Inneres Training im Sport


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

23 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Psychologie auf dem Tennisplatz

3 Die Entdeckung von Selbst 1 und Selbst 2
3.1 Einklang herstellen
3.2. Selbst 2 programmieren

4 Das Potential

5 Inner Coaching Fähigkeiten
5.1 Konzentration
5.1.1 Erlebnis-Konzentration
5.1.2 Kopf-Konzentration
5.1.3 Sinnes-Entwicklung
5.2 Entspannung
5.2.1 Hindernisse
5.2.2 Vertrauen und Loslassen
5.2.3 Atmen
5.2.4 Entspannung lernen
5.3 Die innere Stimme
5.3.1 Die Stimme als Störung
5.3.2 Die Stimme nutzen
5.4 Einstellung/Programmierung
5.4.1 Offenheit
5.4.2 Einstellungsebenen
5.4.3 Bild-Programmierung
5.4.4 Wort-Programmierung
5.5 Kreativität und Spontaneität
5.5.1 Regeln loslassen
5.5.2 Keine Angst vor Fehlern
5.5.3 Sport als Weg
5.6 Selbstbewusstsein
5.6.1 Ehrlichkeit

6 Inner Coaching Prinzipien
6.1 Das Sein ist veränderbar
6.2 Die Ganzheit
6.3 Das neue Zeit-Bewusstsein
6.3.1 Der Rückspiegel und die Zukunfts-Fixierung
6.3.2 Zeitstruktur und Zeitharmonie
6.3.3 Der Ziel-Prozess
6.3.4 Barrieren
6.3.5 Ungünstige Mechanismen

7 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Jedes Spiel besteht aus zwei Teilen: Einem äußeren und einem inneren Spiel.

Das äußere Spiel wird gegen einen äußeren Gegner gespielt, um äußere Hindernisse zu überwinden und ein äußeres Ziel zu erreichen.

Der Spieler des inneren Spiels gelangt dahin, die Kunst der entspannten Konzentration über alle Fähigkeiten zu stellen. Er entdeckt eine verlässliche Basis für sein Selbstvertrauen und er lernt, dass das Geheimnis, irgendein Spiel zu gewinnen, darin liegt, sich nicht zu große Mühe zu geben. Sein Ziel ist eine spontane Leistung, die sich nur dann einstellt, wenn das Denken ruhig ist und sich im Einklang mit dem Körper befindet.

Als Spieler muss man sich zwangsläufig auch mit den oft vernachlässigten Fähigkeiten des inneren Spiels und dessen Hindernissen (Konzentrationsschwäche, Nervosität, Selbstzweifel und Selbstkritik) beschäftigen.

Unsere Arbeit beschäftigt sich mit den Möglichkeiten und Problemen, sowie der Optimierung des Inneren Spiels durch Inner Training.

2 Psychologie auf dem Tennisplatz

Die Probleme, die Tennisspieler und andere Sportler während eines Wettkampfes haben, drehen sich nicht darum, wie man sich richtig bewegt oder wie man den Schläger richtig führt. Die meisten Spieler bemängeln auch nicht ihre physische Leistungsfähigkeit.

Die häufigsten Klagen, die man nach einem Tennismatch beziehungsweise während des Trainings zu hören bekommt sind Aussagen darüber, dass der Sportler zwar weiß was er tun oder verbessern soll, sich diesen Tatsachen auch bewusst ist, aber allerdings nicht in der Lage ist, sein Wissen in die Tat umzusetzen.

Der Tennisspieler ist somit nicht in der Lage, seine geistigen Fähigkeiten in konkrete Bewegungssituationen umzusetzen.

Wenn ich mir wirklich große Mühe gebe, den Schlag so auszuführen, wie es im Buch steht, verschlage ich den Ball jedes Mal. Wenn ich mich auf etwas ganz Bestimmtes konzentriere, dann vergesse ich etwas anderes. (Gallwey, 1974, S. 11)

Die nachfolgenden Ausführungen basieren auf der Einleitung von Gallwey (1974)

Diese oder ähnliche Schwierigkeiten zeigen, dass der Tennisspieler an einer inneren Blockade scheitert. Der innere Gegner ist also stärker als der äußere Gegner.

Der Spieler hat es nicht geschafft, alle Denkgewohnheiten zu überwinden, die den sonst hervorragenden Leistungen im Wege stehen. Gemeint ist hier das Spiel, das im Denken des Spielers stattfindet, welches gegen Hindernisse wie Konzentrationsschwäche, Nervosität, Selbstzweifel und Selbstkritik gespielt wird. Auch muss der Spieler lernen, dass das Geheimnis ein Spiel zu gewinnen auch darin liegt, sich nicht bewusst zu große Mühe zu geben. Sein Ziel soll eine spontane Leistung sein, die nur dann umgesetzt werden kann, wenn das Denken ruhig ist und sich im Einklang mit dem Körper befindet. Die inneren Vorbehalte („Denkgewohnheiten“) müssen beim Wettkampf überwindet werden, um dem Ziel des Sieges näher zu kommen.

Ein Spieler muss sich zwangsläufig damit beschäftigen, wie er ein Selbstvertrauen und eine entsprechende geistige Haltung entwickeln kann um eine zufriedenstellende Leistung zu vollbringen.

Hierzu beschreibt Gallwey in seinem Buch „The Inner Game of Tennis“ (1974) eine Situation, in der er mit einem Anfänger, der noch nie einen Schläger in der Hand gehalten hat, eine Übungsstunde durchführt. Aus bereits gemachten Erfahrungen, die Gallwey zeigten, dass sich zu viele verbale Bewegungsverbesserungen und Bewegungsbeschreibungen negativ auf den Tennisschüler auswirken, beschloss er dem Schüler das Spielen durch so wenige Belehrungen wie möglich beizubringen.

So ließ Gallwey seine üblichen Bewegungsbeschreibungen (richtiger Griff, Schlägerführung, Fußstellung, etc.) zur Vorhand weg, und schlug stattdessen einfach hintereinander zehn Vorhandbälle. Die Aufgabe des Schülers war, die Bewegungen genau zu beobachten, aber nicht darüber nachzudenken, sondern sich einfach ein Bild vom Vorhandschlag einzuprägen.

Dem Tennisschüler fiel bei Gallweys´ Ausführung besonders die Fußbewegung auf. Als der Schüler anschließend selbst zum ersten mal die Vorhand schlug, war Gallwey sehr erstaunt:

Er ließ den Ball fallen, machte einen perfekten Rückschwung, schwang mit senkrechtem Schläger vorwärts, und der Schlag endete mit natürlichem und flüssigem Schwung in Schulterhöhe - vollkommen für den ersten Versuch! Aber halt, seine Füße! Sie hatten sich keinen Zentimeter von der tadellosen Ausgangsstellung fortbewegt, die er eingenommen hatte, bevor er ausholte. Sie waren auf den Platz festgenagelt. Ich deutete auf sie, und Paul sagte: „Oh ja, ich hab´ nicht mehr an sie gedacht!“

(Gallwey, 1974, S. 13)

Dieses Beispiel zeigt, dass sich Bilder für das Lernen besser eignen, als verbale Bewegungsanleitungen. Weiterhin wird durch die Reaktion des Schülers auf die Fußbewegung deutlich, dass bewusste Mühe oft negative Resultate hervorruft. Beim Beobachten fiel ihm hauptsächlich die Fußstellung auf, die dann bei der eigenen Ausführung komplett fehlerhaft war. Das rein visuell Aufgenommene wurde vom Schüler jedoch unbewusst, aber nahezu perfekt wiedergegeben. Ein Spieler, der behauptet er sei in „Hochform“ muss zwangsläufig eine ideale geistige Verfassung haben.

Ein solcher Spieler wird meist durch die folgenden Aussagen beschrieben: „Er spielt wie im Traum!“, „Er wächst über sich selbst hinaus!“, „Er spielt unbewusst!“, „Er weiß nicht, was er tut!“ (Gallwey, 1974, S. 14)

Diese Aussagen beschreiben alle einen Zustand jenseits des Verstandes. Sie beschreiben weiterhin ein intuitives Gefühl, dass der kontrollierende Verstand überwunden oder zumindest teilweise eliminiert ist.

Die Spitzenathleten der meisten Sportarten (v.a. Individualsportarten) sind sich im Klaren darüber, dass sie nie dann Spitzenleistungen erbringen können, wenn sie zu sehr über ihre Leistung nachdenken. Auf keinen Fall bedeutet ein unbewusstes Spielen gleichzeitig, ohne Bewusstsein zu spielen, da sich dies als ziemlich schwierig erweisen würde. Der Spieler ist zwar bewusst (in Bezug auf Ball, Gegner etc.), gibt sich aber nicht bewusst viel Mühe, verbessert sich nicht ständig, überlegt nicht ständig, wie er den Ball richtig schlagen kann oder wie er etwas wiederholen kann.

Ein Spieler in diesem Zustand weiß, wohin er seinen Ball platzieren will, aber er muss sich nicht große Mühe geben, um ihn dorthin zu schicken. Es scheint ganz von selbst zu geschehen – und oft mit mehr Genauigkeit, als er hatte hoffen können. Der Spieler scheint in eine „Aktionsflut“ eingetaucht zu sein, die unter Inanspruchnahme seiner Energie größere Kraft und größere Genauigkeit bewirkt. Die „gute Form“ hält meistens an, bis er anfängt, darüber nachzudenken, und versucht, sie aufrechtzuerhalten; sobald er versucht, Kontrolle auszuüben, verliert er sie.

(Gallwey, 1974, S. 14)

Eine der schwierigsten Aufgaben stellt das Erreichen des Zustandes dar, in dem der Sportler sein Denken bewusst ausschaltet um zu verhindern, dass er darüber nachdenkt, wie gut sein Körper etwas macht oder wie er es verbessern könnte. Hat ein Spieler diesen Zustand durch Konzentration und Sammlung seines Verstandes erreicht, befindet er sich wirklich „im Spiel“ (Gallwey, 1974, S. 15).

Nur in diesem Stadium ist der Spieler in der Lage, seine eigentlichen Fähigkeiten umzusetzen beziehungsweise zu entdecken.

„Die Fähigkeit, diesen Zustand zu erreichen, ist das Ziel des inneren Spiels.“ (Gallwey, 1974, S. 15)

3 Die Entdeckung von Selbst 1 und Selbst 2

Viele Tennisspieler führen während sie auf dem Platz stehen Selbstgespräche. Diese äußern sich meistens in gedanklichen oder auch mündlichen Anweisungen, die sich sowohl positiv als auch negativ auf ihr eigenes Spiel auswirken können.

„Spiel doch seine Rückhand an“, „du musst dich mehr bewegen“ oder auch „du Idiot, du schlägst jeden zweiten Ball ins Netz“.

Hier stellt sich die Frage, wer denn mit wem schimpft und wer eigentlich beschimpft wird?

Man kann bei einem Selbstgespräch („Ich spreche mit mir selbst“) das „Ich“ und das „Selbst“ als zwei getrennte Einheiten betrachten, da es ja sonst keine Unterhaltung zwischen beiden geben könnte. Hierbei scheint das „Ich“ die Anweisungen an das „Selbst“ weiterzugeben, dass dann schließlich die entsprechende Handlung ausführt. Anschließend erfolgt wieder eine prüfende Bewertung der Handlung durch das „Ich“.

Gallwey trennt das „Ich“ und das „Selbst“ in „ein Selbst 1 und ein Selbst 2“ (Gallwey, 1974, S. 19). Das Selbst 1 stellt dabei den „Bestimmer“ dar und das Selbst 2 wird von Gallwey als „Macher“ bezeichnet.

Das wichtigste Ziel des Inner Trainings resultiert daraus, die Beziehung zwischen Selbst 1 (dem bewussten Bestimmer) und Selbst 2 (dem unbewussten automatischen Macher) zu verbessern um die Fähigkeiten und die Technikkenntnisse des Spielers in wirkungsvolle Handlungen/Bewegungen umzusetzen.

Selbst 2 ist in der Lage einmalig ausgeführte Bewegungen für immer abzuspeichern und jederzeit darauf zurückzugreifen. Selbst 2 umfasst das unbewusste sowie das Nervensystem und vergisst somit niemals etwas und ist alles andere als dumm. Trotzdem wird Selbst 2 ständig von Selbst 1 getadelt und bekommt fälschlicherweise ein schlechtes Gedächtnis und Dummheit unterstellt. Selbst 1 vertraut Selbst 2 nicht, obwohl das unbewusste automatische Selbst in hohem Maße dazu befähigt ist.

Gallwey verdeutlicht diesen Zusammenhang anhand eines Beispiels:

Der Spieler auf dem Platz versucht, seinen Schlag zu verbessern. „Verdammt, halt Dein dummes Handgelenk steif“, befiehlt er sich. Danach, als ein Ball nach dem anderen über das Netz kommt, erinnert Selbst 1 Selbst 2: „Steifhalten, steifhalten, steifhalten!“ Seine Muskeln sind in übergroßer Anstrengung angespannt, er berührt den Ball, eine leichte Drehung des Handgelenks, und der Ball prallt auf den hinteren Zaun. „Idiot, Du wirst es niemals lernen, wie man eine Rückhand schlägt“, schimpft Selbst 1.

(Gallwey, 1974, S. 20)

Das Selbst 1 hat hier, weil es zu viel denkt und sich zu große Mühe geben will, eine innere Spannung und einen dadurch folgenden Muskelkonflikt verursacht. Wenn man sich einmal das Gesicht eines Spielers während eines Wettkampfes anschaut, wird einem oft der verkrampfte Gesichtsausdruck auffallen, obwohl die Gesichtsmuskeln beim Tennisspiel nicht primär beansprucht werden.

Die Verspannung wird durch Selbst 1 ausgelöst, weil es den Fähigkeiten von Selbst 2 nicht vertraut. Selbst 1 ist also für die schlechte Leistung verantwortlich, tadelt aber trotzdem Selbst 2. „Ach, es gelingt mir kein einziger Schlag, ich bin einfach zu dumm für diesen Sport“

Die Konsequenz von den durch Selbst 1 ausgelösten Spannungen und Muskelkonflikten ist eine noch schlechtere Leistung und aufkommende Frustration.

Ziel eines Spielers sollte es sein, den Unterschied zwischen „Mühe geben“ (der Energie von Selbst 1) und „müheloser Energie“ (die Selbst 2 einsetzt) zu spüren. In diesem Zusammenhang muss ein Spieler lernen, den geistigen Einklang im Tennisspiel durch das Erlernen von inneren Fähigkeiten herzustellen.

1) Sie müssen lernen, Ihren Computer Selbst 2 vielmehr mit Bildern zu programmieren, als sich mit Worten zu belehren; 2) Sie müssen Selbstvertrauen lernen (in Selbst 2), um das zu leisten, was Sie (Selbst 1) von ihm verlangen. Das bedeutet, Selbst 2 den Ball schlagen zu lassen und 3) zu beobachten, ohne zu urteilen, - also einfach zu sehen, was geschieht, als festzustellen, wie gut oder wie schlecht etwas geschieht. Dadurch wird die „übergroße Mühe“ überwunden.

(Gallwey, 1974, S. 22)

3.1 Einklang herstellen

Es können nur Spitzenleistungen erbracht werden, wenn der Verstand ruhig ist und somit eine Harmonie zwischen Selbst 1 und Selbst 2 herrscht. Ein leistungsorientierter Spieler überlegt sich nicht jedes Mal, wie, wann oder wohin er den Ball schlagen soll, sondern er schlägt den Ball mühelos. Auch unterdrückt er das reflektieren der Schläge nach den Ballwechseln. Der Ball wird somit in einem automatischen Prozess geschlagen, der keine Überlegung erfordert.

„Zwar sieht, fühlt und hört der Spieler den Ball und nimmt sogar die taktische Situation wahr, aber er scheint ganz einfach ohne denken zu wissen, was er tun muss“ (Gallwey, 1974, S.25)

Während solcher Erlebnisse agiert der Verstand nicht wie ein getrenntes Wesen, das Ihnen sagt, was Sie tun sollen oder kritisiert, was Sie getan haben. Er ist ruhig; Sie sind mit sich „in Einklang“, und Ihr Handeln fließt so frei wie ein Fluss.

(Gallwey, 1974, S. 26)

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Inneres Training im Sport
Hochschule
Universität Koblenz-Landau
Veranstaltung
Hauptseminar Sportpsychologie
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
23
Katalognummer
V78666
ISBN (eBook)
9783638841474
ISBN (Buch)
9783638841467
Dateigröße
452 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Inneres, Training, Sport, Hauptseminar, Sportpsychologie
Arbeit zitieren
Manuel Kuss (Autor:in), 2004, Inneres Training im Sport, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78666

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