Die Faszination, die von Bernhards Werk ausgeht, beruht wohl nicht zuletzt auf seinem unverkennbaren sprachlichen Stil: „Wie sie schon nach drei Takten Mozart erkennen, so erkennen sie auch nach drei Sätzen, Gott sei Dank, Thomas Bernhard.“
Der immer wieder von Kritikern vorgebrachte Einwand, die Texte Thomas Bernhards würden immer wieder dasselbe behandeln, versucht Peymann mit folgendem Argument zu entkräften: „auch die Fugen Bachs sind alle gleich und doch völlig verschieden, das darf man glaube ich, niemals vergessen. In der Musik fällt es uns viel leichter, so etwas zu akzeptieren.“ Der Vergleich, den hier Peymann zwischen Musik und der Prosa Bernhards zieht, ist nicht zufällig. Auch der Autor selbst verweist auf diese Beziehung, wenn er seine Art zu schreiben charakterisiert: „[...] und die einzige Lust und das immer größere Vergnügen [...] ist dann die Arbeit. Das sind die Sätze, Wör-ter, die man aufbaut. Im Grunde ist es wie ein Spielzeug, man setzt es übereinander, es ist ein musikalischer Vorgang.“3 Der Schriftsteller ist Komponist, es kommt vor allem darauf an, wie er sein Wortmaterial zusammenfügt, „die musikalische Kompo-nente“ hat Vorrang vor dem, was erzählt wird: „das Problem liegt im Wie.“4 Allerdings geht es dabei nicht darum, eine inhaltslose Form zu produzieren, die einfach nur schön ist oder gut klingt, sondern, und das zu zeigen ist Ziel der vorliegenden Arbeit, dass es gerade die spezifische Art und Weise der „Komposition“ ist, die eine beson-dere Bedeutung generiert, die die Bedeutung dessen, was gesagt wird, übersteigt. Das was erzählt wird, soll nicht ausschließlich nur verstanden, sondern vor allem auch erfahren werden. Der Rhythmus der Sprache, die Sprachmelodie als Träger des Lebendigen, das von Mensch zu Mensch weiterschwingt: so viel mehr als nur nüchternes Beschreiben und Erklären. Inwiefern Musik und Literatur deshalb ver-gleichbar sind, soll im Folgenden genauer untersucht werden. Thomas Bernhard und seine „Geistesmenschen“ dienen dabei als Gewährsmänner dafür, dass ein Verste-hen von Musik als Ausdruck von Gefühl, bzw. von Verbalsprache als Ausdruck von Gedanken zu einseitig ist: sowenig man die Musik von der Sprache scheiden kann, sowenig das Gefühl vom Gedanken.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Aufgesang: Der atemlose Sänger
- Thema: Musiksprache - Sprachmusik
- Variation: Sinn und Spiel
- Variation: Ton und Laut
- Variation: Gefühl und Gedanke
- Unaussprechliches
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der spezifischen Musikästhetik in der Prosa Thomas Bernhards und untersucht, inwiefern die „musikalische Komponente“ des Textes eine besondere Bedeutung generiert, die die Bedeutung dessen, was gesagt wird, übersteigt. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse der Sprache als Träger des Lebendigen und der Frage, wie Musik und Literatur vergleichbar sind, insbesondere im Hinblick auf die Darstellung von Gefühl und Gedanke.
- Der Einfluss von Musik auf Bernhards Sprache und Schreibstil
- Die Bedeutung von Rhythmus und Melodie in der sprachlichen Gestaltung
- Die Verbindung von Gefühl und Gedanke in Bernhards Werk
- Die Rolle der Musik als Ausdruck von Emotionen und Gedanken
- Der Vergleich zwischen Musik und Literatur als Form der Kommunikation
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die besondere Faszination von Bernhards Werk, die maßgeblich auf seinen unverkennbaren sprachlichen Stil zurückzuführen ist. Das Kapitel „Aufgesang: Der atemlose Sänger“ widmet sich der frühen Lebensgeschichte Bernhards und analysiert den Einfluss seiner Lungenerkrankung und seiner persönlichen Erfahrungen auf seine Beziehung zur Musik. Im Kapitel „Thema: Musiksprache - Sprachmusik“ werden verschiedene Aspekte der Interaktion zwischen Sprache und Musik beleuchtet, u.a. die Variation von Sinn und Spiel, Ton und Laut, sowie Gefühl und Gedanke.
Schlüsselwörter
Thomas Bernhard, Musikästhetik, Prosa, Sprachstil, Musiksprache, Sprachmusik, Gefühl, Gedanke, Rhythmus, Melodie, Komposition, Bedeutung, Kommunikation.
- Quote paper
- Nadja Schollenberger (Author), 2006, "Die Lust am Spiel" - Musikästhetische Überlegungen zur Prosa Thomas Bernhards, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79453