Redaktionsabläufe managen mit Newsdesks - Eine Bestandsaufnahme und die Praxis bei der Rheinischen Post und der WAZ


Studienarbeit, 2007

38 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Kurzzusammenfassung

Literaturrecherche

1. Definitionen
1.1 Die Redaktion nach Altmeppen
1.2 Newsdesk nach Klaus Meier
1.3 Redaktionsmanagement nach Miriam Meckel (1999)
1.4 Definition der Produktion nach Klimsa
1.5 Definitionen in Fachzeitschriften

2. Newsdesk-Erfahrungen in der Praxis
2.1 Mainpost in Würzburg
2.2 Financial Times Deutschland (FTD)
2.3 Fränkischer Tag

3. Aktuelle Diskussionen in der Fachwelt
3.1 Sollen beim Newsdesk Ressorts aufgelöst werden oder nicht?
3.2 Genügt ein Newsdesks für alle Mediengattungen oder sind mehrere Tische sinnvoll?

4. Nachteile von Newsdesks

Empirischer Teil

5. Der Newsdesk der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ)

6. Der Doppel-Newsdesk der Rheinischen Post Düsseldorf
6.1 Herangehensweise
6.2 Die Konzeption des Newsdesks der Rheinischen Post
6.3 Zeitlicher und technischer Ablauf am Tisch
6.4 Allgemeine Erfahrungen mit dem Desk
6.5 Erfahrungen bei der Arbeitsbelastung
6.6 Erfahrungen mit der Geräuschentwicklung im Großraumbüro
6.7 Themenauswahl am Desk
6.8 Zusammenarbeit mit dem jeweils anderen Medium
6.9 Optimierungsmöglichkeiten

Literaturliste

Kurzzusammenfassung

Newsdesk – das ist seit einiger Zeit eines der Schlagwörter, wenn es um Innovationen im Redaktionsmanagement geht. Zentrales Element eines Newsdesks ist demnach ein Tisch, an dem meist bis zu 12 Redakteure zusammen sitzen und die Produktion der Zeitung oder des Onlinemediums abwickeln. Ein vergleichsweise einfacher Schritt, der aber zu weitreichenden Veränderungen in den Redaktionen führt. Eine „Kulturrevolution in den Redaktionen“, nennt es der Darmstädter Journalistik-Forscher Klaus Meier. „Nie war die Experimentierfreudigkeit in deutschen Redaktionen so groß wie heute“, hat der Chefredakteur der Braunschweiger Zeitung, Paul-Josef Raue, 2004 festgestellt. Hauptargument für die Einführung eines Newsdesk ist die Vereinfachung von Kommunikations- und Arbeitsabläufen, er soll zudem ressorts- und medienüber-greifendes Denken und Handeln fördern. Doch was die einen als Chance für die journalistische Qualität sehen, kritisieren die anderen als bloße Sparmaßnahme der Verlage.

Nach einer Schätzung von Klaus Meier (2006) haben bereits mehr als 40 Redaktionen im deutschsprachigen Raum neue redaktionelle Strukturen eingeführt, die dafür den Begriff Newsroom oder Newsdesk verwenden. Inzwischen dürften es mehr als 50 Verlage sein. Eine flächendeckende Erhebung gibt es allerdings nicht.[1] Dabei meint das Wort „Newsdesk“ aus dem angloamerikanischen Raum zunächst nichts anderes als „Redaktion“.[2] Manche Zeitungshäuser definieren einen Newsdesk nur als crossmediale Zusammenarbeit der Print- und Onlineredaktion, andere als vollständige Zusammenführung der Ressorts an einen Tisch, wiederum andere als einen reinen Produktionstisch bei einer Beibehaltung der klassischen Ressorts.

Im Rahmen dieser Studienarbeit wird ein Newsdesk nach letzterer Definition verstanden, nicht zuletzt wegen des empirischen Teils. Dort wird der Doppelte Newsdesk der Rheinischen Post (RP) in Düsseldorf näher beschrieben, entstanden aus eigenen Beobachtungen der Abläufe und qualitativer Interviews mit sechs Redakteuren im März 2007. Die RP arbeitet seit Mai 2006 mit zwei nebeneinander arbeitenden Produktionstischen (Print und Online), bei einer weitgehenden Beibehaltung der Ressorts. Die Erfahrungen nach gut einem Jahr sind unter den befragten Redakteuren weitgehend positiv. Vorangestellt ist ein theoretischer Teil, in dem diverse Definitionen aus der Redaktionsforschung zitiert werden und auf aktuelle Fragestellungen unter den Wissenschaftlern eingegangen wird. Außerdem wird der Desk der WAZ beschrieben.

Literaturrecherche

1. Definitionen

1.1 Die Redaktion nach Altmeppen

In seinen „Grundlagen journalistischer Organisation“ erklärt Klaus-Dieter Altmeppen (2005)[3]: „Journalistische Organisationen können als ,Systeme organisierten Handelns’ definiert werden, in denen Themen selektiert, bearbeitet und publiziert werden, die als informativ und relevant gelten. Der journalistische Arbeitsprozess konstituiert sich aufgrund der organisatorischen Ziele und der Organisations- und Arbeitsprogramme. Diese bilden einen Teil der Strukturen des Journalismus, wobei Strukturen verstanden werden als Regeln und Ressourcen. So kann der Aufbau einer journalistischen Organisation als eine Regel verstanden werden, beispielsweise die Aufteilung in Ressorts, die gleichzeitig eine Ressource darstellt, weil in den Ressorts eine bestimmte Anzahl an Redakteuren arbeitet. … Journalisten arbeiten innerhalb der formalen Organisationselemente und bewusst eingerichteter Strukturen. … Mit der Definition können unterschiedliche journalistische Organisationen konkretisiert werden, wie zum Beispiel Redaktionen, Ressorts oder Journalistenbüros, die dauerhaft ein Ziel verfolgen.“ Altmeppen bezeichnet Redaktionen als „Koordinationszentren“, in denen das „Vorhandensein von Entscheidungsprämissen einerseits und selbstbestimmten Arbeiten der Journalisten andererseits“ überein gebracht werden. Im Hinblick auf das Abstimmungsverfahren erkennt Altmeppen: „Abstimmungsprozesse sind häufig, und bei einer Aufspaltung der Gesamtaufgabe in mehrere Teilaufgaben oder Einzelaktivitäten entsteht nahezu automatisch ein Koordinationsproblem, denn die Teilaufgaben müssen im Hinblick auf das Gesamtziel der Organisation aufeinander abgestimmt werden. Dazu benötigt die Organisation Regeln und Mechanismen der Koordination.“ Insbesondere die Tatsache, dass sich das redaktionelle Entscheidungshandeln häufig in Situationen der Ungewissheit und des Risikos abspielt, begründet ein koordiniertes, abgestimmtes Handeln, so Altmeppen. Unter Koordination fasst Altmeppen „alle Formen von Interaktion und Kommunikation zusammen, die in journalistischer Organisation von den Journalisten zur wechselseitigen Absprache und Abstimmung über tätigkeitsrelevante Handlungsschritte eingeleitet werden. Dies können formelle, fest angeordnete institutionelle Mechanismen sein, wie zum Beispiel Konferenzen, aber auch informelle Absprachen, kurze Gespräche, Zurufe und Fragen.“[4] Ein effizientes Zusammenspiel in der Organisation sei nur möglich, wenn die einzelnen Organisationseinheiten (Ressorts, Stellen) koordiniert werden. Dies geschehe informell wie auch durch „Intermediärssysteme“ wie die Redaktionskonferenzen, also formal eingerichtete Koordinationsinstanzen. Zum Aufbau der Hierarchie sagt Altmeppen: „Klassische Konfiguration im Journalismus ist die Einlinienorganisation, das vor allem mit der funktionalen Organisationsgliederung korrespondiert. Dabei empfängt jede niedrige Stelle (Redakteur) nur von einer höheren Stelle (Redaktionsleiter) Weisungen, während höhere Stellen (wie der Chefredakteur) mehrere niedrigere Stellen (Ressortleiter) Weisungen erteilen können.“[5] Nachteil dieses Aufbaus sei die starke Beanspruchung von Instanzen durch Koordinationsaufgaben, da bei jeder erforderlichen Abstimmung die Hierarchiewege eingehalten werden müssen.

Die verbreitetste Form journalistischer Struktur ist laut Altmeppen die funktionale Organisation. Sie umfasst die klassische Organisation nach Redaktionen, die funktional nach Ressort aufgesplittet werden, in denen Leistungen anhand bestimmter Themen erbracht werden. In journalistischen Organisationen findet sich in manchen Fällen eine Mischung aus funktionaler und divisionaler Organisation, die Matrix-Organisation. Ein Beispiel ist die Spartenorganisation. Sparten bilden sich innerhalb von Ressorts, beispielsweise einer Wissenschaftssparte im Ressort Feuilleton.[6]

Gleichwohl Redaktionen und Ressorts laut Altmeppen als stabile Strukturmuster des Journalismus angesehen werden können, weil sie eine lange Tradition aufweisen, „lassen sich Veränderungen der journalistischen Organisation konstatieren, die einen strukturellen Wandel in Teilen des Journalismus indizieren. Mit Re-Organisation reagieren die journalistischen Organisationen strategisch auf veränderte Herausforderungen und Erwartungen an ihre Leistungen.“[7] Re-Organisationen können sich dabei auf die Organisation selbst, auf das Produkt oder den Markt richten. Relaunches sind in der Regel eine Reaktion auf veränderte Strukturen in der Leserschaft oder eine Reaktion auf neue Wettbewerbsverhältnisse, zum Beispiel durch elektronische Medien. Verstärkt haben Organisationen, erkennt Altmeppen, in jüngster Zeit ihre organisatorischen Veränderungen, zum Beispiel durch strategische Allianzen und Netzwerke. Altmeppen nennt die organisationsübergreifende Re-Strukturierung der Zeitungsgruppe Hof/Coburg/Suhl, die im Oktober 2001 den Mantel für fünf Zeitungen von einer Gemeinschaftsredaktion erstellen lässt. Das Netzwerk erstellt die Seiten Überregionales, Politik/Magazin, Sport und den Sonderteil Reise/Auto. Zwar gelte die Ressortgliederung weiterhin als probates Organisationsprinzip, wenn es um Sachkompetenz der Journalisten geht, aber die meisten Berichterstattungsthemen sind mittlerweile Querschnittsthemen, deren Bearbeitung nahezu alle Ressorts angeht.[8]

Eine Lösung ist die dezentrale redaktionelle Organisation. Dabei werden traditionelle redaktionelle Strukturen aufgelöst. Die ganzheitlichen Arbeitsprozesse werden verteilt, die Redakteure arbeiten arbeitsteilig an bestimmten Elementen des Beitrags. Ein Redakteur kümmert sich um die Planung von Themen, ein zweiter recherchiert, ein dritter übernimmt die redaktionelle Bearbeitung, ein vierter übernimmt die Produktion und Präsentation. Altmeppen nennt dies die „Segmentorganisation“, weil jedes Segment ein Thema betreut.

1.2 Newsdesk nach Klaus Meier

Nach Ansicht von Klaus Meier, Professor für Journalistik an der Hochschule Darmstadt, zwingen sowohl technische Innovationen, als auch neue gesellschaftliche und ökonomische Rahmenbedingungen, die Redaktionen zu Umstrukturierungen.[9] Ein stärkeres eigenes Profil ist nötig. Dafür sind Freiräume für Kreativität abseits der Routine nötig, Zeit für eigene Recherche muss geschaffen werden. Dabei erweist sich laut Meier die klassische Ressortorganisation als hinderlich. Meier[10] (2004) meint, dass es sehr fraglich ist, ob „Redaktionskonferenzen, die meist auf Leitungsebene stattfinden, ausreichen, um Informations- und Wissensfluss in einer Redaktion optimal am Laufen zu halten. Jedes Redaktionsmitglied sollte den gleichen Zugang zu wichtigen Informationen wie alle anderen haben und nicht zufällig auf dem Gang erfahren.“

Daher initiieren immer mehr Verlage eine Art dauerhafte Konferenz. Der Newsdesk dient als Koordinations- und Produktionszentrale, Tagesverantwortliche werden zusammen gezogen, planen und gestalten gemeinsam das Blatt.[11] Eine Aufteilung in Schreibern und Editoren kann Ressourcen für Recherchieren und Schreiben freisetzen, als auch die Blattplanung und das Layout professionalisieren. Obwohl sich die Modelle im Detail sehr erheblich unterscheiden, haben sie laut Meier ein gemeinsames Ziel: „Die Mauern zwischen den Ressorts einzureißen, komplexe Themen in Teams zu bearbeiten und die Abläufe und Themenplanungen zu professionalisieren.“[12] Eines der wichtigsten Ziele des Newsdesk ist es, Leerläufe und Doppelstrukturen zu verhindern. Jedoch habe der Begriff Newsdesk kein klares Profil. In einigen Zeitungen gibt es nur einen Desk, hier sitzen Mantel und Lokales zusammen. Gemeinsam ist den Konzepten: Die Wände zwischen den Ressorts wurden eingerissen, alle arbeiten gemeinsam in einem Newsroom.[13] Unterschiede gibt es zum Beispiel bei Konzepten mit mehreren Desks nebeneinander, zum Beispiel für Online und Print (unter anderem bei der Rheinische Post).

Rotieren am Desk hat sich nach Ansicht von Meier nicht bewährt. Allenfalls halbjährlich auf besonderen Wunsch würde dies sinnvoll sein. Tatsache ist, dass nicht alle Redakteure Dinge wie Schreiben, Recherchieren, Organisieren oder Layouten gleich gut beherrschen. Nur dann, wenn ein Redakteur dort eingesetzt wird, wo seine Stärken liegen, ist er mit Freude bei der Arbeit und leistet die effektivste Arbeit. Dass die Ressortaufteilung von Redakteuren irgendwann komplett aufgelöst wird, glaubt Meier nicht. „Zu groß ist der Nachteil, dass die immer wieder neu entstehenden Teams erst koordiniert werden müssen“.[14]

Meier ist der Ansicht, dass Newsdesks nicht dazu genutzt werden sollten, Geld zu sparen. „Das macht die Idee vom Newsdesk zunichte“, sagt Meier. Newsdesks sollten Strukturen ändern und Qualität steigern, indem beispielsweise Arbeit effizienter verteilt wird und Mitarbeiter mehr Zeit für die Recherche bleibt.[15]

In einem Vortrag mit dem Titel „Grenzenloses Teamwork“, den Klaus Meier 2002 anlässlich der Verleihung des European Newspaper Awards in Aachen hielt[16], erklärte Meier zu den Motiven der Verlage, Newsdesks einzuführen, dass die Chefredakteure „bürokratische Strukturen leid waren und vorhandene Ressourcen besser nutzen wollten. Sie erkannten: Wer neue, komplexe Themen in der Zeitung verankern will und sein Blatt inhaltlich und gestalterisch überarbeiten möchte, kann nicht mit den alten Organisationsstrukturen weitermachen“. Die Folge waren nicht nur ein neuer Zuschnitt von Ressorts und die Bildung von Themen- und Autorenteams, sondern auch räumliche Veränderungen in Form von „newsrooms without walls“ nach amerikanischem Vorbild. Als Nachteil der klassischen Ressorteinteilung sieht Meier, das Ressorts nur solche Themen wahrnehmen, die in ihr Raster passen. Themen, die nicht zweifelsfrei in ihr Ressort passen, werden allzu häufig nicht wahrgenommen oder nur einseitig behandelt. „Mal fühlten sich mehrere Ressorts zuständig, mal keines so richtig. … Redaktionen sind umso unflexibler, je mehr Ressorts es gibt“, so Meier[17]. Deutsche Mantelredaktionen würden sich eher als Verwalter von Agenturmaterial betätigen als selbst Geschichten zu recherchieren. Durch räumliche und strukturelle Veränderungen wird die Zeitung ressortübergreifend komponiert. „Das jedoch erfordert mehr Koordination als in traditionell organisierten Zeitungsredaktionen“, erkennt Meier. Die Zeitungsredakteure nach altem Organisationsmuster nennt Meier „Allround-Arbeiter“[18]. An einem Tag sind sie als Reporter unterwegs, am anderen Tag redigieren und layouten sie. Die Arbeitsteilung in Reporter, Editor und Layouter/Designer gab es bisher wenig. Allerdings würde ein Umdenken stattfinden. Durch die Arbeitsteilung in Editoren und Reporter würden nicht nur mehr Ressourcen für Recherche und Reportage freiwerden, sondern auch Nachrichtenselektion, Zeitungsplanung und Themengestaltung würden professionalisiert. „Wenn sich bestimmte Redakteure zu Editoren spezialisieren, kann das Vorteile haben“, betont Meier[19]. Dazu müsse allerdings die Rolle des Editors aufgewertet werden. „Der moderne Editor redigiert nicht nur Agenturmaterial, sondern ist der Blattmacher, der die Themen setzt und nutzergerecht aufbereitet – und nicht zuletzt auch für die Qualitätskontrolle der Texte zuständig ist.“ Um diese Philosophie durchzusetzen, rät Meier dazu, lieber ein halbes Jahr länger zu planen, als das System von oben zu verordnen. „Die Barrieren müssen in den Köpfen fallen, nicht nur in den Räumen.“[20] Meier warnt davor, die angelsächsische Redaktionsorganisation direkt auf deutsche Redaktionen zu übertragen. Dort recherchieren und schreiben die Reporter, liefern den Text ab und sind danach nicht mehr eingebunden. Die Editoren sind den Reportern überstellt, schreiben nicht selten die Texte um, ohne das Thema recherchiert zu haben.

1.3 Redaktionsmanagement nach Miriam Meckel (1999)

Dass redaktionelle Arbeitsprozesse lange Jahre hochgradig routinisiert und ritualisiert verlaufen sind und im wesentlichen von institutionellen und organisatorischen Rahmenbedingungen bestimmt werden, erklärt Miriam Meckel (1998), indem sie mehrere Studien aus den 1980er und 1990er Jahren zitiert.[21] Diese Arbeitsroutinen würden dazu führen, dass „redaktionelles Handeln nur in seltenen Fällen tatsächlich kreativ-strategisches Potential freisetzen kann“.[22] Im Hinblick auf die Redaktionsstrukturen vieler Zeitungen zitiert Meckel Walter Hagemann (1950), der meint: „Die Schwierigkeit bei einer Zeitung besteht darin, aus einem Nebeneinander von widerspruchsvollen Elementen ein organisiertes Zueinander zu gestalten.“ (Weitere Aussagen von Meyer auf Seite 13.)

1.4 Definition der Produktion nach Klimsa

In seinen Ausführungen zum Thema „Produktionssteuerung – Grundlagen der Medienproduktion“ erkennt Paul Klimsa[23] schon in seiner Einleitung, dass die Medienproduktion nicht in das Schema der klassischen Fertigungsproduktion (primärer, sekundärer oder tertiärer Sektor) einzugliedern ist. „Medial vermittelte Information beziehungsweise Unterhaltung sind zwar eine Art kreative Dienstleistung, sie sind jedoch nicht vollständig mit den Gegebenheiten des tertiären Sektors vergleichbar. Es stellt sich die Frage, ob die Produktionswissenschaft für die Medienproduktion brauchbare Ergebnisse anzubieten hat.“ Außerdem unterscheiden sich die Produktionsabläufe von Medium zu Medium sehr stark, die Abläufe einer Zeitung sind kaum mit Abläufen beim Radio vergleichbar.

Im Hinblick auf das Zusammenwachsen der Medien Print und Internet erklärt Klimsa: „Nach Rotthfuss und Ried (2001, S. 60)[24] bedeutet das Content-(Inhalts-)Management die systematische Sammlung, Erstellung, Speicherung und Veredelung von strukturierten Inhalten und Mediadaten aller Art in einem einzigen, fein granulierten (logischen) Bestand. Der aus dem Internet stammende Begriff des Content-Management findet auch auf die Produktionssysteme des Rundfunks und der Presse Anwendung. Es geht weniger darum, ein konkretes Produkt hervorzubringen (zum Beispiel ein Artikel in der Zeitung), sondern darum, Content zu managen, also zum Beispiel Steuerung der Produktion für mehrere Medien gleichzeitig oder eine medienbezogene Nachrichtenpräsentation. Nicht Produkt-, sondern Prozessorientierung ist dabei das Organisationsprinzip der redaktionellen Arbeit.“ Die Probleme, so Klimsa, resultieren unter anderem daraus, dass Journalisten, die in den neuen Systemen kooperieren müssen, sich aufgrund ihrer Ausbildung und bisherigen Laufbahn oft als „Einzelkämpfer“ verstehen.

1.5 Definitionen in Fachzeitschriften

Nach Ansicht der Zeitschrift „Menschen machen Medien“ (MMM) der Gewerkschaft „ver.di“ „krempeln Newsdesk und Newsroom Arbeitsstrukturen in Redaktionen grundlegend um“. Die Zeitschrift definiert den Newsdesk als „ein zentraler Tisch in einem großen Raum, an dem alle Fäden zusammenlaufen, alle Nachrichten und Infos zusammentreffen. Hier wird Zeitung aus einem Guss gemacht.“ Dabei gehe jede Zeitung anders vor. Laut MMM hat bereits jede dritte Tageszeitung in Deutschland ihre Redaktionsstrukturen auf das Newsdesk-/ Newsroom-Prinzip umgestellt[25]. Die betroffenen Redakteure würden unterschiedlich reagieren. „Radikale Umbrüche, sagen die einen. Banal, aber notwendig, die anderen.“ Mitziehen würden die meisten Redakteurinnen und Redakteure, die ansonsten als reformresistent bekannt seien. Skeptisch würden sie nur dann, wenn die Veränderungen mit Arbeitsplatzverlusten verbunden seien. Die Verlage würden durch Newsdesks zu „Nachrichtenhändlern“. Die einmal recherchierte Nachricht soll mehrfach genutzt werden. Gekürzt, umgeschrieben, geschnitten oder umgebaut passt sie für Print und Web, aufs Handy und ins Ohr.

[...]


[1] MEIER, Klaus: Newsroom, Newsdesk, crossmediales Arbeiten. In: WEISCHENBERG, Siegfried, et al. "Medien-Qualitäten", UKV, Konstanz, 2006, S. 206.

[2] Vgl. MEIER, Klaus, in WEISCHENBERG, 2006, S. 209.

[3] ALTMEPPEN, Klaus Dieter: Ablauforganisation – Formen der journalistischen Aussageproduktion. In: SCHOLZ, Christian: Handbuch Medienmanagement, Springer-Verlag Berlin 2005, S. 557ff.

[4] ebd., S. 559.

[5] Ebd., S. 560, zitiert nach: Kieser/Kubicek 1992, S. 127.

[6] Ebd., S. 561.

[7] Ebd., S. 565.

[8] Ebd., S. 566.

[9] MEIER, Klaus: Redaktionen: Organisation, Strukturen und Arbeitsweisen, in: Pürer, Heinz: Praktischer Journalismus, Konstanz, 2004, S. 103.

[10] MEIER, Klaus: Redaktionen: Organisation, Strukturen und Arbeitsweisen, in: Pürer, Heinz: Praktischer Journalismus, Konstanz, 2004, S. 107.

[11] MEIER, Klaus: Newsroom, Newsdesk, crossmediales Arbeiten. In: WEISCHENBERG, Siegfried, et al. "Medien-Qualitäten", UKV, Konstanz, 2006, S. 209f

[12] in: Medium Magazin 10/2004, S. 34.

[13] In: MMM, 5/2005, S. 25.

[14] MEIER, Klaus: Redaktionen: Organisation, Strukturen und Arbeitsweisen, in: Pürer, Heinz: Praktischer Journalismus, Konstanz, 2004, S. 99.

[15] In: MMM, 5/2005, S. 26.

[16] Zit. u.a. im Medium-Magazin, 3/2002, S.28-32

[17] In: Medium-Magazin, 3/2002, S.28

[18] In: Medium-Magazin, 3/2002, S.29

[19] In: Medium-Magazin, 3/2002, S.29

[20] zit. von: MILZ, Annette: Newsdesk-Modelle: Wie Mauern in den Redaktionen fallen. In: Zeitungen 2005.

[21] MECKEL; Miriam: Redaktionsmanagement, Westdeutscher Verlag Wiesbaden, 1999, S. 62.

[22] Ebd., S. 63.

[23] KLIMSA, Paul: Produktionssteuerung – Grundlagen der Medienproduktion. In: SCHOLZ, Christian: Handbuch Medienmanagement, Springer-Verlag Berlin 2005, S. 603ff

[24] ROTHFUSS, R., RIED, C.: Content Management mit XML. Berlin, 2001.

[25] In: MMM, 5/2005, S. 24.

Ende der Leseprobe aus 38 Seiten

Details

Titel
Redaktionsabläufe managen mit Newsdesks - Eine Bestandsaufnahme und die Praxis bei der Rheinischen Post und der WAZ
Hochschule
Technische Universität Dortmund  (Journalistik)
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
38
Katalognummer
V78299
ISBN (eBook)
9783638837491
ISBN (Buch)
9783638910156
Dateigröße
546 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Redaktionsabläufe, Newsdesks, Eine, Bestandsaufnahme, Praxis, Rheinischen, Post
Arbeit zitieren
Daniel Gonzales-Tepper (Autor:in), 2007, Redaktionsabläufe managen mit Newsdesks - Eine Bestandsaufnahme und die Praxis bei der Rheinischen Post und der WAZ, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78299

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Redaktionsabläufe managen mit Newsdesks - Eine Bestandsaufnahme und die Praxis bei der Rheinischen Post und der WAZ



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden