Wenn man wie Adorno die Soziologie als „die Wissenschaft von der Gesellschaft“ begreift, so
erscheint es erstaunlich, dass diese Frage nach deren Bedingungen bisher kaum hinreichend von
der Soziologie beantwortet werden konnte. Die älteste Definition dessen, was eine Gesellschaft
sei, stammt von Aristoteles und ist auch heute noch keine schlechte Definition. Aristoteles
definiert sie durch soziale Umfassendheit, durch soziale Inklusivität. Sie ist die umfassendste,
größte aller Sozialordnungen; die einschließende und inkludierende Sozialordnung.
Das Phänomen „Gesellschaft“ scheint also eine Materie zu sein, deren „umfassende“ Erklärung
der Berücksichtigung anderer Fachrichtungen bedarf, andere Fachrichtungen inkludiert werden
müssen. Im Seminar wurde dieser interdisziplinäre Ansatz verfolgt. Es wurde versucht aus
verschiedensten Fachrichtungen die „Zutaten“ von Gesellschaft zu identifizieren, um schließlich
jene auszumachen, welche die Existenziellen sind, oder präziser: was die Bedingung für die
Möglichkeit von Gesellschaft ist. Damit läuft man natürlich doppelt sprichwörtlich in Gefahr,
den „Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen“, weil bereits „zu viele Köche den Brei
verdorben haben“.
Inhaltsverzeichnis
- Essay über das Seminar – Einordnung der gewählten Literatur
- Die Bedingung der Möglichkeit von Gesellschaft
- Die Beschäftigung mit bestimmten politischen Präferenzen und Weltbildern
- Was sind aber nun die Bedingungen, damit dieses Zusammenspiel funktioniert?
- Die Anerkennung einer differenzierten Gesellschaftsstruktur als markantes Merkmal von Gesellschaften
- Luhmanns Systemtheorie führt zweifelsohne in die richtige Richtung, problematisch bleibt die Frage nach funktionalen Äquivalenzen
- So erkennt Rawls, dass soziale Ungleichheiten nicht auszumerzen sind, will diese aber an ,,gerechte\" Bedingungen geknüpft sehen und entwickelt seine Theorie des Schleiers des Nichtwissens
- Hobbes Bedingung für Gesellschaft ergibt sich stringent aus seinem Menschenbild
- Ein Grundproblem der Sozialordnung ist beim Menschen das gleiche wie bei seinen hominiden Vorfahren
- Norbert Elias kulturgeschichtlicher Ansatz in „Prozess der Zivilisation“ wiederum kann erklären, warum sich bestimmte Regeln durchsetzen und andere im Wettbewerb der Regelsysteme, der Moralsysteme, eliminiert werden
- Meiner Meinung nach, ein sehr guter Ansatzpunkt, dem aber zu wenig Beachtung geschenkt wurde, war die Frage nach den Bedingungen für das Zusammenbrechen einer Gesellschaft
- Interessant war die Berücksichtigung virtueller Gesellschaften, so genannter Onlinesimulationen
- Immanuel Kant und Stanislaw Lem (Solaris) haben auf wesentlich grundlegendere Fragen aufmerksam gemacht
- Den wertvollsten, zumindest komprimiertesten Beitrag zur Klärung der Seminarfrage, scheint mir Simmels Schrift: Wie ist Gesellschaft möglich? gewesen zu sein
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay analysiert die Bedingung der Möglichkeit von Gesellschaft, indem er verschiedene Ansätze aus der Soziologie, Politikwissenschaft und Philosophie untersucht. Er analysiert, wie verschiedene Denker und Werke die Entstehung und den Erhalt von Gesellschaften erklären.
- Das Verhältnis zwischen Individuum und Staat
- Die Rolle der Gesellschaftsstruktur und ihrer Differenzierung
- Die Bedeutung gemeinsamer Werte und Regeln
- Das Konzept des Gesellschaftsvertrages und seine Auswirkungen
- Die Bedeutung von sozialer Interaktion und Rollenerwartungen
Zusammenfassung der Kapitel
Der Essay beginnt mit einer Analyse der unterschiedlichen Definitionsansätze von Gesellschaft, wobei Aristoteles als Ausgangspunkt dient. Er setzt sich mit dem Problem auseinander, dass die Frage nach der Bedingung der Möglichkeit von Gesellschaft in der Soziologie bisher kaum ausreichend beantwortet wurde. Dabei werden verschiedene Disziplinen und Ansätze herangezogen, um die "Zutaten" von Gesellschaft zu identifizieren und die existenziellen Bedingungen herauszuarbeiten. Im weiteren Verlauf werden verschiedene politische und gesellschaftliche Systeme und ihre jeweiligen Menschenbilder betrachtet, um zu untersuchen, welche Art von Herrschaft oder Macht eine Gesellschaft zusammenhält. Es wird betont, dass die Frage nach der Art des Staates eng mit dem zugrundeliegenden Menschenbild zusammenhängt. Der Essay analysiert, wie verschiedene Denker wie Platon, Hobbes, Rawls und Macciavelli die Beziehung zwischen Individuum und Staat und die Notwendigkeit von Ordnung und Regeln sehen. Dabei wird die Frage nach dem Verhältnis von individueller Freiheit und staatlicher Kontrolle sowie der Bedeutung von Sozialstrukturen und Rollenerwartungen untersucht. Der Essay betrachtet auch das Zusammenspiel von sozialen Normen, Erwartungen und Anreizen, die eine stabile Gesellschaft ermöglichen. Er analysiert, wie die Evolution von Gesellschaftsstrukturen im "Prozess der Zivilisation" durch Normen und Sanktionen geprägt ist. Schließlich wird die Frage nach den Bedingungen für das Zusammenbrechen von Gesellschaften behandelt, wobei Jared Diamonds "Kollaps" als Beispiel herangezogen wird. Der Essay schließt mit einer Diskussion über die Bedeutung von virtuellen Gesellschaften, erkenntnistheoretischen Überlegungen von Kant und der Relevanz von Simmels "Wie ist Gesellschaft möglich?"
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter des Essays sind: Gesellschaft, Bedingung der Möglichkeit, Gesellschaftsstruktur, Differenzierung, Individuum, Staat, Herrschaft, Macht, Menschenbild, Sozialordnung, Regeln, Normen, Interaktion, Rollenerwartungen, Kooperation, Kollaps, virtuelle Gesellschaften, Erkenntnistheorie, soziale Aprioris.
- Citation du texte
- Eduard Drahomeretski (Auteur), 2006, Die Bedingung der Möglichkeit von Gesellschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80028