Der rasante Machtverfall Edmund Stoibers hatte in den Medien vor allem eine Frage aufgeworfen: Wie war ein Verfall des CSU-Vorsitzenden und Ministerpräsidenten innerhalb weniger Wochen möglich, obwohl die Parteispitze ihm zwei Tage zuvor noch ihr Vertrauen ausgesprochen hatte? Die Frage wie Macht entsteht und vor allem wie sie wieder zerfällt wird seit Jahrzehnten vor allem unter Sozial- und Politikwissenschaftlern immer wieder neu diskutiert. Der Sturz Stoibers hat in dieser Debatte neue Fragen aufgeworfen. Führten strukturelle Wandlungen in der Partei zum Regierungswechsel oder bedingte allein Stoibers Entfernung von der Basis sein politisches Aus? Eine einheitliche Machtdefinition, die die Frage der Machterosion allgemein beantworten könnte, lässt sich bis heute nicht finden. Vielmehr offenbaren sich „unterschiedliche, teils sogar konträre Einschätzungen und Bewertungen“ .
Die Urszene der Macht ist simpel: Jemand ist imstande, einem anderen seinen Willen aufzuzwingen und seine Interessen gegenüber dem anderen durchzusetzen. Hannah Arendt entfernt sich in ihrer normativen Handlungstheorie von dem Gedanken des Machterhabenen und Machtunterworfenen. Sie begründet Macht als positiven Wert auf dem Zusammenschluss einer Gruppe, aus dem sich in gegenseitigem Einvernehmen und Vertrauen Macht und politischer Einfluss generieren. Ein Auseinandergehen der Gruppe sowie Gewalt können Macht hingegen wieder zerstören. Am Beispiel des Machtverfalls Edmund Stoibers lassen sich Parallelen zu Arendts Theorie aufzeigen – in 2.2 findet diese daher gesondert Beachtung.
Stoibers Sturz hat zudem gezeigt, dass Macht nicht schleichend vorübergeht; anhand von charakteristischen Vorboten soll daher nach einem Überblick über den Sturz Stoibers und seine persönlichen und strukturellen Machtgrundlagen gezeigt werden, dass sich der Prozess seiner Machterosion bis zur Bundestagswahl 2005 zurückverfolgen lässt. Stoibers Machterosion im Zwiespalt zwischen Selbstdemontage und Wandlungen in der CSU findet am Ende dieser Arbeit Beachtung.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Über Macht und Machtverfall
- Macht und Machtverfall - wieso geht die Macht verloren? Kriterien zum Machtverfall im klassischen Diskurs am Beispiel von H. Arendt
- Grundlagen zum Begriff der Macht
- Macht durch Befehl und Gehorsam
- Strukturelle Arrangements der Macht - auf dem Weg zur gewaltfreien Macht
- Vom Machtgewinn zum Machtverlust
- Machterwerb
- Machterhalt
- Machterosion
- Grundlagen zum Begriff der Macht
- Politischer Machtverfall: Wie war ein Machtverfall Stoibers in der CSU innerhalb weniger Wochen möglich?
- Der Sturz Stoibers
- Stoiber - ein Mann für Tradition und Zukunft in der Politik?
- Persönliche Macht Edmund Stoibers in der CSU
- Strukturelle Macht der CSU
- Vorboten des Machtverlusts
- Realitätseinbußen: Selbstüberschätzung der Macht
- Kommunikationsdefizite: anhaltendes Meinungstief
- Machterosion: fehlende Unterstützung und schnelle Nachfolgediskussionen
- Steuerungsverluste durch Uneinigkeit in der CSU
- Der Fall Stoibers – persönlicher Fehltritt oder strukturelle Konsequenz?
- Gründe für einen Machtverfall aufgrund persönlicher Fehler
- Gründe für einen Machtverfall aufgrund struktureller Bedingtheit
- Fazit - warum der Machtverfall nicht plötzlich kommt
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert den Machtverfall Edmund Stoibers in der CSU und untersucht die Frage, welche Faktoren zu seinem rasanten Rücktritt führten. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse der Ursachen des Machtverlusts, wobei sowohl persönliche als auch strukturelle Aspekte betrachtet werden.
- Der Machtbegriff und seine verschiedenen Facetten im klassischen Diskurs
- Kriterien des Machtverfalls im Kontext politischer Machtstrukturen
- Die Rolle von Kommunikation und Medien im Prozess des Machtverlusts
- Die Bedeutung von persönlicher und struktureller Macht im Kontext des Falles Stoiber
- Die Analyse der Vorboten des Machtverlusts im Fall Stoiber
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt den Kontext des Machtverlusts von Edmund Stoiber dar und gibt einen Überblick über die Debatten zum Begriff der Macht. Sie beleuchtet den Gegensatz zwischen klassischen und modernen Machtdefinitionen und zeigt die Bedeutung von Hannah Arendts Handlungstheorie für die Analyse des Machtverlusts auf.
- Kapitel 2 beleuchtet den Machtbegriff und seine verschiedenen Facetten im klassischen Diskurs, insbesondere im Kontext der Machtdefinition von Max Weber. Es werden die beiden Hauptströmungen der Machtdebatte, die auf Befehl und Gehorsam basierende Macht und die produktive Macht, einander gegenübergestellt.
- Kapitel 3 widmet sich dem politischen Machtverfall im Fall Stoiber und untersucht die Ursachen für seinen Sturz innerhalb weniger Wochen. Es analysiert die persönlichen Machtgrundlagen Stoibers und die strukturelle Macht der CSU sowie die Vorboten des Machtverlusts.
Schlüsselwörter
Macht, Machtverfall, Politische Kommunikation, CSU, Edmund Stoiber, Hannah Arendt, Max Weber, Struktur, Persönlichkeit, Kommunikationsdefizite, Selbstüberschätzung, Machterosion.
- Arbeit zitieren
- Elisabeth Felice Nehls (Autor:in), 2007, Zwischen Macht und Machtzerfall - Welche Kriterien bedingen den Verlust von Macht? Der Machtverfall Edmund Stoibers in der CSU, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78856