„Im Wahlkampf vor mir liegt ein Zonenmädchen – warum kann es nicht eine Schönheit sein? Die Mundwinkel im Keller und zum Helm frisiertes Haar mit Spreewaldgurkenatem – Angela!“
Mit diesen recht uncharmanten Worten stimmte Kanzlerpuppe Gerd (gesprochen von Stimmenimitator Elmar Brandt) rechtzeitig zu Beginn des vorgezogenen Wahlkampfes 2005 in eine Strophe des Liedes „Im Wahlkampf vor mir liegt ein Zonenmädchen“ ein. Unterlegt von der Melodie des 70er Jahre-Ohrwurms „Im Wagen vor mir fährt ein junges Mädchen“ attackierte die Schröderparodie die persiflierte Angela Merkel Angie (gesprochen von NDR-Radiomoderatorin Anne Onken) mehrfach äußerst scharf, worauf Angie aber stets schlagfertig konterte.
„Was tönt die Witzfigur da hinter mir nur? (...). Der rechnet sich noch Chancen für sich aus?! (...). Die Chose ist gelaufen, dieser Kleinganove spinnt! (...). Der glaubt doch nicht, daß er noch mal gewinnt.“
So trivial der musikalische Schlagabtausch zwischen Angie und Gerd auch anmuten mag und so wenig er auch ernst zu nehmen ist, so ist er doch ein Beispiel für etwas, was in der medialen Erlebnisgesellschaft mittlerweile Alltag ist: Politainment, die Vermischung politischer Themen mit Elementen der Unterhaltung. Doch wie sieht sowas aus und was sind die die Risiken einer solchen Vermischung? Oder besteht sogar die Notwendigkeit einer Vermischung?
Zur Beantwortung dieser Fragen ist es zunächst einmal nötig, den Politainmentbegriff zu erläutern, ihn in die von Dörner definierten zwei Ebenen zu differenzieren und diese anhand zweier Beispiele – an dem von Rudolf Scharpings Swimming Pool-Affäre und an dem der ZDF-Serie Kanzleramt – zu verdeutlichen. Unterkapitel 2.3 informiert zudem über den Feel-Good-Faktor in der Als-ob-Welt als Elemente des Politainmentprozesses und gewährt einen kurzen Einblick in die damit verbundnenen Mechanismen der immer weiter fortschreitenden Amerikanisierung politischer Kommunikation in Deutschland.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Politainment erklärt
- Sinn und Zweck
- Zwei Ebenen entertainisierter Politik
- Unterhaltende Politik: Scharping im Pool Chronik einer mißlungenen Kampagne
- Politische Unterhaltung: Die Serie „Kanzleramt\" im ZDF – Klaus J. Behrendt als der bessere Schröder
- Feel-Good in der Als-ob-Welt
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Phänomen des Politainment, der Vermischung von politischen Themen mit Elementen der Unterhaltung. Ziel ist es, den Politainmentbegriff zu erläutern, seine zwei Ebenen zu differenzieren und anhand von Beispielen zu verdeutlichen.
- Die Entstehung und Definition des Politainmentbegriffs
- Die zwei Ebenen entertainisierter Politik: Unterhaltende Politik und Politische Unterhaltung
- Der Feel-Good-Faktor und die Amerikanisierung politischer Kommunikation in Deutschland
- Die Risiken und Chancen der Entertainisierung von Politik
- Die Vermittlung politischer Themen durch Unterhaltungsmedien
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung
Die Einleitung stellt anhand eines musikalischen Schlagabtausches zwischen Angela Merkel und Gerhard Schröder die Allgegenwärtigkeit von Politainment in der medialen Erlebnisgesellschaft fest. Sie führt die Frage nach den Risiken und Chancen der Vermischung von Politik und Unterhaltung ein und leitet so zur Definition und Differenzierung des Politainmentbegriffs in Kapitel 2 über.
2. Politainment erklärt
In diesem Kapitel wird der Politainmentbegriff anhand der Luhmann'schen Theorie der Massenmedien erläutert und von Dörner's Zwei-Ebenen-Definition in "Unterhaltende Politik" und "Politische Unterhaltung" differenziert. Es wird zudem der Sinn und Zweck der Entertainisierung von Politik beleuchtet, insbesondere die Komplexität von Politik und die damit einhergehende Politikverdrossenheit der Bevölkerung.
2.1 Sinn und Zweck
Die Entertainisierung von Politik soll Politik verständlicher und greifbarer machen. Es werden zwei grobe Ausprägungen des Prozesses beschrieben, die mit Dörner's Zwei-Ebenen-Definition des Politainmentbegriffs übereinstimmen.
2.2 Zwei Ebenen entertainisierter Politik
Die beiden Ebenen der entertainisierten Politik werden vorgestellt: "Unterhaltende Politik", die den Einsatz von Stilmitteln und Unterhaltungskultur seitens politischer Akteure beschreibt, und "Politische Unterhaltung", die den gezielten Einsatz politischer Figuren und Themen seitens der Unterhaltungsindustrie betrifft.
2.2.1 Unterhaltende Politik: Scharping im Pool Chronik einer mißlungenen Kampagne
Dieses Unterkapitel beleuchtet anhand des Beispiels der Swimming Pool-Affäre Rudolf Scharpings die Verwendung von Unterhaltungselementen in der politischen Kommunikation.
2.2.2 Politische Unterhaltung: Die Serie „Kanzleramt\" im ZDF – Klaus J. Behrendt als der bessere Schröder
Hier wird am Beispiel der TV-Serie "Kanzleramt" aufgezeigt, wie politische Figuren und Themen von der Unterhaltungsindustrie genutzt werden, um ihre Produkte interessanter zu gestalten.
2.3 Feel-Good in der Als-ob-Welt
Dieser Abschnitt behandelt den Feel-Good-Faktor als Element des Politainmentprozesses und beleuchtet die damit einhergehende Amerikanisierung politischer Kommunikation in Deutschland.
Schlüsselwörter
Die Hausarbeit beschäftigt sich mit den Schlüsselbegriffen Politainment, Entertainisierung, Politikverdrossenheit, Zwei-Ebenen-Modell, Unterhaltungsindustrie, Feel-Good-Faktor und Amerikanisierung. Der Fokus liegt auf der Analyse der Vermischung von Politik und Unterhaltung, ihrer Auswirkungen auf die politische Kommunikation und die Wahrnehmung der Politik durch die Bevölkerung.
- Citation du texte
- Cornelius Brandt (Auteur), 2007, Politainment - die Entertainisierung des Politischen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79996