Im Jahre 1600 reiste Peter Paul Rubens mit nur 23 Jahren nach Italien, um dort aus erster Hand die berühmtesten Werke der Antike wie der zeitgenössischen Kunst zu studieren. Seine Reise, die acht Jahre dauern sollte, führte ihn unter anderem nach Mantua, wo er in die Dienste des Herzogs Vincenzo Gonzaga trat und schließlich auch nach Rom (1601-1602 und 1606-1608), wo er 1606 den bei weitem begehrtesten Auftrag Roms seiner Zeit erhielt. In einem Brief an Annibale Chieppio, den Sekretär des Herzogs von Mantua, schrieb Rubens: „...als sich die beste und herrlichste Gelegenheit in ganz Rom mir bot, drängte mich mein Ehrgeiz, sie zu ergreifen. Es handelt sich um den Hochaltar der neuen Kirche der Oratorianer namens Santa Maria in Vallicella - zweifellos heute die gefeiertste und meistbesuchte Kirche Roms, direkt im Stadtzentrum, die es in gemeinsamen Bemühen der besten Maler Italiens zu schmücken gilt“.
Die Kongregation der Oratorianer hatte im Zuge des Neubaus am 2. April 1606 beschlossen, dass „auch die Versetzung des Gnadenbildes (‚Immagine della Madonna’), das bis dahin in einer Seitenkapelle nahe der Eingangswand der Kirche verehrt wurde, an den Hochaltar mit einem neu dafür zu schaffenden Gemälde (‚quadro’) erfolgen sollte“ . „Nach Vorlage eines Probebildes blieb Rubens durch Zeichnungen mit den Patres über das Altarbild im Gespräch, so daß [sic!] diese von dessen Aussehen gut informiert gewesen sein müssen.“ Dennoch lehnten sie die am 9. Juni 1607 fertig gestellte Fassung am 30. Januar 1608 ab und erteilten Rubens den Auftrag, das Altarbild „neu zu machen“
Die zweite am 25. Oktober fertige Fassung ist sowohl formal als auch inhaltlich gegenüber dem ersten Altarbild grundlegend verändert, da sie die Darbietungsform eines Bildtabernakels aufgreift, eine Dreiteilung des Altarbildes vornimmt, Schiefer als Malgrund wählt und eine völlig neue Bildauffassung aufweist. Ziel dieser Studienarbeit ist, diese neue Bildauffassung herauszuarbeiten, um daran zu zeigen, welche unterschiedlichen Bildtheologien den beiden verschiedenen Altarbildern zu Grunde gelegt worden sind. Zu diesem Zwecke sollen der Auftrag und die Umstände für die Ablehnung der ersten Fassung näher beleuchtet werden. Nach der Herausarbeitung der formalen Wesensmerkmale der beiden Fassungen, sollen anschießend die inhaltlichen Bildvorstellungen charakterisiert werden. Denn erst dadurch können Rubens’ Altarbilder der Chiesa Nuova vollständig in ihrer Bedeutung erfasst werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- Der Auftrag an Rubens
- Die Ablehnung der ersten Fassung
- Die erste Fassung und Cesare Baronio
- Beschreibung
- Interpretation
- Cesare Baronio
- Die erste Fassung und Cesare Baronio
- Der Auftrag für die zweite Fassung
- Die zweite Fassung und Tommaso Bozio
- Beschreibung
- Interpretation
- Tommaso Bozio
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Studienarbeit zielt darauf ab, die neue Bildauffassung des zweiten Altarbildes von Peter Paul Rubens für die Chiesa Nuova zu beleuchten und aufzuzeigen, welche unterschiedlichen Bildtheologien den beiden Fassungen zugrunde liegen. Die Analyse des Auftrags und der Ablehnung der ersten Fassung sowie die Herausarbeitung der formalen Wesensmerkmale der beiden Fassungen dienen als Grundlage für die Interpretation der inhaltlichen Bildvorstellungen. Diese werden schließlich mit den Bildtheologien der Oratorianer Cesare Baronio und Tommaso Bozio in Verbindung gebracht.
- Die Auftragsvergabe an Rubens und die Bedeutung des Gnadenbildes „Madonna della Vallicella“ für die Oratorianer
- Die Ablehnung der ersten Fassung des Altarbildes und die Gründe dafür
- Die formalen und inhaltlichen Unterschiede zwischen der ersten und zweiten Fassung des Altarbildes
- Die Bildtheologie Cesare Baronios und ihre Relevanz für die erste Fassung des Altarbildes
- Die Bildtheologie Tommaso Bozios und ihre Verbindung zur zweiten Fassung des Altarbildes
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung führt in die Thematik der Studienarbeit ein und beleuchtet die Relevanz des Auftrags an Rubens für seine künstlerische Entwicklung. Zudem werden wichtige Quellen und Forschungsliteratur genannt.
- Der Hauptteil beginnt mit der Darstellung des Auftrags an Rubens und der Bedeutung des Gnadenbildes „Madonna della Vallicella“ für die Oratorianer. Die Ablehnung der ersten Fassung wird im Detail beleuchtet, wobei die Beschreibung und Interpretation der ersten Fassung sowie die Rolle Cesare Baronios beleuchtet werden.
- Der Hauptteil geht anschließend auf die zweite Fassung des Altarbildes ein, die sowohl formal als auch inhaltlich eine grundlegende Veränderung gegenüber der ersten Fassung aufweist. Die Beschreibung, Interpretation und die Verbindung zu Tommaso Bozio werden dargestellt.
Schlüsselwörter
Peter Paul Rubens, Chiesa Nuova, Hochaltarbild, Gnadenbild, „Madonna della Vallicella“, Cesare Baronio, Tommaso Bozio, Bildtheologie, Oratorianer, Reformorden, Fresko, Nikopoia-Typus, Bildtabernakel, Dreiteilung, Schiefer, Bildauffassung.
- Arbeit zitieren
- Nga Tran (Autor:in), 2006, Peter Paul Rubens: Hochaltarbild für die Chiesa Nuova, 1608, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79279