Heute gilt das wiedervereinigte Deutschland weithin als demokratischer und pluralistischer Staat, der auch Vorbildwirkung für sich demokratisierende Länder besitzt. Obwohl Pluralismus und Demokratie sich seit dem Wirken Fraenkels also anscheinend bewährt und durchgesetzt haben, stoßen sie bei Teilen der deutschen Bevölkerung trotzdem auf Ablehnung. So stimmen laut einer aktuellen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung ein Viertel der Deutschen (26%) der Aussage zu, dass Deutschland momentan eine einzige starke Partei als Verkörperung der Volksgemeinschaft brauche. Eine derartige Einstellung entspricht jedoch eher dem Wunsch nach Vermassung in einer Diktatur, als der Akzeptanz demokratischer Meinungsvielfalt. Antipluralistisches Denken scheint in Deutschland also immer noch verankert zu sein, obgleich das politische System funktioniert. Auf Grund dieser und der Tatsache, dass Fraenkel bereits vor über 30 Jahren gestorben ist, lässt sich durchaus die Frage nach der Aktualität seiner pluralistischen Demokratietheorie stellen. Inwieweit entspricht die heutige Bundesrepublik den Kriterien dieser Theorie? Werden ihre normativen Vorgaben noch angestrebt oder ist die deutsche Demokratie gar nicht auf deren Umsetzung angewiesen? Gibt es vielleicht Entwicklungen oder Bedingungen der Demokratie, um die Fraenkels Konzeption erweitert werden müsste?
Die vorliegende Hausarbeit soll versuchen einige dieser Fragen zu beantworten, indem sie die normativen Voraussetzungen und Kriterien der Theorie mit den empirischen Zuständen der bundesdeutschen Demokratie vergleicht. Im Allgemeinen mag solch ein Vergleich von gewünschter und tatsächlich vorhandener politischer Ordnung als recht schwierig erscheinen, da Fraenkel aber „seine theoretischen Einschätzungen (…) aus der deskriptiven Bestandsaufnahme heraus“ entwickelte, sollte es möglich sein, diesen Vorgang im Prinzip umzukehren und die Theorie auf die aktuell bestehenden Verhältnisse zu beziehen. Die Vorgehensweise sieht dabei im Folgenden so aus, dass zuerst die pluralistische Demokratiekonzeption Fraenkels dargestellt und diese anschließend auf ihre empirische Entsprechung überprüft wird. Zum besseren Verständnis der Theorie erfolgt zu Beginn eine kurze Erläuterung ihrer Entstehung.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Fraenkels pluralistische Demokratietheorie
- Entstehung und Voraussetzungen
- Merkmale und Kriterien
- Vergleich mit der heutigen Bundesrepublik
- Normative Vorgaben im Grundgesetz
- Empirische Fakten und Kritikpunkte
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert die pluralistische Demokratietheorie Ernst Fraenkels und untersucht ihre Aktualität im Kontext der heutigen Bundesrepublik Deutschland. Sie befasst sich mit den normativen Grundlagen und Kriterien der Theorie und vergleicht diese mit den empirischen Gegebenheiten der deutschen Demokratie.
- Die Entstehung von Fraenkels pluralistischer Demokratietheorie im Kontext der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus.
- Die Kernelemente von Fraenkels pluralistischer Demokratietheorie, insbesondere seine Betonung der Interessendurchsetzung und die Bedeutung des a-posteriori-Gemeinwohls.
- Die Frage der Aktualität der Fraenkelschen Theorie im Vergleich mit der heutigen Bundesrepublik Deutschland und der Analyse von möglichen Abweichungen oder Anpassungsbedarfen.
- Die Rolle des Pluralismus und der Meinungsvielfalt in einer modernen Demokratie und die Herausforderungen, die sich aus antipluralistischen Tendenzen ergeben.
- Die Bedeutung der empirischen Überprüfung von Demokratietheorien und die Herausforderungen, die sich aus dem Vergleich von normativen Vorgaben und tatsächlichen Zuständen ergeben.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Demokratietheorie und ihre Relevanz ein, insbesondere im Kontext der deutschen Geschichte. Sie stellt Ernst Fraenkel als wichtigen Denker vor und skizziert die Problematik der Aktualität seiner pluralistischen Demokratietheorie.
Kapitel 2 beschäftigt sich mit der Entstehung und den Voraussetzungen von Fraenkels pluralistischer Demokratietheorie. Es beleuchtet Fraenkels Biografie, seine Erfahrungen mit dem politischen System der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus sowie seinen Einfluss durch die pluralistische Demokratie der USA. Des Weiteren wird der Einfluss von Rousseau auf Fraenkels Denken erörtert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Pluralismus, Demokratietheorie, Ernst Fraenkel, Bundesrepublik Deutschland, Weimarer Republik, Nationalsozialismus, Antipluralismus, a-posteriori-Gemeinwohl, Interessendurchsetzung, empirische Überprüfung, normative Vorgaben, aktuelle Herausforderungen.
- Arbeit zitieren
- Benjamin Triebe (Autor:in), 2007, Die pluralistische Demokratietheorie Ernst Fraenkels - eine empirische Überprüfung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78885