RMA, PSMU und Demokratischer Interventionismus als Antinomien des Demokratischen Friedens


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2006

22 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theorie des demokratischen Friedens

3. Antinomien des demokratischen Friedens
3.1 Revolution in Military Affairs (RMA) / Military Technological Revolution (MTR)
3.2 Private Sicherheits- und Militärunternehmen ( PSMU)
3.3 Demokratischer Interventionismus

4. Schlussbetrachtung

5. Quellen

1. Einleitung

Die Grundlage der folgenden Arbeit ist die Theorie des demokratischen Friedens. Die Theorie des demokratischen Friedens ist eine der wichtigsten Theorien der internationalen Beziehungen der letzten 30 Jahre und entfaltet über die Theorie hinaus erhebliche

Wirkungsmacht. Im Kern geht es um die These, dass die Art eines Regimes Rückschlüsse auf sein außenpolitische Aggressivität oder Friedfertigkeit zulässt. Der so genannte „empirische Doppelbefund“ oder „dyadische Separatfrieden“ beschreibt die Tatsache, dass zwar als gesichert gilt, dass Demokratien untereinander keine Kriege führen, dass aber Zweifel bestehen, ob Demokratien gegenüber autoritären Regimen signifikant friedfertiger sind.

Als Erklärung für dieses Phänomen bietet Harald Müller sein Konzept der Antinomien des demokratischen Friedens an. Es „untersucht die Brüche und inneren Widersprüche der Theorien vom demokratischen Frieden“[1].

Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts und den Anschlägen vom 11. September haben sich große Umwälzungen in der Art wie Konflikte im internationalen System ausgetragen werden vollzogen. Die Theorie von den „neuen Kriegen“ beschreibt diese Entwicklung als zunehmend „entstaatlichte, privatisierte und ökonomisierte Formen der Gewaltanwendung im globalisierten Zeitalter jenseits klassischer Staaten- oder Bürgerkriege.“[2]

In Bezug auf Demokratien sind drei Aspekte für diesen Wandel charakteristisch. Die Bedeutung der „Revolution in Military Affairs“ ( RMA) als Inbegriff asymmetrischer Kriegsführung, der Demokratische Interventionismus als spezifisch demokratische Form der Konfliktaustragung, sowie der enorme Bedeutungszuwachs von Privaten Sicherheits-, und Militärunternehmen ( PSMU), als Zeichen einer zunehmenden Ökonomisierung der Kriegsführung. Alle drei Entwicklungen werden in erheblichen Maß von demokratischen Staaten getragen.

Vor dem Hintergrund der Theorie des demokratischen Friedens ist diese Beobachtung auffällig und erklärungsbedürftig. Im Folgenden möchte ich diese Entwicklungen vor dem Hintergrund des Antinomie-Konzepts analysieren, und zeigen, dass allen drei gemeinsam ist, dass sie die zentralen Begründungsmuster der Theorie des demokratischen Friedens außer Kraft setzen oder zumindest schwächen. Es wird deutlich, dass diese Entwicklungen vor allem den Exekutiven in die Hände spielen, die ihren Handlungsspielraum erheblich erweitern.

Eine weitere Erkenntnis ist, dass man die drei Faktoren nicht isoliert betrachten kann, sondern dass es Interdependenzen zwischen Ihnen gibt. Chojnacki/ Deitelhoff bewerten RMA und den Einsatz von PSMU als zwei Voraussetzungen für die zunehmenden Interventionsfreudigkeit demokratischer Staaten.[3] Durch den Einsatz von RMA und PSMU wird in der Öffentlichkeit die Illusion eines schnellen, günstigen und moralischen Krieg geschaffen, welche die Begründungszusammenhänge, die normalerweise eine Kriegsaversion in der Bevölkerung bewirken, aushebelt. Erst diese Voraussetzung eröffnet den Exekutiven die militärische Option.

2. Theorie des demokratischen Friedens

Die Theorie des demokratischen Friedens ist eine der populärsten Theorien der Internationalen Beziehungen. Sie geht aus der liberalen Schule der internationalen Politik hervor. Diese geht von einem Zusammenhang zwischen der inneren Verfasstheit von Staaten und deren außenpolitischen Verhalten aus. Im Gegensatz dazu besitzen nach der realistischen Denkschule vor allem die anarchischen Strukturen des internationalen politischen Systems Erklärungskraft für das außenpolitische Verhalten von Staaten.

Die Theorie des demokratischen Friedens gibt es in zwei Versionen. Die dyadische Version geht davon aus, dass Demokratien nur im Verhältnis zu anderen Demokratien friedfertiger sind, nicht aber gegenüber andersartigen Regimen. Sie ist weitgehend unbestritten. Die monadische Variante hingegen behauptet eine grundsätzliche Friedfertigkeit von Demokratien, unabhängig von ihrem Interaktionspartner.

Die monadische Version fußt grundsätzlich auf der Annahme, dass die Präferenzen der Bürger über direkte oder repräsentative Formen der Partizipation die Außenpolitik einer Demokratie strukturieren. Sie hat vor allem zwei Begründungsansätze. Der normativ- kulturelle geht davon aus, dass die Bürger einer Demokratie die normativen Grundlagen dieser Staatsform internalisieren oder diese natürlicherweise besitzen und somit eine Präferenz für gewaltlose Konfliktaustragung, Mehrheitsentscheidung, Minderheitenschutz, Rechtsstaatlichkeit und liberale Menschenrechte herausbilden.

Der strukturell- institutionalistische Begründungsansatz stellt das rationale, wohlfahrtsorientierte Nutzenkalkül des Bürgers in den Vordergrund. Immanuel Kant formulierte 1795 in seiner Schrift „ Zum ewigen Frieden“:

Nun hat aber die republikanische Verfassung (…) noch die Aussicht in die gewünschte Folge, nämlich den ewigen Frieden; wovon der Grund dieser ist. - Wenn (…) die Beystimmung der Staatsbürger dazu erfordert wird, um zu beschließen, „ob Krieg seyn solle, oder nicht," so ist nichts natürlicher, als daß, da sie alle Drangsale des Krieges über sich selbst beschließen müßten (als da sind: selbst zu fechten; die Kosten des Krieges aus ihrer eigenen Haabe herzugeben; die Verwüstung, die er hinter sich läßt, kümmerlich zu verbessern; zum Uebermaße des Uebels endlich noch eine, den Frieden selbst verbitternde, nie (wegen naher immer neuer Kriege) zu tilgende Schuldenlast selbst zu übernehmen), sie sich sehr bedenken werden, ein so schlimmes Spiel anzufangen.“[4]

Der Bürger, der die Hauptlast des Krieges zu tragen hat, scheut die hohen menschlichen und finanziellen Kosten eines Krieges und setzt seine Aversion gegen den Krieg mithilfe seiner demokratischen Partizipationsrechte durch.

Beide Ansätze ergänzen sich im Idealfall und führen zu einer erhöhten Friedfertigkeit von demokratischen Staaten.

Des Weiteren geht dieser Ansatz von der gewalthemmenden Wirkung des komplexen demokratischen Institutionengefüges und demokratischer Verfahrensweisen aus. Durch Gewaltenteilung, Checks and Balance, die Kontrolle der politischen Entscheidungsträger mittels Wahlen, sowie langwierige Prozesse der Kompromissfindung wird im Konfliktfall eine mögliche Eskalationsspirale in Richtung Krieg ausgebremst und Gesellschaft und Politik die Möglichkeit gegeben, friedliche Lösungen zu finden. Auch die Neigung von Demokratien zu ökonomischer und bündnispolitischer Verflechtung mit anderen Staaten wirkt sich konflikthemmend aus.

Die dyadische Version geht grundsätzlich von denselben Kausalmechanismen aus wie die monadische, versucht jedoch zu zeigen, dass sich die beschriebenen Mechanismen nur in Interaktion mit anderen Demokratien entfalten können.

Wichtig ist hierbei, dass sich Demokratien gegenseitig als solche wahrnehmen und so ein konflikthemmendes Vertrauensverhältnis aufbauen

Die für Demokratien typischen Zivilgesellschaften (Medien, NGO’s, Vereine etc.) sowie . demokratische Rechte wie Presse-, Meinungs-, Rede- und Versammlungsfreiheit sorgen für ein hohes Maß von Transparenz nach innen und außen. Diese gegenseitige Wahrnehmung als friedlicher Akteur senkt beiderseitig das Sicherheitsdilemma, die Bereitschaft zu friedlicher Konfliktaustragung und Kooperation steigt. Autoritäre Regime hingegen werden in Demokratien häufig als Bedrohung und Sicherheitsrisiko wahrgenommen. Die Reaktionen auf die unterstellte Aggressivität, wie z.B. Aufrüstung können die unterstellte Konfliktfreudigkeit zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden lassen, „Gegnerschaft wird dadurch sozial konstruiert“[5]. Es kommt zu einer hochgradig moralisch aufgeladenen Trennung zwischen einem sehr positiv konotierten „ Wir“ und einem moralisch minderwertigen „ Sie“. Dies geht einher mit manichäischen Kategorisierungen wie „ Kampf Gut gegen Böse“ oder „ Die Achse des Bösen“. Am Ende wird durch diese Identitätsbildung und -abgrenzung ein Inklusions-/ Exklusionsprozess eingeleitet, in dessen Konsequenz die autoritären Staaten die demokratischen ebenfalls als Sicherheitsrisiko wahrnehmen[6]. Dies kann dazu führen, dass das Sicherheitsdilemma für autoritäre Staaten verstärkt wird und Aufrüstung für sie zu einer rationalen Entscheidung wird. Hinsichtlich der erheblichen rüstungstechnischen Überlegenheit der westlichen Demokratien[7] verspricht vor allem die vergleichsweise günstige atomare Aufrüstung eine nachhaltige Abschreckungswirkung. Die Konflikte um das iranische sowie das nordkoreanische Atomprogramm verdeutlichen diese Problematik.

Entscheidend bei solchen Dynamiken ist weniger die tatsächliche Friedens- oder Konfliktneigung der politischen Eliten in einem Land, sondern die Erwartungen seines Interaktionspartners über dieselben.

Die dyadische Version gilt als gesichert, die monadische hingegen ist weiterhin umstritten. Beide Theorien haben jedoch gemeinsam, dass Demokratisierung die entscheidende Strategie ist, um Staaten nach innen und vor allem nach außen friedlicher zu machen. Diese Ansicht entfaltet in der Außenpolitik der demokratischen Staaten eine enorme Wirkungskraft, vor allem in jenen mit der Fähigkeit zur Machtprojektion.

[...]


[1] zit. Müller, Harald; 2002; S.46

[2] zit. Chojnacki, Sven; 2003; S.4

[3] vgl. Chojnacki, Sven/ Deitelhoff, Nicole; 2005

[4] Zit. Kant, Immanuel;

[5] zit. Risse-Kappen, Thomas; 1994; S. 176

[6] vgl. Kapitel 3.2 Demokratischer Interventionismus

[7] vgl. Kapitel 3.1 RMA

Fin de l'extrait de 22 pages

Résumé des informations

Titre
RMA, PSMU und Demokratischer Interventionismus als Antinomien des Demokratischen Friedens
Université
University of Potsdam
Cours
Private Sicherheits- und Militärunternehmen
Note
2,0
Auteur
Année
2006
Pages
22
N° de catalogue
V79124
ISBN (ebook)
9783638856768
ISBN (Livre)
9783638854955
Taille d'un fichier
490 KB
Langue
allemand
Mots clés
PSMU, Demokratischer, Interventionismus, Antinomien, Demokratischen, Friedens, Private, Sicherheits-, Militärunternehmen, Privates Militär, Private Sicherheitsdienste, Revolution in military affairs, demokratischer frieden, söldner
Citation du texte
Jan Künzl (Auteur), 2006, RMA, PSMU und Demokratischer Interventionismus als Antinomien des Demokratischen Friedens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79124

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