Die Bilanzierung des Goodwill aus der Kapitalkonsolidierung nach IFRS und US-GAAP

Eine empirische Untersuchung der Bilanzierungspraxis anhand ausgewählter Geschäftsberichte von Unternehmen der Aktienindices Dow Jones und DAX 30


Diplomarbeit, 2006

136 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Regelungen zur Goodwill-Bilanzierung nach IFRS und US-GAAP
2.1 Vorbemerkung
2.2 Begriff und Erscheinungsformen des Goodwill
2.3 Komponenten des Goodwill
2.4 Anwendungsbereich von IFRS 3 sowie von SFAS No. 141 und SFAS No. 142
2.5 Ermittlung des Unterschiedsbetrags aus der Kapital- konsolidierung
2.5.1 Vorbemerkung
2.5.2 Ermittlung des Erwerbers
2.5.3 Bestimmung der Anschaffungskosten
2.5.4 Kaufpreisallokation
2.6 Behandlung des Unterschiedsbetrags aus der Kapital- konsolidierung
2.6.1 Positiver Unterschiedsbetrag (Goodwill)
2.6.2 Negativer Unterschiedsbetrag (Excess)
2.6.3 Anhangangaben nach IFRS 3
2.6.4 Anhangangaben nach SFAS No. 141
2.7 Folgebewertung des Goodwill
2.7.1 Vorbemerkung
2.7.2 Verteilung des Goodwill auf betriebliche Teileinheiten
2.7.2.1 Goodwill-Allokation nach IFRS
2.7.2.2 Goodwill-Allokation nach US-GAAP
2.7.3 Goodwill Impairment-Test nach IAS 36
2.7.3.1 Zeitpunkt und Häufigkeit
2.7.3.2 Durchführung des einstufigen Werthaltigkeitstests
2.7.3.3 Anhangangaben
2.7.4 Goodwill Impairment-Test nach SFAS No. 142
2.7.4.1 Zeitpunkt und Häufigkeit
2.7.4.2 Durchführung des zweistufigen Werthaltigkeitstests
2.7.4.3 Anhangangaben

3 Empirische Untersuchung der Bilanzierung des Goodwill
3.1 Vorbemerkung
3.2 Bilanzielle Bedeutung des Goodwill
3.2.1 Abschreibungen auf den Goodwill
3.2.1.1 Abschreibungen auf den Goodwill im DAX 30
3.2.1.2 Abschreibungen auf den Goodwill im Dow Jones
3.2.2 Buchwert des Goodwill
3.2.2.1 Buchwert des Goodwill im DAX 30
3.2.2.2 Buchwert des Goodwill im Dow Jones
3.3 Entwicklung einer Checkliste zur empirischen Untersuchung
3.3.1 Vorbemerkung
3.3.2 Ermittlung des Unterschiedsbetrags aus der Kapital-konsolidierung
3.3.3 Folgebewertung des Goodwill
3.4 Publizitätsverhalten der im DAX 30 und im Dow Jones notierten Unternehmen
3.4.1 Publizitätsverhalten der DAX 30-Unternehmen
3.4.1.1 Ermittlung und Behandlung des Unterschiedsbetrags aus der Kapitalkonsolidierung
3.4.1.2 Folgebewertung des Goodwill
3.4.1.3 Gesamt-Publizitätsindex der DAX 30-Unternehmen
3.4.2 Publizitätsverhalten der Dow Jones-Unternehmen
3.4.2.1 Ermittlung und Behandlung des Unterschiedsbetrags aus der Kapitalkonsolidierung
3.4.2.2 Folgebewertung des Goodwill
3.4.2.3 Gesamt-Publizitätsindex der Dow Jones-Unternehmen
3.4.3 Publizitätsverhalten bezüglich ausgewählter Informationen über den Goodwill
3.5 Kritische Würdigung der Bilanzierungspraxis des Goodwill sowie der bestehenden Regelungen zur Goodwill-Bilanzierung
3.5.1 Vorbemerkung
3.5.2 Ermittlung und Behandlung des Unterschiedsbetrags aus der Kapitalkonsolidierung
3.5.3 Folgebewertung des Goodwill

4 Zusammenfassung

Anhänge
Anhang 1: Übersicht der empirisch untersuchten Unternehmen des DAX30 und des Dow Jones
Anhang 2: Bilanzielle Bedeutung des Goodwill im DAX 30
Anhang 3: Bilanzielle Bedeutung des Goodwill im Dow Jones
Anhang 4: Publizitätsverhalten der DAX 30-Unternehmen bezüglich der Ermittlung und Behandlung des Unterschiedsbetrags aus der Kapitalkonsolidierung
Anhang 5: Publizitätsverhalten der DAX 30-Unternehmen bezüglich der Folgebewertung des Goodwill
Anhang 6: Gesamt-Publizitätsindex der DAX 30-Unternehmen
Anhang 7: Publizitätsverhalten der Dow Jones-Unternehmen bezüglich der Ermittlung und Behandlung des Unterschieds- betrags aus der Kapitalkonsolidierung
Anhang 8: Publizitätsverhalten der Dow Jones-Unternehmen bezüglich der Folgebewertung des Goodwill
Anhang 9: Gesamt-Publizitätsindex der Dow Jones-Unternehmen

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Komponenten des derivativen Goodwill nach IASB / FASB

Abb. 2: Konzeption der Erwerbsmethode nach IFRS 3

Abb. 3: Ermittlung der Anschaffungskosten der erworbenen Einheit

Abb. 4: Kaufpreisallokation im Überblick

Abb. 5: Kriterien zur eigenständigen Aktivierung erworbener immaterieller Vermögenswerte

Abb. 6: Ermittlung des zu bilanzierenden Goodwill aus der Kapitalkonsolidierung

Abb. 7: Goodwill-Allokation auf betriebliche Teileinheiten nach IFRS und US-GAAP

Abb. 8: Einstufiger Goodwill Impairment-Test nach IAS 36

Abb. 9: Ermittlung des implizierten beizulegenden Zeitwerts des Goodwill

Abb. 10: Ermittlung des Abschreibungsbedarfs des Goodwill nach SFAS No. 142

Abb. 11: Zweistufiger Goodwill Impairment-Test nach SFAS No. 142

Abb. 12: Anteil der Goodwill-Abschreibungen am Jahresergebnis (d. h. Verbesserung des Jahresüberschusses ohne Goodwill-Abschreibungen) der DAX 30-Unternehmen in den Geschäftsjahren 2001-2004 (ohne die nach HGB bilanzierenden Unternehmen)

Abb. 13: Anteil der Goodwill-Abschreibungen am Jahresergebnis (d. h. Verbesserung des Jahresüberschusses ohne Goodwill-Abschreibungen) der Dow Jones- und DAX 30-Unternehmen in den Geschäfts- jahren 2001-2004

Abb. 14: Entwicklung der Relation Goodwill/ EK von 2001-2004

Abb. 15: Publizitätsverhalten der im DAX 30 notierten Unternehmen bezüglich der Ermittlung und Behandlung des Unterschiedsbetrags aus der Kapitalkonsolidierung (ohne die nach HGB bilanzierenden Unternehmen)

Abb. 16: Publizitätsverhalten der im DAX 30 notierten Unternehmen bezüglich der Folgebewertung des Goodwill (ohne die nach HGB bilanzierenden Unternehmen)

Abb. 17: Gesamt-Publizitätsindex der im DAX 30 notierten Unternehmen (ohne die nach HGB bilanzierenden Unternehmen)

Abb. 18: Publizitätsverhalten der im Dow Jones notierten Unternehmen bezüglich der Ermittlung des Unterschiedsbetrags aus der Kapital-konsolidierung

Abb. 19: Publizitätsverhalten der Dow Jones notierten Unternehmen bezüglich der Folgebewertung des Goodwill

Abb. 20: Gesamt-Publizitätsindex der Dow Jones-Unternehmen 2004

Abb. 21: Publizitätsverhalten der im Dow Jones notierten Unternehmen über ausgewählte Angaben bezüglich des Goodwill im Jahr 2004

Abb. 22: Ebenen der Reporting Unit-Abgrenzung der Dow Jones- Unternehmen

Abb. 23: Zeitpunkt des Goodwill Impairment-Tests der Dow Jones- Unternehmen

Abb. 24: Verwendete Bewertungsverfahren der Dow Jones-Unternehmen für die Ermittlung des Fair Value einer Reporting Unit

Abb. 25: Publizitätsverhalten der im DAX 30 notierten und nach US-GAAP bilanzierenden Unternehmen über ausgewählte Angaben bezüglich des Goodwill im Jahr 2004

Abb. 26: Publizitätsverhalten der im DAX 30 notierten und nach IFRS bilanzierenden Unternehmen über ausgewählte Angaben bezüglich des Goodwill im Jahr 2004

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Auswirkung der Goodwill-Abschreibungen auf das Jahresergebnis bei den DAX30-Unternehmen im Jahr 2004 (in Mio € bzw. %)

Tab. 2: Buchwert des Goodwill bei den DAX 30-Unternehmen im Geschäftsjahr 2004 im Verhältnis zum Eigen- und Gesamtkapital (in Mio € bzw. %)

Tab. 3: Buchwert des Goodwill bei den Dow Jones-Unternehmen im Geschäftsjahr 2004 im Verhältnis zum Eigen- und Gesamtkapital (in Mio $ bzw. %)

Tab. 4: Checkliste (US-GAAP) bezüglich der Anhangangaben zur Ermittlung und Behandlung des Unterschiedsbetrags aus der Kapitalkonsolidierung

Tab. 5: Checkliste (IFRS) bezüglich der Anhangangaben zur Ermittlung und Behandlung des Unterschiedsbetrags aus der Kapital- konsolidierung

Tab. 6: Checkliste (US-GAAP) bezüglich der Anhangangaben zur Folgebewertung des Goodwill

Tab. 7: Checkliste (IFRS) bezüglich der Anhangangaben zur Folgebewertung des Goodwill

Tab. 8: Ergebnisse der empirischen Untersuchung der DAX 30- Unternehmen, die nach IFRS bilanzieren, bezüglich der Anhang- angaben zur Ermittlung und Behandlung des Unterschiedsbetrags aus der Kapitalkonsolidierung

Tab. 9: Ergebnisse der empirischen Untersuchung der DAX 30- Unternehmen, die nach US-GAAP bilanzieren, bezüglich der Anhangangaben zur Ermittlung und Behandlung des Unterschieds- betrags aus der Kapitalkonsolidierung

Tab. 10: Ergebnisse der empirischen Untersuchung der DAX 30-Unternehmen, die nach IFRS bilanzieren, bezüglich der Anhang- angaben zur Folgebewertung des Goodwill

Tab. 11: Ergebnisse der empirischen Untersuchung der DAX 30-Unternehmen, die nach US-GAAP bilanzieren, bezüglich der Anhangangaben zur Folgebewertung des Goodwill

Tab. 12: Ergebnisse der empirischen Untersuchung der Dow Jones-Unternehmen bezüglich der Anhangangaben zur Ermittlung und Be-handlung des Unterschiedsbetrags aus der Kapitalkonsolidierung

Tab. 13: Ergebnisse der empirischen Untersuchung der Dow Jones-Unternehmen bezüglich der Anhangangaben zur Folgebewertung des Goodwill

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Mit der Verabschiedung des Rechnungslegungsstandards International Financial Reporting Standard (IFRS) 3 „Business Combinations“ durch den International Accounting Standards Board (IASB) hat sich die Bilanzierung des Goodwill nach den IFRS grundlegend geändert. Ein Goodwill, der aus einem Unternehmenszusammenschluss nach dem 31.03.2004 resultiert, muss ab diesem Zeitpunkt nach den Vorschriften des IFRS 3 bilanziert werden. IFRS 3 ersetzt International Accounting Standard (IAS) 22, welcher bis dahin die Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen regelte.[1]

Im Zusammenhang mit IFRS 3 wurden die überarbeiteten Rechnungslegungsstandards IAS 36 „Impairment of Assets“ und IAS 38 „Intangible Assets“ vom IASB veröffentlicht, welche eng mit IFRS 3 verbunden sind. Sie sind seitdem in der neueren Fassung „revised 2004“ gültig.[2] IAS 36 enthält u. a. Vorschriften über den modifizierten Werthaltigkeitstest für den Goodwill im Rahmen des Impairment-Only-Approach. IAS 38 konkretisiert u. a. die Vorschriften zur Identifizierung von erworbenen immateriellen Vermögenswerten.[3]

Im Mittelpunkt der Reformen des IASB steht die Abschaffung der Interessenzusammenführungsmethode (Pooling-of-Interests Method). Sämtliche Unternehmenszusammenschlüsse, die nach IFRS 3 abgewickelt werden, müssen nach der Erwerbsmethode (Purchase Method) bilanziert werden.[4] Des Weiteren ist ein daraus resultierender Goodwill nicht mehr planmäßig abzuschreiben, sondern muss gemäß IAS 36 mindestens einmal jährlich einem Werthaltigkeitstest unterzogen werden. Die Behandlung eines negativen Unterschiedsbetrags hat sich ebenfalls geändert. Mit der Verabschiedung von IFRS3 und den Überarbeitungen von IAS 36 und IAS 38 schloss der IASB die erste Phase seines Projektes „Business Combinations“ ab.[5]

Der IASB versucht, mit den Reformen die Qualität der Rechnungslegung zu erhöhen sowie eine Konvergenz zu den bestehenden Regelungen des US-amerikanischen Financial Accounting Standards Board (FASB) zur Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen zu schaffen, um so eine bessere Vergleichbarkeit von Konzernabschlüssen zu gewährleisten.[6] Der FASB beendete den ersten Teil seines „Business Combinations“ Projektes bereits im Juni 2001 mit der Verabschiedung des Statement of Financial Accounting Standards (SFAS)[7] No. 141 „Business Combinations“ und des SFAS No. 142 „Goodwill and Other Intangible Assets“.[8] Obwohl sich der IASB durch die Verabschiedung von IFRS 3, IAS 36 und IAS 38 den Regelungen des FASB zur Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen und zur Goodwill-Bilanzierung deutlich annähert, weichen die jeweiligen Rechnungslegungsstandards des IASB und FASB zur Goodwill-Bilanzierung in einzelnen Punkten weiterhin voneinander ab.[9] An dieser Stelle sei beispielhaft auf die unterschiedliche Definition einer „Cash-Generating Unit“ und einer „Reporting Unit“, auf den einstufigen bzw. zweistufigen Werthaltigkeitstest sowie auf die verschiedenen Berechnungsmethoden zur Bewertung der Berichtseinheiten verwiesen.[10]

Ziel dieser Arbeit ist es, die bestehenden Regelungen des IASB und FASB zur Bilanzierung des Goodwill darzustellen und anschließend anhand einer empirischen Studie zu untersuchen, wie diese Bilanzierungsregeln in der Praxis umgesetzt werden. Dazu werden die Geschäftsberichte des Jahres 2004 der im Dow Jones Industrial Average[11] und im DAX 30 notierten Unternehmen auf ihre veröffentlichten Angaben bezüglich der Goodwill-Bilanzierung untersucht und bewertet.

Um das angestrebte Ziel zu erreichen, liegt der Arbeit der nachfolgend skizzierte Aufbau zugrunde:

Im zweiten Kapitel „Regelungen zur Goodwill-Bilanzierung nach IFRS und US-GAAP“ werden zunächst der Begriff des Goodwill abgegrenzt und seine möglichen Erscheinungsformen dargestellt. Ferner wird erläutert, auf welche Bestandteile der Goodwill zurückgeführt werden kann. Im Anschluss daran werden die Konzeption und der Anwendungsbereich der relevanten Standards des IASB und FASB bezüglich des Goodwill erläutert. Schwerpunkt des zweiten Kapitels ist nachfolgend die Darstellung der Regelungen zur Zugangs- und Folgebewertung des Goodwill nach IFRS und US-GAAP. Die dargestellten Regelungen bilden die Grundlage für die empirische Untersuchung der Bilanzierungspraxis von Unternehmen der Aktienindices Dow Jones und DAX30, die Gegenstand des dritten Kapitels ist.

Im Zuge des dritten Kapitels „Empirische Untersuchung der Bilanzierung des Goodwill“ wird zunächst verdeutlicht, welche bilanzielle Bedeutung der Goodwill bei den notierten Unternehmen des Dow Jones und des DAX 30 in den vergangenen Jahren besaß. Anschließend werden Checklisten entwickelt, mit denen das Publizitätsverhalten der Unternehmen bezüglich der Bilanzierung des Goodwill untersucht wird. Aus den Ergebnissen der Untersuchung werden Publizitätsindices für die im Dow Jones und die im DAX 30 notierten Unternehmen anhand ihrer veröffentlichten Anhangangaben zur Goodwill-Bilanzierung ermittelt und miteinander verglichen. Die im Zuge des Publizitätsverhaltens analysierten Anhangangaben sind für den externen Abschlussleser die einzige Informationsquelle, um Rückschlüsse auf die Bilanzierungspraxis zum Goodwill zu ziehen. Abschließend erfolgt eine kritische Beurteilung der bestehenden Regelungen der IFRS und US-GAAP zur Goodwill-Bilanzierung im Lichte der empirischen Untersuchung.

Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der gewonnenen Ergebnisse.

2 Regelungen zur Goodwill-Bilanzierung nach IFRS und US-GAAP

2.1 Vorbemerkung

In diesem Kapitel wird zunächst der Begriff des Goodwill aus investitionstheoretischer Perspektive und aus Sichtweise der Rechnungslegung nach IFRS bzw. US-GAAP abgegrenzt. Danach werden mögliche Erscheinungsformen sowie Komponenten des Goodwill dargestellt. Weiterhin wird der Anwendungsbereich der goodwillspezifischen Standards der IFRS und der US-GAAP dargelegt. Anschließend wird detailliert erläutert, wie der Goodwill aus der Kapitalkonsolidierung zum Erwerbszeitpunkt bilanziert und wie er in den Folgeperioden bewertet wird. Im Verlauf der Arbeit werden zunächst die Vorschriften der IFRS zur Goodwill-Bilanzierung dargelegt. Anschließend werden nur die wesentlichen, für diese Arbeit relevanten Unterschiede nach US-GAAP erläutert.

2.2 Begriff und Erscheinungsformen des Goodwill

Aus investitionstheoretischer Perspektive versteht man unter dem Begriff „Goodwill“ die Differenz zwischen Ertragswert und Substanzwert eines Unternehmens. Der Ertragswert ist ein Zukunftserfolgswert und bildet den Barwert aller erwarteten zukünftigen Erfolge eines Unternehmens ab. Die Ermittlung des Ertragswerts erfolgt im Rahmen einer Gesamtbewertung mit Hilfe von Discounted Cashflow (DCF) - oder Ertragswertverfahren. Dabei werden die zukünftig erwarteten Auszahlungen an die Unternehmenseigner mit einem Kalkulationszinsfuß diskontiert.[12] Im Gegensatz zum Ertragswert wird der Substanzwert eines Unternehmens durch Einzelbewertung bestimmt. Dabei ergibt sich der Substanzwert als Summe der einzelnen, bilanzierungsfähigen Vermögenswerte abzüglich der Schulden. Die einzelnen Vermögenswerte werden zu ihren jeweiligen fortgeführten Wiederbeschaffungskosten angesetzt, mit Ausnahme von nicht betriebsnotwendigen Positionen, welche mit Liquidationswerten erfasst werden.[13]

Der Goodwill schließt die Wertlücke, die aus dem Überschuss der ertragsabhängigen Gesamtbewertung gegenüber der substanzabhängigen Einzelbewertung entsteht. Falls der Ertragswert kleiner ist als der Substanzwert, entsteht ein negativer Goodwill. Wertbildende Faktoren, die im Goodwill enthalten sind, können immaterielle Werte[14] sein, die nicht konkret bilanzierungsfähig sind, aber trotzdem zu dem Erfolg eines Unternehmens beitragen. Im Substanzwert sind immaterielle Werte, die nicht in der Bilanz angesetzt werden dürfen, aber zum Unternehmenserfolg beisteuern, nicht berücksichtigt, da dieser auf Bilanzierungsfähigkeit abstellt. Neben nicht konkret ansatzfähigen immateriellen Werten kann der Goodwill auch aus einem Kapitalisierungsmehrwert resultieren. Ein Kapitalisierungsmehrwert entsteht dadurch, dass einzelne im Substanzwert enthaltene Vermögenswerte durch Bewertung zu Wiederbeschaffungskosten niedriger angesetzt sind, als es ihrer Ertragsfähigkeit auf Ebene der Gesamtunternehmung entspricht.[15]

In der Rechnungslegung wird zwischen originärem und derivativem Goodwill unterschieden. Beim originären Goodwill handelt es sich um einen selbsterstellten Firmenwert, der im Zeitverlauf durch die eigene Geschäftstätigkeit aufgebaut wurde. Komponenten des originären Goodwill eines Unternehmens sind beispielsweise: Ruf des Unternehmens, der Mandantenstamm, Qualität der Mitarbeiter, Ansehen des Vorstands.[16] Allerdings können diese Komponenten nur schwer nachgewiesen werden, sodass die Bewertung des originären Goodwill nur auf subjektiver Basis stattfinden kann. Rechnerisch ergibt sich der originäre Goodwill eines Unternehmens als Differenz zwischen Ertrags- und Substanzwert. Der derivative Goodwill entsteht im Zuge einer Unternehmensakquisition und ergibt sich beim Käufer als Differenz zwischen dem entrichteten Entgelt[17] und dem Zeitwert des übernommenen Vermögens abzüglich der Schulden. Der originäre Goodwill wird durch den für das akquirierte Unternehmen zu zahlenden Kaufpreis objektiviert und damit derivativ.[18]

In IFRS 3.51 wird der derivative Goodwill definiert als

„the excess of the cost of the business combination over the acquirer’s interest in the net fair value of the identifiable assets, liabilities and contingent liabilities.“

In den US-GAAP wird der aus einem Unternehmenszusammenschluss entstehende Goodwill wie folgt bezeichnet:

“The excess of the cost of an acquired entity over the net of the amounts assigned to assets acquired and liabilities assumed shall be recognized as an asset referred to as goodwill.“ [19]

Obwohl der Wortlaut der Definitionen nicht exakt gleich ist, gibt es hinsichtlich der Auffassung des Begriffs „Goodwill“ keinen Unterschied zwischen IFRS und US-GAAP. Nach beiden Rechnungslegungssystemen entsteht ein derivativer Goodwill, wenn die Anschaffungskosten eines Unternehmenserwerbs die Summe der beizulegenden Zeitwerte (fair values) der übernommenen identifizierbaren Vermögenswerte abzüglich der Schulden übersteigen.[20]

Je nach Art des Unternehmenszusammenschlusses entsteht der Goodwill im Einzel- oder im Konzernabschluss. Wird ein Unternehmenszusammenschluss im Zuge eines „Asset Deal“ durchgeführt, kauft das erwerbende Unternehmen sämtliche Vermögenswerte und übernimmt die Schulden eines anderen Unternehmens. Ein Goodwill kann bei einem Asset Deal nur im Einzelabschluss des Käufers bilanziert werden, da das übernommene Unternehmen seine Rechtspersönlichkeit verliert und folglich kein Konzern entsteht.[21] Nach den US-GAAP kann aus einem Asset Deal kein Goodwill resultieren.[22] Die Anschaffungskosten der Akquisition müssen vollständig auf die einzelnen erworbenen Vermögenswerte und Schulden verteilt werden (SFAS No. 142.9). Sofern bei einem Asset Deal ein „Business“[23] i. S. v. Emerging Issues Task Force (EITF)98-3 erworben wird, sind die Regelungen der US-GAAP zu Unternehmenszusammenschlüssen anzuwenden.[24] Wird ein Unternehmenserwerb durch einen „Share Deal“ verwirklicht, kauft das erwerbende Unternehmen Kapitalanteile an einem anderen Unternehmen. Im Einzelabschluss kann durch einen Share Deal kein Goodwill entstehen, da nur ein Aktivtausch stattfindet. Bei einem Share Deal bleibt die Rechtspersönlichkeit des erworbenen Unternehmens bestehen mit der Folge, dass ein Konzern entsteht. Wenn der Wert der erworbenen Anteile höher ist als der Zeitwert des Eigenkapitals, entsteht im Zuge eines Share Deals ein Goodwill, der im Konzernabschluss des erwerbenden Unternehmens ausgewiesen werden muss.[25]

In der deutschsprachigen Literatur werden für den Goodwill synonym auch die Begriffe „Geschäftswert“, „Firmenwert“, und „Geschäfts- oder Firmenwert“ verwendet. In der älteren Literatur gibt es noch Ausdrücke wie „Betriebsmehrwert“, „Kapitalisierungsmehrwert“, „Organisationsmehrwert“ oder „Faconwert“. Im Verlauf dieser Arbeit wird der Begriff „Goodwill“ verwendet, da dieser sich sowohl international als auch national durchgesetzt hat.[26]

Falls der bezahlte Kaufpreis niedriger ist als das identifizierbare Nettovermögen[27] des erworbenen Unternehmens, entsteht ein negativer Goodwill, welcher auch „passivischer Unterschiedsbetrag“, „Unternehmensminderwert“, „negativer Unterschiedsbetrag“, „Bargain Purchase“, „Excess … Over Cost“ oder auch „Excess“ genannt wird.[28]

2.3 Komponenten des Goodwill

Der derivative Goodwill ergibt sich, wie im Gliederungspunkt 2.2 dargestellt, als rechnungslegungstechnische Residualgröße aus dem Kaufpreis für das erworbene Unternehmen und dem anteiligen neubewerteten Nettovermögen. Dabei muss für den Kaufpreis nicht nur der Substanzwert des übernommenen Unternehmens berücksichtigt werden, sondern auch damit zusammenhängende Synergie- und Wachstumspotenziale, die der Erwerber durch die Akquisition verwirklichen kann. Der wirtschaftliche Inhalt des derivativen Goodwill leitet sich aus den künftig erwarteten Erträgen ab, die sich das erwerbende Unternehmen durch den Unternehmenszusammenschluss erhofft.[29]

Sowohl vom IASB als auch vom FASB wird der derivative Goodwill als aktivierungspflichtiger, immaterieller Vermögenswert mit unbestimmter Nutzungsdauer aufgefasst, der sämtliche Werttreiber beinhaltet, die für sich alleine nicht identifizierbar und nicht selbstständig ansatzfähig sind.[30] Die nachfolgende Abbildung 1 veranschaulicht die Komponenten, die laut IASB und FASB als Ursache für das Entstehen eines derivativen Goodwill herangezogen werden können.[31]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Komponenten des derivativen Goodwill nach IASB / FASB

Quelle: Wirth, J.: Firmenwertbilanzierung (2005), S. 186.

Die Komponenten (3) und (4) werden sowohl vom IASB als auch vom FASB als „Core Goodwill“ bezeichnet und sind die theoretisch einzig richtigen Bestandteile, die als Entstehungsursache für den derivativen Goodwill im Zuge der Erwerbsmethode herangezogen werden können. Komponente (4) wird als „Going Concern Goodwill“ bezeichnet und entspricht der Differenz zwischen der Summe der Einzelwerte und dem Gesamtwert des erworbenen Unternehmens. Das akquirierte Unternehmen erzielt Kapitalisierungsmehrwerte, indem es sein Nettovermögen im Verbund einsetzt, anstatt die einzelnen Vermögenswerte separat zu betreiben.[32] Dadurch hat das Unternehmen als Ganzes auf „stand alone-Basis“ einen höheren Wert als die Summe der einzelnen beizulegenden Zeitwerte der Vermögenswerte und Schulden. Dieser Differenzbetrag enthält Faktoren des originären Goodwill des übernommenen Unternehmens wie z. B. Standortvorteile, Qualität der Mitarbeiter oder den Kundenstamm.[33]

Komponente (3), welche als „Synergie Goodwill“ bezeichnet wird, beinhaltet zukünftige Erfolgserwartungen durch Synergieeffekte, die durch den Unternehmenszusammenschluss bei der Zusammenlegung von Geschäftstätigkeiten für das erwerbende Unternehmen entstehen.[34] Der Synergie Goodwill kann z.B. durch Skaleneffekte, die Vereinigung von Zentralbereichen, eine verbesserte Marktposition oder die Übertragung von Know-how erklärt werden. Er beinhaltet demnach quantifizierte Verbundeffekte, die sich das erwerbende Unternehmen durch die Akquisition erhofft.[35]

Komponente (1) kann dadurch entstehen, dass der Erwerber das vorhandene Synergiepotential überschätzt. In diesem Fall berücksichtigt der Erwerber nicht nur finanzielle Ziele bei der Ermittlung des Kaufpreises, sondern zahlt z.B. aufgrund von Machtinteressen des Managements einen Kaufpreis, der größer ist als der Ertragswert des erworbenen Unternehmens (Zahlungen „à fonds perdu“). Bei Komponente (2) wird die Gegenleistung für den Kauf des Unternehmens zu hoch bewertet, was vor allem bei einem Unternehmenserwerb gegen die Ausgabe von Aktien möglich ist, da diese unterschiedlich bewertet werden können (z. B. Stichtagskurs oder Durchschnittskurs). Die Komponenten (1) und (2) können bei theoretischer Sichtweise nicht als Bestandteile des derivativen Goodwill angesehen werden, weil sie durch Bewertungsfehler entstehen und keine Gründe für künftige Übergewinne hergeben.[36]

Die Komponenten (5) und (6) sind auf Bewertungsfehler bei der Kaufpreisallokation zurückzuführen. Beide Komponenten werden nur deswegen identifiziert, da in der Praxis die erworbenen Vermögenswerte und Schulden nicht immer mit dem beizulegenden Zeitwert bewertet wurden. Nach der Erwerbsmethode müssen jedoch beim Erwerber alle Vermögenswerte und Schulden einzeln mit ihrem beizulegenden Zeitwert bewertet werden, unabhängig davon, ob sie in der Bilanz des erworbenen Unternehmens angesetzt wurden. Sie sind folglich keine Bestandteile des Core Goodwill, da sie in dem identifizierbaren Nettovermögen erfasst sein müssten.[37]

2.4 Anwendungsbereich von IFRS 3 sowie von SFAS No. 141 und SFAS No. 142

Ein Unternehmenszusammenschluss wird in IFRS 3.4 als Zusammenführung von Unternehmen oder betrieblichen Teileinheiten zu einem berichtenden Unternehmen (Reporting Entity) definiert. Dabei muss das akquirierende Unternehmen einen kontrollierenden Einfluss über das erworbene Unternehmen erlangen. Beachtet werden muss, dass die übernommenen betrieblichen Teileinheiten ein „Business“ darstellen müssen, da andernfalls kein Unternehmenszusammenschluss gemäß IFRS 3 vorliegt.[38] Ein Business im Sinne von IFRS 3 ist eine Verbindung von Vermögenswerten und Aktivitäten, die Ressourcen im Rahmen von Prozessen einsetzen, um Erträge zu erwirtschaften, Kosten zu senken oder einen anderen ökonomischen Vorteil für die Investoren zu generieren.[39]

IFRS 3 ist auf die Bilanzierung sämtlicher Unternehmenszusammenschlüsse anzuwenden, die am oder nach dem 31.03.2004 abgeschlossen wurden, und gilt sowohl für Asset Deals als auch für Share Deals. Nicht unter den Anwendungsbereich des IFRS 3 fallen Zusammenschlüsse von Unternehmen bzw. betrieblichen Teileinheiten, die zu einem Joint Venture zusammengeführt werden sollen, sowie Unternehmenszusammenschlüsse unter gemeinschaftlicher Beherrschung (entities under common control).[40] Auch Zusammenschlüsse von Gegenseitigkeitsgesellschaften (mutual entities) und Unternehmen, die nur auf vertraglicher Basis für Berichtszwecke zusammengefasst werden, ohne dass Eigenkapitalanteile erworben werden (reporting entities by contract alone without the obtaining of an ownership interest), fallen gemäß IFRS 3.3 nicht unter den Geltungsbereich des Standards. Diese Unternehmenszusammenschlüsse werden entweder in einem anderen Standard geregelt oder in späteren Phasen des „Business Combinations“ Projektes des IASB behandelt.[41]

Für bereits bilanziell erfasste Goodwill, die aus Unternehmenszusammenschlüssen vor dem 31.03.2004 entstanden sind, wird die planmäßige Abschreibung zwingend zu Beginn des ersten Geschäftsjahres nach dem 31.03.2004 ausgesetzt und durch den Impairment-Only-Approach ersetzt. Allerdings ist es gemäß IFRS 3.85 auch möglich, die planmäßigen Goodwill-Abschreibungen früher auszusetzen.[42] Das vorzeitige Aussetzen der planmäßigen Goodwill-Abschreibung ist mit der begrenzten retrospektiven Anwendung von IFRS 3 verbunden (limited retrospective application). Die retrospektive Anwendung bedeutet, dass sämtliche Unternehmenszusammenschlüsse ab einem vom Unternehmen beliebig gewählten Zeitpunkt vor Inkrafttreten des IFRS 3 rückwirkend nach IFRS 3, IAS 36 und IAS 38 abgebildet werden.[43] Voraussetzung für die rückwirkende Anwendung ist, dass alle gemäß IFRS 3, IAS 36 und IAS 38 notwendigen Informationen und Bewertungsgutachten für die ab dem ausgewählten Zeitpunkt erfolgten Unternehmenszusammenschlüsse vorliegen. Ein Goodwill, der aus retrospektiv umgestellten Unternehmenszusammenschlüssen resultiert, wird nicht mehr planmäßig abgeschrieben, sondern muss rückwirkend jährlich auf Werthaltigkeit geprüft werden.[44] Ein negativer Unterschiedsbetrag, der durch Unternehmenszusammenschlüsse vor Inkrafttreten von IFRS 3 entstanden ist, muss in dem ersten Geschäftsjahr nach dem 31.03.2004 erfolgsneutral gegen die Gewinnrücklagen aufgelöst werden.[45]

Nach den US-GAAP wird in SFAS No. 141.9 ein Unternehmenszusammenschluss definiert als „ an entity acquires net assets that constitute a business or acquires equity interests of one or more other entities and obtains control over that entity or entities.”

SFAS No. 141 musste erstmalig auf Unternehmenszusammenschlüsse angewandt werden, die nach dem 30.06.2001 abgeschlossen wurden. Dagegen ist SFAS No. 142 erst für Geschäftsjahre, die nach dem 15.12.2001 begonnen haben, verbindlich. Allerdings mussten einige akquisitionsspezifische Regelungen des SFAS No. 142 auch schon für Unternehmenszusammenschlüsse angewendet werden, die nach dem 30.06.2001 veranlasst und vor dem 15.12.2001 abgeschlossen wurden. Damit soll der einheitliche Gebrauch beider Standards garantiert werden.[46]

In den Anwendungsbereich des SFAS No. 141 fallen sämtliche Arten von Unternehmenszusammenschlüssen, die über ein Asset oder Share Deal abgewickelt werden. Dabei muss der Erwerber die Kontrolle über das akquirierte Unternehmen erlangen. Unternehmenszusammenschlüsse, bei denen mindestens ein Unternehmen eine Organisation ohne Gewinnerzielungsabsicht (not-for-profit organization) ist, sowie Gemeinschaftsunternehmen fallen nicht in den Anwendungsbereich des SFAS No. 141. Ferner beinhaltet SFAS No. 141 Vorschriften bezüglich der Bilanzierung des Goodwill im Erwerbszeitpunkt.[47] Gegenstand von SFAS No. 142 ist die Bilanzierung des Goodwill in den Folgeperioden. Auch die Bilanzierung sonstiger erworbener immaterieller Vermögenswerte fällt in seinen Anwendungsbereich. SFAS No. 142 gilt auch für Organisationen ohne Gewinnerzielungsabsicht.[48]

2.5 Ermittlung des Unterschiedsbetrags aus der Kapitalkonsolidierung

2.5.1 Vorbemerkung

Wie bereits erwähnt, muss gemäß SFAS No. 141.13 bzw. IFRS 3.14 bei einem Unternehmenszusammenschluss die Kapitalkonsolidierung im Zuge der Erwerbsmethode durchgeführt werden (vgl. folgende Abb. 2). Die Kapitalkonsolidierung hat die Aufgabe, den Beteiligungsbuchwert des Mutterunternehmens im Erwerbszeitpunkt mit dem anteilig erworbenen Eigenkapital des Tochterunternehmens zu verrechnen, um Doppelerfassungen zu vermeiden.[49] Das Verfahren der Erwerbsmethode erstreckt sich auf drei Teilschritte (IFRS3.16):[50]

- Ermittlung des Erwerbers des Unternehmenszusammenschlusses (IFRS 3.17-23; SFAS No. 141.15-19),
- Bestimmung der Anschaffungskosten des Unternehmenszusammenschlusses (IFRS 3.24-35; SFAS No. 141.20-34) und
- Aufteilung der Anschaffungskosten auf die erworbenen Vermögenswerte und Schulden (IFRS 3.36-57; SFAS No. 141.35-50).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Konzeption der Erwerbsmethode nach IFRS 3

Quelle: Wirth, J.: Firmenwertbilanzierung (2005), S. 111.

2.5.2 Ermittlung des Erwerbers

Bevor die Anschaffungskosten des Unternehmenszusammenschlusses sowie das identifizierbare Nettovermögen des erworbenen Unternehmens als Determinanten des Goodwill ermittelt werden können, ist zuerst der Erwerber bzw. das erworbene Unternehmen zu identifizieren.[51]

Die Konzeption der Erwerbsmethode sieht vor, dass der Unternehmenszusammenschluss aus der Perspektive des erwerbenden Unternehmens durchgeführt wird. Dies erfordert, dass in jedem Fall ein Erwerber identifiziert werden muss.[52] Bei dem Erwerber handelt es sich um das Unternehmen, das einen beherrschenden Einfluss über ein anderes Unternehmen erhält und somit die Finanz- und Geschäftspolitik von diesem bestimmen kann (IFRS 3.19).[53] Falls ein Unternehmen mehr als die Hälfte der Stimmrechte besitzt, wird eine Beherrschung widerlegbar vermutet. Auch wenn ein Unternehmen nicht mehr als 50% der Stimmrechtsanteile eines anderen erwirbt, kann ein kontrollierender Einfluss vorliegen. Gemäß IFRS 3.19 deuten dann folgende Umstände auf ein faktisches Kontrollverhältnis hin, wenn ein Unternehmen die Macht hat[54]

- durch Verträge mit anderen Gesellschaftern mehr als die Hälfte der Stimmrechte auszuüben,
- die Finanz- und Geschäftspolitik aufgrund einer Satzung oder einer Vereinbarung zu bestimmen,
- die Mehrheit der Mitglieder eines Leitungsorgans zu bestellen oder abzuberufen oder
- die Mehrheit der Stimmen bei den Sitzungen der Leitungsorgane abzugeben.

Falls ein Erwerber nicht eindeutig identifiziert werden kann, können die in IFRS 3.20 genannten Anhaltspunkte zu Hilfe genommen werden. Demnach wird das Unternehmen als Erwerber identifiziert, das[55]

- den größeren beizulegenden Zeitwert des Nettovermögens (d. h. Unternehmenswert) der beteiligten Unternehmen aufweist,
- Zahlungsmittel oder andere Vermögenswerte gewährt, um Stammaktien mit Stimmrecht zu erlangen oder
- die Besetzung des Managements nach dem Unternehmenszusammenschluss bestimmen kann.

Nach den US-GAAP wird ebenfalls verlangt, dass das erwerbende Unternehmen die Kontrolle über das erworbene Unternehmen erlangt (SFAS No.141.9). Im Gegensatz zu den IFRS enthalten die US-GAAP aber keine Begriffsbestimmung des beherrschenden Einflusses. Die Vermutung der Beherrschung stellt hauptsächlich auf die Mehrheit der Stimmrechte ab. Dass ein beherrschender Einfluss über ein anderes Unternehmen nur durch vertragliche Vereinbarungen erlangt wird, ist nach US-GAAP nicht möglich. Nur in speziellen Ausnahmefällen kann ein beherrschender Einfluss durch vertragliche Vereinbarungen erlangt werden (EITF 97-2).[56]

Auch die US-GAAP liefern im Rahmen von SFAS No. 141.17 Anhaltspunkte zur Identifizierung des Erwerbers. Danach werden folgende Kriterien als Hilfestellung herangezogen:[57]

- das Verhältnis der Stimmrechte im neu entstandenen Unternehmen,
- das Vorhandensein einer großen Minderheit, die mehr Stimmrechte besitzt als die restlichen Anteilseigner,
- die personelle Konstellation des Aufsichtsrats bzw. der Geschäftsführung,
- die Zahlung eines Kaufpreises, der höher ist als der Marktpreis der gekauften Anteile.

Eine besondere Form eines Unternehmenszusammenschlusses stellt der umgekehrte Unternehmenserwerb (reverse acquisition) dar. Bei einem umgekehrten Unternehmenserwerb weist das erworbene Unternehmen zum Erwerbszeitpunkt einen höheren beizulegenden Zeitwert auf als das erwerbende Unternehmen. Ein umgekehrter Unternehmenserwerb liegt z. B. vor, wenn sich ein größeres nicht-börsennotiertes Unternehmen von einem kleineren börsennotierten Unternehmen übernehmen lässt, um so eine Börsennotierung zu erhalten.[58] Obwohl der Konzernabschluss formal unter dem Namen des kleineren Unternehmens erstellt werden muss, verfügt das größere Unternehmen nach Abschluss des Erwerbsvorgangs über die Mehrheit am neu entstandenen Unternehmen und gilt für bilanzielle Zwecke als Erwerber. Die Vermögenswerte und Schulden der juristischen Muttergesellschaft werden zu ihrem beizulegenden Zeitwert angesetzt, während die des wirtschaftlichen Erwerbers zum Buchwert bewertet werden (IFRS 3.21 und IFRS 3.B1-B3; SFAS No.141.17).[59]

2.5.3 Bestimmung der Anschaffungskosten

Im zweiten Schritt der Erwerbsmethode müssen die Anschaffungskosten des Unternehmenserwerbs ermittelt werden. Diese setzen sich aus dem Anschaffungspreis der Beteiligung zum Erwerbszeitpunkt und den mit dem Unternehmenszusammenschluss direkt verbundenen Kosten zusammen.[60] Der Erwerbszeitpunkt ist der Tag, an dem das erwerbende Unternehmen einen beherrschenden Einfluss über das erworbene Unternehmen erhält.[61] Falls ein sukzessiver Unternehmenserwerb vorliegt, ist der Erwerbszeitpunkt der Tag, an dem das erwerbende Unternehmen zum ersten Mal die Beherrschung über das erworbene Unternehmen erlangt (IFRS 3.25).[62]

[...]


[1] Vgl. Pisoke, M.: IFRS 3 Business Combinations (2005), S. 97.

[2] Im Folgenden wird auf den Zusatz „revised 2004“ verzichtet.

[3] Vgl. Ammann, H. / Müller, S.: IFRS (2006), S. 119-120.

[4] Vgl. Grüneberger, D.: IAS/IFRS (2006), S. 272.

[5] Vgl. Kümpel, T. / Susnja, M.: Goodwillbilanzierung nach IFRS 3 (2005), S. 75.

[6] Vgl. Heidemann, C.: Kaufpreisallokation (2005), S. 1-2.

[7] SFAS No. 141 und SFAS No. 142 bilden die rechtliche Grundlage für die Goodwill-Bilanzierung nach den United States Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP).

[8] Vgl. Deloitte (Hrsg.): IFRS 3 (2004), S. 1-2.

[9] Vgl. Lüdenbach, N. / Hoffmann, W. D.: Implementierung des Goodwill-Impairment-Tests (2004), S. 1068-1069.

[10] Vgl. Epstein, R. / Pellens, B. / Ruhwedel, P.: Goodwill bilanzieren und steuern (2005), S. 2.

[11] Im Folgenden nur noch als Dow Jones bezeichnet.

[12] Vgl. Esser, M.: Goodwillbilanzierung nach SFAS 141/142 (2005), S. 6-11.

[13] Vgl. Scheiber, H: Goodwill im internationalen Vergleich (2001), S. 29.

[14] Immaterielle Werte sind dadurch charakterisiert, dass sie über keine körperliche Substanz verfügen und nicht einzeln messbar sind. Beispiele für immaterielle Werte sind: Ruf eines Unternehmens, Patente, Mitarbeiter-Know-how, günstige Verkehrsanbindung etc.

[15] Vgl. Scheiber, H: Goodwill im internationalen Vergleich (2001), S. 29-30.

[16] Vgl. Kresse, W. / Leuz, N.: Internationale Rechnungslegung (2005), S. 160.

[17] Das Entgelt muss nicht zwingend aus einer Geldleistung, sondern kann auch aus der Hingabe anderer Vermögenswerte oder anderer Leistungen, wie z. B. Aktien, bestehen.

[18] Vgl. Buchholz, R.: Internationale Rechnungslegung (2005), S. 74.

[19] SFAS No. 141.43.

[20] Vgl. Dusemond, M. / Harth, H.-J. / Heusinger, S.: Rechnungslegung (2005), S. 64.

[21] Vgl. Pellens, B. / Fülbier, R. U. / Gassen, J.: Internationale Rechnungslegung (2004), S.624-625.

[22] Eine andere Auffassung hat Esser, der die Meinung vertritt, dass auch nach US-GAAP aus einem Asset Deal ein Goodwill im Einzelabschluss entstehen kann. Vgl. Esser, M.: Goodwillbilanzierung nach SFAS 141/142 (2005), S. 75.

[23] Ein Business im Sinne des EITF 98-3 ist ein selbstständiges Bündel von Aktivitäten, die Leistungen erzeugen und diese an Dritte abgeben, um Erträge zu generieren.

[24] Vgl. Hayn, S. / Waldersee, G.: IFRS / US-GAAP / HGB im Vergleich (2005), S. 110.

[25] Vgl. Buchholz, R.: Internationale Rechnungslegung (2005), S. 74.

[26] Vgl. Esser, M.: Goodwillbilanzierung nach SFAS 141/142 (2005), S. 6-7.

[27] Unter dem Nettovermögen versteht man den Saldo zwischen den identifizierbaren Vermögenswerten und Schulden. Diese Differenzgröße entspricht dem Eigenkapital und wird auch als Reinvermögen bezeichnet.

[28] Vgl. Esser, M.: Goodwillbilanzierung nach SFAS 141/142 (2005), S. 16.

[29] Vgl. Wirth, J.: Firmenwertbilanzierung (2005), S.183.

[30] Vgl. Bieker, M. / Esser, M.: Goodwillbilanzierung (2004), S. 449-451.; Alvarez, M. / Biberacher, J.: Goodwill-Bilanzierung (2002), S. 347.

[31] Der originäre Goodwill besteht bis auf (1) (2) und (3) aus denselben Komponenten, wurde indes nur nicht durch einen Kaufpreis objektiviert.

[32] Vgl. Hachmeister, D. / Kunath, O.: Bilanzierung des Geschäfts- oder Firmenwerts, (2005), S. 64-65.

[33] Vgl. Wirth, J.: Firmenwertbilanzierung (2005), S. 187-188.

[34] Vgl. Schultze, W. / Hirsch, C.: Goodwill-Bilanzierung (2005), S.108.

[35] Vgl. Richter, M.: Die Bewertung des Goodwill (2004), S. 32-33.

[36] Vgl. Esser, M.: Goodwillbilanzierung nach SFAS 141/142 (2005), S. 155.

[37] Vgl. Richter, M.: Die Bewertung des Goodwill (2004), S. 27-28.

[38] Vgl. Watrin, C. / Strohm, C. / Struffert, R.: Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen nach IFRS (2004), S. 1451.

[39] Vgl. Kunath, O.: Kaufpreisallokation (2005), S. 110-111.

[40] Vgl. Pellens, B. / Fülbier, R. U. / Gassen, J.: Internationale Rechnungslegung (2004), S. 623-624.

[41] Vgl. Glaum, M. / Vogel, S.: IFRS 3 (2004), S. 44-45.

[42] Vgl. Zülch, H.: IFRS 3 (2004), S. 338.

[43] Vgl. Hachmeister, D. / Kunath, O.: Bilanzierung des Geschäfts- oder Firmenwerts (2005), S. 63.

[44] Vgl. Küting, K. / Gattung, A. / Wirth, J.: Zeitpunkt der erstmaligen Aussetzung der planmäßigen Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwerts nach IFRS 3 (2004), S. 248.

[45] Vgl. Kirsch, H.: Rechnungslegung nach IAS/IFRS (2006), S. 254.

[46] Vgl. Esser, M.: Goodwillbilanzierung nach SFAS 141/142 (2005), S. 73-74.

[47] Vgl. Brücks, M. / Wiederhold, P.: IFRS 3 (2004), S. 178.

[48] Vgl. Pfeil, O. P. / Vater, H. J.: „Die kleine Unternehmensbewertung“ (2002), S. 70.

[49] Vgl. Pellens, B. / Fülbier, R. U. / Gassen J.: Internationale Rechnungslegung (2004), S.633-634.

[50] Vgl. Lopatta, K. / Wiechen, L.: Bilanzierungsvorschriften nach IFRS 3 (2004), S. 535.

[51] Vgl. Heidemann, C.: Kaufpreisallokation (2005), S. 36.

[52] Vgl. Winkeljohann, N.: Rechnungslegung nach IFRS (2006), S. 336-337.

[53] Vgl. Heyd, R. / Lutz-Ingold, M.: Goodwill nach IFRS (2005), S. 139-140.

[54] Vgl. Heidemann, C.: Kaufpreisallokation (2005), S. 37.

[55] Vgl. Schmidbauer, R.: IFRS 3 (2005), S. 122.

[56] Vgl. Dusemond, M. / Harth, H.-J. / Heusinger, S: Rechnungslegung (2005), S. 320-321.

[57] Vgl. Born, K.: Rechnungslegung international (2005), S. 539.

[58] Vgl. Weiser, F. M.: Abbildung umgekehrter Unternehmenserwerbe (2005), S.489-490.

[59] Vgl. Pellens, B. / Fülbier, R. U. / Gassen, J.: Internationale Rechnungslegung (2004), S. 650.

[60] Vgl. Küting, K. / Wirth, J.: IFRS 3 (2004), S. 169.

[61] Vgl. Coenenberg, A.: Jahresabschluss (2005), S. 651.

[62] Vgl. Ebeling, M. / Gassmann, J. / Rothenstein, M.: Konsolidierungstechnik beim sukzessiven Unternehmenserwerb nach IFRS 3 (2005), S. 1031.

Ende der Leseprobe aus 136 Seiten

Details

Titel
Die Bilanzierung des Goodwill aus der Kapitalkonsolidierung nach IFRS und US-GAAP
Untertitel
Eine empirische Untersuchung der Bilanzierungspraxis anhand ausgewählter Geschäftsberichte von Unternehmen der Aktienindices Dow Jones und DAX 30
Hochschule
Universität Paderborn
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
136
Katalognummer
V80738
ISBN (eBook)
9783638833738
ISBN (Buch)
9783638833783
Dateigröße
1028 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bilanzierung, Goodwill, Kapitalkonsolidierung, IFRS, US-GAAP
Arbeit zitieren
Christoph Lersmacher (Autor:in), 2006, Die Bilanzierung des Goodwill aus der Kapitalkonsolidierung nach IFRS und US-GAAP, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80738

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