Konstantinopel – das „Auge der Welt“ im byzantinischen Verständnis – findet in der langen Reihe der europäischen Städte des Mittelalters kein Ebenbild. Die Kaiserstadt am Bosporus war über ein Jahrtausend lang Sinnbild für unvorstellbaren Reichtum und grandiose Pracht. Die oben zitierten Berichte sind nur eine Auswahl aus mehr als 80 erhaltenen und edierten Beschreibungen der Paläste und Kirchen Konstantinopels aus westlicher Sicht. Jede davon konzediert Konstantinopel den ersten Rang unter den Städten der christlichen Oikumene.
Quelle dieser westlichen Bewunderung waren auch – neben dem Erscheinungsbild der Stadt – die Rituale und Zeremonien des byzantinischen Staates. Darauf abzielend, Besucher von der kulturellen und zivilisatorischen Überlegenheit ihres Staates und der besonderen Stellung als ‚Auserwähltes Volk’ zu überzeugen, inszenierten die Kaiser bei Besuchen aus dem Ausland mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln ein pompöses Schauspiel, das den Besuchern – bei aller möglicherweise vorhandener Antipathie – ein Höchstmaß an Respekt abnötigte. Die byzantinische Repräsentationswut stand der eines Ludwigs XIV. in nichts nach. Beinahe ausnahmslos werden Geschenke des byzantinischen Kaiserhofes in den Annalen und Chroniken der deutschen Könige detailliert beschrieben und gewürdigt - ein aussagekräftiger Beweis für den Erfolg der byzantinischen Repräsentation, besonders wenn man die ständigen politischen, zum Teil auch militärischen Auseinandersetzungen zwischen West- und Ostreich bedenkt.
Diese – zunehmend missgünstige – Bewunderung des byzantinischen Reiches ergibt sich aus der spezifisch byzantinischen Repräsentationskultur. Dabei ist besonders das Zusammenspiel von visueller – d.h. architektonischer oder räumlicher – Pracht und zeremoniellem Gepränge von entscheidender Bedeutung. Die vorliegende Arbeit will zumindest einige wenige Bereiche des byzantinischen Hof- und Kaiserzeremoniells näher untersuchen. Anhand von verschiedenen Spezifika des Zeremoniells soll der Ideologie der Kaiseridee, sowie dessen Ausprägung in den öffentlichen Ritualen des Herrschers nachgegangen werden.
Zeremoniell braucht allerdings eine angemessene Bühne, um seine volle Wirkung entfalten zu können. Ihrer Einbindung in das Kaiserzeremoniell, der Ausformung ihrer Baugestalt und der Benutzung ihrer Räumlichkeiten, nicht nur im alltäglichen Protokoll, sondern auch bei Staatsanlässen und hohen Festen, soll im Folgenden nachgegangen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Forschungsstand und Quellenlage
- Princeps clausus
- Raum und Zeremoniell
- Der Große Palast - Geschichte und Topographie
- Die zeremonielle Funktion des Palastes
- Zeremonielle Routine
- ,,Was bei der Krönung eines Kaisers zu beachten ist“
- Prozessionen und Empfänge
- Das byzantinische Kaiserzeremoniell – Ziele und Methoden
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem byzantinischen Hof- und Kaiserzeremoniell und untersucht anhand verschiedener Spezifika die Ideologie der Kaiseridee und deren Ausprägung in den öffentlichen Ritualen des Herrschers. Ein zentrales Element der byzantinischen Zeremonien ist die Sakralität des Herrschers, die besondere Beachtung verdient.
- Die Verbindung zwischen byzantinischer Zeremonie und byzantinischer Architektur
- Die Ideologie der Kaiseridee und deren Repräsentation im Kaiserzeremoniell
- Die Funktion von Raum und Architektur im Rahmen des byzantinischen Kaiserzeremoniells
- Die Rolle der Sakralität des Herrschers in den byzantinischen Zeremonien
- Die Bedeutung des Kaiserzeremoniells für die Selbstinszenierung des byzantinischen Reiches
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Das Kapitel beleuchtet die Bedeutung Konstantinopels als „Auge der Welt“ und führt Beispiele für die Pracht und den Reichtum der Stadt aus westlicher Sicht an. Es wird die Rolle des byzantinischen Zeremoniells bei der Inszenierung der kulturellen Überlegenheit des Reiches hervorgehoben.
- Forschungsstand und Quellenlage: Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die wichtigsten Forschungsarbeiten zum byzantinischen Hofzeremoniell und den Großen Palast. Es werden die beiden wichtigsten Quellen für das Wissen über das byzantinische Hofzeremoniell vorgestellt, das „De Ceremoniis Aulae Byzantinae“ und die Annalen und Chroniken der deutschen Könige.
- Princeps clausus: Dieses Kapitel befasst sich mit der Rolle des Kaiserpalastes als Ort der Macht und Inszenierung. Es wird die Bedeutung des Palastes für die Ausübung der kaiserlichen Autorität und die Inszenierung der Kaiseridee beleuchtet.
- Raum und Zeremoniell: Dieses Kapitel analysiert die Verbindung zwischen byzantinischer Architektur und byzantinischer Zeremonie. Es werden die Geschichte und Topographie des Großen Palastes sowie die zeremonielle Funktion des Palastes und seiner einzelnen Räume im Detail betrachtet.
Schlüsselwörter
Byzantinisches Kaiserzeremoniell, Kaiseridee, Sakralität des Herrschers, Raum und Zeremoniell, Großer Palast, Konstantinopel, De Ceremoniis Aulae Byzantinae, Repräsentation, Protokoll, Staatsanlässe, Fest, Architektur, Geschichte, Topographie.
- Quote paper
- Christian Rollinger (Author), 2007, En Theo pistos basileus - Kaiserpalast und Kaiserzeremoniell im Großen Palast zu Konstantinopel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78123