Der Aktivismus des politischen Islams führt zu einer Säkularisierung und Desakralisierung der Politik. Trotz seiner Sonderstellung als einzig erfolgreiche islamistische Revolution im Nahen Osten, sieht Roy den Plan eines Gottesstaates im Iran gescheitert.
Wie bei vielen anderen islamistischen Bewegungen hat die politische Realität über das religiöse Ideal gesiegt. Der Erfolg der Islamischen Revolution in Iran gründet sich nach Roy nicht auf einer effektiveren oder ansprechenderen religiösen Position im Vergleich zur Muslimbruderschaft oder der Jama‘at-i Islāmi, sondern zum einen auf der finanziell und politisch unabhängigen und hierarchisch aufgebauten Struktur der schiitischen Geistlichkeit. Sowie auf der festen Institutionalisierung der neuen politischen Ordnung mit einer bindenden Verfassung – ein elementarer Schritt, an dem andere Islamisten gescheitert sind.
Roy konstatiert, dass die politische Ideologie Khomeinis festgesetzt hat, was als religiös zu verstehen ist. Nicht die Religion definiert das politische System. Vielmehr wird der religiöse Raum durch die politischen Instanzen festgelegt und kontrolliert.
Die vorliegende Arbeit bietet eine Darstellung und Analyse der Theorie von Olivier Roy, der die Islamische Revolution 1979 als einzig erfolgreiche politisch-islamistische Bewegung präsentiert, sie jedoch religiös-ideologisch wie jede andere islamistische Bewegung als gescheitert ansieht. Gemäß der thematischen Ausrichtung der Royschen Argumentation auf die Ideologiekritik, fokussiert der überwiegende Teil dieser Arbeit auf die Gegenüberstellung des ideologischen Anspruchs des Islamismus im Iran mit der faktischen Umsetzung seiner Aussagen in der Realpolitik.
Es wird am Ende geschlussfolgert, dass Roys Ansatz eine differenzierte Perspektive auf die Islamische Republik Iran bietet. Die den politischen und gesellschaftlichen Umständen Irans angepasste Definition von „secularisation“ eröffnet interessante Möglichkeiten zur weiteren Beschäftigung mit der Beziehung zwischen Religion und Politik im heutigen Iran.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- TERMINOLOGISCHE ERLÄUTERUNGEN
- SÄKULARISIERUNG - SÄKULARISATION IN GEOPOLITISCHER PERSPEKTIVE
- Deutschland
- Frankreich
- Türkei
- Säkularisierung nach Olivier Roy
- ISLAMISMUS-NEOFUNDAMENTALISMUS
- Islamismus in wissenschaftlicher Rezeption
- Dualistische Begriffsbestimmung nach Olivier Roy
- Islamismus - Streben nach einem islamischen Staat
- Neofundamentalismus - Die Abkehr von der politischen Ideologie
- DAS SCHEITERN DES ISLAMISMUS
- DIE NATIONALISIERUNG DES ISLAMISMUS
- STAATLICHE RE-ISLAMISIERUNG
- DIE ENTWICKLUNG DER IRANISCHEN GEISTLICHKEIT UND IHRE BEZIEHUNG ZUM STAAT
- STAATLICHE ETABLIERUNG DES SCHIITENTUMS IN IRAN
- PROBLEMATIK DER SCHIITISCH-Religiösen LegitIMITÄT
- DIE VERTIEFUNG DES SCHIITENTUMS IM IRAN DURCH MUHAMMAD BAQIR MAJLISI
- DIE UNABHÄNGIGKEIT DES IRANISCHEN KLERUS
- DER SIEG DER USŪLĪ UND ANWENDUNG VON IJTIHĀD
- DIE ÜBERTRAGUNG DES IMAMATS AUF DIE GEISTLICHKEIT
- DIE HIERARCHISIERUNG DER SCHIITISCHEN GEISTLICHKEIT
- ANSÄTZE ZU EINER KLERIKALEN HERRSCHAFT VOR KHOMEINI
- VON MYSTISCHER ABSTINENZ ZUR HERRSCHAFT DER RECHTSGELEHRTEN - DIE ENTWICKLUNG DER POLITISCHEN THEORIE KHOMEINIS
- EINSTELLUNG ZUR POLITIK BIS ZUM BEGINN DER PAHLAVI DYNASTIE
- KHOMEINIS SCHRIFT „KASHF AL-ASRAR“
- DIE VELAYAT-I FAQTH (HERRSCHAFT DER RECHTSGELEHRTEN)
- Die Periode der Resignation Khomeinis im Exil bis 1970
- Die velayat-ifaqih aus Khomeinis Vorlesung ĺukumat-i Islāmī („der Islamische Staat“)
- Die Notwendigkeit eines islamischen Staates
- Die internationalen Ambitionen der Revolution
- Die Qualifikation des Staatsführers
- Die Reaktionen auf die velayat-i faqih
- KHOMEINI IM PARISER EXIL
- Entwicklungen im Iran zwischen 1971 und 1978
- Politische Äußerungen Khomeinis in Paris
- WEITERE ANSÄTZE ZUR BEZIEHUNG VON STAAT UND POLITIK IM IRAN
- DR. ALI SHARIATI
- Sozialismus und Revolution
- Shariatis islamische Regierungsform
- Shariatis Einstellung zur schiitischen Geistlichkeit
- Das Erbe Shariatis in Iran
- ABDU'L-HASAN BANI-SADR
- ABDU'L-KARIM SOROUSH
- Soroushs Verständnis von Religion
- Die Rolle der Geistlichkeit
- Die Ent-Ideologisierung der Religion
- Die Rolle der Säkularisierung in der Moderne
- Der religiöse demokratische Staat versus velayat-i faqīh
- DER IRANISCHE ISLAMISMUS – SÄKULARISIERUNG ZWISCHEN ERFOLG UND SCHEITERN
- DIFFERENZIERTE DARSTELLUNG DES KLERIKALEN FAKTORS IM IRAN
- DIE ROLLE DER SCHARIA
- POLITISCHE KONSOLIDIERUNG DER KHOMEINISTISCHEN IDEOLOGIE
- DER PRIMAT DER POLITIK ÜBER DER RELIGION ALS WEGBEREITER FÜR EINE NEUE SÄKULARITÄT
- DIE „BESONDERE“ SÄKULARISIERUNG?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die These Olivier Roys zum Scheitern des politischen Islams am Beispiel der Islamischen Republik Iran. Sie analysiert die Entwicklung der iranischen Geistlichkeit und ihre Beziehung zum Staat, insbesondere im Hinblick auf die Entstehung der velayat-i faqih. Die Arbeit beleuchtet auch die Rolle der Scharia und den Einfluss des islamischen Rechts auf die iranische Politik.
- Die Entwicklung der iranischen Geistlichkeit und ihre Rolle im Staat
- Die These des Scheiterns des politischen Islams nach Olivier Roy
- Die Bedeutung der Scharia und des islamischen Rechts in Iran
- Die Auswirkungen der Islamischen Revolution auf die iranische Gesellschaft und Politik
- Die verschiedenen Ansätze und Interpretationen von Religion und Politik im Iran
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung stellt die These von Olivier Roy zum Scheitern des politischen Islams vor und zeigt die Besonderheit des iranischen Systems auf. Sie skizziert die zentrale Rolle der velayat-i faqih und die Bedeutung der Scharia für den Staat.
Terminologische Erläuterungen: Dieses Kapitel beleuchtet die Begriffe Säkularisierung und Islamismus und ihre Bedeutung im Kontext der Arbeit. Es untersucht verschiedene Definitionen und Ansätze, insbesondere die von Olivier Roy.
Das Scheitern des Islamismus: Hier werden die Prozesse der Nationalisierung des Islamismus und der staatlichen Re-Islamisierung im Iran betrachtet.
Die Entwicklung der iranischen Geistlichkeit und ihre Beziehung zum Staat: Dieses Kapitel analysiert die historische Entwicklung der schiitischen Geistlichkeit im Iran und ihre Beziehung zum Staat. Es betrachtet wichtige Persönlichkeiten und deren Einfluss auf die politische Macht der Geistlichkeit.
Von mystischer Abstinenz zur Herrschaft der Rechtsgelehrten: Dieses Kapitel analysiert die politische Theorie Khomeinis und die Entstehung der velayat-i faqih. Es behandelt die verschiedenen Phasen und Aspekte von Khomeinis politischer Entwicklung.
Weitere Ansätze zur Beziehung von Staat und Politik im Iran: Dieses Kapitel stellt unterschiedliche Ansätze zur Verbindung von Staat und Politik im Iran vor. Es analysiert die Theorien von Ali Shariati, Abdu'l-Hasan Bani-Sadr und Abdu'l-Karim Soroush.
Der iranische Islamismus – Säkularisierung zwischen Erfolg und Scheitern: Hier werden die verschiedenen Aspekte der Säkularisierung im Iran untersucht. Das Kapitel beleuchtet die Rolle der Scharia und die politische Konsolidierung der khomeinistischen Ideologie. Es betrachtet die Entwicklung einer neuen Form der Säkularität.
Die „besondere“ Säkularisierung?: Dieses Kapitel befasst sich mit den Besonderheiten der Säkularisierung im Iran und stellt diese in Beziehung zu den Thesen von Olivier Roy.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen wie Islamismus, Säkularisierung, Staat und Religion, velayat-i faqih, schiitisches Recht, Scharia, iranische Geistlichkeit, Islamische Revolution und die politische Theorie Khomeinis.
- Citar trabajo
- Farshad Mohammad-Avvali (Autor), 2007, Säkularisierung durch Islamismus. Die Islamischen Republik Iran, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77844