„Weitaus die illustrativ wertvollste Ausschmückung hat die Berner Niederschrift erfahren. Sie bildet eine selbständige Illustration für sich, die trotz mancher Anlehnung an die frühere Bildertradition und vielleicht sogar unter Benutzung einer heute verlorenen Parzivalausgabe, ihre eigene Auffassung voll und ganz zu wahren gewußt hat.“ So urteilt der Kunsthistoriker Karl Benzinger über die jüngste der illustrierten Parzival-Handschriften, den Codex AA 91 (Sigle Gχ bzw. R), der heute in der Burgerbibliothek in Bern aufbewahrt und zu den so genannten Volkshandschriften gezählt wird. Und tatsächlich lassen sich gewisse Eigenheiten beim Berner „Parzival“ feststellen. So fällt zunächst auf, dass die 28 kolorierten Federzeichnungen von einer feinen Haarlinie vollständig oder auch nur teilweise umrahmt werden. Überdies zeichnet sich der Codex dadurch aus, dass die Dichte der Bebilderung und das Format der Illustrationen mehrfach wechseln. Das Spektrum der Bildformate reicht vom Kolumnenbild über querformatige bis hin zu ganzseitigen Illustrationen, die im letzten Drittel der Handschrift zur Norm werden. Besonders dicht bebilderten Büchern (III. und VI. Buch) stehen Bücher (VII. bis X. und XIII. bis XIV. Buch) gegenüber, die gar nicht illustriert werden. Wie lassen sich nun der ungewöhnliche Illustrationstypus und der auffällige Bebilderungsrhythmus erklären?
Ziel dieser Studienarbeit ist es zu zeigen, wie das Verhältnis von Text und Bild im Berner „Parzival“ definiert ist und welche Aufgabe der Bebilderung dabei zukam. Zu diesem Zwecke sollen die Entstehungsumstände zunächst kurz umrissen werden. Anhand ausgewählter Federzeichnungen sollen die formalen Wesensmerkmale in einer Beschreibung herausgearbeitet und in einen gemeinsamen Kontext mit dem Text gebracht werden. Dabei soll auch das Textverständnis von Schreiber, Illustrator und Rezipienten näher beleuchtet werden, um das Text-Bild-Verhältnis in seiner Bedeutung angemessen erfassen zu können.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Der Codex AA 91
- 2.1. Ausstattung
- 2.2. Entstehung
- 2.3. Rubrikator und Illustrator
- 2.4. Illustrationstypus
- 2.5. Illustrationsrhythmus
- 3. Text und Bild
- 3.1. Verhältnis von Text und Bild
- 3.2. Verhältnis von Text und Rezipient
- 4. Interpretation
- 5. Schlussbetrachtung
- 6. Literatur
- 7. Abbildungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Studienarbeit untersucht das Verhältnis von Text und Bild im Berner „Parzival“, Codex AA 91. Ziel ist es, die Funktion der Bebilderung im Kontext der Entstehungsumstände zu beleuchten. Dabei werden die formalen Wesensmerkmale der Illustrationen herausgearbeitet und in Beziehung zum Text gesetzt. Des Weiteren wird das Textverständnis von Schreiber, Illustrator und Rezipienten betrachtet, um das Text-Bild-Verhältnis in seiner Bedeutung zu erfassen.
- Die Entstehung des Berner „Parzival“ und seine Ausstattung
- Der Illustrationstypus und der Bebilderungsrhythmus
- Das Verhältnis von Text und Bild im Berner „Parzival“
- Die Bedeutung der Illustrationen für das Textverständnis
- Die Rolle des Rezipienten im Text-Bild-Verhältnis
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des Berner „Parzival“ ein und stellt die Zielsetzung der Arbeit dar. Kapitel 2 befasst sich mit dem Codex AA 91, seiner Ausstattung und Entstehung. Es werden die Schreibweise, die Rubrizierung und die Illustrationen des Codex genauer betrachtet. Kapitel 3 untersucht das Verhältnis von Text und Bild sowie das Verhältnis von Text und Rezipient. Dabei werden die formalen Merkmale der Illustrationen in Bezug zum Text und zum Textverständnis von Schreiber, Illustrator und Rezipienten analysiert.
Schlüsselwörter
Berner „Parzival“, Codex AA 91, Text-Bild-Verhältnis, Illustration, Rubrizierung, Handschrift, Volkshandschrift, mittelalterliche Literatur, Rezeption.
- Citation du texte
- Nga Tran (Auteur), 2006, Codex AA 91: Zum Verhältnis von Text und Bild im Berner "Parzival", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79219