Die Erörterung


Dossier / Travail, 2006

20 Pages, Note: 2,5


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die klassische Erörterung
2.1 Die Erörterung im Lehrplan der bayrischen Realschule
2.2 Formen der Erörterung
2.2.1 Steigernde Erörterung
2.2.2 Die dialektische Erörterung

3. Neuere didaktische Ansätze und deren Konsequenzen
3.1 Änderungen in der Praxis
3.1 Änderungen im Lehrplan

4. Planung einer Unterrichtsreihe

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Welcher Schüler kennt es nicht: Das Schreiben von Erörterungen im Deutschunterricht? Diese Textsorte ist seit Jahrzehnten in den Lehrplänen fest verankert und wird meist ab der achten, spätestens aber ab der neunten Jahrgangsstufe, zum festen Bestandteil eines jeden Deutschunterrichtes.

Der Sinn des Erörterns und Argumentierens liegt auf der Hand. Durch das intensive Auseinandersetzen mit einem Thema oder Sachverhalt wird die Identität des Schreibers weiter ausgebildet, da er sich über seine Einstellung zu dem gegebenen Thema Gedanken machen muss und seine Meinung zu diesem Thema vor anderen vertreten muss. Die Schüler werden so auf das Berufsleben oder den eventuellen Besuch einer Hochschule vorbereitet. Oder anders ausgedrückt: Die Schüler sollen zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern[1] ausgebildet werden.

Des Weiteren dient das schriftliche Auseinandersetzen der Sprachbildung der Schüler.[2] Gleichzeitig wird durch das Argumentieren die soziale Einsicht, und das Niveau sprachlicher Rationalität der Schülerinnen und Schüler gesteigert.[3]

Im Folgenden werden zunächst die traditionellen Formen der Erörterung vorgestellt und deren Verankerung im Lehrplan der bayrischen Realschule erläutert. Im Anschluss daran wird gezeigt, in wie weit die traditionelle Erörterung in der heutigen Aufsatzdidaktik kritisiert wird und welche Änderungen aufgrund dessen gefordert werden. Zum Schluss dieser Arbeit wird darüber hinaus eine kurze Unterrichtsreihe zum Erörtern vorgestellt, die die neuen didaktischen Ansätze berücksichtigt.

2. Die klassische Erörterung

„Die Erörterung ist das Darlegen, Begründen und Beurteilen von Sachverhalten und Problemen. Deshalb gilt die Erörterung als die schwierigste Aufsatzart in der Schule und als die wichtigste für das Berufsleben.“[4]

Das Behandeln und Diskutieren von Problemen ist zweifelsohne keine Erfindung der heutigen Zeit. Man kann behaupten, dass es Formen der Erörterung in gewisser Art und Weise schon immer gegeben hat. Bei den Griechen wurde sie „Thesis“ genannt, die Römer nannten sie „Positio“.[5] Das Verb „erörtern“ ist eine Lehnübertragung von dem lateinischen Wort „determinare“, was abgrenzen, festlegen oder auch bestimmen bedeutet. Zu Beginn, das Verb ist seit dem 16. Jahrhundert bekannt, wurde es meist in der Rechtssprache im Sinne von „verhandeln“ gebraucht.[6]

Die Aufsatzart Erörterung ist fortwährender Bestandteil des Deutschunterrichtes. Nach Beendigung des 2. Weltkrieges existierte die Erörterung in der Schule als so genannter Besinnungsaufsatz. Zu dieser Zeit bestanden die Aufsatzthemen zum Großteil aus beeinflussenden Wertfragen, die den Schülern idealtypische Werte und christliche Tugenden wieder näher bringen sollten. Dies änderte sich im Laufe der 60er Jahre. Die Schüler sollten nun eher Sachfragen als Wertfragen erörtern. Durch das Erörtern von Sachfragen ist die Beschäftigung mit dem Thema intensiver und der Schreiber wird dazu angehalten, das Thema von allen Seiten zu betrachten, bevor er zu einer Lösung des Problems gelangt. Dies impliziert gleichzeitig eine objektivere Behandlung des Problems. Zugleich wurden die Themen dadurch sehr auf Gegenstände aus dem Lebenskontext der Schüler beschränkt, was wiederum dazu führte, dass bei der Bewertung der Aufsätze der Schwerpunkt auf die Einhaltung der formalen Vorgaben und nicht so stark auf den Inhalt der Arbeit gelegt wurde. Erst aufgrund von gesellschaftlichen Veränderungen und den damit verbundenen Änderungen in der Bildungspolitik Ende der 60er Jahre, wurde die Aufsatzform des Besinnungsaufsatzes hinterfragt und verändert. Dies führte in den 70er Jahren dazu, dass den Schülern reale Ansprechpartner für ihre Aufsätze geboten wurden und das Schreiben von Erörterungen von da an situationsgebundener war. Doch erst in den 80er Jahren, als beim Schreiben von Erörterungen hauptsächlich das schriftliche Problemlösen prädominierte, wurde die Aufsatzart Erörterung wieder vollends anerkannt.[7]

2.1 Die Erörterung im der Lehrplan der bayrischen Realschule

In den heutigen Lehrplänen hat die Aufsatzart Erörterung ihren festen Platz. Nachdem die Schüler in der Primarstufe und in den ersten zwei Jahren auf einer weiterführenden Schule[8] ausschließlich mündliches Argumentieren erlernt haben, beginnt in der siebten Jahrgangsstufe die Vorbereitung auf die schriftliche Erörterung. In dieser Jahrgangsstufe sollen die Schüler „das Schildern und einfaches, adressatenbezogenes Argumentieren aus dem persönlichen Erfahrungsbereich“[9] erlernen. Im Laufe der nächsten Jahrgangsstufe werden die Fähigkeiten der Schüler soweit erweitert, dass sie „umfangreichere schriftliche Darstellungen aus dem eigenen Interessens- und Erfahrungsbereich“[10] planen, dafür eigenständig Material sammeln und dieses plausibel verwerten können.[11] Dies geschieht durch das Einüben von appellativen und argumentativen Schreibformen, zu denen beispielsweise der Leserbrief oder die Beschwerde gehören. In der neunten Jahrgangsstufe werden diese Fertigkeiten weiterhin ausgearbeitet, so dass die Schülerinnen und Schüler befähigt werden, „sich kritisch mit Themen und Medien aus dem eigenen Erfahrungs- und Interessensbereich schriftlich wie mündlich auseinander zu setzen und mit anderen partner-, sach- und situationsbezogen zu kommunizieren.“[12] Dadurch lernen die Schüler sich Themengebiete zu erschließen, eine sinnvolle Gliederung zu erstellen und ihr gefundenes Material sinnvoll zu verbinden, woraus sich dann die Aufsatzform Erörterung ergibt.

Der Lehrplan der zehnten Jahrgangsstufe gibt vor, dass die bisher genannten Schreibformen, besonders die argumentativen und appellativen[13], weiter ausgebaut werden, damit die Schüler lernen, „auch mit Themenstellungen zu komplexeren Sachverhalten selbstständig umzugehen. Sie entwickeln eigene Gedanken und Lösungsansätze und formulieren diese schriftlich in umfangreicheren Darstellungen.“[14]

Auch wenn der Lehrplan zeigt, dass die Hinführung zur schriftlichen Erörterung frühestens in der siebten, meist jedoch erst in der achten Jahrgangsstufe beginnt, ist es falsch anzunehmen, dass dies für die Schüler etwas grundlegend Neues darstellt. Das Gegenteil ist der Fall. Das Erörtern, beziehungsweise das Argumentieren, lernen Kinder schon im Kleinkindalter. Schon zweijährige Kinder treten für ihre Interessen ein, versuchen ihre Meinung durchzusetzen, also ihr Gegenüber von ihrer Meinung zu überzeugen.[15] Demzufolge können Schüler bereits argumentieren, auch wenn die Lehrpläne das Argumentieren und Erörtern erst sehr spät berücksichtigen.

2.2 Formen der Erörterung

Obwohl die Aufsatzgattung Erörterung traditionell an viele Formalitäten gebunden ist, existiert nicht nur eine Form der Erörterung. Die Erörterung ist eine Form des Schreibens, in der das „Gedanklich-Abstrahierende“[16] prädominiert. Das Hauptanliegen einer Erörterung liegt darin, dass der Verfasser durch das Anführen von Argumenten und Beweisen eine Aussage derart begründet, dass er den Adressaten von dieser überzeugen kann. Gewöhnlicherweise unterscheidet man zwei verschiedene Arten der Erörterung – die dialektische und die steigernde Erörterung[17]. Zwar werden diese Formen der Erörterung von vielen Kritikern als zu formalistisch betrachtet, trotzdem sollen sie im Folgenden kurz vorgestellt werden.

2.2.1 Steigernde Erörterung

Die steigernde Erörterung[18] fordert von den Schülern eine Antwort auf eine Frage beziehungsweise ein Argument. Dabei werden, im Gegensatz zu der dialektischen Erörterung, die Gegenargumente außer Acht gelassen. Im Anschluss an die Einleitung der Erörterung werden im Hauptteil die Argumente steigernd aufgebaut. Der Aufbau der steigernden Erörterung lässt sich für die Schülerinnen und Schüler durch folgende Grafik verdeutlichen[19]:

[...]


[1] Vgl. Stadter, Andrea (2002): Viele Wege führen zum Erörtern. In: Literatur und Sprache didaktisch (=LUSD) 16, S.45.

[2] Vgl. Abraham, Ulf / Beisbart, Ortwin / Koß, Gerhard / Marenbach, Dieter (2000): Praxis des Deutschunterrichts. 2.Auflage. Donauwörth: Auer, S.98.

[3] Vgl. Beisbart, Ortwin (2002): Überlegungen zu einer veränderten Didaktik argumentativen und erörternden Schreibens. In: Literatur und Sprache didaktisch (=LUSD) 16, S.11.

[4] Eggerer, Wilhelm (Hrsg.) / Pröstler, Heinz (1987): Manz-Aufsatz-Bibliothek Bd.9. die Erörterung. 6. Auflage. München: Manz, S. 5.

[5] Vgl. Baurmann, Jürgen / Otto, Ludwig (1990): Die Erörterung – oder: ein Problem schreibend erörtern. In: Praxis Deutsch 17, H.99, S.16.

[6] Vgl, Dudenredaktion (Hrsg.) (2001): Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. 3., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Mannheim: Dudenverlag, S.186.

[7] Vgl. Ensberg, Claus (2000): Die Erörterung als subjektbezogene Arbeit am Gegenstand im Deutschunterricht der Oberstufe. In: Ensberg, Claus / Diegritz, Theodor / Hübner, Marlies / Schuster, Karl (Hrsg.): Deutschunterricht. Zugang zu den Lernenden finden. Braunschweig: Westermann Schulbuchverlag, S. 89ff.

[8] In dieser Arbeit ist im Folgenden die Realschule gemeint.

[9] Bayrisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus: Lehrplan für die sechsstufige Realschule. München: Verlag J. Maiß GmbH, S.222.

[10] Ebd., S.307.

[11] Vgl. ebd.

[12] Ebd., S.404.

[13] Wozu z.B. die Beschwerde, die Anfrage oder auch der Leserbrief gehört.

[14] Lehrplan, S.505.

[15] Ludwig, Otto / Spinner, Kaspar H. (2000): Mündlich und schriftlich argumentieren. In: Praxis Deutsch 27, S.17.

[16] Karg, Hans Hartmut / Schreiner, Kurt (1997): Aufsatzformen in der Sekundarstufe I. 6. Auflage. München: Oldenbourg, S.118.

[17] In der gymnasialen Oberstufe wird dies ergänzt durch die literarische Erörterung. Da sich in dieser Arbeit auf den Lehrplan der Realschule beschränkt wird, findet die literarische Erörterung hier keine Beachtung. Des Weiteren existiert noch die textgebundene Erörterung, welche als Ausgangspunkt einen Text hat, diese aber auch entweder dialektisch oder steigernd aufgebaut.

[18] Die steigernde Erörterung wird auch lineare Erörterung genannt.

[19] Vgl. Karg, Hans Hartmut / Schreiner, Kurt, S.119.

Fin de l'extrait de 20 pages

Résumé des informations

Titre
Die Erörterung
Université
Friedrich-Alexander University Erlangen-Nuremberg
Note
2,5
Auteur
Année
2006
Pages
20
N° de catalogue
V78136
ISBN (ebook)
9783638827775
Taille d'un fichier
525 KB
Langue
allemand
Mots clés
Erörterung
Citation du texte
Stefanie Gnaß (Auteur), 2006, Die Erörterung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78136

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