Möglichkeiten der Mass Customization im Internet am Beispiel der Mobilfunkbranche


Diplomarbeit, 2007

68 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Vorwort

1 Einleitung
1.1 Gegenstand der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Mass Customization - eine Einführung
2.1 Was ist Mass Customization?
2.2 Charakteristika der Mass Customization
2.3 Besonderheiten der Mass Customization bei Dienstleistungen

3 Die Mobilfunkbranche
3.1 Die Geschichte des Mobilfunks im Überblick
3.2 Der Mobilfunkmarkt im Allgemeinen
3.3 Mobilfunk im Internet

4 Mobilfunk und Mass Customization
4.1 Anwendbarkeit der Charakteristika von Mass Customization im Mobilfunk
4.1.1 Dienstleistung Mobilfunkvertrag
4.1.2 Kostenoption
4.1.3 Differenzierungsoption
4.1.4 Beziehungsoption
4.1.4.1 Informationserhebung bei Erstkauf
4.1.4.2 Aufbau einer dauerhaften Kundenbeziehung
4.2 Kundenkommunikation im Internet
4.2.1 Newsletter
4.2.2 E-Mail
4.2.3 Beschwerdemanagement
4.2.4 Bonusprogramme
4.2.5 personalisierte Websites
4.2.6 Weitere Kundenbindungsinstrumente
4.3 Cross- und Up-Selling-Angebote

5. Fazit und Ausblick

Anhang

Literaturliste

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Die drei Ebenen der Mass Customization

Abb. 2: Der Informationskreis der Mass Customization

Abb. 3: Phasen der Leistungserstellung

Abb. 4: Optionen der Marktbearbeitung

Abb. 5: Handykonfigurator 1

Abb. 6: Handykonfigurator 2

Abb. 7: Tarifrechner 1

Abb. 8: Tarifrechner

Abb. 9: Bonusprogramm bei T-Mobile

Abb. 10: Prämienmöglichkeiten bei Debitel

Abb. 11: Mein E-Plus

Abb. 12: Bestandskunden Tarifrechner

Abb. 13: Kundenbetreuung-Online

Abb. 14: Kundenbindungsinstrumente

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Teilnehmerzahlen und Marktanteile Stand 09/2006

Tabelle 2: Übersicht der Service-Provider

Tabelle 3: Tarife mit 50 Inklusivminuten verschiedener Provider

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vorwort

Der Verfasser arbeitet seit langer Zeit ebenfalls im Mobilfunk (jedoch im stationären Einzelhandel) und kommt dementsprechend mit den hier angesprochenen Dingen regelmäßig in Kontakt. Daher kann vieles aus seiner langjährigen Erfahrung beschrieben werden. Die Tätigkeit bei einem der vier Mobilfunkbetreiber ermöglicht sicherlich einen näheren Blick hinter die Kulissen, der allerdings aus Gründen des Betriebsgeheimnisses hier unterbleibt.

Da der Verfasser selber einen Vertrag bei dem Netzbetreiber hat, werden die Ausführungen zum Thema „personalisierte Website“ mit Beispielen und Grafiken aus seiner eigenen so genannten „Kundenbetreuung-Online“ veranschaulicht. Zu den Kundenservice- n der anderen Netzbetreiber und Service-Provider wurden leider keinerlei Zugriffsmöglichkeiten in Form von Testzugängen von den Mobilfunkanbietern gegeben. Sensible Daten, die hierbei dem Datenschutz unterliegen, sind vom Verfasser, sofern notwendig, unkenntlich gemacht worden.

Herten, im Januar 2007

Olaf Schulz

1 Einleitung

1.1 Gegenstand der Arbeit

War es für Henry Ford noch relativ einfach ein revolutionäres Fertigungskonzept zu entwickeln, müssen sich Anbieter und Produzenten heutzutage immer neuere Methoden ausdenken, um ihre Produkte vermarkten zu können. Jeder Anbieter muss sich gegen seine Konkurrenten durch besondere Angebote absetzen. Sei es durch kostenlose Abgabe zusätzlicher Produkte oder durch kostengünstiges Anpreisen seiner Waren. Zugleich müssen Unternehmen erkennen, dass sich ihre Produkte immer weniger von den Angeboten der Konkurrenz unterscheiden. Außerdem sind immer mehr Konsumenten bereit, diese Produkte durch gleichwertige, aber preisgünstigere Angebote zu substituieren.

Heutige Unternehmen müssen stets mit neuen Innovationen am Markt aufwarten und dabei mit immer kürzer werdenden Lebenszyklen ihrer Produkte rechnen. Ein zusätzlicher Trend ist, dass Konsumenten ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse immer mehr in den Produkten wieder gespiegelt haben möchten. Mit diesen Tendenzen müssen sich auch die Anbieter im Bereich des Mobilfunks auseinandersetzen.

Eine viel versprechende Option, diesem Trend entgegen zu wirken und sich von der Masse abzusetzen, scheint vielen Unternehmen die Mass Customization zu sein. Wird die Strategie der Mass Customization bei materiellen Gütern oft diskutiert und in die Tat umgesetzt, wird die Individualisierung bei Dienstleistungen selten gesehen. Doch auch hier bieten sich den Anbietern Möglichkeiten der Nutzung dieses Konzeptes. Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien ermöglichen nicht nur eine Individualisierung von Gütern, sondern auch die individuelle Gestaltung von Kundenkommunikation und Kundenbeziehungen - gegebenenfalls auch des kompletten Marketing Mixes.1 Auch die Entwicklung des Internets schafft diesbezüglich neue Möglichkeiten.

Inwieweit sich Mass Customization für Anbieter der Mobilfunkbranche besonders mit Hilfe des Mediums Internet eignet und wie die Forderungen des Konzeptes hier umgesetzt werden können, soll in dieser Arbeit behandelt werden. Dabei wird nicht explizit an dem Beispiel eines Mobilfunkbetreibers gearbeitet, sondern die Branche im Allgemeinen betrachtet.

1.2 Aufbau der Arbeit

Dieses Kapitel soll dem Leser einen Überblick über den Aufbau der Arbeit vermitteln. Die Arbeit besteht aus 5 Kapiteln, welche im folgenden kurz dargestellt werden.

Nach einer bereits erfolgten Einführung (Kapitel 1) werden in Kapitel 2 zunächst Grundlagen geschaffen, die für die Arbeit von Bedeutung sind. Dem Leser in diesem zweiten Abschnitt eine Definition des Begriffs Mass Customization gegeben (Kapitel 2.1). Im Anschluss daran werden die charakteristischen Merkmale der kundenindividuellen Massenfertigung herausgearbeitet (Kapitel 2.1). Im Anschluss daran wird auf Besonderheiten der Mass Customization bei Dienstleistungen eingegangen (Kapitel 2.2).

In einem dritten Kapitel erhält der Leser einen Überblick über die Mobilfunkbranche in Deutschland. Hier wird auf die Historie des Mobilfunks (Kapitel 3.1) sowie Gestaltung des Mobilfunkmarktes im Allgemeinen (Kapitel 3.2) eingegangen. Zudem wird bereits kurz auf das Internet und seine Anwendung in der Mobilfunkbranche eingegangen (Kapitel 3.3).

Das vierte Kapitel stellt dann die Verbindung der Abschnitte 2 und 3 dar. Hier werden Maßnahmen vorgestellt, die dem Mobilfunkanbieter die Möglichkeit der Mass Customization im Internet bieten. Zunächst wird Anwendbarkeit der in Kapitel 2 herausgearbeiteten Charakteristika der kundenindividuellen Massenfertigung auf die Dienstleistung Mobilfunkvertrag erörtert (Kapitel 4.1). In einem nächsten Schritt wird ein besonderes Augenmerk auf die Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Kunde und Anbieter geworfen, die das Internet bietet (Kapitel 4.2). In Abschnitt 4.3 wird zusätzlich auf so genannte Up- und Cross-Selling Potentiale eingegangen, die Mass Customization im Mobilfunkbereich bietet.

In Kapitel 5 wird schließlich darauf eingegangen, inwieweit die Mobilfunkanbieter die Möglichkeiten der Mass Customization im Internet ausgeschöpft haben. Ein Ausblick auf den Mobilfunkmarkt in näherer Zukunft wird letztendlich als Abschluss der Arbeit gegeben.

2 Mass Customization - eine Einführung

2.1 Was ist Mass Customization?

Der Begriff „Mass Customization” wird in der Literatur auf verschiedene Weise interpretiert und definiert. Um eine einheitliche Begriffsauffassung zu haben, muss erläutert werden, wie „Mass Customization“ im Rahmen dieser Arbeit aufgefasst wird.

Der Begriff „Mass Customization“ wurde erstmals benutzt von Stanley Davis 1987: „Mass Customization of markets means that the same large number of customers can be reached as in a mass markets of industrial economy, and simultaneously the can be treates individually as in customized markets of pre- industrial economies.”2.

Es handelt sich um einen zusammengesetzten Begriff. Er beinhaltet die gegensätzlichen Begriffe „Mass Production“ (Massenproduktion) und „Customization“ (auf Kundenbedürfnisse ausgerichtete bzw. kundenindividuelle Produktion). Ein Prinzip der Massenproduktion liegt in der Standardisierung der Produkte, so dass eine große Anzahl mit relativ geringen Kosten produziert werden kann. Im Gegensatz dazu steht die kundenindividuelle Produktion. Im Extremfall wird hier lediglich die Losgröße 1 produziert - also ein Unikat. Mass Customization wird häufig übersetzt mit „maßgeschneiderte Massenfertigung“. Diese Übersetzung jedoch ist zu eng an die Bekleidungsindustrie angelegt. Zudem bezieht sich dieser Begriff vorrangig auf Sachleistungen bzw. materielle Güter. Besser ist die Bezeichnung „kundenindividuelle Massenproduktion“. Mass Customization „ist ein Fertigungskonzept, in dem einerseits die Vorzüge der Massenproduktion (wie Skaleneffekte, Erfahrungskurvenvorteil, Automatisierung) genutzt werden, andererseits dem wachsenden Wunsch des Kunden nach Individualisierung seines Produktes Rechnung getragen wird.“3

In dieser Arbeit wird der Begriff „Mass Customization“ gemäß der Definition nach Piller verwendet:

„Mass Customization (kundenindividuelle Massenproduktion) ist die Produktion vom Gütern und Leistungen für einen (relativ) großen Absatzmarkt, welche die unterschiedlichen Bedürfnisse jedes einzelnen Nachfragers dieser Produkte treffen, zu Kosten, die ungefähr denen einer massenhaften Fertigung eines zugrunde liegenden Standardprodukts entsprechen. Die Informationen, die im Zuge des Individualisierungsprozesses erhoben werden, dienen dem Aufbau einer dauerhaften, individuellen Beziehung zu jedem Abnehmer.“4

2.2 Charakteristika der Mass Customization

In der „neuen, informationsbasierten Wirtschaft“ kann eine Ablösung der Massenproduktion durch eine auf die individuellen Wünsche und Bedürfnisse eines einzelnen Nachfragers ausgerichtete Leistungserstellung als ein wesentliches Merkmal angesehen werden.5 In diesem Sinne kann Mass Customization als eine Konkretisierung dieser „neuen Wirtschaft“ gesehen werden.

So gibt Mass Customization eine Antwort auf zentrale wettbewerbsstrategische Herausforderungen:

„1. Die zunehmende Dynamik wirtschaftlichen Handelns mündet in immer mehr Branchen in einem Beschleunigungs- und Innovationswettbewerb, der eine ständige Anpassung des Leistungsprogramms erfordert und eine langfristige Planung in vielen Fällen unmöglich macht.
2. Der Trend zum Erlebniseinkauf, die steigende Zahl an Single-Haushalten, Designorientierung und vor allem ein neues Qualitäts- und Funktionalitätsbewusstsein, das langlebige und verlässliche Produkte fordert, die genau spezifischen Vorstellungen eines Abnehmers entsprechen, stellen die Anbieter heute auch in klassischen Massenmärkten vor die Herausforderung einer individuellen Kundenansprache und vor allem einer kundenspezifischen Leistungserstellung (...).
3. Der steigende internationale Wettbewerbsdruck führt dazu, dass heute in
den meisten Branchen nicht mehr das Beherrschen eines Positionsvorteils ausreicht, sondern vielmehr eine Spitzenposition auf allen relevanten Aktionsfeldern erlangt werden muss: (...).“6

Genau hier setzt Mass Customization an: ein langfristiges Angebot von Produkten und Leistungen zu Preisen, die denen von standardisierten Massenprodukten annähernd entsprechen.

Um dieses zu erreichen bedarf es im Rahmen einer hybriden Wettbewerbsstrategie dem Zusammenspiel von Differenzierungs- und Kostenoption. Dies bedeutet, dass die Vorteile der Massenproduktion in Bezug auf die Kosten mit denen der Einzelfertigung bezüglich der Individualität verbunden werden. Die Ebenen der Mass Customization werden in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Die drei Ebenen der Mass Customization7

Differenzierungsoption

Die Differenzierungsoption besteht in der Erstellung individueller Produkte und Leistungen. Gemäß Lancasters Konsumtheorie wird davon ausgegangen, dass sich das ökonomische Verhalten der Marktteilnehmer vollständig an den Merkmalsausprägungen der auf dem Markt angebotenen Varianten eines Gutes orientieren. Man stellt sich vor, dass jedem Objekt eine Reihe von objektiven Charakteristika anhaften, die den Kaufentscheid der Individuen beeinflussen. Die Präferenzen hinsichtlich der Kombinationen dieser Charakteristika führen schließlich zu einer Präferenzstruktur zwischen den einzelnen Varianten eines Gutes.

„Im Rahmen der Individualisierung eines Produkts werden die Eigenschaften, welche die Präferenzen des Abnehmers bestimmen, entsprechend dessen Präferenzstruktur verändert. Hieraus ergibt sich eine höhere Attraktivität der kundenindividuell massengefertigten Produkte.“8

Kostenoption

Ziel der Kostenoption ist es, individuelle Produkte zum Preis von vergleichbaren Massenprodukten anzubieten. Kostensenkungen können sich beispielsweise dadurch ergeben, dass Überproduktionen verhindert werden können (Stichwort „Produktion auf Verdacht“). Hierdurch sind auch keine Sonderaktionen mehr notwendig, um etwaige Überproduktionen abzubauen. Zudem erlaubt auch das höhere Kundenbindungspotential sinkende Kosten. Allerdings verursacht Mass Customization nicht nur sinkende Kosten, sondern u.a. in der steigenden Komplexität der Leistungserstellung erhöhte Aufwendungen.

„Die kundenindividuellen Varianten erhöhen die Anzahl der verwendeten Teile in der Produktion und reduzieren die Größe der Fertigungslose, so dass sich oft instabile, häufig wechselnde Produktionsprozesse ergeben. Dies fordert flexible Fertigungskonzepte, die ihrerseits für eine erhöhte Komplexität des Fertigungssystems sorgen.“9

Mass Customization wirkt dieser steigenden Komplexität mit einer konsequenten Modularisierung entgegen, so dass eine geringe interne Varietät mit einer hohen externen verbunden werden kann.10

Beziehungsoption

Weitere zunehmende Kosten liegen in der hohen Intensität von Information und Kommunikation. Um kundenindividuelle Produkte und Dienstleistungen anbieten zu können, bedarf es einer Interaktion zwischen Anbieter und Abnehmer. Diese Aufgabe dem Handel zu übertragen, ist unökonomisch, was bedeutet, dass eine direkte Kommunikation zwischen Anbieter und Abnehmer im Sinne eines Direktvertriebs ohne Einschaltung des Handels bei der individuellen Produktion vorteilhaft ist.11

Eine ausgiebige und beständige Kommunikation zwischen Anbieter und Abnehmer schafft eine enge Beziehung, was für den Mass Customizer einen Vorteil bringt. Einem Konkurrenten müsste der Abnehmer, um vergleichbare Produkte oder Dienstleistungen zu beziehen, zunächst einmal die gleichen Informationen zur Verfügung stellen, wie dem „Erstanbieter“. Dieses ist mit Zeitaufwand verbunden. Mit andauernder Kommunikation zwischen den Parteien lernt der Anbieter ständig mehr über die Bedürfnisse und Wünsche seines Kunden. So entsteht eine Lernbeziehung (Learning Relationship)12. Unter anderem ermöglicht dies eine Kundenbindung, die für alle Unternehmen ein immer wichtigerer Erfolgsfaktor wird. Um diese Lernbeziehung zu verdeutlichen, sollen die Prozesse kurz in einem Informationskreis dargestellt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Der Informationskreis der Mass Customization13

Begonnen wird beim Kunden, welcher konkrete Wünsche und Bedürfnisse hat. Bei einem Erstkauf kommt es zu einer ersten Informationserhebung. Dies geschieht meist in Verbindung mit so genannten Konfiguratoren. Eventuell kann in diesem Schritt bereits ein Abgleich mit der Produktionsplanung durchgeführt werden, um dem Kunden einen etwaigen Liefertermin für seine Ware mitzuteilen. Sind alle individuellen Wünsche berücksichtigt bzw. die Bestellung abgeschlossen, geht das Produkt in die Fertigung (unter Einbeziehung von Zulieferern etc.) und nach Erstellung zur Auslieferung. Damit ist der Informationskreis aber noch nicht geschlossen. Es folgt die Nachkaufphase, in der für den Anbieter die Pflege der Kundenbeziehung an erster Stelle liegt. Hierzu gehört unter anderem, dass der Anbieter während der Gebrauchsphase weitere Kundeninformationen erhebt. Die erhaltenen Daten müssen dazu genutzt werden, Folgebestellungen einfacher und noch kundenindividueller gestalten zu können.

„Der Informationskreis der Mass Customization endet so nicht wie im klassischen Geschäft mir der Auslieferung des Produkts bzw. der Erbringung der Leistung, sondern bildet einen kontinuierlichen, sich ständig verbessernden Prozess.“14

Der Information kommt bei der Mass Customization eine sehr hohe Bedeutung zu. Da es durch die Entwicklung neuer Kommunikationstechnologien wie dem Internet vereinfacht wurde, die benötigten Informationen zu erlangen, ist in den letzten Jahren festzustellen, dass die Anzahl an Mass Customizern gestiegen ist. Piller spricht bei der Mass Customization gar von einer Killerapplikation im E-Business.15

Zusammenfassend lassen sich folgende Eigenschaften und Charakteristika herausstellen:

- Mass Customization kann heißen, dass jedes gefertigte Produkt ein einmaliges Unikat (Losgröße 1) ist, kann aber auch heißen, dass ein homogenes Produkt massenhaft gefertigt und nachträglich vom Kunden selbst angepasst wird.
- Mass Customization zielt auf einen großen Absatzmarkt, dessen Kunden sich bezüglich ihrer Wünsche an bestimmte Eigenschaften des jeweiligen Produkts unterscheiden. Die Marktgröße ist dabei relativ zu sehen: In der Bekleidungsindustrie kann der relevante Markt viele Millionen Menschen umfassen. Für den Hersteller eines Fertighauses ist schon ein Markt von einigen hundert Abnehmern ein großer Massenmarkt.
- Dass der Preis, zu dem das kundenindividuelle Produkt am Markt angeboten wird, ungefähr dem Preis eines vergleichbaren Standardgutes entspricht, wird durch effiziente Fertigung und kostenoptimalen Vertrieb der Produkte erreicht.
- Der erste Schritt eines Mass-Customization-Geschäfts ist somit immer die Erhebung der Kundenwünsche und deren Überführung in eine konkrete Produktspezifikation, das kundenindividuelle Produkt. Dieser Vorgang muss für den Kunden so einfach wie möglich ablaufen - ohne die Umstände, die sonst oft mit der Bestellung individuell maßgeschneiderter Waren und Leistungen notwendig ist.
- Massenfertigung und Mass Customization schließen sich nicht gegenseitig aus. Ein Mass Customizer kann durchaus weiterhin Standardversionen eines Produkts für einen homogenen Massenmarkt fertigen und gleichzeitig eine kundenindividualisierte Version des Produkts anbieten.

2.3 Besonderheiten der Mass Customization bei Dienstleistungen

Wie bereits erwähnt bezog sich Mass Customization bisher in erster Linie auf materielle Güter und weniger auf (Dienst-)Leistungen. Diese gewinnen aber immer mehr an Bedeutung, was man unter anderem daran sieht, dass heutzutage von einer Dienstleistungsgesellschaft gesprochen wird.

Bevor auf Besonderheiten der Mass Customization bei Dienstleistungen eingegangen werden kann, muss geklärt werden, wann von Dienstleistungen gesprochen werden kann. Haese16 spricht in seiner Arbeit von drei als konstitutiv erachteten Eigenschaften für Dienstleistungen17:

- Immaterialität
Die „Produktion“ einer Dienstleistung beginnt erst nach dem Kauf, so dass der Verkäufer zunächst lediglich ein Leistungsversprechen anbieten kann. Dieses Versprechen ist immaterieller Art. Die Immaterialität kann ggf. durch die so genannte Veredlung (z.B. Speicherung von Daten auf Datenträgern) aufgehoben werden. Somit wäre die Dienstleistung auch lagerfähig.
- Integration eines externen Faktors
Die Dienstleistung selber wird an einem externen Faktor verrichtet (z.B. bei einem Friseurbesuch am Kunden selber oder bei einer Reinigung am zu reinigenden Gegenstand). Schon durch diese Einbeziehung des externen Faktors ist jede Dienstleistung in einem gewissen Grad individuell.
„Beispiele für Dienstleistungen, die nicht nur individuell sind, sondern auch individualisiert werden können, sind z.B. Individualreisen, Finanzdienstleistungen oder Beratungsleistungen. Individualisierte Dienstleistungen sind dadurch gekennzeichnet, dass der Nachfrager sie durch eine Spezifikation an seine Bedürfnisse oder Wünsche anpasst. Dies kann beispielsweise durch das individuelle Zusammenfügen einzelner Komponenten oder Module geschehen.“18
- Produktionsprozess in zwei Phasen
Dienstleistungen haben eine zweiphasige Erstellung, welche in Abbildung 3 grafisch dargestellt ist. In der Phase der Vorkombination wird eine Leistungserstellungsbereitschaft hergestellt. Dieses geschieht ohne Einbeziehung eines externen Faktors. Erst in der Endkombination wird mittels des integrierten Faktors das eigentliche Leistungsergebnis erzielt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Phasen der Leistungserstellung19

Jedes Merkmal allein betrachtet reicht nicht aus, um Dienstleistungen eindeutig zu beschreiben. Sie sollen jedoch für die Ausführungen dieser Arbeit ausreichen. Inwiefern die Angebote der Mobilfunkbranche als Dienstleistungen eingeordnet werden können wird in Kapitel 4 ausgeführt.

Einige Anbieter individualisieren ihre Güter und Produkte durch zusätzlich angebotene Dienstleistungen. Durch diese so genannten Services oder Sekundärdienstleistungen (Dienstleistungen, die nicht selbst das Absatzobjekt darstellen20 ) soll das eigene Angebot von dem der Mitanbieter abgegrenzt werden (Differenzierung). Die Gefahr, die sich für einen solchen Anbieter ergibt, ist, dass er in eine so genannte Service-Falle gerät.21 Zusatzdienstleistungen, die ehemals zur Differenzierung gegenüber Konkurrenzprodukten beigetragen haben, werden hervorgerufen durch steigende Kundenwünschen zu verbindlichen Dienstleistungen, da sie von den Mitanbietern kopiert werden. Es ergibt sich eine Spirale, die zusätzliche Kosten mit sich zieht. Ein Ausweg aus dieser Falle ergibt sich durch den Aufbau einer dauerhaften Kundenbindung im Sinne der zuvor erläuterten Beziehungsoption.22 Somit lässt sich die Mass Customization nicht nur auf die Leistungserstellung, sondern auch auf die Kundenbeziehung anwenden.

Die Marktbearbeitung und damit auch die Kundenbeziehung kann mit Hilfe der beiden Dimensionen Individualisierungsgrad der Leistung und Individualisierungsgrad der Anbieter-Nachfrager-Beziehung wie folgt unterteilt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Optionen der Marktbearbeitung23

- Transaction Marketing (standardisierte Marktbearbeitung)

Transaction Marketing ist ausgerichtet - im Sinne eines klassischen Massenmarketings - auf einzelne Transaktionen. Hierfür bedarf es lediglich einer geringen Interaktion mit dem Kunden und wenig Integration des Kunden.

- Customized Marketing (Produktindividualisierung)

Beim Customized Marketing findet im Gegensatz zum Massenmarketing durch die hohe Integration des Kunden in den Leistungserstellungsprozess eine individuelle Leistungserstellung statt.

- Beziehungsmarketing (Relationship Marketing)

Beziehungsmarketing hat zum Ziel, langfristige Beziehungen zwischen einem Unternehmen und wichtigen Partnern (Lieferanten, Vertriebspartnern, Kunden) aufzubauen, von denen beide n profitieren.

„Der kluge Marketer hat sich schon immer bemüht, mit den Kunden, Absatzmittlern, Händlern und Zulieferern eine langfristige, vertrauensvolle und für beide n vorteilhafte Beziehung aufzubauen. Dies wird erreicht, indem man dem Austauschpartner beständig und zuverlässig qualitativ hochwertige Produkte anbietet und liefert, guten Kundendienst leistet und angemessene Preise fordert. Eine derartige Beziehung bringt eine Stärkung der wirtschaftlichen, technischen und sozialen Bande zwischen den Angehörigen von zwei Organisationen mit sich.“24

- Individualmarketing (kundenindividuelle Marktbearbeitung, One-to-One Marketing)

Individualmarketing bedeutet angesichts des Wechsels weg vom Massenmarketing hin zum Individualmarketing die individuelle Ansprache von Zielgruppen mit ganz speziellen Produkten, die genau auf die Zielgruppe zugeschnitten sind.

Für diese Arbeit entfällt der Bereich des Transaction Marketing, da hier keinerlei Individualisierung vorliegt. Die Möglichkeiten für den Bereich des Mobilfunks, die in den anderen Abgrenzungen der Marktbearbeitung liegen, werden zu einem späteren Zeitpunkt genau erörtert. Zusammenfassend lässt sich jetzt jedoch schon sagen, dass einen Individualisierung ohne die Einbeziehung des Kunden im Sinne einer Interaktion und damit einer Kommunikation undenkbar ist. Die Vorteile die aus einer solchen Interaktion gezogen werden können sind ebenfalls Bestandteil späterer Kapitel.

3 Die Mobilfunkbranche

3.1 Die Geschichte des Mobilfunks imüberblick

In Deutschland wurde das erste Mobiltelefonat am 20. Juni 1953 anlässlich der Münchner Verkehrsaustellung durchgeführt. Das waren die ersten Testdurchläufe des deutschen A-Netzes, das 5 Jahre später für kommerzielle Zwecke offen stand. Allerdings waren die Mobiltelefongeräte noch sehr schwer (ca. 16 kg) und sehr teuer (ca. DM 8000).

1957 wurde in Deutschland das erste Mobilfunknetz in Betrieb genommen - das so genannte A-Netz. Hier wurde noch „handvermittelt“ durch eine „Dame vom Amt“. Deutschland war in 137 Rufzonen unterteilt. Wollte man also einen Mobilteilnehmer erreichen, so musste man genau wissen, in welcher geographischen Rufzone er sich befand. Sollte sich der Angerufene nicht in der vermuteten Rufzone aufhalten, so hatte man Pech und konnte nicht verbunden werden. Hat der Mobiltelefonierer die Zelle verlassen, war damit auch automatisch der Ruf beendet. Das A-Netz zählte insgesamt 850 Teilnehmer und wurde 1977 abgeschaltet.

Die nächste Generation der analogen Mobilfunknetze - das so genannte B-Netz - wurde 1972 eingeführt. Jetzt war keine Vermittlung mehr notwendig. Der Teilnehmer konnte jetzt selber wählen und direkt angerufen werden. Die Einschränkung bezüglich der Rufzone galt allerdings immer noch. Ein Handover zwischen den Rufzonen war noch immer nicht möglich. Da auch im B-Netz die Geräte noch sehr groß und sehr schwer waren, kamen sie hauptsächlich in Fahrzeugen zum Einsatz. Abgesehen davon war die Teilnehmerkapazität des B-Netz sehr beschränkt! Das deutsche B-Netz zählte insgesamt bis zu 27.000 Teilnehmer.

In den 80er Jahren entstanden in Europa sehr viele dieser zueinander inkompatiblen Mobilfunksysteme. Bereits im Jahr 1979 wurde der Frequenzbereich um 900 MHz für ein neues Mobilfunksystem festgelegt. 1982 wurde ein Arbeitsgruppe vom CEPT (Conférence Européenne des Postes et Télécommunications) eingesetzt. Diese kurz GSM (=Groupe Spéciale Mobile) genannte Gruppe hatte die Aufgabe, ein europäisches Mobilfunksystem zu erarbeiten. Später stand GSM für das Global System für Mobile Communications. Die GSM erarbeitete die Spezifikation, baute das Test-Netz auf und testet die ersten Prototypen. Im Jahr 1987 einigte man sich auf die digitale Technik, die noch heute mit leichten Änderungen in den D-Netzen eingesetzt wird. In einer dreijährigen Arbeit wurde die Spezifikation überarbeitet und aktualisiert.

1992 gingen 13 Netze in 7 Ländern an den Start. Darunter auch die beiden D-Netze von T-Mobil und Mannesmann (heute Vodafone). Die GSM-Technik, zuverlässig und technisch ausgereift, verbreitete sich schnell erfolgreich über die ganze Welt. Bereits 1993 hatten alle GSM-Mobilfunknetze über eine Millionen Teilnehmer. Ende 2000 sind es etwa 400 Millionen in 370 Netzen in mehr als 140 Ländern gewesen. Im Jahre 1990 wurde zusätzlich der Frequenzbereich um 1800 MHz für GSM reserviert. Auf Basis der GSM-900-Spezifikation wurde DCS-1800 (Digital Cellular System 1800) entwickelt. Die durchdachte Technik, das große Interesse ns der Industrie und die vielen Netzbetreiber führten schließlich zu günstigen Preisen bei Endgeräten und Tarifen. Somit wurde das mobile Kommunikationsvergnügen auch für Normalnutzer erschwinglich. GSM wurde ständig weiterentwickelt. Es kamen weitere Leistungsmerkmale, wie z.B. Anklopfen, Faxübertragung und Datendienste hinzu.

Zum 1. August 2000 wurde die GSM-Standardisierung dem 3GPP (3rd Generation Partnership Projects) übergeben. 3GPP ist eine Kooperation zwischen verschiedenen Standardisierungsbehörden aus Europa, USA und Asien. Das Ziel dieser Kooperation ist die Standardisierung der Mobilfunksysteme der 3. Generation und somit dem bekannten UMTS. Dieser Standard ermöglicht weitere Dienste wie z.B. zwischenmenschliche Kommunikation in Form von Videotelefonie, schnelle Internetzugänge und sogar Fernsehen auf dem Handy. Durch UMTS verschmelzen Internet und Mobilfunk weiter miteinander. Die Bundesrepublik Deutschland hat bei der Versteigerung der UMTS-Frequenzen im Jahre 2000 ca. 49 Milliarden Euro eingenommen.

Trotz der hohen Erwartungen, die die Mobilfunkanbieter in den neunen Standard gesetzt haben, lief UMTS in Deutschland sehr schleppend an. Zum einen lag das am Netzausbau, welcher auch heute noch lange nicht flächendeckend ist, zum anderen an fehlenden Endgeräten. Erst 2004 ging das erste UMTS-Netz in Deutschland an den Start. Mittlerweile kommt Bewegung in die Sache. Durch Datenkarten für Laptops und entsprechende Flatrate-Tarife werden vermehrt UMTS-Datendienste an den Kunden gebracht. Von der Euphorie im Jahr 2000 ist jedoch nur Ernüchterung geblieben.

[...]


1 Vgl. Arbeitskreis „Marketing in der Investitionsgüterindustrie“ (1977), S. 54

2 vgl. Davis, Stan (1987), S. 169

3 siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Mass_Customization

4 Piller, Frank T.(2001), S. 206

5 vgl. z.B. bei Choi/ Stahl/ Whinston 1997, S. 235; Kotler 1989, S. 13; Smith/ Bailey/ Brynjolfsson 2000, S. 23

6 Reichwald, Ralf/ Piller, Frank T. (2002), S. 361

7 vgl. u.a. Piller, Frank T. /Meier, R. (2001), S.3

8 Reichwald, Ralf/ Piller, Frank T. (2002), S. 362

9 Reichwald, Ralf / Piller, Frank T. (2002), S. 363

10 vgl. Büttgen, M./ Ludwig, M. (2001), S. 14 f.

11 vgl. Picot (1986), 414 und Schnäbele (1997), 236

12 vgl. Pine/ Peppers/ Rogers (1995), S.103

13 Reichwald, Ralf/ Piller, Frank T. (2002), S. 366

14 Reichwald, Ralf/ Piller, Frank T. (2002), S. 365

15 vgl. Piller, Frank T. (2001b), S. 74

16 Haese spricht bei der Mass Customization für immaterielle Güter und Dienstleistungen von rationeller Individualisierung.

17 vgl. Haese, Christian (1999) S. 7-9; zur Definition von Dienstleistungen vgl. auch Kotler/ Bliemel (1999), S.723 ff.

18 Haese, Christian (1999), S. 10

19 in Anlehnung an Hildebrand, Volker G. (1997), S. 33

20 Im Gegensatz dazu handelte es sich bei Primärdienstleistungen um Dienstleistungen, die das Absatzobjekt sind (z.B. bei einem Reisebüro).

21 vgl. Piller, Frank T./Meier, Roland (2001), S. 4

22 vgl. Kapitel 2.2 „Charakteristika der Mass Customization“

23 Hildebrand, Volker G. (1997),S. 41

24 Kotler, Philip/ Bliemel, Friedhelm (1999), S.13

Ende der Leseprobe aus 68 Seiten

Details

Titel
Möglichkeiten der Mass Customization im Internet am Beispiel der Mobilfunkbranche
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
68
Katalognummer
V79002
ISBN (eBook)
9783638786478
ISBN (Buch)
9783638795937
Dateigröße
3201 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Möglichkeiten, Mass, Customization, Internet, Beispiel, Mobilfunkbranche
Arbeit zitieren
Diplom Kaufmann Olaf Schulz (Autor:in), 2007, Möglichkeiten der Mass Customization im Internet am Beispiel der Mobilfunkbranche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79002

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