„Die mögliche Welt des Films und die wirkliche Welt außerhalb des Films sind niemals, unter keinen Umständen, identisch. Sie mögen einander strukturgleich sein, auf denselben Regeln beruhen und eine hohe Ähnlichkeit aufweisen. Immer aber wird da, wo der Film ist, die Wirklichkeit nicht sein. Film und Realität schließen sich gegenseitig immer aus; man könnte geradezu die Wirklichkeit als das definieren, was nicht Film ist.“
Wie kann es also sein, dass es überhaupt den Begriff des Dokumentarfilms gibt, wenn man dieser Aussage Engels folgt? Dokumentarfilm stammt vom lateinischen Wort ‚documentum’ – dieses kann übersetzt werden mit ‚als Beweis dienendes Schriftstück’. Der Begriff Dokumentarfilm weist also auf die ihm zugeschriebene Eigenschaft hin, dass er eine Urkunde dessen ist, was sich zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort tatsächlich ereignet hat.
Dementsprechend wurde Louis Malle’s VIVE LE TOUR! auch bei seiner Ausstrahlung auf ARTE zum 10. Todestag Louis Malles angekündigt: „Vive le Tour - ein echtes Zeitdokument“ .
In dieser Arbeit soll am Beispiel von VIVE LE TOUR! untersucht werden, wie authentisch ein Dokumentarfilm ist - beziehungsweise überhaupt sein kann - und inwiefern er ein Zeitdokument ist oder die Realität verzerrt wiedergibt. Im ersten Schritt soll die Zugehörigkeit von VIVE LE TOUR! zu den Dokumentarfilmen erläutert werden. Ist VIVE LE TOUR! überhaupt ein Dokumentarfilm?
Im zweiten Schritt sollen die konkreten filmischen Gestaltungsmittel analysiert werden im Hinblick auf ihre Beeinflussung der Authentizität des Films.
Welche filmischen Mittel beeinflussen die Authentizität? Und in welcher Weise?
Wie kann VIVE LE TOUR! ein ‚echtes Zeitdokument’ sein, wenn sich ‚Film und Realität immer gegenseitig ausschließen’?
Dies soll in dieser Arbeit eingehend analysiert werden.
Inhaltsverzeichnis
- TEXTTEIL
- 1. Fragestellung
- 2. Zur Methodik dieser Analyse
- 3. VIVE LE TOUR! - ein Dokumentarfilm?
- 4. Das Cinéma Verité der 60er Jahre
- 5. VIVE LE TOUR! - Analyse der 'ästhetischen Mittel' im Hinblick auf ihr Verhältnis zur Authentizität
- 5.1. Der Titel „VIVE LE TOUR!"
- 5.2. Die Einteilung in Kapitel
- 5.3. Die Dramaturgie
- 5.4. Die Montage
- 5.5. Die Kameraführung
- 5.6. Die Bildeinstellungen
- 5.7. Der Off-Kommentar
- 5.8. Die O-Töne
- 5.9. Der Atmo-Ton und die Geräusche
- 5.10. Die Musik
- 6. Das unerreichbare Ideal des Dokumentarfilms
- V. ANHANG: FILMPROTOKOLL
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht am Beispiel von Louis Malles Dokumentarfilm VIVE LE TOUR! das Verhältnis von Authentizität und Subjektivität im Dokumentarfilm. Das Ziel ist es, zu analysieren, wie der Film die Realität widerspiegelt, oder ob er sie verzerrt darstellt und somit ein 'echtes Zeitdokument' sein kann.
- Definition des Dokumentarfilms
- Analyse filmischer Gestaltungsmittel im Hinblick auf ihre Beeinflussung der Authentizität
- Die Rolle des Cinéma Verité im Kontext der Analyse
- Die Frage der Authentizität im Dokumentarfilm
- VIVE LE TOUR! als Beispiel für die Darstellung von Realität und Zeitdokumentation
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit der Klärung der Fragestellung: Wie authentisch kann ein Dokumentarfilm sein und wie verhält sich VIVE LE TOUR! im Kontext dieser Frage? Die Methodik der Analyse basiert auf einem vereinfachten Filmprotokoll, welches die relevanten filmischen Gestaltungsmittel des Films hervorhebt.
Kapitel 3 behandelt die Frage, ob VIVE LE TOUR! überhaupt als Dokumentarfilm einzustufen ist. Anschließend wird der Kontext des Films innerhalb der Strömung des Cinéma Verité der 60er Jahre beleuchtet.
Die Kapitel 5.1 bis 5.10 widmen sich einer detaillierten Analyse der einzelnen filmischen Mittel des Films, wie z.B. den Titel, die Kapitelstruktur, die Dramaturgie, die Montage, Kameraführung, Bildeinstellungen, den Off-Kommentar, die O-Töne, den Atmo-Ton und die Musik, um ihren Einfluss auf die Authentizität zu untersuchen.
Schlüsselwörter
Dokumentarfilm, Authentizität, Subjektivität, Cinéma Verité, VIVE LE TOUR!, Louis Malle, filmische Gestaltungsmittel, Zeitdokumentation, Realität.
- Arbeit zitieren
- Sandrine Mattes (Autor:in), 2007, Im Auge des Betrachters - Der Dokumentarfilm zwischen Authentizität und Subjektivität - am Beispiel von Louis Malles VIVE LE TOUR!, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79146