Rechtliche Fragen im Eventmarketing - Ein systematischer Überblick


Seminararbeit, 2003

27 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einführung
1.1. Annäherung an die Problematik und Zielstellung der Arbeit
1.2. Vorgehensweise und Definition

2. Vertragsarten und Allgemeine Geschäftsbedingungen
2.1. Der Vertrag
2.1.1. Wichtige Informationen zum Vertragsschluss
2.1.2. Ausgewählte Vertragsarten
2.2. Allgemeine Geschäftsbedingungen

3. Haftung und Versicherung
3.1. Ausgewählte Haftungsfragen
3.2. Risikobehandlung und Absicherungsmöglichkeiten
3.2.1. Risk Management
3.2.2. Relevante Versicherungen für Eventagenturen

4. Genehmigungen und Anmeldeverfahren

5. Problematik der Incentives und ausgewählte Steuerfragen
5.1. Die Incentive-Reise – Definition und steuerliche Behandlung
5.2. Steuerfragen

6. Fazit und kritische Anmerkungen

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einführung

1.1. Annäherung an die Problematik und Zielstellung der Arbeit

Das Eventmarketing hat sich mittlerweile als ernstzunehmendes Instrument einer integrierten Unternehmenskommunikation etabliert. Die psychologischen, technischen und kaufmännischen Aspekte wurden schon relativ ausführlich in der Fachliteratur behandelt, für eine dezidierte Betrachtung der juristischen Aspekte wurden bisher aber erst wenige Anstrengungen unternommen. Daher soll an dieser Stelle eine Annäherung an diesen Themenbereich unternommen werden.

An einem Marketingevent sind verschiedene Personengruppen beteiligt. Wird davon ausgegangen, dass eine Agentur mit der Durchführung beauftragt wird, sind dies im wesentlichen fünf Beteiligte bzw. beteiligte Personenkreise: 1. Der Auftraggeber, 2. die Agentur, 3. die Mitwirkenden (Künstler, Techniker etc.), 4. die Teilnehmer und 5. eventuelle Dritte (Anwohner etc.). Hinzu kommen öffentliche und private Stellen, die für Genehmigungen und Ähnliches zuständig sind.

Es ist leicht vorstellbar, dass sich zwischen den genannten Beteiligten vielfältige rechtliche Konstellationen herausbilden können, die im ungünstigsten Fall zu einer ebenso großen Anzahl von Problemen führen können. Diese Arbeit verfolgt daher das Ziel, die wesentlichen Fragen aus betriebswirtschaftlicher Sicht darzustellen und einen systematischen Überblick über die Thematik zu geben.

1.2. Vorgehensweise und Definition

Vor diesem Hintergrund wird sich diese Arbeit mit den angesprochenen Problembereichen aus der Sicht eines Veranstalters, d.h. einer Eventagentur auseinandersetzen. Ausgehend von der vertraglichen Grundlage für die Durchführung von Marketingevents und möglicherweise verwendeten Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) werden im Verlauf Haftungsfragen und ausgewählte Versicherungen, benötigte Genehmigungen, die Problematik von Incentive-Reisen und ausgewählte steuerliche Fragen behandelt. Den Abschluss bilden ein Fazit über die angesprochenen Themen.

Unter dem Begriff Marketingevent, der im folgenden mit „Event“ synonym verwendet wird, ist ein inszeniertes Ereignis in Form einer Veranstaltung und Aktion, die dem Adressaten (Kunden, Händler, Meinungsführer, Mitarbeiter) firmen- und / oder produktbezogene Kommunikationsinhalte erlebnisorientiert vermittelt, zu verstehen (vgl. Zanger 2002 S. 79).

2. Vertragsarten und Allgemeine Geschäftsbedingungen

2.1. Der Vertrag

2.1.1. Wichtige Informationen zum Vertragsschluss

Die saubere und juristisch einwandfreie Gestaltung der Verträge hilft den Beteiligten, spätere Streitigkeiten zu verhindern. Dazu sind einige Grundvoraussetzungen sowie die Besonderheiten von, für den Veranstaltungsbereich relevanten,Vertragsarten[1] zu beachten. Beschäftigt man sich mit dem Eventbereich, wird schnell offenkundig, dass wie auch in der Konzertbranche keine speziellen gesetzlichen Normen für diesen Bereich existieren, das BGB stellt lediglich eine allgemeine zivilrechtliche Grundlage dar. Im Streitfall wird daher im Allgemeinen nach dem „Gewohnheitsrecht“ der Branche entschieden (vgl. Michow 1992, S. 868).

Vertragsrechtliche Grundlagen wie der Vertragsschluss, Formvorschriften und dergleichen sollen in dieser Arbeit aus Platzgründen nicht behandelt werden, es sei auf die einschlägige Literatur verwiesen. Wegen der großen Bedeutung in der Praxis wird jedoch auf das Recht der Stellvertretung und der Leistungsstörungen im Folgenden eingegangen.

Die Stellvertretung gehört im Eventbereich zum Tagesgeschäft: Die Agentur organisiert für Ihre Auftraggeber, Subunternehmer arbeiten für die Agentur, Künstler lassen sich durch ihren Agenten vertreten usw. Die relevanten Vorschriften zum Recht der sogenannte offenen, unmittelbaren Stellvertretung finden sich in den §§ 164 ff. BGB. Eine Stellvertretung erfolgt dann, wenn der Stellvertreter eine eigene Willenserklärung abgibt, im Namen des Vertretenen auftritt (§ 164 I BGB) sowie seine Vertretungsmacht nicht überschreitet gem. § 164 I S.1 BGB (vgl. Funke/Müller 2000, S. 38f.). Liegen diese Voraussetzungen vor[2], wirkt das abgeschlossene Geschäft unmittelbar für und gegen den Vertretenen (vgl. Jaernig 2003, S. 117). Schließt der Vertreter einen Vertrag, ohne die entsprechende Vertretungsmacht zu haben, hängt die Wirksamkeit des Vertrages von der nachträglichen Genehmigung des Vertretenen ab (§ 177 I BGB). Im Falle der Verweigerung der Genehmigung hat der Vertragspartner Anspruch auf Erfüllung oder Schadensersatz aus § 179 I BGB. In der Praxis dürfte letzterer überwiegen, da das Interesse auf Erfüllung nur beim gewünschten Künstler bestehen kann und nicht bei dessen Vertreter. Die Kenntnis des Vertragspartners ist wichtig für den Fall, dass nur bei diesem mögliche Schadensersatz- oder sonstige Ansprüche geltend gemacht werden können.

Verhalten sich Schuldner oder Gläubiger nicht ordnungsgemäß oder treten unvorhergesehene Umstände ein, kann die Erfüllung des Vertrages ganz oder teilweise unmöglich werden. Eine solche Leistungsstörung liegt vor, wenn die Leistung wegen sachlicher oder persönlicher Gründe unmöglich geworden ist, mit Verzug oder nicht vereinbarungsgemäß erbracht wird (vgl. Funke/Müller 2000, S. 39).

Wenn der Schuldner die Leistung nicht erbringen kann, spricht die Jurisprudenz von Unmöglichkeit und unterscheidet im allgemeinen Schuldrecht zwischen der Primärleistung und Sekundäransprüchen, die sich aus einer Pflichtverletzung des Schuldners ergeben können. § 275 BGB regelt dabei die Leistungsbefreiung des Schuldners, wenn „diese [die Leistung, Anm. d. Verf.] für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist“. Beispiele für einen solchen Fall könnte die Vernichtung eines Veranstaltungsortes durch eine Naturkatastrophe sein (objektive Unmöglichkeit) oder in der Person des Schuldners liegen, z.B. schwere Krankheit, die die Erfüllung unmöglich macht (relative Unmöglichkeit). Die Rechte des Gläubigers (Sekundäransprüche) sind gem. § 275 IV BGB in den §§ 280 ff. BGB geregelt, infrage kommen Schadenersatz, das Recht zum Rücktritt oder die Herausgabe eines Ersatzes (vgl. Jauernig 2003, S. 241). Letztere wird im Vertragsverhältnis zwischen Auftraggeber und Agentur keine Rolle spielen, da keine andere als die vereinbarte Leistung (das Event) von Interesse ist. Im Rechtsverhältnis der Agentur zu Lieferanten ist die Bedeutung höher anzusiedeln, da hier Ersatzlieferungen, beispielsweise für nicht ordnungsgemäß funk-tionierende Bühnentechnik, im Bereich des Möglichen liegen. Eine wichtige Unterscheidung bei der Betrachtung der Unmöglichkeit liegt in der Frage, ob der Grund für diese bereits bei Vertragsschluss (anfängliche) oder erst nach Vertragsschluss (nachträgliche) vorlag. Am Falle eines Mietvertrags, den eine Agentur mit einem Vermieter schließt, lässt sich der Unterschied verdeutlichen. Liegt ein schwerwiegender Mangel vor, so kann der Mieter gem. § 536 I S.1 BGB vom Mietzins befreit werden. Lag der Mangel außerdem bereits bei Vertragsschluss vor (beispielsweise defekte Bühnentechnik), kann der Mieter Schadensersatz aus § 536a BGB verlangen, das gleiche gilt, wenn der Vermieter den Schaden zu verantworten hat (vgl. Güllemann 1999, S. 25f.).

Im Falle des Verzugs sind zwei Seiten zu betrachten: Der Schuldner- und der Gläubiger-verzug. Im ersten Fall trifft das Gesetz entsprechende Regelungen in den §§ 286 ff. BGB, nach denen der Schuldner durch eine Mahnung des Gläubigers nach der Fälligkeit in Verzug gerät. In diesem Fall ist der Gläubiger berechtigt, Verzugszinsen zu verlangen sowie, nach Eintritt der Unmöglichkeit der Leistung (im Eventmarketing: Verstreichen des Termins des Events) Schadenersatz. Diese Rechtsfolgen sind sowohl im Verhältnis Kunde-Agentur als auch Agentur-Mitwirkende denkbar. Der Fall des Gläubigerverzugs ist geregelt in den §§ 293 ff. BGB. Der Verzug setzt hier ein, wenn der Gläubiger die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Auch in diesem Fall kann die Gegenpartei Schadenersatz für Mehraufwendungen verlangen[3] (vgl. Funke/Müller 2000, S. 40).

Der Fall der Schlechtleistung ist dem speziellen Schuldrecht zuzuordnen, da für die einzelnen Vertragsarten (Werkvertrag, Mietvertrag etc.) spezielle Regelungen existieren (vgl. Funke / Müller 2000, S. 40), die sich im Gesetz an die jeweils gültigen Vorschriften anschließen.

2.1.2. Ausgewählte Vertragsarten

Ohne den Mietvertrag ist der Betrieb einer Eventagentur undenkbar. Gegenstand des Mietvertrages ist die Überlassung einer Sache oder eines Grundstücks / Gebäudes gegen Entgelt. Die relevanten Vorschriften finden sich in den §§ 535 ff. BGB. In der Regel versuchen die Vermieter, sich mit entsprechenden Klauseln in den Verträgen gegen Schadensersatzansprüche wie aus dem oben skizzierten Beispiel abzusichern. In solchen Fällen gilt, dass die Haftungsbefreiung bei grober Fahrlässigkeit oder Verschulden unwirksam ist. Gegen leichte Fahrlässigkeit ist eine formularmäßige Absicherung dahingegen zulässig (vgl. Güllemann 1999, S. 26f.). Weiterhin ist bei einem behebbaren Mangel die Einrede des Vertrages nach § 320 BGB möglich, d.h. die Zurückhaltung der Mietzinszahlung bis zum Zeitpunkt der Beseitigung des Mangels (vgl. Jauernig 2003, S. 628).

Bei vielen Events spielt weiterhin das Engagement von Künstlern eine tragende Rolle. Im Aufführungsvertrag zwischen der Agentur und dem Künstler ist die Erbringung einer künstlerischen Leistung gegen Bezahlung geregelt. Da hierbei oft auf Seiten der Künstler Agenten tätig sind, sei ergänzend auf die Ausführungen zum Recht der Stellvertretung in Abschnitt 2.1.1. verwiesen. Besondere Bedeutung bekommt dieser Sachverhalt, wenn es um mögliche Schadenersatzansprüche gegen ausländische Künstler geht. Auch wenn ein Agent den Vertrag unterzeichnet hat, können die Ansprüche nur gegen den Künstler durchgesetzt werden, was verständlicherweise große Schwierigkeiten bereiten kann. Die Rechtsnatur des Aufführungsvertrags ist streitig, im Einzelfall kann ein solcher Vertrag als selbstständiger Dienstvertrag nach §§ 611 ff. BGB oder als Werkvertrag nach §§ 635 ff. BGB klassifiziert werden (vgl. Michow 1992, S. 869). Wesentlicher Unterschied ist, dass letzterer den Erfolg, also das mangelfreie Werk schuldet, während ersterer lediglich das Bemühen des Dienstleistenden verlangt. Unter das Werkvertragsrecht fällt u.a. auch die Organisations-leistung einer Agentur. In der Praxis ist die Handhabung des Aufführungsvertrags als Werk-vertrag wegen der klareren Regelung im Fall von Vertragsverletzungen von Vorteil (vgl. Funke / Müller 2000, S. 50).

2.2. Allgemeine Geschäftsbedingungen

Um die für ein Event notwendigen Verträge nicht unnötig auszudehnen, finden vielfach Allgemeine Geschäftsbedingungen, in der Praxis Verwendung. Gründe hierfür sind Rationali-sierungspotenziale, Risikoeingrenzung, Flexibilisierung der Verträge (schnelle Anpassung maßgeblicher Inhalte) und umfangreiche Informationsmöglichkeiten (vgl. Funke/ Müller 2000, S. 43). AGB dienen dazu, für eine Vielzahl von Verträgen als vorformulierte Vertragsbedingungen Anwendung zu finden, die ein Vertragspartner (der Verwender) der anderen Partei bei Vertragsabschluss stellt. Auf die Ausführlichkeit, Schriftart oder Form kommt es bei der Anwendung von AGB nicht an, lediglich das Lesbarkeitsgebot ist zu beachten (vgl. Erben/Kubert/Zahrnt 2003, S. 7).

Voraussetzung für die Gültigkeit der AGB sind zum einen der ausdrückliche Hinweis auf diese bei Vertragsschluss oder die Möglichkeit der Kenntnisnahme am Ort des Vertragsschluss gem. § 305 II BGB sowie die Aufnahme in den Vertrag, zum anderen kein Verstoß gegen inhaltliche Grenzen (vgl. Weber 2002, S. 16f.). Solche Verstöße können in anderslautenden individuellen Absprachen (§ 305b BGB), überraschenden oder mehrdeutigen Klauseln (§ 305c BGB) sowie in Klauseln liegen, die den Vertragspartner der Eventagentur, nach der sogenannten „Generalklausel“, „entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen“ (§ 307 I S.1 BGB). Bei den erwähnten individuellen Ab-sprachen ist zu beachten, dass bereits mündliche Absprachen wirksam vereinbarte Klauseln in den AGB außer Kraft setzen können (vgl. Erben/Kubert/Zahrnt 2003, S. 17), beispielsweise wenn mündlich eine kürzere Zahlungsfrist als in den AGB vereinbart wurde.

Interessant ist die Beweislastumkehr in § 307 II BGB: Hier wird vermutet, dass eine unangemessene Benachteiligung vorliegt. Beruft der Kunde sich hierauf, muss er lediglich die Voraussetzung der Vermutung beweisen. Diese Vermutung müsste dann durch die Eventagentur entkräftet werden. Bei der Gestaltung ihrer AGB kann die Agentur also Problemen aus diesen Vorschriften durch eine sorgfältige Formulierung aus dem Weg gehen.

Eine wichtige Rolle der AGB ist weiterhin die Festlegung der Leistungs- sowie Zahlungsmodalitäten, deren lebenswichtige Bedeutung für die Agentur auf der Hand liegt. Verträge zur Durchführung von Marketingevents beruhen auf Gegenseitigkeit, daher ist eine Festschreibung eines Leistungsverweigerungsrechts für den Fall sinnvoll, dass der Auftraggeber seinen Pflichen (beispielsweise Informations- oder Zahlungspflichten) nicht nachkommt. Dieses Verweigerungsrecht hat die Agentur zwar schon aus dem Gesetz (§ 320 I S.1 BGB), der konkrete Hinweis in den AGB sowie der zu erfolgende Hinweis an den Kunden über den Grund der Leistungsverweigerung kann aber Schadensersatzansprüche vermeiden helfen (vgl. Erben/Kubert/Zahrnt 2003, S. 34f.). Die Bedeutung dieser Regelungen lässt sich erahnen, wenn man die besondere Natur der Ausrichtung eines Events berücksichtigt: Die Agentur ist in mehreren Punkten abhängig von ihrem Auftraggeber. Für die Konzeption werden viele Informationen benötigt, bei aufwändigen Produktionen sind möglicherweise Anzahlungen des Kunden für die Ausführung erforderlich und dergleichen mehr. Kooperiert der Kunde nicht wie beabsichtigt, wird die Erfüllung der vereinbarten Leistung schnell unmöglich oder die Qualität der Ausführung leidet, welches einen schweren Imageschaden für die Agentur bedeuten könnte.

3. Haftung und Versicherung

3.1. Ausgewählte Haftungsfragen

Im Tagesgeschäft einer Eventagentur treten sehr schnell Haftungsfälle ein: Die Veranstaltung entfällt aus Gründen, welche die Agentur zu vertreten hat, ein Zuschauer wird durch herabfallende Dekorationsmaterialien verletzt, am Veranstaltungsort bleiben Schäden an der Einrichtung zurück usw. Die Agentur kann im Grunde von allen in der Einleitung erwähnten Anspruchsgruppen in Haftung genommen werden. Im Folgenden sollen daher einige „klassische Haftungsgrundlagen“ skizziert werden und im nächsten Abschnitt wesentliche Versicherungen dargestellt werden.

Die Folge von Verletzungen von Hauptleistungspflichten ist in den jeweiligen Abschnitten des BGB beschrieben. Für den vielfach Anwendung findenden Werkvertrag sind diese Vorschriften in den §§ 635 ff. BGB nachzulesen, auf die Rechte und (Hauptleistungs-) Pflichten der Vertragsparteien wurde in Abschnitt 2.1. dieser Arbeit bei der Behandlung der Leistungsstörungen bereits eingegangen. In der Praxis haben allerdings auch die Neben-leistungspflichten eine hohe Relevanz, weshalb im folgenden auf diese und weitere be-deutende Haftungsfragen eingegangen wird.

Eine wesentliche Nebenleistungspflicht aus einem Vertrag ist die Verkehrssicherungs-pflicht, welche sich sowohl auf die Besucher als auch auf alle anderen, am Event beteiligten Personen erstreckt. Beispiele hierfür ist die Gewährleistung sicherer Zu- und Abgangswege, standfeste Tribünen und dergleichen. Wichtig ist, dass in den meisten Fällen der Veranstalter verkehrssicherungspflichtig ist, auch wenn er mit dem Vermieter eine anderslautende Vereinbarung getroffen hat (vgl. o.V. 1990. S. 756). Unter die Verkehrssicherungspflicht fallen alle Maßnahmen, die der Veranstalter im zumutbaren Maße ergreifen kann, um Dritte vor nicht offenkundig erkennbaren Gefahrenquellen zu beschützen. Maß und Umfang der Verkehrssicherungspflichten richten sich nach der Verkehrsanschauung und den Umständen des Einzelfalls. Obwohl Besucher in der Regel keinen Vertrag mit der Eventagentur geschlossen haben, fallen sie in den Schutzbereich der Verkehrssicherungspflicht. Der Grund liegt in der Schutzwirkung zugunsten Dritter, die der Vertrag zwischen Agentur und Auftraggeber entfaltet (vgl. Funke/Müller 2000, S. 208). Ebenso beinhaltet eine reale Leistungserbringung in Form einer Veranstaltung vertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten, auch ohne einen verpflichtenden Vertrag zwischen den Parteien (vgl. Gröder 1995, S.100). Gleiches gilt im Vertragsverhältnis zwischen Vermieter und Agentur, in dessen Schutzbereich die Veranstaltungsteilnehmer ebenfalls einbezogen sind (vgl. Güllemann 2003, S. 45).

Auch im Bereich der Haftung spielt das Recht der Stellvertretung eine Rolle. Untrennbar mit der Veranstaltungsorganisation verbunden ist die Haftung aus unerlaubter Handlung (=positives Tun) oder pflichtwidrigen Unterlassen gem. § 823 BGB, wenn dieses ursächlich für den entstandenen Schaden ist. Der Auftragnehmer haftet aus § 831 BGB auch für seine Verrichtungsgehilfen, und zwar auf Grundlage eigenen Verschuldens. Dies bedeutet, dass er sich in einem Schadensfall vorwerfen lassen muss, bei der Auswahl des Verrichtungsgehilfen nicht die erforderliche Sorgfalt aufgebracht zu haben. Von dieser sogenannte „Auswahl-haftung“ kann sich nur entbinden, wer nachweisen kann, beispielsweise die fachliche Kompe-tenz des Gehilfen durch Zeugnisse o.ä. überprüft zu haben. Im Rahmen der „Anweisungs-“ und der „Überwachungshaftung“ hat der Auftraggeber durch exakte Beschreibung der erwarteten Leistung und die regelmäßige Kontrolle der Arbeit für eine ordnungsgemäße Erfüllung des Auftrags zu sorgen (vgl. Löhr et al. (2001) S. 90 f.).

Letzteres spielt selbstverständlich eine genauso große Rolle bei der vertraglichen Haftung, bei welcher der Auftragnehmer (die Agentur) für ihre Erfüllungsgehilfen aus § 278 BGB zu haften hat. Verletzt der Auftragnehmer seine Pflichten aus dem Schuldverhältnis, hat der Gläubiger Anspruch auf Schadenersatz und/oder kann vom Vertrag zurücktreten (§ 823 BGB). Der Schadenersatz kann dabei auch Mangelfolgeschäden mit einschließen, beispiels-weise Ersatz von Kosten, die dem Auftraggeber bereits entstanden und mit dem Schadensfall unnütz geworden sind[4]. Besonders im Bereich der vertraglichen Haftung lässt sich feststellen, dass durch sorgfältige Auswahl und Schulung der Mitarbeiter und Partner und eine umsichtige Organisation vielen Problemen aus dem Weg gegangen werden kann. Zu beachten ist weiterhin, dass sich bereits bei der Vertragsanbahnung zwischen Auftraggeber und Agentur vorvertragliche Haftungsansprüche ergeben können. Die Rechtsprechung hat für diese Fälle den Grundsatz der c.i.c. (culpa in contrahendo) entwickelt und geht von einem schutzwürdigen vertragsähnlichen Vertrauensverhältnis zwischen den Partein nach Eintritt in die Verhandlungen aus. Mittlerweile wurde diese Rechtsfigur in das BGB integriert (§§ 311, II und III, 241 II BGB). Beispiele für vorvertragliche Pflichten können beispielsweise Offenbarungspflichten sein.

Wie zu erkennen ist, ist die Veranstalterhaftung durch besonders viele Gefahrenquellen gekennzeichnet, dazu zählen fremde (z.B. angemietete) Räumlichkeiten sowie Veran-staltungen, bei denen spezielles Equipment verwendet wird. Hier treten auch besonders viele Schadensfälle auf, da die Veranstalter oftmals die Kontrolle der Lokalitäten vernachlässigen. Auf die Verkehrssicherungspflicht, die vielfach zu Haftungsfragen führt, wurde einleitend bereits eingegangen, weiterführend gelten die allgemeinen Haftungsregeln aus dem Gesetz[5].

[...]


[1] Siehe hierzu Abschnitt 2.1.2. dieser Arbeit

[2] Zu den detaillierten Voraussetzungen für die wirksame Stellvertretung sei auf die einschlägige Literatur verwiesen (vgl. u.a. Jaernig 2003, S. 116ff.)

[3] Weitere Rechtsfolgen sind denkbar, auch hier sei aus Platzgründen auf die Literatur verwiesen.

[4] Rechtsfolgen, die sich aus Vertrag ergeben, wurden in Abschnitt 2.1.1 bereits näher erläutert

[5] Auch hier sei vertiefend auf die einschlägige Literatur verwiesen.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Rechtliche Fragen im Eventmarketing - Ein systematischer Überblick
Hochschule
Technische Universität Chemnitz  (Professur für Marketing und Handelsbetriebslehre)
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
27
Katalognummer
V81450
ISBN (eBook)
9783638862134
ISBN (Buch)
9783656205760
Dateigröße
475 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rechtliche, Fragen, Eventmarketing
Arbeit zitieren
Dipl.-Kaufmann Holger Löbel (Autor:in), 2003, Rechtliche Fragen im Eventmarketing - Ein systematischer Überblick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81450

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