Deutschland im Jahr 2007: Die Wirtschaft wächst wieder, die Arbeitslosenzahlen sinken und in den Medien scheinen globale Themen wie Klimawandel und Außenpolitik innenpolitischen Themen wie Hartz-IV-Debatten und Subventionsskandalen den Rang abgelaufen zu haben. Dieser Erholung ging nicht nur eine Masse an Konjunkturbelebungsmaßnahmen voraus, sondern eine sehr spezielle Rhetorik seitens politischer und gesellschaftlicher Kräfte, die zu Reformen, Optimismus und mehr nationalem Engagement aufrief. Beginn und Endpunkt dieses Phänomens lassen sich grob etwa 1997 bei Bundespräsident Roman Herzogs „Ruck-Rede“ und der „Du bist Deutschland“-Werbekampagne 2006 festlegen.
Diese Erscheinung ist bemerkenswert, weil sie einzigartig in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist. Nie zuvor gab es ein solch breites Bündnis in Politik und Gesellschaft, das in dieser Intensität und Geschlossenheit für Verantwortung des Einzelnen gegenüber der Gesellschaft und der Nation warb und dabei an das Nationalgefühl der Deutschen appellierte. Eine solche Argumentationsweise war bis dahin nur in Mitte-Rechts- und konservativen Kreisen zu finden. Nun beteiligten sich aber auch Liberale, Sozialdemokraten und Grüne.
Nicht einmal der Aufschwung in den Anfangsjahren der Republik wurde auf diese Weise befeuert. Man verließ sich – durchaus zu Recht – voll und ganz auf die Wirtschaftspolitik Ludwig Erhards und die Unterstützung des Marshallplans. Interessant ist dabei aber der Blick auf die andere Seite des Eisernen Vorhangs. In der damaligen DDR wurde nämlich im Gegensatz zum Westen gezielt versucht, mit Hilfe des Wortes, mit Hilfe von Rhetorik, Literatur und Theater, die Bevölkerung auf das gemeinsame Ziel des Neuaufbaus einzuschwören: Die Aufbauliteratur entstand. Auch ihr war ein gewisser Erfolg nicht abzusprechen, denn nach der Aufbauphase und der „Ankunft im Alltag“ erlebte die DDR in den 60er Jahren unter Walter Ulbricht bis in die 70er Jahre hinein ihre stabilste Zeit.
Beide Erscheinungen, BRD-Reformrhetorik und DDR-Aufbauliteratur, sind zweifellos politisch gewollte Formen der rhetorischen Beeinflussung der Bevölkerung auf ein politisches bzw. wirtschaftliches Ziel hin. In dieser Arbeit soll untersucht werden, inwieweit sich beide Formen in einigen gemeinsamen Motiven unterscheiden bzw. gleichen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Geschichtliche Situation
- Geschichtliche Situation der DDR 1948-1959
- Geschichtliche Situation der BRD 1997-2006
- Ein Vergleich zwischen Aufbauliteratur und Reformrhetorik
- ,,ES MUSS EIN RUCK DURCH DEUTSCHLAND GEHEN!“ – OPTIMISMUS UND REFORMWILLE
- ,,VORFAHRT FÜR ARBEIT!“ – LEISTUNGS- UND OPFERBEREITSCHAFT
- SCHLUSS MIT LUSTIG!“ – SOLIDARITÄT UND INDIVIDUALISMUS
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Rhetorik der DDR-Aufbauliteratur und der Reformrhetorik in der BRD der Jahre 1997-2006. Dabei wird untersucht, inwiefern sich beide Formen in ihren Motiven ähneln oder unterscheiden. Die Arbeit beleuchtet die historischen und gesellschaftlichen Hintergründe beider Phänomene und vergleicht die verwendeten rhetorischen Mittel.
- Die Rolle der Rhetorik bei der Gestaltung von gesellschaftlichen Veränderungsprozessen
- Vergleich der rhetorischen Strategien in der DDR-Aufbauliteratur und der BRD-Reformrhetorik
- Analyse der Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Phänomene im Hinblick auf ihre Ziele und Inhalte
- Die Bedeutung von Optimismus, Leistungsbereitschaft und Solidarität als zentrale Motive
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und skizziert die historische Situation der DDR und der BRD, in denen die untersuchten Phänomene entstanden sind. Die Kapitel „Geschichtliche Situation der DDR 1948-1959“ und „Geschichtliche Situation der BRD 1997-2006“ beleuchten die jeweiligen historischen und gesellschaftlichen Umstände, die zur Entstehung der DDR-Aufbauliteratur bzw. der Reformrhetorik führten. Das Kapitel „Ein Vergleich zwischen Aufbauliteratur und Reformrhetorik“ analysiert die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Phänomene in Hinblick auf ihre rhetorischen Strategien und Inhalte. Es werden drei zentrale Motivgruppen beleuchtet: Optimismus und Reformwille, Leistungsbereitschaft und Opferbereitschaft sowie Solidarität und Individualismus.
Schlüsselwörter
DDR-Aufbauliteratur, Reformrhetorik, Rhetorik, Gesellschaftliche Veränderungsprozesse, Optimismus, Leistungsbereitschaft, Solidarität, Individualismus, Historische Analyse, Vergleichende Analyse.
- Citation du texte
- Jan Buck (Auteur), 2007, Ein Vergleich der DDR-Aufbauliteratur und der Reformrhetorik in der BRD der Jahre 1997-2006, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81273