Die vorliegende Arbeit widmet sich der Eigentumstheorie von John Locke, wie sie in seinem 1690 erschienenen Werk „Zwei Abhandlungen über die Regierung“ im Kapitel 5 der Zweiten Abhandlung dargestellt wird. Nicht nur zu seiner Zeit (*1632, +1704) galt der englische Philosoph auch weit über die Landesgrenzen hinaus als ein hervorragender Denker. Sein Einfluss auf das 18. Jahrhundert wird bis zum heutigen Tage als unumstritten angesehen. Seine politisch-ökonomischen Ideen, die u.a. durch das o.g. Werk bekannt wurden, haben zunächst in den intellektuellen Kreisen Europas und Amerikas eine überwiegend positive Aufnahme gefunden. Doch bereits im Laufe des 18. Jahrhunderts büßte Locke seine Stellung als politisch aktueller Denker immer mehr ein.
Nichtsdestotrotz ist die Ökonomie von John Locke seit jeher ein viel diskutiertes, und zugleich kontroverses Thema, wie dies die seitdem zahlreich erschienenen Sekundärschriften belegen. Da es jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, Lockes Theorie unter all den Aspekten zu beleuchten, die sein politisch-theoretisches Werk aufwirft, wird sich der Schwerpunkt auf die Begründung des Eigentums richten. Dabei werden die sie stützenden Argumentationssäulen – Arbeit sowie Gebrauch des Geldes im besonderen Maße berücksichtigt.
Die Arbeit zielt auf die Beantwortung der Frage ab, ob es Locke gelingt, den Übergang von Gemeinbesitztum zu Privateigentum zu rechtfertigen. Hierzu wird zunächst Lockes Weltbild dargelegt, das auf der Annahme eines Schöpfergottes basiert, der dem Menschen die Erde samt ihrer Früchte geschenkt und ihm somit gleichzeitig eine Aufgabe auf den Weg gegeben habe. Von dieser Ausgangssituation eines Naturzustandes ausgehend wird im zweiten Schritt erläutert, wie Locke es zu rechtfertigen vermag, dass durch den Einsatz der eigenen Arbeit aus dem einstigen Gemeingut das Eigentum eines Individuums entstehen kann und darf. Im nächsten Schritt werden die Einschränkungen untersucht, die eine hemmungslose Aneignung verhindern. Es handelt sich einmal um die Verderblichkeitsklausel und zum anderen um die Quantität des appropriierten Gegenstandes, die sich danach bestimmt, dass von dem jeweiligen Gut noch genügend für die Mitmenschen übrigbleibt. An dieser Stelle kommt die Einführung des Geldes ins Spiel, wodurch die von Locke auferlegten Eigentumsschranken wieder aufgehoben werden.
Inhalt
1. Einleitung
2. Ausgangssituation: Naturzustand / Eigentumsverhältnisse
3. Übergang von Gemeingut zu Privateigentum
4. Einschränkungen (Verderblichkeit/Rücksicht auf die Mitmenschen)
5. Aufhebung der Schranken durch die Einführung des Geldes
6. Schlusswort
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit widmet sich der Eigentumstheorie von John Locke, wie sie in seinem 1690 erschienenen Werk „Zwei Abhandlungen über die Regierung“ im Kapitel 5 der Zweiten Abhandlung dargestellt wird. Nicht nur zu seiner Zeit (*1632, +1704) galt der englische Philosoph auch weit über die Landesgrenzen hinaus als ein hervorragender Denker. Sein Einfluss auf das 18. Jahrhundert wird bis zum heutigen Tage als unumstritten angesehen. Seine politisch-ökonomischen Ideen, die u.a. durch das o.g. Werk bekannt wurden, haben zunächst in den intellektuellen Kreisen Europas und Amerikas eine überwiegend positive Aufnahme gefunden. Doch bereits im Laufe des 18. Jahrhunderts büßte Locke seine Stellung als politisch aktueller Denker immer mehr ein.
Nichtsdestotrotz ist die Ökonomie von John Locke seit jeher ein viel diskutiertes, und zugleich kontroverses Thema, wie dies die seitdem zahlreich erschienenen Sekundärschriften belegen. Da es jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, Lockes Theorie unter all den Aspekten zu beleuchten, die sein politisch-theoretisches Werk aufwirft, wird sich der Schwerpunkt auf die Begründung des Eigentums richten. Dabei werden die sie stützenden Argumentationssäulen – Arbeit sowie Gebrauch des Geldes im besonderen Maße berücksichtigt.
Die Arbeit zielt auf die Beantwortung der Frage ab, ob es Locke gelingt, den Übergang von Gemeinbesitztum zu Privateigentum zu rechtfertigen. Hierzu wird zunächst Lockes Weltbild dargelegt, das auf der Annahme eines Schöpfergottes basiert, der dem Menschen die Erde samt ihrer Früchte geschenkt und ihm somit gleichzeitig eine Aufgabe auf den Weg gegeben habe. Von dieser Ausgangssituation eines Naturzustandes ausgehend wird im zweiten Schritt erläutert, wie Locke es zu rechtfertigen vermag, dass durch den Einsatz der eigenen Arbeit aus dem einstigen Gemeingut das Eigentum eines Individuums entstehen kann und darf. Im nächsten Schritt werden die Einschränkungen untersucht, die eine hemmungslose Aneignung verhindern. Es handelt sich einmal um die Verderblichkeitsklausel und zum anderen um die Quantität des appropriierten Gegenstandes, die sich danach bestimmt, dass von dem jeweiligen Gut noch genügend für die Mitmenschen übrigbleibt. An dieser Stelle kommt die Einführung des Geldes ins Spiel, wodurch die von Locke auferlegten Eigentumsschranken wieder aufgehoben werden.
2. Ausgangssituation: Naturzustand / Eigentumsverhältnisse
Bevor die eigentliche Theorie des Privateigentums dargestellt wird, soll Lockes Weltbild kurz umrissen werden, da dieses quasi die Grundvoraussetzung für die spätere Eigentumsbegründung schafft. Oder wie Euchner hierzu feststellt:
„Bei aller Gegensätzlichkeit der Standpunkte besteht in der modernen Locke-Literatur darüber Einigkeit, daß die Naturrechtslehre als Grundlage der politischen Philosophie Lockes angesehen werden muß.“[1]
Die in den „Zwei Abhandlungen über die Regierung“ geschilderte Situation, stellt den Urzustand dar, in dem die Menschen lebten, bevor sie sich zu einem politischen Verbund zusammengeschlossen haben. Als Vorläufer des später mit der Staatsgründung geschaffenen positiven Rechtes hatte das Naturgesetz seine allgemeine Gültigkeit. Sein Ursprung lag bei Gott und konnte durch die dem Menschen angeborene Vernunft allseits erkannt werden. Das Gesetz implizierte „vollkommene Freiheit“[2] sowie Gleichheit, wobei das erstere keineswegs als „Zügellosigkeit“[3] zu interpretieren ist. Vielmehr hatte es zu bedeuten, dass niemand von einer anderen Person in seiner Handlungsweise beeinträchtigt werden durfte.[4] Nicht zu verwechseln sei der Begriff der Freiheit mit dem hemmungslosen Ausleben von Trieben und Neigungen, wie Brocker hierzu bemerkt[5], denn alle Handlungen hatten mit dem Gesetz der Natur überein zu stimmen – „Freiheit war allein Freiheit unter dem Gesetz.“[6]
Ebenso wird der Begriff ‚Gleichheit‘ von Locke deutlich umrissen – er bedeutet Gleichrangigkeit ohne jegliche Unterordnung oder Unterwerfung.[7] Diese Gleichheit schließe keineswegs unterschiedliche Fähigkeiten oder Begabungen aus, wie Meyer an dieser Stelle bemerkt.[8] Sie meint eher eine Gleichbehandlung aller Menschen vor dem Gesetz, wie sie etwa in den Verfassungen der modernen demokratischen Staaten verankert ist.
In diesem Punkt stimmt die Theorie des Naturrechts von John Locke völlig mit der traditionell-christlichen Naturrechtslehre überein, die besagt, dass vor Gott alle Menschen gleich seien.[9] Auch Locke bezieht sich hierbei auf die Genesis, aus der die menschlichen Herrschaftsansprüche eindeutig abzuleiten sind: Danach ist der Mensch zwar Herr über die Natur, dieses Recht sei aber keinesfalls auf die Herrschaft unter den Menschen übertragbar.[10]
Wenngleich in der Lockschen Vorstellung der Mensch ein vernunftbegabtes Wesen ist, so ist er auch mit Trieben ausgestattet, welche ihn manchmal daran hinderten, die ihm durch das Naturrecht auferlegten Pflichten zu befolgen, wie Meyer hierzu ausführt.[11] Das oberste Gebot lautet, sich und andere zu erhalten. Für alle, die diesem Gesetz zuwiderhandeln sieht Locke eine harte Bestrafung vor, die von jedermann ausgeübt werden dürfe. Diese für alle Menschen geltende Berechtigung für die Vollstreckung der Strafe hält Locke für absolut notwendig, denn aufgrund der Gleichrangigkeit können nicht einzelne Personen mit solch einem Recht ausgestattet werden und folglich die Gefahr bestehe, dass das geltende Gesetz nicht vollstreckt und somit nichtig werde.[12]
Daraus geht deutlich hervor, dass die Locksche Konzeption des Naturzustandes durchaus nicht dauerhaften Frieden impliziert, wenn auch die Meinungen moderner Autoren diesbezüglich voneinander abweichen mögen.[13] Vielmehr dürfte es sich dabei um eine Mischung aus Friedfertigkeit und Gewaltpotential handeln, ein „Zustand des ungesicherten Friedens“ wie die treffende Bezeichnung von Meyer lautet.[14]
Auffallend an der Naturrechtstheorie von John Locke ist die wiederholte Hervorhebung des Selbsterhaltungsprinzips – dieser Aspekt gehört auch nicht zuletzt zu den am meisten diskutierten in der modernen Locke-Literatur. Während Euchner diesbezüglich lediglich bemerkt, dass: „[...] Locke das subjektive Recht der Selbsterhaltung in einer der traditionellen Naturrechtslehre unbekannten Weise in den Vordergrund stellte.“[15], so lautet die Kritik von Strauss, dass das Selbsterhaltungsrecht für Locke als wichtigstes Recht gelte und somit
[...]
[1] Vgl. Walter Euchner: Naturrecht und Politik bei John Locke, Europäische Verlagsanstalt Frankfurt 1969, S. 7
[2] Vgl. JOHN LOCKE: Zwei Abhandlungen über die Regierung, Europäische Verlagsanstalt Frankfurt 1967, II, § 4, S. 201
[3] Vgl. ebd., S. 202
[4] Vgl. ebd., S. 201
[5] Vgl. Manfred Brocker: Arbeit und Eigentum, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1992 Darmstadt, S.157
[6] Ebd., S.157
[7] Vgl. JOHN LOCKE: Zwei Abhandlungen über die Regierung, Europäische Verlagsanstalt Frankfurt 1967, II, § 4, S. 201
[8] Vgl. ROLF MEYER: Eigentum, Repräsentation und Gewaltenteilung in der politischen Theorie von John Locke, European University Studies, Reihe II, Rechtswissenschaft, S. 44
[9] Vgl. Birger Priddat: Theologie, Ökonomie, Macht. Eine Rekonstruktion der Ökonomie John Lockes, Metropolis Verlag, Marburrg 1998, S. 12.
[10] Vgl. ebd., S. 12
[11] Vgl. ROLF MEYER: Eigentum, Repräsentation und Gewaltenteilung in der politischen Theorie von John Locke, European University Studies, Reihe II, Rechtswissenschaft, S. 47
[12] Vgl. John Locke: Zwei Abhandlungen über die Regierung, Frankfurt am Main 1977, II, § 7, S. 203
[13] Vgl. Walter Euchner: Naturrecht und Politik bei John Locke, Europäische Verlagsanstalt Frankfurt 1969, S. 77 f
[14] Vgl. ROLF MEYER: Eigentum, Repräsentation und Gewaltenteilung in der politischen Theorie von John Locke, European University Studies, Reihe II, Rechtswissenschaft, S. 48
[15] Vgl. John Locke: Zwei Abhandlungen über die Regierung, Frankfurt am Main 1977, S. 40
- Arbeit zitieren
- Gisela Bsdok (Autor:in), 2006, John Lockes Eigentumstheorie unter besonderer Berücksichtigung von Arbeit und Geld, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80223
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