Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsprüfung. Anforderungen an den Wirtschaftsprüfer zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Abschlussprüfung


Seminararbeit, 2007

43 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Darstellungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Unregelmäßigkeiten in der Rechnungslegung
2.1 Unrichtigkeiten (ERROR)
2.2 Verstöße (FRAUD)
2.3 Sonstige Gesetzesverstöße

3 Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten

4 Kritische Grundhaltung des Abschlussprüfers

5 Prüfungshandlung zur Risikoerkennung und –beurteilung
5.1 Risikoanalyse als Ausgangspunkt der Prüfungsplanung
5.2 Erörterung im Prüfungsteam
5.3 Befragung der gesetzlichen Vertreter und anderer Führungskräfte
5.5 Einschätzung der Risikofaktoren mit Hilfe verschiedener Verfahren
5.5.1 Red Flags
5.5.2 Fraud Risk Assessment Tool
5.5.3 Analytische Prüfungshandlungen
5.5.3.1 Einfache Rechenmodelle
5.5.3.2 Trendanalyse
5.5.3.3 Kennzahlenanalyse
5.5.4 Arbeitshilfen des ISA 240 und IDW EPS 210 (n.F.)

6 Maßnahmen und Prüfungshandlungen zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten
6.1 Auswahlverfahren
6.2 Analyse der Datenbestände
6.3 Einzelfallprüfungen
6.3.1 Inventurbeobachtungen
6.3.2 Versendung von Saldenbestätigungen
6.3.3 Versendung von Bankbestätigungen
6.4 Arbeitshilfen des ISA 240 und IDW EPS 210 (n.F.)

7 Maßnahmen bei Vermutung oder Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten
7.1 Maßnahmen bei Unrichtigkeiten und Verstöße
7.1.1 Erweiterte Prüfungspflicht
7.1.2 Mitteilungspflichten
7.1.3 Dokumentationspflichten
7.1.4 Pflicht zur Berichterstattung im Prüfungsvermerk und Bestätig- ungsvermerk
7.2 Maßnahmen bei sonstige Gesetzesverstöße
7.3 Kündigung des Prüfungsauftrages

8 Fazit

Anhang I: Red Flags im IDW PS 210
Anhang II: Die 44 wichtigsten Fragen
Anhang III: Anhang 1 des ISA 240 und IDW EPS 210 (n.F.)
Anhang IV: Anhang 2 des ISA 240 und IDW EPS 210 (n.F.)
Anhang V: Anhang 3 des ISA 240 und IDW EPS 210 (n.F.)

Literaturverzeichnis
Rechtsquellenverzeichnis
Internetquellen
Ehrenwörtliche Erklärung

Darstellungsverzeichnis

Darstellung 1: Datenbeziehungen zwischen abhängigen und unabhängigen

Variablen..

Darstellung 2: Auswirkungen von Unregelmäßigkeiten auf Kennzahlen

Darstellung 3: Beispiel eines Auswahlplans nach dem Verfahren der geschichteten Auswahl

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Aufgrund teilweise spektakulärer Betrugsfälle, sind Verstöße in den letzten Jahren immer häufiger Gegenstand öffentlicher Diskussion geworden. In Deutschland waren Fälle wie Balsam/Procedo, Flowtex und Comroad letztlich nur einige Beispiele für eine neue Dimension der Betrugsfällen bei denen Bilanzen, teilweise unter Beteiligung des Managements, mit höchster krimineller Energie gefälscht wurden, zum Schaden von Gläubigern und Kleinaktionäre.[1] Selbst wenn die genannten Beispiele Einzelfälle sind, die aufgrund des hohen Schadensausmaßes und der Vielzahl der Geschädigten, eine dementsprechend hohe Öffentlichkeitswirkung haben, ist festzustellen dass Verstöße im Unternehmen immer häufiger werden. Die Öffentlichkeit wirft den Wirtschaftsprüfern vor tatenlos zuzusehen zu haben und vor allem der Kapitalmarkt fragt sich was das Testat des Wirtschaftsprüfers noch Wert ist.[2]

2005 führte Pricewaterhouse Coopers eine Umfrage in deutschen Unternehmen durch. Bei dieser Befragung kam es für den Berufsstand des Wirtschaftsprüfers zu einem sehr schlechten Ergebnis, denn bei allen aufgedeckten Delikten, konnte die externe Revision lediglich mit einem Prozent bei der Entdeckung beitragen.[3] Die geringe Aufdeckungsquote von Unregelmäßigkeiten in Unternehmen durch den Wirtschaftsprüfer und die öffentlich gewordenen Bilanzskandale, haben dem Ansehen des Wirtschaftsprüfers schweren Schaden zufügt.

Zwischen den Erwartungen der Öffentlichkeit an die Prüfung und die tatsächlich erbrachten Leistungen der Abschlussprüfung entsteht eine immer größer werdende Lücke, diese immer größer werdende „Erwartungslücke“ hat die Branche aufgerüttelt. Die Legislative reagierte mit zahlreichen Regulierungsbestrebungen und Gesetzesänderungen, die einerseits dazu dienen sollten, die Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers für die Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten zu definieren und andererseits das Vertrauen in die Qualität der Rechnungslegung und der Abschlussprüfung zu stärken. 2004 wurde bspw. das Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen (Bilanzkontrollgesetz – BilKoG) erlassen, die Grundlage für eine Enforcement-Einrichtung (Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung).[4] 2005 veröffentlichte das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) den Entwurf des Prüfungsstandards (IDW EPS) 210, Zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Abschlussprüfung der damit den Standard on Auditing (ISA) 240, Die Verantwortung des Abschlussprüfers zur Berücksichtigung von Verstößen (fraud) im Rahmen der Abschlussprüfung in nationales Recht überführt.[5] Das Ziel des IDW EPS 210 ist es die Wirksamkeit der Prüfungshandlungen im Umgang mit Risikofaktoren für Verstöße zu verbessern und die Erwartungslücke zu minimieren. Doch noch weitere mögliche Maßnahmen stehen momentan noch zur Diskussion beispielsweise ob die Rotation der testierenden Prüfer von bisher sieben Jahre auf fünf Jahre herab gesetzt werden soll. Aber auch ein Verbot des Prüfers weitere Funktionen oder Beratungsleistungen für das zu prüfende Unternehmen zu erbringen, um so die Objektivität nicht zu beeinträchtigen, stehen zur Diskussion.[6] Denn auch solche Maßnahmen könnten in der Praxis dazu führen die Erfolgsquote bei der Aufdeckung von dolosen Handlungen[7] in der Abschlussprüfung zu erhöhen.

Ziel dieser Arbeit ist es, auf Grundlage der gesetzlichen und berufständischen Rahmenbedingungen die Verfahrensweisen und Möglichkeiten des Abschlussprüfers darzulegen, mit denen dieser in der Lage ist, Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Jahresabschlussprüfung mit einer hohen Erfolgsquote aufzudecken.

2 Unregelmäßigkeiten in der Rechnungslegung

2.1 Unrichtigkeiten (ERROR)

Unrichtigkeiten stellen unbeabsichtigte falsch Angaben im Jahresabschluss und/oder Lagebericht dar, wie bspw. Schreib- oder Rechenfehler, unzutreffende Schätzungen aufgrund eines falsch interpretierten Sachverhalts oder das unbeabsichtigte Übersehen eines Sachverhaltes.[8]

2.2 Verstöße (FRAUD)

Verstöße sind - im Gegensatz zu Unrichtigkeiten - beabsichtigte Handlungen einer oder mehrerer Personen.[9][10] Erfahrungsgemäß treten Verstöße dann auf, wenn drei Bedingungen gleichzeitig gegeben sind. Diese drei Bedingungen sind Anreiz oder Druck, eine Gelegenheit zur Durchführung und eine gewisse innere Rechtfertigung für die Handlung[11]. Für den Abschlussprüfer sind zwei Arten von beabsichtigt falschen Angaben von Bedeutung, dies ist zum einen die Manipulation der Rechnungslegung (Täuschung) und zum anderen die Vermögensschädigung.[12] Ziel von Täuschungen ist es ein Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertraglage vorzutäuschen, welches nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspricht. Methoden sind hier, falsche Periodenabgrenzung, Umsatz- und Ertragsmanipulation, Vertuschung von Verbindlichkeiten oder Aufwendungen, Über- bzw. Unterbewertung oder die Verbuchung Imaginärer Wirtschaftsgüter. Vermögensschädigungen lassen sich differenzieren in die Entwendung monetärer oder sonstiger Vermögensgegenstände und in Herbeiführung unberechtigter Auszahlungen.[13]

2.3 Sonstige Gesetzesverstöße

Unter den sonstigen Gesetzesverstößen werden alle sowohl unbeabsichtigte aber auch beabsichtigte dolose Handlungen oder Unterlassungen zusammengefasst, die gegen Gesetze, sonstige Vorschriften oder Satzungen bzw. Gesellschaftsverträge verstoßen und nicht zu falschen Angaben in der Rechnungslegung führen.[14]

3 Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten

Schon die Regelprüfung legt in den §§ 317 Abs.1 Nr.3 und § 264 Abs.2 Handelsgesetzbuch (HGB) fest, dass die Abschlussprüfung so anzulegen ist, dass Unrichtigkeiten und Verstöße bei gewissenhafter Berufsausübung erkannt werden und über solche Gegebenheiten im Bestätigungsvermerk und im Prüfungsbericht berichtet werden muss. Bei amtlich notierten Aktiengesellschaften besteht gem. § 317 Abs.4 HGB zusätzlich eine Prüfungspflicht des Abschlussprüfers, ob der Vorstand seiner Verpflichtung gem. § 91 Abs.2 Aktiengesetz (AktG) nachgekommen ist und geeignete Maßnahmen zur Früherkennung von Risiken getroffen hat, die den Fortbestand des Unternehmens gefährden.[15] Diese gesetzlichen Pflichten werden durch die IDW Prüfungsstandards weiter ausgestaltet.[16]

4 Kritische Grundhaltung des Abschlussprüfers

Vom Abschlussprüfer wird gefordert während des gesamten Verfahrens eine kritische Grundhaltung zu wahren. Die kritische Grundhaltung eines Prüfers erfordert ein ständiges Hinterfragen, ob die erlangten Informationen und Prüfungsnachweise Hinweise auf Verstöße enthalten. Der Abschlussprüfer muss ungeachtet seiner bisherigen Erfahrungen im Hinblick auf die Ehrlichkeit und die Integrität der gesetzlichen Vertreter und anderer Führungskräfte sowie der Mitglieder des Aufsichtsorgans des Unternehmens jederzeit die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass Verstöße begangen werden können, er also getäuscht werden kann.[17]

5 Prüfungshandlung zur Risikoerkennung und –beurteilung

5.1 Risikoanalyse als Ausgangspunkt der Prüfungsplanung

Der Abschlussprüfer muss während der Prüfung, begleitend das Risiko von Unregelmäßigkeiten in sein Prüfungsvorgehen einbeziehen. Deshalb muss der Prüfer seinen Prüfungsansatz anpassen, sobald ein erhöhtes Risiko wesentlich falscher Angaben in der Rechnungslegung durch Unrichtigkeiten und Verstöße besteht, selbst wenn nur Anzeichen dafür vorliegen.[18] Ausgangspunkt der Prüfungsplanung ist daher immer zuerst eine Analyse ob ein Risiko im Unternehmen besteht das es zu Unregelmäßigkeiten im Abschluss kommt und wie hoch dieses Risiko ist.[19]

5.2 Erörterung im Prüfungsteam

Während der Prüfungsplanung wird zunächst mit dem gesamten Prüfungsteam die Anfälligkeit des geprüften Unternehmens für wesentliche Fehlaussagen im Abschluss diskutiert und so eine erste Prognose über das Risiko von Fraud im Jahresabschluss getroffen. Ziel ist es zu erörtern in welchen Bereichen des Unternehmens eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Unrichtigkeiten besteht, wie Verstöße begangen werden können und wer aus dem Prüfungsteam besondere Befragungen durchführt. Die Diskussion im Prüfungsteam sollte ein offener Austausch von Ideen und Einschätzungen auf der Basis einer kritischen und hinterfragenden Grundhaltung sein.[20]

5.3 Befragung der gesetzlichen Vertreter und anderer Führungskräfte

Der Abschlussprüfer hat die Pflicht gesetzliche Vertreter und andere Führungskräfte über mögliche Verstöße zu befragen. Die Ziele dieser Befragung sind ein Verständnis davon zu bekommen, wie das Management das Risiko von Unrichtigkeiten und Verstößen einschätzt und welche Maßnahmen es im internen Kontrollsystem eingerichtet hat um diesen zu begegnen. Außerdem ist durch diese Befragung festzustellen ob und wie das Management den Mitarbeitern ein Verständnis von einer Verantwortungsvollen Geschäftsführung und ethische Grundsätze vermittelt (z.B. über einen Verhaltenskodex) hat. Weiterhin ist durch diese Befragung festzustellen welche Kenntnisse das Management über bestehende, vermutete oder behauptete Verstöße im Unternehmen hat. Im Rahmen dieser Befragung kann bereits erörtert werden ob es bestimmte Betriebsteile, Geschäftszweige oder Posten im Abschluss gibt bei denen das Risiko von Unregelmäßigkeiten hoch ist, wie die interne Revision arbeitet und ob in diesem Rahmen Verstöße oder erhebliche Schwächen im internen Kontrollsystem erkannt wurden.[21] Häufig kann jedoch auch die Befragung von Betriebspersonal zu wertvollen Hinweisen führen, da oft konkrete Fragen den entsprechenden Personen die Gelegenheit bietet, dem Abschlussprüfer Informationen anzuvertrauen, die sie ansonsten nicht äußern würden.[22]

5.5 Einschätzung der Risikofaktoren mit Hilfe verschiedener Verfahren

Im Folgenden sind, neben den in den Prüfungsstandards vorgeschriebenen Befragungen und der Erörterung im Prüfungsteam, die wirkungsvollsten und damit in der Praxis am häufigsten verwendeten Verfahren aufgeführt die es dem Abschlussprüfer ermöglichen das Risiko von Verstößen im zuprüfenden Unternehmen einzuschätzen. Die folgenden Verfahren stellen für den Abschlussprüfer Arbeitshilfen dar die ihm helfen auf Grundlage der Risikoanalyse eine zielgerichtete Prüfungsplanung zu erstellen um so im weiteren Verfahren Unregelmäßigkeiten wesentlich effektiver aufzudecken. Diese Verfahren tragen somit dazu bei die eingangs erwähnte Erwartungslücke zu verringern.

5.5.1 Red Flags

Im Text des IDW PS 210 sind allgemeine Risikofaktoren enthalten, sog. Red-Flags[23] die Hinweise auf die Existenz von Unregelmäßigkeiten geben sollen.[24] Die im Prüfungsstandard enthaltenen Red-Flags sind zur, besseren Handhabung für den Prüfer zu einer Checkliste zusammen gefasst. Der Red-Flag Checkliste liegt die Annahme zu Grunde, dass Unregelmäßigkeiten von bestimmten Risikofaktoren begleitet sind.[25] Die Risikofaktoren im Prüfungsstandard wurden von bekannt gewordenen Fällen, in denen Unregelmäßigkeiten aufgedeckt wurden abgeleitet. Positiv an der Red Flag Checkliste ist, das durch die Anwendung dieser Checkliste der Prüfer gezwungen ist sich ausführlich mit der Problematik von möglichen Unregelmäßigkeiten auseinander zusetzen. Zu kritisieren ist jedoch, wie in der Literatur häufig bemerkt wird, dass die Vorhersagequalität dieser Faktoren, welche die Checkliste enthält, nicht ausreichend getestet wurde. Weiterhin ist zu bemängeln das der Prüfungsstandard keinen Hinweis gibt, wie die Teilurteile zu den einzelnen Risikofaktoren und zu einer Gesamtrisikoeinschätzung zusammenzufassen sind bzw. in Relation zueinander zu bewerten sind. Außerdem besteht das Risiko einer möglichen Checklisten-Mentalität, denn es besteht die Gefahr dass Prüfer mit Verwendung dieser Checkliste andere Risikofaktoren, die in der Checkliste nicht aufgeführt sind, übersehen werden. Solange jedoch der Abschlussprüfer sich dieser Mängel bei der Benutzung der Red-Flag Checkliste bewusst ist und weitere Möglichkeiten der Risikoeinschätzung – welche auf den nachfolgenden Seiten beschrieben sind – nutzt, ist der Einsatz dieser Checkliste als positiv zu beurteilen.[26] Die Red Flag Checkliste, welche sich aus dem IDW PS 210 ergibt, ist im Anhang I abgebildet.

5.5.2 Fraud Risk Assessment Tool

2004 wurde von Stephan Knabe, Dr. Sebastian Mika, Prof. Dr. Klaus-Robert Müller, Dr. Gunnar Rätsch und Prof. Wienand Schruff das Fraud Risk Assessment Tool, auch FRAT44 genannt vorgestellt. Dieses Tool wurde auf Grundlage des Fraud-Triangle Ansatzes entwickelt. Bei der Entwicklung dieses Tools war es das Ziel ein Fraud Muster zuerkennen und dadurch Schlussfolgerungen für das Risiko von Fraud zu ziehen und zwar unabhängig von Größe, Branche, Rechtsform oder Nationalität des geprüften Unternehmens. Mit FRAT 44 ist der Abschlussprüfer in der Lage auf Grundlage der im Rahmen einer Abschlussprüfung verfügbaren Informationen mit einer Sicherheit von durchschnittlich mehr als 96,5 Prozent, was mathematisch nachweisbar ist, das Fraud-Risiko zu bestimmen. Zur besseren Anwendbarkeit klassifiziert das Modell nicht nur in High-Risk-Fälle und Low-Risk-Fälle, sondern gibt noch die Sicherheit an, mit der die Klassifizierung zutreffend ist.

Zur Entwicklung dieses Tools wurde ein Fragebogen von über 300 qualitative, prozessorientierte Indikatoren erfasst, sowie ein Auswertungsbogen mit über 300 quantitativen Werten aus der Jahresabschlussanalyse. Für die Analyse wurden im Zeitraum von drei Jahren insgesamt 115 Fraud- und Non-Fraud-Fälle weltweit idendifiziert und anonymisiert verfügbar gemacht. Da dieser Umfang von über 600 Indikatoren für den praktischen Einsatz zu groß ist, war eine Reduktion des Fragebogens notwendig. Die Reduktion auf nunmehr 44 Fragen wurde mit Hilfe von 1.000 Computer und einer Rechenzeit von 13 Tagen erreicht. Die Computer filterten die zur Klassifizierung potenziell notwendigen Indikatoren heraus.[27] Interessant bei der Entwicklung des FRAT44 war, dass sich unter den wichtigsten Indikatoren kein einziger aus der Analyse der Rechnungswesendaten, der aus ihnen berechneten Kennzahlen und der Zeit- bzw. Branchenvergleichswerte befand. Dies bestätigt die in der Literatur häufig vertretene These, dass es bei Fraud ein vorrangiges Bestreben des Täters ist, die Rechnungswesendaten so darzustellen, dass es gerade nicht zu Auffälligkeiten kommt.[28]

FRAT 44 ist ein fraud-spezifisches Prüfungsinstrument und stellt für den Abschlussprüfer ein einfach zu handhabendes Tool dar. Mit einer sehr hohen Erfolgsquote von über 96 Prozent leistet es einen hohen Beitrag zur Reduktion der so genannten Erwartungslücke. FRAT44 kann durch seine ex-post und ex-ante Betrachtung auch dazu beitragen, dass Fraud-Fälle früher als bisher möglich erkannt werden. FRAT44 somit für den Abschlussprüfer ein effektives und in der Praxis ein sehr häufig verwendetes Tool. FRAT44 ist unter Anhang II aufgezeigt.[29]

5.5.3 Analytische Prüfungshandlungen

Folgend sind die in der Praxis am häufigsten angewendeten Analytische Prüfungshandlungen aufgezeigt.[30]

5.5.3.1 Einfache Rechenmodelle

Mit einfachen Rechenmodellen kann der Prüfer sehr schnell und ohne grossen Aufwand, Zusammenhänge zwischen einer unabhängigen und abhängigen Variablen Erwartungswerte für die prüfungsrelevanten Bereiche ermitteln. Beispielhaft sind in der nachfolgenden Tabelle einige mögliche Datenbeziehungen dargestellt[31]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Kaduk, M., Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten, 2007, S. 45.

Darst. 1: Datenbeziehungen zwischen abhängigen und unabhängigen Variablen

Diese Vorgehensweise ist insbesondere bei der Aufdeckung von Buchhaltungs- und Bilanzdelikten effektiv, da hier meist die operativen Daten nicht mit den finanziellen übereinstimmen.

[...]


[1] Vgl. Schruff, W., Zur Aufdeckung von Top-Management-Fraud durch den Wirtschaftsprüfer im Rahmen der Jahresabschlussprüfung, WPg, 2003, S. 901.

[2] Vgl. Schindler, J./Gärtner, M., Verantwortung des Abschlssprüfers zur Berücksichtigung von Verstößen, WPg, 2004, S. 1233.

[3] Vgl. www.pwc.de.

[4] Vgl. Schindler, J./Gärtner, M., Verantwortung des Abschlssprüfers zur Berücksichtigung von Verstößen, WPg, 2004, S. 1234.

[5] Vgl. IDW, Die künftige Pflicht zur Anwendung der ISAs, WPg, 2004, S. 1281.

[6] Vgl. www.bka.de.

[7] Der Begriff dolose Handlungen fasst in der Fachsprache des Wirtschaftsprüfers Bilanzmanipulationen, Untreue, Unterschlagung und alle anderen zum Schaden des Unternehmens absichtlich durchgeführten

Handlungen zusammen.

[8] Vgl. Kaduk, M., Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten, 2007, S. 12.

[9] Engl. = Betrug, List, Täuschung, Unterschlagung.

[10] Vgl. ISA 240, WPg, 2004, Tz. 6.

[11] Vgl. Schruff, W., Neue Ansätze zur Aufdeckung von Gesetzesverstößen der Unternehmensorgane in WPg, 2005, S. 208.

[12] Vgl. ISA 240, WPg, 2004, Tz. 7.

[13] Vgl. Kaduk, M., Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten, 2007, S. 13-19.

[14] Vgl. IDW PS 210, WPg, 2006, Tz. 7.

[15] Vgl. Kaduk, M., Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten, 2007, S. 27.

[16] Vgl. www.bka.de.

[17] Vgl. IDW EPS 210 (n.F.), WPg, 2006, Tz. 14 und ISA 240, WPg 2004 Tz. 23 ff. sowie Schindler J./Gärtner, M., Verantwortung des Abschlussprüfers zur Berücksichtigung von Verstößen, WPg, 2004, S. 1238.

[18] Vgl. Kaduk, M., Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten, 2007, S. 34.

[19] Vgl. Knabe, S./Mika, S./Müller, K. u.a., Zur Beurteilung des Fraud-Risikos im Rahmen der Abschluss-

prüfung, WPg, 2004, S. 1058.

[20] Vgl. IDW PS 210, WPg, 2006, Tz. 25 und Schruff, W., Zur Aufdeckung von Top-Management-Fraud durch den Wirtschaftsprüfer, WPg, 2003, S. 907.

[21] Vgl. ISA 240, WPg, 2004 Tz. 34 ff. und IDW PS 210, WPg, 2006, Tz. 26 ff..

[22] Vgl. Schruff, W., Zur Aufdeckung von Top-Management-Fraud durch den Wirtschaftsprüfer, WPg, 2003, S. 907.

[23] Red Flags sind Indikatoren die Rückschlüsse auf das Fraud-Risiko zulassen. Bei diesen Indikatoren handelt es sich um Ereignisse oder Umstände, die auf Anreiz oder einen Druck hinweisen, Fraud zu begehen oder Möglichkeiten für Fraud zu schaffen.

[24] Vgl. Sell, K., Die Aufdeckung von Bilanzdelikten bei der Abschlussprüfung, 1999, S. 106.

[25] Vgl. Hamann, Ch., Die Aufdeckung doloser Handlungen im Unternehmen, 2003, S. 62.

[26] Vgl. Kaduk, M., Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten 2007, S. 36.

[27] Vgl. Knabe, S./Mika, S./Müller, K. u.a., Zur Beurteilung des Fraud-Risikos im Rahmen der Abschluss- prüfung, WPg, 2004, S.1058 ff..

[28] Vgl. http://www.kmu4you.at.

[29] Vgl. Knabe, S./Mika, S./Müller, K. u.a., Zur Beurteilung des Fraud Risikos im Rahmen der Abschluss- prüfung, WPg, 2004, S. 1067.

[30] Vgl. Hamann, C., Die Aufdeckung doloser Handlungen im Unternehmen, 2003, S. 66 ff..

[31] Vgl. Müller, C., Entwicklung eines wissensbasierten Systems zur Unterschützung analytischer Prüfungs- handlungen im Rahmen der Abschlussprüfung, 1996, S. 36 ff..

Ende der Leseprobe aus 43 Seiten

Details

Titel
Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsprüfung. Anforderungen an den Wirtschaftsprüfer zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Abschlussprüfung
Hochschule
Hochschule Schmalkalden, ehem. Fachhochschule Schmalkalden  (Wirtschaftsrecht)
Veranstaltung
Steuern und Betrieb
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
43
Katalognummer
V81023
ISBN (eBook)
9783638834032
ISBN (Buch)
9783638834087
Dateigröße
583 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wirtschaftskriminalität, Wirtschaftsprüfung, Anforderungen, Wirtschaftsprüfer, Aufdeckung, Unregelmäßigkeiten, Rahmen, Abschlussprüfung, Steuern, Betrieb
Arbeit zitieren
Tanja Trott (Autor:in), 2007, Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsprüfung. Anforderungen an den Wirtschaftsprüfer zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Abschlussprüfung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81023

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