Lessing gab als einer der bedeutendsten Vertreter der Aufklärung in Deutschland mit theologischen Diskussionsbeiträgen und durch sein literarisches Werk entscheidende Impulse für die Theologie der Aufklärung, für die Emanzipation von kirchlichen Dogmen und dem Offenbarungsglauben, für das Primat von Vernunft, Humanität und Toleranz.
Im Hauptteil der vorliegenden Ausarbeitung werde ich die Auseinandersetzung Lessings mit dem Hamburger Hauptpastor Johann Melchior Goeze analysieren, die als sogenannter Fragmentenstreit bekannt wurde und tiefgreifend die Betrachtungsweise von Religion während der Aufklärung und darüber hinaus beeinflusste. Seine zutiefst humanistische und tolerante Haltung macht Lessing in seinem wohl wichtigsten Werk Nathan der Weise unmissverständlich deutlich, das als einer der Gipfelpunkte der deutschen Aufklärung gilt. Mein Hauptaugenmerk gilt dabei der Ringparabel, die die Meinung des Autors zum Christentum, dem Judentum und dem Islam symbolhaft veranschaulicht. Ähnlich deutlich macht er seine Ansichten über das Judentum in einem seiner Frühwerke, dem Lustspiel Die Juden. Hier möchte ich nicht nur auf seine Ansichten eingehen, sondern auch zeigen, wie geschickt er es versteht, die Menschen mit einem Theaterstück zum Denken anzuregen und Vorurteile den Juden gegenüber in Zweifel zu ziehen. Dem Hauptteil vorangestallt ist ein Abschnitt über Lessing und die Aufklärung, um sein Werk historisch einordnen zu können.
Gliederung
1 Einleitung
2 Lessing – führender Vertreter der deutschen Aufklärung
3 Auseinandersetzung mit der orthodoxen kirchlichen Lehrmeinung - der Fragmentenstreit
4 Lessings Schriften zur Toleranz und Humanität
4.1 Nathan der Weise
4.2 Die Juden
5 Zusammenfassung
1 Einleitung
Lessing gab als einer der bedeutendsten Vertreter der Aufklärung in Deutschland mit theologischen Diskussionsbeiträgen und durch sein literarisches Werk entscheidende Impulse für die Theologie der Aufklärung, für die Emanzipation von kirchlichen Dogmen und dem Offenbarungsglauben, für das Primat von Vernunft, Humanität und Toleranz.
Im Hauptteil der vorliegenden Ausarbeitung werde ich die Auseinandersetzung Lessings mit dem Hamburger Hauptpastor Johann Melchior Goeze analysieren, die als sogenannter Fragmentenstreit bekannt wurde und tiefgreifend die Betrachtungsweise von Religion während der Aufklärung und darüber hinaus beeinflusste. Seine zutiefst humanistische und tolerante Haltung macht Lessing in seinem wohl wichtigsten Werk Nathan der Weise unmissverständlich deutlich, das als einer der Gipfelpunkte der deutschen Aufklärung gilt. Mein Hauptaugenmerk gilt dabei der Ringparabel, die die Meinung des Autors zum Christentum, dem Judentum und dem Islam symbolhaft veranschaulicht. Ähnlich deutlich macht er seine Ansichten über das Judentum in einem seiner Frühwerke, dem Lustspiel Die Juden. Hier möchte ich nicht nur auf seine Ansichten eingehen, sondern auch zeigen, wie geschickt er es versteht, die Menschen mit einem Theaterstück zum Denken anzuregen und Vorurteile den Juden gegenüber in Zweifel zu ziehen. Dem Hauptteil vorangestallt ist ein Abschnitt über Lessing und die Aufklärung, um sein Werk historisch einordnen zu können.
2 Lessing – führender Vertreter der deutschen Aufklärung
Die Epoche der Aufklärung bestimmt das europäische Geistesleben vom Ende des 17. bis hinein in das 19. Jahrhundert. Sie war geprägt von der Überzeugung, dass die menschliche Vernunft der Wahrheit zum Sieg verhelfen kann und, dass es althergebrachte Dogmen und Autoritäten zu überwinden gilt. Getragen von der Entstehung des Bürgertums war sie gekennzeichnet von der Abkehr von einer absolutistischen hin zu einer demokratischen Staatsauffassung, dem Aufkommen des Liberalismus mit seinem Konzept der Menschen- und Bürgerrechte und sprach sich gegen Vorurteile und religiösen Aberglauben aus.
Einer ihrer geistigen Vordenker und Wortführer in Deutschland war Gotthold Ephraim Lessing (* 22. Januar 1729 in Kamenz (Sachsen); † 15. Februar 1781 in Braunschweig), Sohn eines Pastors und Verfassers theologischer Schriften. Als außergewöhnlicher Vermittler der Ideale der Aufklärung, trat Lessing für Menschlichkeit, Vernunft, Toleranz und Freiheit ein und sprach sich gegen Fürstenwillkür, kirchliche Dogmatik und Vorurteile aus.
Er selbst sieht sich als einen „Liebhaber der Theologie“[1]. Er hat sich vom kirchlichen Dogmatismus emanzipiert und sieht ganz im Sinne der Aufklärung die menschliche Vernunft, befreit von dogmatischen Fesseln und traditionellen Vorurteilen, als die entscheidende Instanz. Obwohl er sich der christlichen Religion stark verbunden fühlt, strebt er nach einer vernunftgemäßen natürlichen Religion, in der die konfessionellen Grenzen bedeutungslos würden „[So redet] der Heide in seinem Kopf – wie er es einmal ausgedrückt hat – mit dem lutherischen Christentum in seinem Herzen.“[2]Im Bezug auf die Religion wird dieser innerliche Widerspruch offensichtlich. Denn in den theologischen Fragen versucht er, beide Seiten zu vereinen und schließlich dadurch seinen Standpunkt festzusetzen. Genau diese Gesinnung spiegelt sich in seinen theoretischen und kritischen Schriften wieder, in denen deutlich wird, dass Lessing Dinge stets von mehreren Seiten betrachtet und auch Argumente der entgegengesetzten Meinung in seinen Denkprozess mit einbezieht und in diesen nach Spuren der Wahrheit sucht.
„[Für] den Aufklärer Lessing steht […] außer Frage, das Christentum nur auf der Basis der Vernunft retten zu können und zu wollen.“[3]Für ihn kommt es nur in Frage, theologische Dogmen mit Vernunft und Logik kritisch zu durchdenken. Die Tatsache, dass in der Bibel Wunder geschehen und, dass diese für historisch wahr gehalten werden, zweifelt er an. Er verbindet den Glauben und die Vernunft, was ihn zu einen Anhänger der „vernünftigen Religion“ macht.
Er unterscheidet in der Religion zwischen Geist und Buchstabe, der Bibel. Im Abschnitt zum Fragmentenstreit wird darauf noch ausführlich eingegangen. „Der Geist der Schrift wird unabhängig vom Buchstaben der Schrift gefunden, d. h. die überflüssigen Buchstaben (Schriften) der Bibel abstreift und vernachlässigt, dann tritt der Geist der Schrift in seiner Klarheit hervor.“[4]Er fordert, dass ein vernünftiger Mensch den Mantel der Geschichte von der Religion abstreift und infolgedessen die Essenz der Religion auffindet. Diese Essenz der Religion nennt Lessing den Geist, auf den es auch nur ankommt. Das Wichtigste soll der Geist der Religion seien, der sich durch Handeln, welches von Nächstenliebe geprägt ist, äußert.
„Historische Wahrheit und notwendige Vernunftwahrheit gehören [...] zwei verschiedenen Begriffsbereichen an, die streng voneinander abgegrenzt werden. In dem Augenblick, da man den Schritt vom einen in den anderen Bereich wagt, begeht man einen logischen Fehler.“[5]Diesen Fehler begingen die Vertreter der orthodoxen Lehrmeinung nach Lessings Ansicht. Diesen Vergleich dürfe man nicht ziehen, da so die Religion auf Grundlage der Wissenschaft legitimiert werde. Dennoch verurteilt er die Religion nicht völlig, wie es andere aufklärerische Zeitgenossen tun.
Auch wenn sich Lessing mehrfach öffentliche religionsphilosophische Auseinandersetzungen führte, maßte er sich zu keiner Zeit an, im Besitz der alleinigen Wahrheit zu seien oder alle Antworten parat zu haben. Denn die Wahrheit stellte für ihn nie etwas dar, in dessen Besitz jemand sein könne. Der Mensch zeichne sich nicht dadurch aus die Wahrheit, erkannt zu haben, sondern dadurch, wie er sich auf dem Weg verhält, um der Wahrheit näher zu kommen. Dabei war es für Lessing verzeihlich, wenn der Mensch Denkfehler, Irrtümer und falsche Entscheidung trifft, die sich aus der Fehlbarkeit des Menschen ergeben. Kein Verständnis hatte er dagegen für das unnachgiebige und intolerante Beharren auf dogmatischen Standpunkten, die noch dazu für die einzig richtige Wahrheit ausgegeben wurden. Genau vor solch einem starren Denken will Lessing den Menschen bewahren. Aus diesem Grund tritt er für die Vernunft ein, kämpft gegen Vorurteile und übt Toleranz.
[...]
[1]Gotthold Ephraim Lessing, „Axiomata“, in: Die Erziehung des Menschengeschlechts und andere Schriften, Stuttgart, 1965, S. 47
[2]Helmut Thielke, Vernunft und Existenz bei Lessing. Das Unbedingte in der Geschichte. In: Joachim-Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften, Lessing und die Zeit der Aufklärung. Vorträge gehalten auf d. Tagung d. Joachim Jungius-Gesellschaft d. Wissenschaften, Hamburg am 10. u. 11. Oktober 1967. Göttingen, 1968. S. 101.
[3]Kraus, André: Kierkegaard und Lessing. Sören Aabye Kierkegaards Rekurs auf Gotthold Ephraim Lessing in den „Philosophischen Brocken“ und der „Abschließenden unwissenschaftlichen Nachschrift zu den Philosophischen Brocken“. Hamburg, 2003. S.102.
[4]Kraus, André: Kierkegaard und Lessing. Hamburg, 2003. S. 106.
[5]Manfed Durzak, Zu Gotthold Ephraim Lessing. Poesie im bürgerlichen Zeitalter. Stuttgart, 1984. S. 75.