ein internationaler Vergleich durch standardisierte Einkommensgrenzen möglich. Zum anderen zeichnet sich durch die 60%-Grenze ein deutlicheres Ausmaß der Armut ab, denn unter dieser Grenze leben erheblich mehr Menschen als an oder unter der offiziellen Sozialhilfegrenze, die etwas über der 40%-Grenze liegt. Diesen Unterschied kann man anhand vorliegender Daten nachvollziehen. Danach lag die Sozialhilfequote (Anteil der HLU-Empfänger an der Bevölkerung) im Jahr 2000 bei 3,4% der westdeutschen und bei 2,8% der ostdeutschen Gesamtbevölkerung.[11] Der Anteil der relativen Einkommensarmut nach der 60%-Grenze lag im gleichen Jahr hingegen bei 13,1% der gesamtdeutschen Bevölkerung.[12]

2.2 Indikatoren der Unterversorgung

In dem vorangegangenen Abschnitt wurden bereits verschiedene Ansätze der Armutsdefinition erläutert. Dabei ist der umstrittenste Punkt die Messung von Armut ausschließlich anhand des Einkommens. Zweifellos stellt das Einkommen ein zentrales Merkmal der sozio-ökonomischen Lage dar, die jedoch auch durch weitere Dimensionen wie Bildung, Arbeit, Gesundheit etc. geprägt ist. Diese mehrdimensionale Analyse, wie sie dem Lebenslagenansatz zuzurechnen ist, stieß in den vergangenen Jahren in der Armutsforschung stetig auf mehr Resonanz, da Armut unter anderem in ihren Ausprägungen deutlicher hervortritt. In einer solchen mehrdimensionalen Analyse sind zunächst die verschiedenen Dimensionen sowie deren Indikatoren und Grenzen der Unterversorgung/-ausstattung zu bestimmen, welche sich an vergleichbaren Untersuchungen wie dem Sozio-ökonomischen-Panel (SOEP) orientieren und in Tabelle 1 im Anhang dargestellt sind. Anhand dieser Indikatoren können dann Unterversorgungsquoten für die einzelnen Bereiche berechnet werden. Hierbei sei darauf hingewiesen, dass die Unterversorgung in einem der Bereiche Wohnen, Bildung, Gesundheit oder Arbeit nicht mit Armut gleichgesetzt werden darf. Allerdings wird die Kumulation von Unterversorgung in einem oder mehreren der Bereiche mit Unterversorgung im „Kernbereich“ Einkommen als verschärfte Armutssituation angesehen.[13]

Meines Erachtens sollten die beiden Ansätze – der Lebenslagen- und der Ressourcenansatz – nicht so stark differenziert betrachtet werden, da zwar Bildung, Gesundheit und Wohnen ohne Zweifel zum sozio-kulturellen Existenzminimum zu zählen sind, diese Bereiche jedoch im Zuge der zunehmenden Privatisierung und Abnahme staatlicher Leistungen stark vom Einkommen abhängen und damit lediglich ergänzende Dimensionen darstellen. Das Einkommen sehe ich demnach als Quell allen Übels, denn in der aktuellen Zeit ist das Leben in all seinen Facetten nur mit einem entsprechenden Einkommen zu bewältigen. Man kann also sagen, dass das Einkommen der zentrale Aspekt ist, da ein geringes Einkommen häufig Benachteiligungen in weiteren Bereichen zur Folge hat bzw. diesen Benachteiligungen nur durch Einsatz finanzieller Mittel entgegengewirkt werden kann. Als Beispiele seien hier im Bereich der Bildung die eigene Versorgung mit Lernmaterialien sowie im Bereich der Gesundheit die Zuzahlung zu Untersuchungen und/oder Medikamenten.

2.3 Risikogruppen für Armut

„Als Risikogruppen werden Bevölkerungsgruppen mit einem besonders hohen Anteil von Armen bezeichnet; die Zugehörigkeit zu ihnen ist also mit einem besonders hohen Risiko verknüpft, an oder unter der Armutsgrenze leben zu müssen.“[14] Die Zusammensetzung der Risikogruppen hat sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt. So herrschte noch in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts eine Altersarmut und eine Frauenarmut vor. Die Altersarmut konnte jedoch durch die Verbesserung der Alterssicherung, vor allem durch die Dynamisierung der Renten, zurückgedrängt werden. Im Jahre 2002 lebten 7,9% der über 70-Jährigen in Armut.[15] Auch die Aufteilung der Armutsbetroffenen nach Männern und Frauen hat sich angeglichen: 2002 lebten 13,5% der Frauen im Vergleich zu 12,5% der Männer unter der 60%-Grenze.[16]

Heute sind fünf Bevölkerungsgruppen in besonderem Maße vom Abgleiten in die Armut bedroht:

[...]


[1] Kronauer Martin: Die neue soziale Frage. Armut und Ausgrenzung in der Großstadt heute in Uwe Jens Walther (Hrsg.): Soziale Stadt – Zwischenbilanzen. Ein Programm auf dem Weg zur Sozialen Stadt?, Leske + Budrich, Opladen 2002; S. 46

[2] Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Datenreport 2004. Zahlen und Fakten über die Bundesrepublik Deutschland; Bundeszentrale für politische Bildung; Bonn: 2004; S. 46

[3] Neumann, Udo: Struktur und Dynamik von Armut. Eine empirische Untersuchung für die Bundesrepublik Deutschland, Freiburg im Breisgau: Lambertus 1999; S. 24

[4] Schäfers, Bernhard und Zapf, Wolfgang (Hrsg.): Handwörterbuch zur Gesellschaft Deutschlands, Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung; Bonn: Leske + Budrich, Opladen 2001; S. 37

[5] Ebd.; S. 37

[6] Schäfers/Zapf: Handwörterbuch; S. 38

[7] http://www.bmgs.bund.de/download/gesetze/sozialhilfe/sozialhilfegesetz.pdf

[8] Schäfers/Zapf: Handwörterbuch; S. 40

[9] Neumann: Struktur und Dynamik von Armut; S. 31

[10] Geißler, Rainer: Die Sozialstruktur Deutschlands, Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung; Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden 2002; S. 249

[11] Ebd.; S. 248

[12] Statistisches Bundesamt: Datenreport 2004; S. 630

[13] Schäfers/Zapf: Handwörterbuch; S. 48

[14] Geißler: Die Sozialstruktur Deutschlands; S. 251

[15] Statistisches Bundesamt: Datenreport 2004; S. 632

[16] Ebd.; S. 632

Fin de l'extrait de 34 pages

Résumé des informations

Titre
Der Zusammenhang zwischen städtischer Armut, sozialer Ausgrenzung und sozialräumlicher Segregation am Beispiel sozialer Brennpunkte Berlins
Université
Free University of Berlin
Note
1,7
Auteur
Année
2005
Pages
34
N° de catalogue
V77543
ISBN (ebook)
9783638830720
Taille d'un fichier
586 KB
Langue
allemand
Mots clés
Zusammenhang, Armut, Ausgrenzung, Segregation, Beispiel, Brennpunkte, Berlins
Citation du texte
Katja Henning (Auteur), 2005, Der Zusammenhang zwischen städtischer Armut, sozialer Ausgrenzung und sozialräumlicher Segregation am Beispiel sozialer Brennpunkte Berlins, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77543

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