Auf den ersten Blick mag die Themenwahl der vorliegenden Magisterarbeit etwas erstaunen. Wie kann man so unterschiedliche Ereignisse wie die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 und die Spiele im augusteischen Rom sinnvoll miteinander vergleichen? Selbstverständlich handelt es sich hier um zwei vollkommen unterschiedliche Geschehen, die auf den ersten Blick aufgrund der Verschiedenheit der politischen Systeme, ja der gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen weder vereinbar noch vergleichbar erscheinen.
Doch die These von „Brot und Spielen“, entstanden in der Römischen Antike, wurde insbesondere im Zusammenhang mit der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 oft rezitiert. „Brot und Spiele“ bezeichnet hier Versuche der Staatsmacht, das Volk durch Nahrungsmittelversorgung und sportliche Großereignisse von politischen Sachverhalten abzulenken bzw. fernzuhalten. Diese These wird mit Konzentration auf die Spiele im augusteischen Rom und die Fußball-WM 2006 in dieser Arbeit untersucht. Die Spiele bilden hier ein willkommenes Vergleichsthema, da sich über zwei Jahrtausende hinweg die Begeisterungsfähigkeit der Gesellschaft und das Interesse der Machthaber an sportlichen Ereignissen gehalten hat.
Das Thema verlangt einen interdisziplinären Ansatz, da neben der Politikwissenschaft auch sportwissenschaftliche, ökonomische, soziologische und historische Aspekte berührt werden. In Bezug auf die WM 2006 spielen auch die Medienwissenschaften eine große Rolle, da Publikumssport heute in erster Linie Mediensport ist.
Das augusteische Rom wurde als abgegrenzter Zeitraum gewählt, da es sich um eine Zeit der relativen politischen Stabilität durch das Ende der Römischen Bürgerkriege handelt und die literarische Quellenlage bezüglich des Sports recht umfangreich ist. Zudem hat sich das euergetische System zum Zeitpunkt des Beginns der römischen Kaiserzeit vollständig ausgeprägt. Der Euergetismus beschreibt das Phänomen, dass Privatleute zugunsten des Gemeinwohls finanzielle Leistungen erbrachten, die sich in unterschiedlichen Formen äußerten. Er eignet sich als Gegenstand der Untersuchung, da die Veranstaltung der Spiele einen wesentlichen Teil des euergetischen Systems darstellen.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Berechtigung der „Brot-und-Spiele-These“...
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Euergetismus
- 2.1. Der Begriff des Euergetismus.
- 2.2. Der Euergetismus als Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtungen
- 2.3. Die Euergeten und ihre Motive
- 2.3.1. Die Euergeten
- 2.3.2. Die Motive der Euergeten
- 2.4. Euergetismus unter der Herrschaft des Augustus.
- 3. „Brot und Spiele“ als Teil des euergetischen Systems.
- 3.1. Das Volk im augusteischen Rom
- 3.2. Die Position und Machtbefugnisse des princeps
- 3.3. Augustus und die „Spiele“
- 3.3.1. Die Sitzordnung.
- 3.3.2. Eintrittspreise zu den Spielen
- 3.3.3. Interesse des princeps an den Spielen
- 3.4. Politik und „Spiele“
- 3.4.1. Der Staat und die Gladiatorenspiele
- 3.4.2. Circus und Amphitheater als politische Arena
- 3.4.3. Die Manifestationen
- 3.5. Die „Entpolitisierung“ der plebs urbana
- 3.5.1. Die politische Funktion von „Brot“
- 3.5.2. Die politische Funktion von „Spielen“
- 3.5.3. Bewertung der „Spiele“ durch antike Dichter.
- 4. Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006.
- 4.1. Die organisatorischen Grundlagen der WM 2006
- 4.1.1. Die Fédération Internationale de Football Association (FIFA)
- 4.1.2. Das Organisationskomitee (OK) der WM 2006
- 4.2. Die Finanzierung der WM 2006
- 4.2.1. Unternehmen als Sponsoren der WM 2006 und ihre Motive
- 4.2.2. Das Engagement der Bundesregierung bei der WM 2006 und ihre Motive
- 4.2.3. Das „Volk“ bei der WM 2006
- 4.3. Politik und die WM 2006
- 4.3.1. Die „Instrumentalisierung“ der WM 2006 durch die Politik
- 4.3.2. Die „Instrumentalisierung“ der Politik durch die FIFA
- 5. Parallelen zwischen Antike und Moderne.
- 5.1. Antike Spiele und WM als Massenspektakel
- 5.2. Das „Volk“
- 5.3. Die Veranstaltung
- 5.4. Die Finanzierung durch Sponsoren
- 5.4.1. Finanzierung durch Sponsoren der Wirtschaft
- 5.4.2. Finanzierung durch den Ausrichterstaat
- 6. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit befasst sich mit der These „Brot und Spiele“, indem sie die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 mit den Spielen im augusteischen Rom vergleicht. Das Ziel ist es, zu untersuchen, ob die Spiele in beiden Epochen eine „Entpolitisierungsfunktion“ für das Volk hatten und wie die politische Wirkung der Spiele auf die jeweiligen Gesellschaften einzuschätzen ist.
- Der Begriff des Euergetismus und seine Bedeutung in der römischen Antike
- Die politische Rolle von Augustus und seine Beziehung zu den Spielen
- Die Organisation und Finanzierung der Fußball-Weltmeisterschaft 2006
- Die Interaktionen zwischen Politik, Medien und Sport im Kontext der WM 2006
- Parallelen und Unterschiede zwischen den Spielen im augusteischen Rom und der WM 2006
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung
Diese Einleitung stellt die Thematik der Arbeit vor, indem sie die Verbindung zwischen der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 und den Spielen im augusteischen Rom als vergleichbare Ereignisse unterstreicht. Sie erklärt die Bedeutung der „Brot und Spiele“-These und gibt einen Einblick in die verwendeten Methoden und die interdisziplinäre Perspektive der Arbeit. - Kapitel 2: Euergetismus
Dieses Kapitel befasst sich mit dem Konzept des Euergetismus, das im Fokus der Arbeit steht. Es erläutert den Begriff des Euergetismus, seine wissenschaftliche Relevanz und die Motive der Euergeten. Im Speziellen wird der Euergetismus im Kontext der Herrschaft des Augustus betrachtet. - Kapitel 3: „Brot und Spiele“ als Teil des euergetischen Systems
Hier werden die „Spiele“ als ein wesentlicher Bestandteil des euergetischen Systems im augusteischen Rom analysiert. Es wird auf die Rolle des Volkes, die Machtbefugnisse des princeps und die Verbindung zwischen Politik und den Spielen eingegangen. Außerdem werden die „Spiele“ als Instrument der „Entpolitisierung“ der römischen Bevölkerung betrachtet. - Kapitel 4: Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006
Dieses Kapitel widmet sich der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Es beleuchtet die organisatorischen Grundlagen, die Finanzierung durch Sponsoren und die Bundesregierung sowie die politische Bedeutung und den Einfluss der WM 2006. - Kapitel 5: Parallelen zwischen Antike und Moderne
In diesem Kapitel werden Parallelen und Unterschiede zwischen den Spielen im augusteischen Rom und der WM 2006 untersucht. Es werden die Gemeinsamkeiten als Massenspektakel, die Rolle des „Volkes“ und die Finanzierung durch Sponsoren analysiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen des Euergetismus, der „Brot und Spiele“-These, der politischen Wirkung von Spielen im augusteischen Rom und der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Weitere wichtige Schlüsselbegriffe sind: politische Instrumentalisierung, Sponsoring, Massenspektakel, „Entpolitisierung“, Volk, princeps, Augustus, Spiele.
- Citar trabajo
- Martin Ermert (Autor), 2007, Die Fußball-WM 2006 in Deutschland und die Spiele im augusteischen Rom im Vergleich, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78806