Anaphern in der Rektions- und Bindungstheorie


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitende Worte
1.1 Koreferenz
1.1.1 R-Ausdruck
1.1.2 C- Kommando
1.1.3 Bedingungen für Koreferenz zwischen Pronomina und R- Ausdrücken
1.1.4 Das Prinzip der Bindung:

2. Anapher und Pronomen
2.1 Reflexiv- und Reziprokpronomina
2.2 Die Beziehung zwischen Anapher und Antezedens
2.3 Der vollständige funktionale Komplex
2.4 M-Kommando
2.5 Die Rektion
2.5.1 Die Rektionskategorie
2.6 Die klassische Version der Bindungstheorie
2.7 Die erweiterte Version der Bindungstheorie
2.7.1 BT- Kompatibilität
2.8 Leere Anaphern

3. Schluss

4. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Strukturbaum in leicht veränderter Form (siehe Fanselow, S.97)

Abbildung 2: Strukturbaum zur Veranschaulichung für die Bedingungen zwischen Pronomina und R-Ausdrücken

Abbildung 3: Strukturbaum

Abbildung 4: Strukturbaum in leicht veränderter Form (siehe Fanselow, S.106)

Abbildung 5: Die Bindungstheorie nach Chomsky

Abbildung 6: BT-Kompatibilität

1. Einleitende Worte

In dieser Hausarbeit beschäftige ich mich mit Anaphern in der Rektions- und Bindungstheorie nach Chomsky. Die Bindungstheorie ist eine syntaktische Teiltheorie der Transformationsgrammatik nach Noam Chomsky. Die Bindungstheorie regelt „die Beziehungen von Anaphern, Pronomina, Namen und Spuren zu ihren möglichen Antezedens- Elementen“[1]. Solch ein Antezedens – Element bindet eine NP, die mit ihm koreferent ist, wenn sie von dem Antezedens c-kommandiert wird. Für diese Bindungen gibt es bestimmte Beschränkungen, die als Filter dienen und die dafür sorgen, dass nur grammatische Strukturen diese Bedingungen erfüllen.

Nach Chomsky gibt es drei verschiedene Arten von Nominalphrasen, bei denen es solche Bindungsbeschränkungen gibt.

Zum einen sind das die Anaphern. Bei den Anaphern unterscheidet man nochmals zwischen zwei verschiedenen Typen.

Erstens gibt es die Nominalphrasen, die man als Reflexiv- und Reziprokpronomen identifizieren kann. Diese beiden Arten von Nominalphrasen sind meist gebunden durch eine Nominalphrase, die sich ebenfalls in diesem Teilsatz befindet.

Zweitens gibt es bei den Anaphern noch die so genannten leeren Anaphern. Dabei handelt es sich um Spuren von Nominalphrasen.

Ein weiterer Typ der Nominalphrase neben den Anaphern ist die Gruppe der Pronominale. Dabei handelt es sich um Personalpronomen. Die Interpretation solcher Personalpronomen kann anaphorisch oder deiktisch sein, d.h. ein Personalpronomen kann sich auf einen Referenzgegenstand beziehen, der sich entweder in dem gleichen Satz befindet oder auf einen Referenzgegenstand, der sich nicht in dem gleichen Satz befindet wie das Personalpronomen.

Bei dem letzten Typ der Nominalphrasen handelt es sich um die so genannten R-Ausdrücke. Damit sind alle die NP´s gemeint, die nicht in den ersten beiden Typen auftauchen, wie zum Beispiel Eigennamen.

Vor diesem Hintergrund gehe ich in dieser Hausarbeit zuerst auf die Begriffe Koreferenz und R-Ausdrücke ein. Um die Bedingungen zwischen Pronomina und R-Ausdrücken zu erläutern komme ich auf den Begriff des C-Kommandos. Mit dem C-Kommando hängen bestimmte Bedingungen für Koreferenz zwischen Pronomina und R-Ausdrücken zusammen, auf die ich ebenfalls eingehe. Nach Einführung des Begriffs der Bindung komme ich zu den Unterschieden von Anaphern und Pronomen. Ein Ausdruck, der den gleichen Index trägt wie die Anapher, wird Antezedens genannt. Die Beziehung zwischen Anapher und Antezedens wird erläutert. Dabei wird deutlich, dass es sich bei einem Antezedens auch um ein ganzes Subjekt handeln kann. Auf Grund dessen wird der Begriff des vollständigen funktionalen Komplexes eingeführt, der auch CFC genannt wird. Im Verlauf der Hausarbeit wird deutlich, dass der Begriff des C-Kommandos nicht ausreichend ist, um beispielsweise die Beziehung zwischen Kopf und Specifier zu erklären. Aus diesem Grund wird der Begriff des M-Kommandos eingeführt, über den ich dann zu dem Begriff der Rektion komme. Mit Hilfe dieser Untersuchungen komme ich dann zu der klassischen Version der Bindungstheorie. Durch einige Beispiele wird aber klar, dass die klassische Version der Bindungstheorie nicht ausreicht. Über den Begriff der BT- Kompatibilität komme ich dann zu der erweiterten Version der Bindungstheorie. Des Weiteren gehe ich kurz auf den Unterschied zwischen lexikalischen und leeren Anaphern ein. Die leeren Anaphern werden aber nur der Vollständigkeit halber am Rande erwähnt und nicht genauer untersucht. Zum Schluss fasse ich die Ergebnisse noch einmal kurz zusammen.

1.1 Koreferenz

Findet man in einem Satz zwei Nominalphrasen, die für den Sprecher zu demselben Objekt gehören, so bezeichnet man diese Nominalphrasen (NPs) als „koreferent“[2]. Um dies zu verdeutlichen, nehme ich folgende Beispielsätze:

1a) Marie meint, dass sie schön ist

1b) *Sie meint, dass Marie schön ist

Im Beispiel von 1a) kann sich das Pronomen sie entweder auf Marie beziehen, oder auf irgendeine andere Person, die dem weiblichen Geschlecht angehört. Um genau zu klären, wer gemeint ist, benötigt man die bestimmte Situation, also den Kontext, in dem der Satz geäußert wird. Unter grammatischen Gesichtspunkten scheint die Nominalphrase sie hier in Bezug auf die anderen syntaktischen Elemente des Satzes keine Rolle zu spielen.

Wie in Satz 1a) ist auch in Satz 1b) die konkrete Referenz des Pronomens abhängig von der Situation bzw. dem Kontext. In 1a) allerdings kann sich das Pronomen sie auf Marie beziehen, was in 1b) nicht möglich ist. In 1b) dagegen geht man davon aus, dass sie und Marie nicht ein und dieselbe Person sind, sondern dass es sich um zwei verschiedene Personen handelt.

Die beiden Nominalphrasen in Satz 1a) intendieren also für den Sprecher den gleichen Objektbezug, da man davon ausgeht, dass es sich bei Marie und sie um ein und dieselbe Person handelt. Sie tragen den gleichen Index und daher werden sie als koreferent bezeichnet.

In Satz 1b) geht man nicht davon aus, dass es sich bei sie und Marie um eine Person handelt. Beide Nominalphrasen tragen also nicht den gleichen Index. In diesem Fall spricht man von „disjunkter Referenz (engl. disjoint reference)“[3].

1.1.1 R-Ausdruck

Eine Nominalphrase, die nicht- pronominal ist, wie in diesem Beispiel Marie, bezeichnet man als referentiellen Ausdruck, oder auch R-Ausdruck.

Man könnte nun vermuten, dass ein R-Ausdruck wie Marie nicht mit einem Pronomen wie sie koreferent sein kann, welches vor dem R-Ausdruck im Satz liegt.

Nimmt man allerdings einen Satz wie

2) Das Angebot, ihr zu helfen, erfreut Marie

dann sieht man, dass auch hier das koreferente Pronomen vor dem R-Ausdruck steht. Beispielsatz 2) allerdings ist im Gegensatz zu 1b) allerdings vollständig grammatisch.

Dies scheint daran zu liegen, dass sich in Satz 2a) das Pronomen ihr in dem Satz befindet, in dem der R-Ausdruck Marie nicht steht. Daraus könnte man schließen, dass ein „Pronomen α nur dann mit einem R-Ausdruck β koreferent sein kann, wenn es einen Satz S gibt, der das Pronomen, aber nicht den R-Ausdruck enthält“[4].

Dies scheint nicht nur der Fall zu sein, wenn der Satz als „relevante Bezugsgröße“[5] steht, sondern auch innerhalb einer NP, wie folgendes Beispiel zeigt:

3) [NP ihr Hund] hält Marie täglich fit

Auch hier ist nur eine Koreferenz zu finden, wenn R-Ausdruck, in diesem Fall Marie, und Pronomen, in diesem Fall ihr, nicht in einer Nominalphrase wieder zu finden sind.

1.1.2 C- Kommando

Um die Bedingungen zwischen Pronomina und R-Ausdrücken genau zu erfassen, muss der Begriff des C-Kommandos eingeführt werden. Der Begriff des C-Kommandos ist einer der wichtigsten strukturbezogenen Begriffe der generativen Transformationsgrammatik. „Eine Konstituente X c-kommandiert eine von X verschiedene Konstituente Y dann und nur dann, wenn (a) der erste verzweigende Knoten über X auch Y dominiert, (b) X nicht Y dominiert und (c) Y nicht X dominiert“[6].

Zur Vereinfachung und Veranschaulichung dient die folgende Grafik:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Strukturbaum in leicht veränderter Form (siehe Fanselow, S.97)

Y beispielsweise c-kommandiert Z, C, D und E, weil Y nur von X dominiert wird, der auch die eben genannten Kategorien dominiert. A und B c-kommandieren sich dagegen gegenseitig, da sie sowohl von X, als auch von Y dominiert werden. A und B c- kommandieren allerdings keine anderen Knoten, wie z.B. Z, C, D oder E, da Y zwar A und B, aber nicht Z, C, D und E dominiert. Wie A und B c- kommandieren sich auch C und D gegenseitig, wobei C auch E c- kommandiert.

1.1.3 Bedingungen für Koreferenz zwischen Pronomina und R- Ausdrücken

Um die Bedingungen für Koreferenz zwischen Pronomina und R- Ausdrücken zu erläutern, gehe ich erneut auf den Beispielsatz

1b) *Sie meint, dass Marie schön ist

ein und stelle diesen Satz grafisch dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Strukturbaum zur Veranschaulichung für die Bedingungen zwischen Pronomina und R-Ausdrücken

[...]


[1] Bußmann, H.: Lexikon der Sprachwissenschaft. 2. Auflage. Stuttgart 1990., S.136 (Im Folgenden abgekürzt als: Bußmann)

[2] Fanselow, G./ Felix, S.W.: Sprachtheorie 2: Die Rektions- und Bindungstheorie. Tübingen 1997. , S.94 (Im Folgenden abgekürzt als Fanselow)

[3] Fanselow, S.94

[4] ebd., S.96

[5] ebd., S.96

[6] Bußmann, S.150

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Anaphern in der Rektions- und Bindungstheorie
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (Germanistisches Institut )
Veranstaltung
Konstituenten oder Schichten
Note
2,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
23
Katalognummer
V78491
ISBN (eBook)
9783638840255
ISBN (Buch)
9783638840330
Dateigröße
467 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Anaphern, Rektions-, Bindungstheorie, Konstituenten, Schichten
Arbeit zitieren
Tina Heesel (Autor:in), 2003, Anaphern in der Rektions- und Bindungstheorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78491

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