Das Schulfach Sport muss sich in regelmäßigen Abständen verschiedenster Kritik erwehren, die darauf abzielt, die Legitimation des Sports als Inhalt des schulischen Bildungsauftrags in Frage zu stellen. Auch wenn der Sportunterricht im Verhältnis zu den vergleichsweise etablierten Hauptfächern zweifellos einen besonderen Charakter aufweist (angefangen bei der räumlichen Umgebung bis hin zur schwerpunkthaften Einbeziehung der körperlichen Dimension von Kindern und Jugendlichen), so muss auch das Fach Sport Kriterien erfüllen, die seine Legitimation stützen und letztlich dazu beitragen, der Kritik standzuhalten.
Eines dieser Kriterien ist die Beurteilung von Schülerleistungen, welche überwiegend in Form der sechsstufigen Notenskala in Halbjahres- und Abschlusszeugnissen zum Ausdruck kommt. Inwiefern eine derartige Beurteilung im Sportunterricht sinnvoll ist bzw. einem pädagogischen Anspruch grundsätzlich Rechnung tragen kann, ist Gegenstand einer kontroversen Debatte innerhalb der Sportpädagogik – ähnlich der erwähnten Diskussion um die Daseinsberechtigung des Faches an sich, welche insbesondere hinsichtlich ihrer politischen Dimension direkten Einfluss auf die Frage nach dem Sinn der Sportzensur hat.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Funktionen der Notengebung
2.1 Fächerübergreifende Funktionen
2.2 Messmethoden
2.3 Bewerten und Beurteilen
3 Probleme des Zensierens im Sportunterricht
3.1 Rückmeldefunktion
3.2 Selektionsfunktion
3.3 Motivationsfunktion
3.4 Die Note als Informationsquelle für Eltern
4 Alternative Formen der Beurteilung
4.1 Leistungsfortschritt
4.2 Beteiligung der Schüler am Bewertungsprozess
5 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Das Schulfach Sport muss sich in regelmäßigen Abständen verschiedenster Kritik erwehren, die darauf abzielt, die Legitimation des Sports als Inhalt des schulischen Bildungsauftrags in Frage zu stellen. Auch wenn der Sportunterricht im Verhältnis zu den vergleichsweise etablierten Hauptfächern zweifellos einen besonderen Charakter aufweist (angefangen bei der räumlichen Umgebung bis hin zur schwerpunkthaften Einbeziehung der körperlichen Dimension von Kindern und Jugendlichen), so muss auch das Fach Sport Kriterien erfüllen, die seine Legitimation stützen und letztlich dazu beitragen, der Kritik standzuhalten.
Eines dieser Kriterien ist die Beurteilung von Schülerleistungen, welche überwiegend in Form der sechsstufigen Notenskala in Halbjahres- und Abschlusszeugnissen zum Ausdruck kommt. Inwiefern eine derartige Beurteilung im Sportunterricht sinnvoll ist bzw. einem pädagogischen Anspruch grundsätzlich Rechnung tragen kann, ist Gegenstand einer kontroversen Debatte innerhalb der Sportpädagogik – ähnlich der erwähnten Diskussion um die Daseinsberechtigung des Faches an sich, welche insbesondere hinsichtlich ihrer politischen Dimension direkten Einfluss auf die Frage nach dem Sinn der Sportzensur hat.
In dieser Arbeit werde ich diese Frage einer näheren Betrachtung unterziehen. Dabei soll zunächst geklärt werden, auf welche Funktionen der Benotung die gängige Unterrichtspraxis gründet und wie (sportliche) Leistungen gemessen werden. Daraufhin gehe ich auf Probleme der Mess- und Bewertbarkeit sportunterrichtlichen Handelns ein, die vor allem vor dem Hintergrund eines emanzipatorischen Ansatzes scheinbar zwangsläufig entstehen und das Zensieren mittels Begriffen wiegutoderausreichendals unzureichend und mitunter kontraproduktiv entlarven.
Im weiteren Verlauf werde ich Ansätze und Verfahrensweisen vorstellen, mit Hilfe derer den genannten Schwierigkeiten ggf. Abhilfe geschaffen oder gar gänzlich beigekommen werden kann. Hierbei sollen Fallbeispiele konkrete Lösungswege aufzeigen und die zuvor besprochenen Alternativen bezüglich des Bewertungsprozesses veranschaulichen.
Schließlich werde ich in einer abschließenden Einschätzung Chancen und Perspektiven alternativer Bewertungskriterien im Sportunterricht aufzeigen.
2 Funktionen der Notengebung
2.1 Fächerübergreifende Funktionen
Nach Ingenkamp (1977, S. 13) ist die Erteilung von Zensuren ein „Vorgang der Feststellung und Bewertung von Schüler- und Studentenverhalten“, dem in unserem Bildungssystem eine essentielle Bedeutung beigemessen wird. Dabei übernimmt dieser Vorgang eine Reihe von Funktionen, die für die in Lehr-/Lernprozesse eingebundenen Personen und Institutionen in unterschiedlicher Weise relevant sind.
Als zentrale Aufgabe der Zensurengebung wird vielerorts der Aspekt der Rückmeldung angeführt, wobei sowohl dem Schüler/der Schülerin aufgezeigt wird, wie erfolgreich er/sie im Vergleich mit den Mitschüler/innen abgeschnitten hat, als auch der Lehrkraft die Notenverteilung Aufschluss darüber gibt, wie erfolgreich das unterrichtliche Handeln gewesen ist (vgl. Miethling, 1997, S. 20; Volkamer, 1978, S. 105f). Miethling nennt weiterhin die Selektionsfunktion, welcher im deutschen vielgliedrigen, hierarchischen Bildungssystem eine erhebliche Rolle zukommt, das motivatorische Potential für „antriebsschwache oder orientierungslose Schüler“, sowie die Note als Mittel zur Disziplinierung der Schüler/innen und Informationsquelle für die Eltern.
Die genannten Funktionen folgen bestimmten „diagnostischen Zielsetzungen“ (Ingenkamp, 1977, S. 18), welche idealerweise eine vergleichende, analytische, sowie eine prognostische Qualität haben. Dabei bezieht sich der Begriff der Analyse in diesem Zusammenhang auf die Begründung eines bestimmten Schüler/innenverhaltens.
2.2 Messmethoden
Dem Akt der Notengebung gehen andere Prozesse voraus, die in ihrer Begrifflichkeit nicht selten durcheinander gebracht werden. An dieser Stelle sollen zunächst messmethodische Ansprüche geklärt werden.
Möchte man Schüler/innen hinsichtlich ihres kognitiven und nicht-kognitiven Potentials beurteilen, so muss zunächst ein Gegenstand, Verhalten o.ä. zugrunde gelegt werden, das es zumessengilt. Hierfür stehen der Lehrkraft vielfältige Instrumentarien zur Verfügung, die sowohl materieller, als auch abstrakter Natur sein können. Sportlehrer/innen werden beispielsweise zur Erfassung einer Leistung beim 100 m-Sprint oder beim Weitsprung die Stoppuhr bzw. das Maßband als technisches Hilfsmittel heranziehen. Für die Messung von Kooperationsbereitschaft, Motivation o.ä. hingegen spielt die eigene Wahrnehmung, vor dem Hintergrund eines stets individuellen Wertegerüsts, eine entscheidende Rolle. Auch in anderen Fächern begegnet man dieser grundlegenden Schwierigkeit des Messens. So kann man eine bestimmte Fehleranzahl im Diktat oder im Mathematiktest vergleichsweise leicht in ein Verhältnis setzen, z.B. zum Klassendurchschnitt. Was aber ist ein guter Stil, wo ist die Grenze zwischen flüssigen und holprigen Redebeiträgen im Fremdsprachenunterricht? Man trifft also auf Situationen, in denen eherquantitativoder eherqualitativgemessen wird. Letzteres hat dabei einen beschreibenden Charakter, wobei allzu häufig interpretatorische Elemente die Sachlichkeit des Messvorgangs verfälschen und nachfolgende Kriterien hinfällig erscheinen lassen.
Es besteht ein Anspruch bezüglich messmethodischer Kriterien. Diese sind dieObjektivität, dieZuverlässigkeit, sowie dieGültigkeitpädagogischer Messprozesse (vgl. Ingenkamp, 1977, S. 22ff; Miethling, 1997, S. 21f).
Objektiv ist eine Messung dann, wenn ihr Ergebnis von verschiedenen Messinstrumentarien oder –beauftragten bestätigt werden kann, wobei sich hier erneut die Schwierigkeit qualitativer Messungen zeigt: während im quantitativen Bereich Objektivität vermeintlich einfach zu realisieren ist, etwa durch Gütekriterien wie Stückzahl oder auf dem metrischen System beruhenden Werten, so sind Pädagogen hier ständig auf „Schätz- und Beobachtungstechniken“ (Ingenkamp, 1977, S. 24) angewiesen.
Das Kriterium der Zuverlässigkeit fordert die Reproduzierbarkeit einer Messung, d.h. dass eine Erfassung eines Merkmals zu verschiedenen Zeitpunkten ein relativ zu seiner Beständigkeit gleiches Ergebnis zu Tage fördert. Dies kann in vielerlei Hinsicht entscheidend sein: es wäre beispielsweise unangebracht, einem Kind, das im Diktat den letzten Buchstaben eines Wortes auslässt (u.U. ein klassischerFlüchtigkeitsfehler), umgehend eine Lese-/Rechtschreibschwäche zu attestieren. In qualitativer Hinsicht wäre es ein Fehler, eine Schülerin, die unter der Trennung ihrer Eltern leidet, eine generelle Antriebslosigkeit oder Desinteresse vorzuwerfen. Die Zuverlässigkeit einer Messung ist also einer Vielzahl von Einflussfaktoren ausgesetzt, die insbesondere im pädagogischen Bereich Berücksichtigung finden sollten.
Schließlich setzt die Gültigkeit voraus, dass ein zu erfassendes Merkmal im Vorlauf klar definiert ist. Sowohl kognitive als auch nicht-kognitive Prozesse sind so komplex, dass sie im Rahmen einer Leistungsüberprüfung allzu oft vermengt werden und die eigentlich intendierte Messung zugunsten anderer Merkmale ihre Aussagekraft einbüßt. Im Schwimmunterricht sollte in einer Leistungsüberprüfung i. S. einer Zeitmessung also nur die erreichte Leistung in Form von Sekunden oder Minuten in das Ergebnis eingehen, nicht aber ein eventuell registriertes technisches Defizit. Die Gültigkeit eines Merkmals ist mitunter ein häufiger Grund für Schüler/innen, sich ungerecht bewertet zu fühlen, da die Möglichkeit willkürlicher und unzuverlässiger Entscheidungen seitens der Lehrkraft mit dem Maß fehlender Transparenz der Leistungskriterien ansteigt.
2.3 Bewerten und Beurteilen
Der Zensierung erbrachter Leistungen sind Bewertungs- und Beurteilungsprozesse vorgeschaltet, die sich vor allem hinsichtlich ihrer Perspektive unterscheiden. Dementsprechend wird eine Bewertung zum einen durch die Schüler/innen, zum anderen durch die Lehrer/innen vorgenommen. Da Gegenstand dieser Bewertungssituation jedoch nur der Schüler/die Schülerin bzw. die von ihm/ihr zu erbringende Leistung ist, handelt es sich um ein Bewertungsgefälle: obwohl die Selbstbewertung des Schülers/der Schülerin in der jeweils spezifischen Situation durchaus entwicklungsrelevant sein kann, da sie z.B. den Ursprung für darauf folgende Handlungsmuster, Einstellungen etc. darstellt, hat sie letztendlich nur wenig Einfluss auf das zu fällende Urteil. Die Beurteilung ist Ergebnis der Fremdbewertung durch den Lehrer/die Lehrerin und birgt die Gefahr, den Selbstbewertungsgehalt der Schüler/innen (sei es die Einsicht, sich überschätzt zu haben oder aber ein nie erlebtes Erfolgsgefühl) zunichte zu machen. Diese Gefahr ist dann besonders groß, wenn der pädagogische Wert einer Beurteilung zugunsten der Auslesefunktion in den Hintergrund rückt (zur „Differenz vonFördernundSelegieren“ vgl. Miethling, 1997, S. 21).
Nun stellt sich die Frage, auf welche Weise die Beurteilung der Lehrkraft zustande kommt, die diese schließlich noch in einer Zensur ausdrücken muss, also in vergleichsweise undifferenzierten Urteilen vonsehr gutbisungenügend.
Für Lehrer/innen der ersten Grundschuljahrgänge oder ausgewählter Reformschulen, die auf eine derartige Benotung verzichten, kann diese Frage irrelevant sein, da die gedankliche oder bereits verbalisierte Beurteilung ggf. lediglich in schriftlicher Form für das Zeugnis ausformuliert werden muss. In diesem Fall überlässt es die Lehrkraft in gewisser Weise dem Adressaten des Zeugnisses (Schüler, Lehrer, Arbeitgeber etc.), wie dieser die Formulierung „Schüler X bewegt sich sicher an Turngeräten“ oder „Schülerin Y übernimmt freiwillig gemeinnützige Aufgaben im Klassenverband“ interpretieren möchte. Gleichzeitig eröffnet eine solche schriftliche Beurteilung aber auch die Möglichkeit, Gründe für einen bestimmten Eindruck der Lehrkraft näher darzulegen.
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