Das internationale System ist dadurch gekennzeichnet, dass kein allgemein anerkanntes, politisch legitimiertes Machtzentrum existiert. Einige theoretische Strömungen der Internationalen Beziehungen, wie vor allem der Realismus und Neorealismus, bezeichnen diesen Zustand, angelehnt an Thomas Hobbes Staatsphilosophie, als Anarchie. Hobbes wohl bekanntestes 1651 erschienenes Werk „Leviathan“ besagt, dass vor der Gründung von Staaten ein „Naturzustand“ (Anarchie) herrschte. In diesem Naturzustand ist jedes Individuum frei alles zu tun, was seiner Selbsterhaltung dient. Er ist folglich als Kriegs-zustand „Aller gegen Alle“ zu verstehen und endet im Chaos. Die einzigste Möglichkeit den Krieg zu verhindern, ist die individuelle Abgabe des Rechts auf Selbsterhaltung an einen „Dritten“, unter der Voraussetzung, dass der Nächste das auch tut. So wird aufgrund wechselseitiger Verträge der Leviathan bzw. ein künstlicher Staat erschaffen.
Überträgt man Hobbes „Naturzustand“ auf das internationale System, zeigen sich einige Prallelen. Die Akteure sind nun nicht mehr die einzelnen Individuen, sondern souveräne Staaten. Zwar herrscht kein Krieg aller gegen alle, aber Konflikte, sowohl zwischenstaatlich als auch innerstaatlich, sind gegenwärtig keineswegs selten. Doch kann deshalb von „Chaos“ gesprochen werden?
Das internationale Sicherheitssystem ist hauptsächlich durch gegenseitige Abschreckung bestimmt, wie es im Kalten Krieg deutlich wurde, aber dass die Situation nicht weiter eskaliert, ist sicher, neben (wirtschaftlichen) Abhängigkeiten von Staaten und transnationalen Akteuren, internationalen Organisationen zu verdanken, die durch einen völkerrechtlichen Vertrag entstanden sind. Allerdings besitzen sie zu wenig Souveränität, um sie als Leviathan des internationalen Systems betrachten zu können und wohl auch nicht die Absicht, zu einer Weltregierung zu werden. Die bekannteste internationale Organisation sind die Vereinten Nationen , die mit 191 Mitgliedsstaaten nahezu die ganze Welt „vereint“. Aber angesichts der Gegenüberstellung gegenwärtiger Krisen und des primären Ziels der UNO, internationalen Frieden zu wahren, stellt sich die Frage, ob die UNO im Politikfeld Internationale Sicherheit versagt hat oder inwieweit es überhaupt möglich ist, dass ein solcher Zusammenschluss den Weltfrieden sichern kann?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Vereinten Nationen - Vorgeschichte und Entstehung
- Die Gründung der UNO
- Ziele und Grundsätze der UNO
- Das Prinzip der kollektiven Sicherheit
- Der Sicherheitsrat als ausführendes Organ zur Friedensschaffung
- Mängel des Prinzips der kollektiven Sicherheit
- Mittel der UNO jenseits des Prinzips kollektiver Sicherheit
- "Peacekeeping" als Weiterentwicklung konsensualer Sicherheit
- Vier Generationen des „Peacekeepings“
- Reformanspruch und -vorschläge
- Schlussbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Rolle der Vereinten Nationen als "Friedensstifter" in einem anarchischen System internationaler Beziehungen. Sie untersucht, wie die UNO als Staatenverbund souveräner Staaten handeln kann, um ein friedliches Zusammenleben dieser Staaten zu sichern und somit Ordnung in internationalen Beziehungen zu schaffen.
- Die Vorgeschichte und Entstehung der UNO
- Die Ziele und Grundsätze der UNO
- Das Prinzip der kollektiven Sicherheit und seine Mängel
- Die Rolle von "Peacekeeping" in der internationalen Sicherheit
- Reformansprüche und -vorschläge für die UNO
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problematik der internationalen Sicherheit im Kontext der Anarchie des internationalen Systems dar und führt die Rolle der Vereinten Nationen als Garant für Frieden und Ordnung ein.
Kapitel 2 beleuchtet die Vorgeschichte und Entstehung der UNO, beginnend mit der Idee eines universellen Friedensreiches im Mittelalter bis hin zur Gründung des Völkerbundes und der Herausforderungen, die zu seinem Scheitern führten. Das Kapitel beschreibt auch die Ziele und Grundsätze der UNO, wie sie in der Charta festgehalten sind.
Kapitel 3 befasst sich mit dem Prinzip der kollektiven Sicherheit, das auf der Idee basiert, dass sich alle Mitglieder zu Allianzen vereinen, wenn ein Staat gegen die Friedensordnung verstößt. Es werden der Sicherheitsrat als ausführendes Organ zur Friedensschaffung und die Mängel des Systems kollektiver Sicherheit dargestellt.
Kapitel 4 präsentiert die Mittel der UNO jenseits des Prinzips kollektiver Sicherheit, insbesondere das friedenserhaltende Instrument des "peacekeepings". Das Kapitel beschreibt die Entwicklung des "Peacekeepings" in vier Generationen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Themen Internationale Sicherheit, Anarchie, Vereinte Nationen, kollektive Sicherheit, Friedensförderung, Peacekeeping, Reformansprüche, Völkerrecht.
- Arbeit zitieren
- Thomas Braun (Autor:in), 2006, Die Rolle der Vereinten Nationen als "Friedensstifter" in einem anarchischen System internationaler Beziehungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81344