Das Jahr 2006 stellt aus zweierlei Gründen einen Meilenstein in der tarifpolitischen Geschichte Deutschlands dar. Zum einen traten erstmals Ärztinnen und Ärzte kommunaler Krankenhäuser und Universitätskliniken deutschlandweit wochenlang in den Vollstreik und zum anderen gelang es dem Marburger Bund bei tarifpolitischen Verhandlungen einen eigenständigen Ärztetarifvertrag durchzusetzen. Als Stunde „Null“ sei hierbei der 10. September 2005 zu nennen, da an diesem Tag der Marburger Bund beschlossen hatte, die Tarifkooperation mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di) zu beenden. Ziel des Marburger Bundes war es, fortan eigenständig in Tarifverhandlungen mit der TdL zu treten, um einen arztspezifischen Tarifvertrag auszuhandeln. Nach monatelangen erfolglosen Tarifverhandlungen und Warnstreiks seitens der Ärzteschaft rief der Marburger Bund erstmals am 16. März 2006 zum deutschlandweiten Vollstreik der Ärzte aus, um in der Öffentlichkeit auf die schlechten Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern und den Folgen des TVöD-L für die Ärzteschaft aufmerksam zu machen. Die Ärztinnen und Ärzte streikten insgesamt 13 Wochen, bis sich die TdL und der Marburger Bund am 16. Juni 2006 auf die Eckpunkte eines arztspezifischen Tarifvertrages einigten.
Bereits hier wird deutlich, dass die Entwicklung und das Ergebnis der Tarifverhandlungen einen großen Erfolg für den Marburger Bund darstellen: Zum einen trat der Marburger Bund erstmals als berufsständische Gewerkschaft, unabhängig von dem Verhandlungsmonopol Ver.di, autonom in Tarifverhandlungen mit der TdL und zum anderen wurde erstmals zwischen der TdL und dem Marburger Bund ein berufsspezifischer Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte vereinbart, der ein solides und unerlässliches Fundament für weitere Tarifverhandlungen zur Gestaltung der ärztlichen Arbeitsbedingungen darstellt. Unklar ist bislang jedoch, ob der Marburger Bund bei der Durchsetzung der arztspezifischen materiellen Forderungen ebenso erfolgreich war oder, ob es ihm lediglich gelang, die Negativfolgen des TVöD-L für die deutsche Ärzteschaft abzuwenden. Auf Grund dessen ist es Ziel der vorliegenden Arbeit, unter Betrachtung der Bestimmungen des TVöD, die Forderungen des Marburger Bundes sowie einen Vergleich jener zu den gesetzlichen Bestimmungen im TV-Ärzte zu klären, inwiefern der Ärztestreik und die Tarifverhandlungen zwischen der TdL und dem Marburger Bund, für die deutsche Ärzteschaft aus materieller Sicht erfolgreich waren.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Erläuterung des TVöD-L und dessen Folgen für die deutsche Ärzteschaft
- 3. Die Forderungen des Marburger Bundes bei den Tarifverhandlungen mit der TdL
- 4. Der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken
- 4.1 Tabelle: Vergleich des TVöD und des TV-Ä
- 4.2 Auswertung der Tabelle
- 4.3 Bewertung der Erfolgsrate des Marburger Bundes
- 5. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Erfolg des Ärztestreik von 2006 und der damit verbundenen Tarifverhandlungen zwischen dem Marburger Bund und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL). Es wird analysiert, inwieweit der Marburger Bund seine materiellen Forderungen durchsetzen konnte und ob der Streik die Arbeitsbedingungen der deutschen Ärzteschaft verbessert hat.
- Auswirkungen des TVöD-L auf die deutsche Ärzteschaft
- Forderungen des Marburger Bundes während der Tarifverhandlungen
- Vergleich des TVöD-L und des TV-Ärzte
- Erfolgsbewertung des Ärztestreik und der Tarifverhandlungen
- Zukünftige Herausforderungen für die Tarifpolitik im Gesundheitswesen
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung beschreibt den Ärztestreik 2006 als Meilenstein in der deutschen Tarifpolitik. Sie führt die Beendigung der Kooperation des Marburger Bundes mit Ver.di und den darauf folgenden Beschluss zum deutschlandweiten Ärztestreik an. Der Streik dauerte 13 Wochen und endete mit einem arztspezifischen Tarifvertrag (TV-Ärzte). Die Einleitung skizziert die Forschungsfrage: Inwiefern war der Streik und die Tarifverhandlung für die deutsche Ärzteschaft aus materieller Sicht erfolgreich?
2. Erläuterung des TVöD-L und dessen Folgen für die deutsche Ärzteschaft: Dieses Kapitel analysiert die negativen Folgen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD-L) für Ärztinnen und Ärzte. Es werden verschiedene Punkte wie die Erhöhung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich, die Verschlechterung der Überstundenvergütung, der Wegfall von Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld, die Einschränkung des Fortbildungsurlaubs und die anhaltenden Ost-West-Gehaltsunterschiede detailliert dargestellt. Die Zusammenfassung hebt hervor, wie diese Bedingungen zu Abwanderung von Fachkräften und einer Verschlechterung der Patientenversorgung führten, was die Entscheidung des Marburger Bundes, eigenständig zu verhandeln, rechtfertigt.
3. Die Forderungen des Marburger Bundes bei den Tarifverhandlungen mit der TdL: Das Kapitel beschreibt die Forderungen des Marburger Bundes bei den Tarifverhandlungen. Es unterteilt die Forderungen in zwei Kategorien: Verbesserung der Arbeitsbedingungen (geregelte Arbeitszeiten, Abschaffung von „Marathondiensten“, Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems, Abbau bürokratischer Tätigkeiten) und leistungsgerechte Vergütung (international wettbewerbsfähige Gehälter, Erhöhung der Überstunden- und Bereitschaftsdienstvergütung, arzt-spezifische Gehaltsordnung). Es wird betont, dass der Marburger Bund die Interessen der Ärzteschaft eigenständig und unabhängig von Ver.di vertrat.
4. Der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken: Dieses Kapitel präsentiert einen detaillierten Vergleich zwischen dem TVöD-L, den Forderungen des Marburger Bundes und dem neuen Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte (TV-Ärzte). Eine Tabelle vergleicht die Regelungen zu Arbeitszeiten und Vergütung. Die Auswertung der Tabelle zeigt sowohl Erfolge (Verbesserung der Bereitschaftsdienstvergütung, Gehaltserhöhungen, Abschaffung von kurzfristigen Arbeitsverträgen) als auch Misserfolge (keine Abschaffung von "Marathondiensten", kein Weihnachtsgeld, anhaltende Ost-West-Gehaltsunterschiede) des Marburger Bundes auf. Die Zusammenfassung betont, dass der Abschluss eines arztspezifischen Tarifvertrages als großer Erfolg gewertet werden kann, obwohl nicht alle Forderungen vollständig erfüllt wurden.
Schlüsselwörter
Ärztestreik, Tarifverhandlungen, Marburger Bund, Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), TVöD-L, TV-Ärzte, Arbeitsbedingungen, Vergütung, Arbeitszeit, Bereitschaftsdienst, Gehaltsunterschiede Ost-West, Tarifpolitik, Gewerkschaft.
Häufig gestellte Fragen zum Ärztestreik 2006 und den Tarifverhandlungen
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert den Erfolg des Ärztestreik von 2006 und der damit verbundenen Tarifverhandlungen zwischen dem Marburger Bund und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL). Im Mittelpunkt steht die Frage, inwieweit der Marburger Bund seine Forderungen durchsetzen konnte und ob der Streik die Arbeitsbedingungen der deutschen Ärzteschaft verbessert hat.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Auswirkungen des TVöD-L auf die deutsche Ärzteschaft, die Forderungen des Marburger Bundes während der Tarifverhandlungen, einen Vergleich zwischen TVöD-L und dem neuen TV-Ärzte, eine Erfolgsbewertung des Streiks und der Verhandlungen sowie zukünftige Herausforderungen für die Tarifpolitik im Gesundheitswesen.
Was war der Auslöser des Ärztestreik 2006?
Der Ärztestreik wurde ausgelöst durch die negativen Folgen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD-L) für Ärztinnen und Ärzte. Dieser führte zu einer Erhöhung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich, Verschlechterung der Überstundenvergütung, Wegfall von Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld, Einschränkung des Fortbildungsurlaubs und anhaltenden Ost-West-Gehaltsunterschieden. Der Marburger Bund beendete seine Kooperation mit Ver.di und beschloss einen deutschlandweiten Streik.
Welche Forderungen stellte der Marburger Bund?
Der Marburger Bund forderte Verbesserungen der Arbeitsbedingungen (geregelte Arbeitszeiten, Abschaffung von „Marathondiensten“, elektronische Zeiterfassung, Abbau bürokratischer Tätigkeiten) und eine leistungsgerechte Vergütung (international wettbewerbsfähige Gehälter, Erhöhung der Überstunden- und Bereitschaftsdienstvergütung, arzt-spezifische Gehaltsordnung).
Wie wurde der TVöD-L mit dem neuen TV-Ärzte verglichen?
Die Arbeit vergleicht den TVöD-L, die Forderungen des Marburger Bundes und den neuen Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte (TV-Ärzte) anhand einer Tabelle. Die Auswertung zeigt Erfolge (Verbesserung der Bereitschaftsdienstvergütung, Gehaltserhöhungen, Abschaffung von kurzfristigen Arbeitsverträgen), aber auch Misserfolge (keine Abschaffung von "Marathondiensten", kein Weihnachtsgeld, anhaltende Ost-West-Gehaltsunterschiede).
Wie wird der Erfolg des Streiks bewertet?
Der Abschluss eines arztspezifischen Tarifvertrages (TV-Ärzte) wird als großer Erfolg gewertet, obwohl nicht alle Forderungen des Marburger Bundes vollständig erfüllt wurden. Der Streik und die Verhandlungen hatten sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen und die Vergütung von Ärztinnen und Ärzten.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Ärztestreik, Tarifverhandlungen, Marburger Bund, Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), TVöD-L, TV-Ärzte, Arbeitsbedingungen, Vergütung, Arbeitszeit, Bereitschaftsdienst, Gehaltsunterschiede Ost-West, Tarifpolitik, Gewerkschaft.
- Quote paper
- Josepha Helmecke (Author), 2007, Inwiefern waren der Ärztestreik und die Tarifverhandlungen zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und dem Marburger Bund für die deutsche Ärzteschaft erfolgreich?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80186