Bevor man sich mit dem Opferfürsorgeerlass 1948 (OFE 1948) beschäftigt, gilt es zu klären, um was es sich bei einem Erlass grundsätzlich handelt. Gemäß Verwaltungsrecht stellt ein Erlass eine Verwaltungsanordnung, in diesem Fall durch die oberste Bundesbehörde, für den internen Gebrauch an nachgeordnete Behörden dar. Der Sinn eines Erlasses liegt darin, den ein Gesetz zu vollziehenden Behörden Durchführungsanweisungen zur Anwendung des entsprechenden Gesetzes zu geben. Aus diesem Grund existieren für den Großteil der Gesetze auch entsprechende Durchführungsbestimmungen mit mehr oder weniger detaillierten Verhaltensanweisungen; so genannte Erlässe!
Im gegebenen Fall bezieht sich der OFE 1948, verlautbart am 15.7.1948 durch das Bundesministeriums für soziale Verwaltung, auf das Opferfürsorgegesetz 1947 (OFG 1947), welches am 2. September 1947 in Kraft getreten ist. Da der alleinige Gesetzestext des OFG 1947 oft sehr unergiebig war, kann dem OFE 1948 besondere Bedeutung zugemessen werden. Darüber hinaus kommt dem OFE 1948 aber deshalb eine herausragende Bedeutung zu, da der „Entwurf eines Kommentars und der Durchführungsbestimmungen“, welcher der Richtverordnung zum OFG 1947 angeschlossen war, weitestgehend als OFE 1948 umgesetzt wurde. Somit handelt es sich beim OFE 1948 „um – zum Teil sehr konkrete – Hinweise, wie der Gesetzgeber die Bestimmungen des OFG offenbar verstanden hat.“
Im Gegensatz zum OFE 1948 wurden die anderen, im Zusammenhang mit dem OFG und seinen Änderungen stehenden Erlässe, zum Großteil kaum veröffentlicht.
Der OFE 1948 gliedert sich in zwölf Abschnitte, wobei dem Abschnitt I, welcher sich mit den „Anspruchsberechtigten Personen“ beschäftigt, in dieser Arbeit die größte Bedeutung zugemessen wurde. Vier Abschnitte des OFE 1948 waren wenige Jahre nach dem Inkrafttreten des Erlasses, aufgrund von Gesetzesnovellierungen, nicht mehr in Kraft und werden daher in dieser Arbeit kaum beachtet. Die weiteren Bereiche des Erlasses, welche in dieser Arbeit angesprochen werden, beschäftigen sich mit Amtsbescheinigung und Opferausweis, Beratung und Behandlung von Inhabern von Amtsbescheinigungen und Opferausweisen, Begünstigungen des Gesetzes, Fürsorgemaßnahmen des Gesetzes, Mitwirkung des Bundes der politisch Verfolgten, Erlöschen und Verwirkung der Anspruchsberechtigung sowie Schluss- und Übergangsbestimmungen zur Inkrafttretung des Erlasses.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Intentionen des Opferfürsorgeerlass 1948
- Unstimmigkeiten im Opferfürsorgeerlass 1948
- Die Abschnitte des Opferfürsorgeerlass 1948
- Abschnitt I - Anspruchsberechtigter Personenkreis
- Abschnitt IV - Amtsbescheinigung und Opferausweis
- Abschnitt V - Beratung und Behandlung von Inhabern von Amtsbescheinigungen und Opferausweisen
- Abschnitt VI - Die Begünstigungen des Gesetzes
- Abschnitt VII - Die Fürsorgemaßnahmen des Gesetzes
- Abschnitt VIII - Mitwirkung des Bundes der politisch Verfolgten
- Abschnitt IX - Erlöschen und Verwirkung der Anspruchsberechtigung
- Der Umgang mit unbestimmten Rechtsbegriffen
- Rückhaltloser Einsatz in Wort und Tat
- Besonders schwere körperliche oder seelische Leiden
- Detaillierungen durch den Opferfürsorgeerlass
- Anspruchsberechtigter Personenkreis
- Haft aus politischen Gründen
- Opfer der politischen Verfolgung
- Unterstützung und Förderung
- Der Opferfürsorgeerlass in der Vollzugspraxis - Beispiele
- Schwarzhören
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert den Opferfürsorgeerlass 1948 (OFE 1948) und setzt ihn in Beziehung zum Opferfürsorgegesetz 1947 (OFG 1947). Ziel ist es, die Intentionen und Unstimmigkeiten des Erlasses im Kontext der österreichischen Sozialpolitik und der NS-Opfer zu beleuchten.
- Die Umsetzung des OFG 1947 durch den OFE 1948
- Die Rolle des OFE 1948 bei der Unterstützung von NS-Opfern
- Die Kritik am OFE 1948 bezüglich seiner Unklarheiten und Widersprüche
- Die Schwierigkeiten bei der Anwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen im Erlass
- Die Bedeutung des OFE 1948 für die Vollzugspraxis
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung liefert einen grundlegenden Überblick über die Bedeutung von Erlassen im Verwaltungsrecht und fokussiert auf die Funktion des OFE 1948 im Zusammenhang mit dem OFG 1947.
Kapitel 2 beleuchtet die Intentionen des OFE 1948, insbesondere die Zielsetzung, Opfer der NS-Verfolgung zu unterstützen und die damit verbundenen Herausforderungen.
Kapitel 3 befasst sich mit den Unstimmigkeiten im OFE 1948, indem es Widersprüche zum Gesetz sowie zum allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz aufzeigt.
Kapitel 4 untersucht die einzelnen Abschnitte des OFE 1948, mit Schwerpunkt auf dem Anspruchsberechtigten Personenkreis, der Amtsbescheinigung und dem Opferausweis.
Kapitel 5 widmet sich dem Umgang mit unbestimmten Rechtsbegriffen im OFE 1948, insbesondere den Begriffen „rückhaltloser Einsatz in Wort und Tat“ und „besonders schwere körperliche oder seelische Leiden“.
Kapitel 6 detailliert den Anspruchsberechtigten Personenkreis, die Haft aus politischen Gründen und die Opfer der politischen Verfolgung im Kontext des OFE 1948.
Kapitel 7 erörtert die Unterstützung und Förderung von Opfern durch den OFE 1948 und beleuchtet einige Beispiele aus der Vollzugspraxis.
Schlüsselwörter
Opferfürsorgeerlass 1948, Opferfürsorgegesetz 1947, NS-Verfolgung, Österreichische Sozialpolitik, Verwaltungsanordnung, Durchführungsbestimmungen, Anspruchsberechtigung, Amtsbescheinigung, Opferausweis, unbestimmte Rechtsbegriffe, Vollzugspraxis.
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- Mag. (FH) MBA Michael Felfernig (Autor), 2007, Der Opferfürsorgeerlass 1948, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78455