Die anglophone afrikanische Literatur hat in den vergangenen Jahren in der anglistischen Literaturwissenschaft zunehmend an Bedeutung gewonnen. Durch die Bildung eines eigenen literarischen Kanons ist sie zugleich maßgeblich daran beteiligt, den bestehenden anglistischen Literaturkanon zu erweitern und mitzuprägen. Einen Eckpfeiler dieser Entwicklung stellt der weltweit mit Abstand meistgelesene afrikanische Roman Things Fall Apart dar, dessen Verfasser Chinua Achebe gemeinhin als Vater des afrikanischen Romans bezeichnet wird.
In Achebes Romanen spielen die Konzepte und Konstrukte bezüglich des Selbst und des Fremden eine zentrale Rolle. In dieser Arbeit möchte ich daher der Frage nachgehen, in welcher Form das Selbst und das Fremde in seinen bisher fünf veröffentlichten Romanen dargestellt wird. Verbunden mit dem Thema dieser Arbeit sind folgende Fragestellungen zu verfolgen: Aus welcher Perspektive wird die eigene Kultur vor der Ankunft der Europäer gegen Ende des 19. Jahrhunderts (und danach) dargestellt? Wie werden hingegen die Europäer wahrgenommen? Welche Konsequenzen hat diese Begegnung für die Traditionen und Werte der Igbo? Wie steht es um die kulturelle und nationale Basis eines Nigeria kurz vor seiner Unabhängigkeit und mit welchen Mitteln lässt sich der postkoloniale afrikanische Staat darstellen? Anlehnend an Simon Gikandis Analyse von Achebes Romanen soll zugleich untersucht werden, inwiefern Achebes Erzählstrategien Identität widerspiegeln.
Achebes Romanwerk eignet auch deshalb besonders für die Analyse dieser zentralen Fragen afrikanischer Identität, da er die Geschichte – im doppelten Sinne – und die Kultur seines Landes (und im Besonderen die der Igbo) zum Gegenstand macht. In seinen ersten drei Büchern richtet er sein Hauptaugenmerk auf die Rekonstruktion der Vergangenheit seines Volkes in Abgrenzung zu ihrer Darstellung in großen Werken des westlichen Literaturkanons. In seinem Erstlingswerk Things Fall Apart (1958) wird zunächst die Kultur der Igbo unmittelbar vor der Ankunft der Weißen thematisiert. Im Anschluss an die Analyse von Things Fall Apart folgt die Untersuchung von Achebes drittem Roman Arrow of God (1964), der in der Hochphase der britischen Präsenz in Nigeria um das Jahr 1920 spielt. Die Analyse von No Longer at Ease (1960), Achebes zweitem Roman, der den Übergang zum Postkolonialismus gegen Mitte der 1950er Jahre zum Gegenstand hat, wird aus Gründen der Chronologie erst im Anschluss daran behandelt.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- KONSTRUKTIONEN DES SELBST UND DES FREMDEN
- THINGS FALL APART
- Kontext
- Das Selbst
- Temporalität und Verortung
- Darstellung einer pluralistischen Gesellschaft
- Erzählstimme
- Das Sprichwort als kollektive Identitätsquelle
- Okonkwo als Kontrastfigur zu Umuofia
- Das Fremde
- Das Bild über die Fremden vor ihrer Ankunft
- Die Ankunft der Fremden in Abame
- Darstellung und Wahrnehmung der Veränderungen im Klan
- Die Darstellung handelnder weißer Figuren
- Zwischenfazit
- ARROW OF GOD
- Kontext
- Das Selbst
- Erzählstimme
- Die Spaltung Umuaros
- Ezeulus Verhältnis zur Tradition und zum Wandel
- Das Fremde
- Government Hill
- Die Entlarvung der ethnozentrischen Ignoranz des Kolonialherrn
- Die Befriedung primitiver Stämme
- Die Darstellung der Weißen - eine alternative Lesart?
- Die Anderen
- Zwischenfazit
- NO LONGER AT EASE
- Kontext
- Das Selbst
- Das narrative Chaos
- Die UPU als Bindeglied zwischen Tradition und Moderne
- Die Heimkehr des Fremden
- Die Opposition von Tradition und Moderne
- Das Fremde
- Die stereotype Darstellung weißer Charaktere
- Mr. Green und Miss Tomlinson
- Zwischenfazit
- A MAN OF THE PEOPLE
- Kontext
- Erzählstimme
- Tradition und Moderne im postkolonialen Staat
- Die Darstellung des Fremden
- Zwischenfazit
- ANTHILLS OF THE SAVANNAH
- Kontext
- Erzählstimme
- Die Darstellung Sams
- Die Suche nach einer sozialen und nationalen Identität
- Zwischenfazit
- ZUSAMMENFASSUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Darstellung des Selbst und des Fremden im Romanwerk von Chinua Achebe. Sie analysiert, wie Achebe in seinen fünf veröffentlichten Romanen die eigene Kultur vor der Ankunft der Europäer und die Wahrnehmung der Europäer darstellt. Die Arbeit untersucht die Auswirkungen dieser Begegnung auf die Traditionen und Werte der Igbo sowie die kulturelle und nationale Identität Nigerias. Die Arbeit beleuchtet folgende Themen: * **Konstruktion des Selbst und des Fremden**: Die Arbeit untersucht, wie die Kategorien des Selbst und des Fremden in Achebes Romanen definiert und dargestellt werden. * **Kulturelle Identität**: Die Arbeit analysiert, wie Achebe die kulturelle Identität der Igbo vor und nach der Ankunft der Europäer darstellt. * **Koloniale Erfahrung**: Die Arbeit untersucht, wie die koloniale Erfahrung die Identität der Igbo prägt und wie Achebe die Auswirkungen des Kolonialismus auf die afrikanische Kultur thematisiert. * **Postkoloniale Gesellschaft**: Die Arbeit analysiert, wie Achebe die Herausforderungen des postkolonialen Staates Nigeria darstellt. * **Narrative Strategien**: Die Arbeit untersucht, wie Achebes narrative Strategien Identität widerspiegeln und eine alternative Sichtweise auf die afrikanische Geschichte anbieten.Zusammenfassung der Kapitel
Things Fall Apart
In diesem Roman wird die Kultur der Igbo unmittelbar vor der Ankunft der Weißen dargestellt. Die Arbeit analysiert die Darstellung der Igbo-Gesellschaft, ihre Traditionen und Werte sowie die Rolle von Okonkwo als zentrale Figur. Sie beleuchtet die Begegnung mit der europäischen Kultur und die Auswirkungen auf die Igbo-Gesellschaft.Arrow of God
Dieser Roman spielt in der Hochphase der britischen Präsenz in Nigeria und thematisiert die Auseinandersetzung zwischen der traditionellen Igbo-Kultur und der Kolonialmacht. Die Arbeit analysiert die Darstellung der Kolonialherrschaft, die Reaktionen der Igbo auf den Wandel und die Rolle von Ezeulu als spiritueller Führer.No Longer at Ease
Dieser Roman spielt im letzten Jahrzehnt der Fremdherrschaft und behandelt die Herausforderungen, die sich für die Igbo-Gesellschaft aus der Begegnung mit der westlichen Kultur ergeben. Die Arbeit analysiert die Konflikte zwischen Tradition und Moderne, die Ambivalenz der Igbo gegenüber der Kolonialmacht und die Rolle von Obi Okonkwo als Vertreter einer neuen Generation.Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit dem Romanwerk von Chinua Achebe, dessen Schwerpunkt auf der Darstellung von kultureller Identität, Kolonialismus und postkolonialer Gesellschaft liegt. Die wichtigsten Themen der Arbeit sind: Selbst, Fremd, Identität, Kultur, Tradition, Moderne, Kolonialismus, Postkolonialismus, Afrika, Nigeria, Igbo, Erzählstrategie, Literatur.- Citar trabajo
- Sener Saltürk (Autor), 2007, Das Selbst und das Fremde in Chinua Achebes Romanwerk, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79050