Mathematisch-statistische Modellierung von Schäumen


Mémoire (de fin d'études), 2007

65 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Beschreibung von Schäumen
2.1. Elemente der Schaumstruktur
2.2. Der Plateau- Rand

3. Tenside und ihre Eigenschaften
3.1. Funktionsweise der Tenside
3.2. Einfluss der Tenside auf den Schaum
3.3. Tenside in der Lebensmittelindustrie

4. Schäume in der Lebensmittelindustrie
4.1. Schaumstabilisatoren
4.2. Schaumerzeugen in der Lebensmittelindustrie
4.3. Sensorische Wahrnehmung von Schaum
4.4. Anwendungen von Schaum
4.4.1. Milchschaum
4.4.2. Schlagsahne
4.4.3. Speiseeis
4.4.4. Marshmallow
4.4.5. Schäume in der Getränkeindustrie
4.5. Schaum als unerwünschter Faktor
4.5.1. Probleme von Schäumen
4.5.2. Schaumzerstörung und Unterdrückung

5. Praktische Modellierung von Schäumen
5.1. Versuchsaufbau
5.2. Material und Durchführung
5.2.1. Verwendete Geräte und Materialien
5.2.2. Versuchsdurchführung
5.3. Versuchsergebnisse
5.4. Mathematische Untersuchung der Versuchsergebnisse
5.4.1. Hintergrund der mathematisch- statistischen Untersuchung
5.4.2. Durchführung der Untersuchung
5.4.3. Theoretische Grundlagen zu den Berechnungen
5.4.4. Berechnung der Parameter
5.4.5. Numerische Ableitung und Regression
5.4.6. Trennung der Kurvenverläufe

6. Diskussion der Ergebnisse
6.1. Regressionen
6.1.1. Signifikanz der Versuchsparameter
6.2. Trennung von Saisonal- und Zufallskomponente
6.3. Prüfung der Stufentheorie
6.3.1. Relativer Fehler
6.3.2. Varianzanalyse

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

9. Abbildungsverzeichnis

10. Tabellenverzeichnis

Danksagung

Ich danke Herrn Prof. Dr. Anton Georg Buchmeier für seine unbeschränkte Unterstützung und Zeit bei der Realisierung dieser Abschlussarbeit, mit der ich mein Wissen über die Möglichkeiten der Wissenschaft weiter aufbauen durfte, und Herrn Prof. Dr. Franz Werner für seine Hilfe in der physikalischen Grundlagen dieser Arbeit.

1. Einleitung

Eine Dispersion von Gas in Flüssigkeit bezeichnet man als Schaum, falls der Gasanteil überwiegt. Im Bereich der Kosmetik oder der Lebensmitteltechnik sind stabile Schäume erwünscht. Beispielhaft erwähnt seien Rasierschaum, Bierschaum oder der Schokokuss. Es ist sehr leicht Schäume herzustellen, doch überraschend schwierig, sie mathematisch zu beschreiben.

Schaumblasen begeistern die Menschen, seit es Tenside gibt. Aber ihre mathematische Erforschung begann erst in den dreißiger Jahren des vorletzten Jahrhunderts, als der belgische Physiker Joseph A. Plateau (1801 bis 1883) Drahtgestelle in Seifenwasser tauchte und über die Ergebnisse staunte. Selbst heute, 170 Jahre später, haben wir noch keine vollständige mathematische Erklärung - oder auch nur Beschreibung - einiger interessanter Phänomene, die Plateau beobachtet hat.

In der Sommerzeit ist es den Gästen von Biergärten sicherlich aufgefallen, dass der Schaum leider nicht so schön bleibt, wie man ihn bekommt, und mit diesem Problem beschäftigen sich Wissenschaftler (und auch die Brauereien) schon seit Plateaus- Zeiten, wie man dieses Gebilde langlebiger macht. Außerdem wird es in dieser Arbeit versucht, anhand von Daten aus der Fachhochschule in Kiel, durch mathematisch- statistische Untersuchungen den exponentiellen Verlauf von dem Schaumzerfall zu bestätigen. Ferner werden die Einflussparameter von Schäumen mit statistischen Methoden auf Signifikanz untersucht.

2. Beschreibung von Schäumen

Schäume gehören wie Emulsionen zur Gruppe der dispersen Mehrphasensysteme. In Schäumen sind Blasen (disperse Phase) in einer sie umgebenden Flüssigkeit (kontinuierliche Phase) verteilt.

Schäume können durch chemische Reaktionen, durch das Einleiten eines Gases in eine Flüssigkeit oder durch heftige Bewegungen an der Flüssigkeitsoberfläche erzeugt werden. Sie können aber auch in der freien Natur erzeugt werden zum Beispiel bei Gasemissionen in Moorgebiete oder bei der Zersetzung von organischem Material in einem Wasserbecken, bei grober See, bei Wasserfällen, usw.

Schäume durchlaufen zwei Phasentypen während der Entstehung, einmal den Kugelschaum, und nach der Drainage der Flüssigkeit den Polyederschaum. Ein Beispiel für einen Polyederschaum zeigt Abbildung 1. Wenn der Gasanteil niedrig und die Dicke der flüssigen Phase im Bezug auf die Blasengröße groß ist, nennt man den Schaum „Kugelschaum“, weil die Gasblasen einen runden Erscheinungsbild erweisen, und es keinen direkten Kontakt zwischen den Blasen gibt (siehe Abbildung 8).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Darstellung eines 2D- Polyederschaums(HUTZLER & WEAIRE, The Phyiscs Of Foams, 1999)

Gas Emulsionen, dessen flüssige Phase eine niedrige Viskosität hat, sind gekennzeichnet als „kurzlebige disperse Systeme“. Wegen der großen Dichtedifferenz zwischen Gas und Flüssigkeit, trennen sie sich rasch zu einem reinen Dispersionsmedium und Schaum. Letzteres zersetzt sich schnell oder verwandelt sich zu einem Polyederschaum, in Abhängigkeit zu der Konzentration an gelösten oberflächenaktiven Stoffen. Langlebige Kugelschäume können durch hochviskösen Flüssigkeiten hergestellt werden, zum Beispiel in dem man durch geschmolzenes Glas Luft einbläst bei gleichzeitiger Kühlung der Schmelze, so dass sich die Viskosität sehr schnell ändert, was zu einer Behinderung der Wechselwirkung zwischen den Glasblasen führt. Der Kugelschaum wird praktisch im Glas „eingefroren“.

Die Verwandlung der Gasemulsion zu einem Polyederschaum beginnt wenn der Gasanteil über 50-75% steigt. Es ist nicht möglich stabile (langlebige) Schäume aus reinen Flüssigkeiten zu bekommen. Stabile Schäume sind nur möglich bei Anwesenheit von geeigneten oberflächenaktiven Stoffen oder Tensidmischungen.

Die Einführung von oberflächenaktiven Stoffen in einer Flüssigkeit verändern signifikant die Eigenschaften von Gasdispersion und Flüssigkeitsfilmen. Sie erniedrigen die Oberflächenspannung an der flüssig- gasförmigen Grenzfläche, und erleichtern somit die Dispersion von Gas, reduzieren die Gasblasengröße, und verändern den Anstieg und die Geschwindigkeit von Gasblasen in der Flüssigkeit. Im Kapitel 3“Tenside und ihre Eigenschaften“ werden die Tenside und ihre Eigenschaften ausführlicher erklärt.

Die Hauptphasen der Schaumentstehung können festgestellt werden durch beobachten des Verhaltens von einer bestimmen Anzahl an ansteigenden Gasblasen. Wenn Blasen in einer Tensidlösung gemacht werden, beginnt schon an deren Grenzfläche eine Adsorption an Tenside. Nach Erreichen der Oberfläche der Flüssigkeit, jede Blase bildet eine Halbkugel bestehend aus zwei mit Tensid belegten Lagen mit einem flüssigen Kern in der Mitte. Abbildung 2 gibt eine Vorstellung wie so einen Prozess abläuft.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Darstellung über die Entstehung von Schäumen(EXEROWA & KRUGLYAKOV, 1998)

Die mit Tensid belegten Schichten garantieren die lange Lebensdauer des gebildeten Schaumes. Mit steigender Anzahl an Gasblasen an der Oberfläche, beginnen sie näher zu rücken. Außerdem fördert die Kapillaranziehung zwischen Blasen den Prozess von Gasblasenkontakt und Deformation, was daraus sich eine Flüssigkeitsdünnschicht aus benachbarten Blasen ergibt. Sobald eine eindimensionale Schicht aus Gasblasen entstanden ist, folgt dann die zweite, die dritte und noch weitere Schicht, die sich alle dann zu einem dreidimensionalen Komplex anordnen, was zu einem Schaum kurz gefasst wird. Wenn andere Methoden zur Schaumerzeugung angewandt werden, zum Beispiel Injektion von mit Tensidlösung befeuchtetem Gas durch einen Gitter, bekommen die Gasblasen eine polygonale Form bei der Entstehung. Folgende Abbildung zeigt die unterschiedlichen Schaumformen bei entsprechender Schäumungsmethode.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Schaum bei unterschiedlichen Schäumungsmethoden(HUTZLER & WEAIRE, The Physics Of Foams, 1999)

Abbildung 3 zeigt die Schaumgeometrie bei (von links nach rechts):

- Homogenes Lüften
- Turbulentes Lüften
- Durchblasen
- Mischen
- Schütteln
- Gas Entbindung (zum Beispiel Bierschaum)

Gleichzeitig zur Schaumentstehung setzt auch der Schaumzerfall an. Der Schaumzerfall wird beeinflusst durch verschiedene Parameter, die wichtigsten sind: Filmverdünnung, Flüssigkeitsdrainage durch Gravitationskräfte, Gasdiffusion von kleineren zu größeren Blasen und Filmbruch verursacht durch das Zusammenwachsen von benachbarten Blasen. Diese Veränderungen bestehend aus Blasengrößenänderung und Blasenschwund gehören zu Anordnungsprozessen, die in dem Schaum stattfinden. Abbildung 4 zeigt, wie kleinere Blasen zu größeren zusammenwachsen. Man erkennt anhand der gekrümmten Wände, dass die kleineren Blasen einen größeren innendruck als größeren haben. Dieser Druckunterschied ist das treibende Gefälle für eine Gasdiffusion von kleinen zu großen Blasen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Gasdiffusion von kleinen zu großen Blasen in einem magnetischen Schaum bei konstantem Magnetfeld(HUTZLER & WEAIRE, The Physics Of Foams, 1999)

Ferner sind die Verdampfung der Flüssigkeit und die Zerstörung der Schaumsäule Zersetzungsprozesse, die der Schaum erfährt, wenn er der Umwelt ausgesetzt wird(EXEROWA & KRUGLYAKOV, 1998).

Die rheologischen Eigenschaften von Kugelschäumen mit geringem Volumenbruch sind qualitativ die gleichen wie die des Dispersionsmittels. Bei Scherbeanspruchung tritt eine

Deformation der Kugelform ein, so dass anisometrische Eigenschaften entstehen(TSCHEUSCHNER H.-D. , Schäume, 2004). Als Scherbeanspruchung (oder Scherung) wird eine bestimmte Art der Verformung eines Körpers unter Einwirkung einer Kraft bezeichnet. Bei der Scherung wirkt die Kraft parallel zu einer Seitenfläche des Körpers. Kann sich seine Grundfläche nicht bewegen, so wird die Seitenfläche relativ zu dieser verschoben(1 WIKIPEDIA, 2007). Abbildung 5 gibt eine Vorstellung was Scherung ist. Anisometrisch ist diejenige Darstellung, bei welcher die drei Achsen verschieden lang sind(2 MEYERS KONVESATIONSLEXIKON, 2007). Bei Polyederschaum liegt eine geordnete Koagulationsstruktur vor. Plastizität, Thixotropie treten auf(TSCHEUSCHNER H.- D. , Schäume, 2004). Der Begriff der Thixotropie bezeichnet die Eigenschaft eines nicht- newtonschen Fluids(3 WIKIPEDIA, 2007). Als nicht-newtonsches Fluid bezeichnet man im Gegensatz zum newtonschen Fluid ein Fluid, dessen Viskosität nicht konstant bleibt, wenn sich die auf dasselbe einwirkenden Scherkräfte verändern. Damit entspricht dieses Fluid nicht dem newtonschen Elementargesetz der Zähigkeitsreibung(4 WIKIPEDIA, 2007).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Prinzip der Scherung(1 WIKIPEDIA, 2007)

Feste Schäume besitzen elastische Eigenschaften, Fließgrenze, Kompressibilität, Retardationseigenschaften. Da Gasblasen keine Scher- und Zugkräfte übertragen, verringern sich scheinbar die rheologischen Stoffwerte mit abnehmender Dichte des Schaumes(TSCHEUSCHNER H.-D. , Schäume, 2004).

Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Herstellung und Charakteristika von Schäumen.

Tabelle 1: Herstellung und Charakteristika von Schäumen(TSCHEUSCHNER H.-D. , Schäume, 2004)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das mechanische Gleichgewicht für Blasen wird mit Hilfe der Laplace- Gleichung beschrieben;

Gleichung 1: Laplace- Gleichung für Druckunterschiede [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei Δp die Druckdifferenz zwischen dem absoluten Blasendruck und dem Druck in der umgebende Flüssigkeit ist. σ ist die Oberflächenspannung und d der Blasendurchmesser. Der Druck in der Flüssigkeit ist durch den hydrostatischen Druck Δph und den Atmosphärendruck pat gegeben, so dass Δp auch geschrieben werden kann als

Gleichung 2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Gleichung 1 zeigt: je kleiner die Blase ist, umso höher ist der Blaseninnendruck. Das bedeutet, dass sehr kleine Blasen einen hohen Blaseninnendruck besitzen. Deshalb neigen diese Blasen zum Verschwinden, weil sich das Gas unter hohem Druck in der Flüssigkeit löst (siehe Abbildung 4). Große Blasen werden deshalb immer größer, weil der Druckunterschied das treibende Gefälle für den Stoffdurchgang durch die Schaumlamelle darstellt(SOMMER, 2004). Abbildung 6 visualisiert wie sich der Schaum im Laufe der Zeit entwickelt. Man sieht deutlich, dass am Ende der Simulation deutlich wenige kleine Gasblasen vorhanden sind als am Anfang.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Computersimulation einer Schaumentwicklung in äquidistanten Zeitabstände(HUTZLER & WEAIRE, The Physics Of Foams, 1999)

2.1. Elemente der Schaumstruktur

Ein Schaum besteht aus einem Zwei- Phasen- System, in dem Gaszellen von Flüssigkeit eingeschlossen sind. Diese Phasen, im Vergleich zu dem nähersten Analogon, der Emulsion, werden dispergierte und kontinuierliche Phasen genannt. Ein Schaum kann mehr oder weniger Flüssigkeit haben entsprechend der Gegebenheiten. Ein trockener Schaum hat weniger als 1% Volumenanteil Flüssigkeit. Er besteht aus dünnen Filmen, die zu einer einfachen Oberfläche vereinfacht wird. Die Zellen nehmen eine vielflächige Gestalt an, mit Polyeder als Seitenflächen, welche nicht eben, sonder gekrümmt sind (siehe Abbildung 4). Die Flächen treffen auf Linien (die Kanten von dem Polyeder), und die Linien treffen auf Ecken (siehe Abbildung 9). In einem zweidimensionalen Raum, besteht der trockene Schaum aus polygonischen Zellen (siehe Abbildung 7). Im Gegensatz dazu haben feuchte Schäume einen hohen Anteil an Flüssigkeit, was dazu führt, dass die Gaszellen eine runde Gestalt annehmen (siehe Abbildung 8). Dieser Art von Schaum wird „Kugelschaum“ genannt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Schaumzellen mit Eckenanzahl(5 WIKIPEDIA, 2007)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Darstellung des Kugelschaums(ASHLAND DEUTSCHLAND GMBH)

Die meisten Schäume verdanken ihre Existenz den oberflächenaktiven Stoffen, die auch Tenside genannt werden. Diese sind in höheren Konzentrationen an der Oberfläche lokalisiert, und reduzieren somit die Oberflächenenergie oder Oberflächenspannung. Wichtiger ist deren Funktion als Filmstabilisatoren, was das Ausreizen von Dünnfilmen bei Schäumen verhindert. In einem wässrigen Schaum sind Tensidmoleküle Amphiphil, das heißt, dass sie sowohl in polaren Medien wie Wasser als auch in unpolaren Medien gut löslich sind, näher dazu wird im Kapitel 3 beschrieben.

Ein Schaum, welcher mehr als 1% Volumenanteil an Flüssigkeit hat, hat seine Flüssigkeit hauptsächlich in den sogenannten „Plateau- Ränder“, welche Kanülen aus finite Breite sind, im Ersatz zu den Linien in einem trockenen Schaum (siehe Abbildung 9 rechts).

Dementsprechend hat eine einzelne polyedrische Zelle seine scharfen Kanten und Ecken abgerundet (siehe Abbildung 9 rechts). Wenn der Wasseranteil ansteigt, schwellen die Plateau- Ränder bis zum Extremfall von einem feuchten Schaum. In diesem Fall haben die Zellen ihre runde Form wieder bekommen, und jeder Anstieg an Flüssigkeit führt dann dazu, dass die Zellen segregieren. An diesem Punkt verliert der Schaum seine Rigidität und wird ersetzt durch eine Flüssigkeit mit Gasblasen (siehe Abbildung 8). Dieses Modell ist auch zweidimensional übertragbar, wo die polygonalen Zellen rund werden(HUTZLER & WEAIRE, The Physics Of Foams, 1999).

2.2. Der Plateau- Rand

Stabile Schäume können zu hohen Schaumsäulen führen, deren größter Teil aus Polyederschaum besteht. Die Stabilität des Schaums lässt sich mit der Modellvorstellung erklären, dass eine zusammenhängende Schaumlamelle, die sich beim Übergang vom Kugelschaum zum Polyederschaum gebildet hat, mit dem Gas nach oben transportiert wird. Dabei wird sie ständig dünner. Abbildung 9 zeigt, dass sich die Geometrie des Polyederschaums näherungsweise durch einen Pentagondodekaeder nachbilden lässt. An den Kanten dieses Körpers treffen sich jeweils drei benachbarte Lamellen unter einem Winkel von 120° und bilden einen sogenannten Plateau- Kanal. Die Grenzfläche der Lamelle ist am Plateau- Kanal mit dem Radius rP gekrümmt und ansonsten näherungsweise eben. Die

Krümmung bewirkt einen Druckabfall

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

im Kanal. Da pB in erster Näherung konstant ist und im ebenen Bereich der Lamelle pL = pB gilt, fließt Flüssigkeit vom Inneren der Lamelle zum Plateau- Kanal ab, und es entsteht die Drainage von Flüssigkeit aus dem Schaum durch das Netzwerk von Kapillaren, das die Plateau- Kanäle bilden. Mithilfe dieses Modells wird die Stabilität des Schaums auf die Stabilität einer drainierenden Lamelle zurückgeführt(PAHL & RUNOWSKI, 2004). Aus diesem Modell kann man die Plateau- Regeln für Seifenblasen herleiten, die besagen dass:

− In einer Kante des Schaumes treffen immer drei Flächen der Seifenblasen in einem Winkel von 120° aufeinander und bilden so eine Plateau Kante und

− An einem Knoten treffen jeweils vier Plateau Kanten unter einem Winkel von etwa 109°28'16" (dem Tetraederwinkelτ 2007).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Joseph Antoine Ferdinand Plateau war ein belgischer Physiker und Fotopionier, der sich unter Anderem mit Oberflächenspannungen in Flüssigkeiten und Seifenhäute beschäftigt hat. 1873 veröffentlichte er seine Schrift „Statique experimentale et théorique des liquides soumis aux seules forces moléculaires“, durch die seine sogenannten „Plateau- Regeln“ bekannt wurden(7 WIKIPEDIA, 2007).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Pentagondodekaeder (links), Saugwirkung der Plateau- Kanäle (rechts)(PAHL & RUNOWSKI, 2004)

3. Tenside und ihre Eigenschaften

Die Anwesenheit von oberflächenaktiven Stoffen (Tenside) in einer Flüssigkeit ist essentiell für die Herstellung und Stabilisierung von Schäumen. Tenside (vom lateinischen tensus, gespannt) sind Substanzen, die die Oberflächenspannung einer Flüssigkeit oder die Grenzflächenspannung zwischen zwei Phasen herabsetzen und die Bildung von Dispersionen ermöglichen oder unterstützen.

3.1. Funktionsweise der Tenside

Tenside bewirken, dass zwei eigentlich nicht miteinander mischbare Stoffen, wie zum Beispiel Öl und Wasser, fein vermengt werden können. Unter Tensiden versteht man in der Regel waschaktive Substanzen (Detergentien), die in Waschmitteln, Spülmitteln, und Shampoos enthalten sind. Sie wurden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt und haben das traditionelle Tensid Seife weitgehend verdrängt. In der Lebensmittelindustrie werden Tenside als Emulgatoren bezeichnet. Die Funktion der Tenside lässt sich durch ihren molekularen Aufbau erklären. Tenside bestehen allgemein aus einem hydrophoben, wasserabweisenden Kohlenwasserstoffrest und einem hydrophilen, "wasserliebenden" Molekülteil; man sagt, sie sind amphiphil. Abbildung 10 gibt darüber Auskunft über den allgemeinen Aufbau von Tensiden(8 WIKIPEDIA, 2007).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Allgemeiner Aufbau von Tenside(8 WIKIPEDIA, 2007)

Gibt man Tenside in Wasser, ordnen sich die einzelnen Tensidmoleküle ab einer kritischen Konzentration und bilden innerhalb des Wassers meist sehr kleine Tröpfchen, die Mizellen genannt werden. Dabei richten sich die Tensidmoleküle so aus, dass die hydrophoben Enden sich im Inneren der Tröpfchen sammeln und die hydrophilen Enden sich in Richtung des Wassers anordnen. An der Wasseroberfläche bilden die Tenside eine dünne Schicht und senken damit die Oberflächenspannung des Wassers. Auch hier ordnen sich die Tensidmoleküle an. Die hydrophilen Enden ragen in Richtung des Wassers, die hydrophoben Enden ragen in Richtung der Luft(8 WIKIPEDIA, 2007).

3.2. Einfluss der Tenside auf den Schaum

Die Bildung von Schaum ist auf die Eigenschaften von Tensiden zurückzuführen. Die Tensidmoleküle bilden einen aus zwei Schichten bestehenden Film, bei dem die hydrophoben Enden der Tenside die beiden Oberflächen bilden. Die hydrophilen Enden weisen in den Film hinein(8 WIKIPEDIA, 2007).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Ausrichtung von Tensiden bei Oberflächen und Gasblasen(8 WIKIPEDIA, 2007)

Alle Tenside sind aus einem unpolaren und einem polaren Teil (funktionelle Gruppen) aufgebaut. Als unpolarer Teil dient immer eine lange Kohlenwasserstoffkette. Tenside kann man in vier Gruppen einteilen (siehe Abbildung 10)(8 WIKIPEDIA, 2007):

- Nichtionische Tenside: Tenside deren polaren Gruppen einen Alkohol (-OH) oder Ether (-O-) sind.
- Anionische Tenside: Anionen wie Carboxylat (-COO-), Sulfonat (SO3-) und Sulfat (SO42-) sind als polare Gruppen zu finden.
- Kationische Tenside: mit einem quaternären Ammoniumkation
- Amphotere Tenside: Zwitterionen (Anion und Kation) aus Carboxylat und quaternären Ammoniumkation

Diese Tensidklassen kann man je nach Anforderung entweder als Mischung oder einzeln herstellen lassen.

Tabelle 2 gibt eine Übersicht über die unterschiedlichen Tensiden.

Tabelle 2: Übersicht über die unterschiedlichen Tenside und deren chemischer Zusammensetzung(8 WIKIPEDIA, 2007)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.3. Tenside in der Lebensmittelindustrie

In der Lebensmittelindustrie spielen natürlichen und synthetischen Tenside eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Herabsetzung der Oberflächenspannung zu erzielen (Beispiele dazu siehe Tabelle 3). Sie werden zum Beispiel bei der Benetzung lipophiler Oberflächen, als Schmiermittel zur Verbesserung der Löslichkeit, vor allem aber zur Herstellung und Stabilisierung von Dispersionen aller Art, wie zum Beispiel Emulsionen, Schäume, Aerosole und Suspensionen benutzt(BELITZ, GROSCH, & SCHIEBERLE, Lehrbuch der Lebensmittelchemie, 2001).

Man kann die Tenside, die in der Lebensmittelindustrie Einsatz finden, nach folgender Tabelle eingrenzen:

Tabelle 3: Übersicht über die in der Lebensmittelindustrie angewandte Tenside(BELITZ, GROSCH, & SCHIEBERLE, Lehrbuch der Lebensmittelchemie, 2001)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Anwendung von oberflächenaktiven Substanzen in der Lebensmittelindustrie:

Tabelle 4: Beispiele für die Anwendung von Grenzflächenaktiven Stoffen(BELITZ, GROSCH, & SCHIEBERLE, Lehrbuch der Lebensmittelchemie, 2001)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4. Schäume in der Lebensmittelindustrie

Einige Lebensmittelemulsionen, wie zum Beispiel Eiscreme und Sauce Béarnaise, bestehen aus Schaum. Diese Schäume geben dem Lebensmittel ein Erscheinungsbild, welches dem Verbraucher den Appetit anregt. Ein Bier ohne Schaum wäre für den Biergartenbesucher genauso inakzeptabel wie für den passionierten Kaffetrinker der Cappuccino ohne Schaum. Wie kann man aber den Schaum dieser Produkte herstellen, und wie kann man sie langlebiger machen? In diesem Kapitel werden für die Lebensmittelindustrie relevante Schaumagenten sowie deren technologischer Bedeutung behandelt. Dazu werden einige Lebensmittelschäume ausführlicher erklärt.

4.1. Schaumstabilisatoren

Lebensmittelschäume, genauso wie die Lebensmittelemulsionen, können mit natürlichen oberflächenaktive Stoffe wie Proteine, Casein oder Eiweiß stabilisiert werden. Die oberflächen und viskoelastischen Eigenschaften von Proteinen können deutlich die Stabilität von Schäumen erhöhen, in dem die Flüssigkeitsdrainage aus den Schaumlamellen reduziert wird. Zum Beispiel Rinder- Serum- Albumin ist ein sehr guter Schaumagent wegen seiner Eigenschaft, gute viskoelastischen Grenzflächenfilme zu machen. Eiweiß Albumin, eine Mischung aus Proteinen, ist sogar ein noch besserer Schaumagent- und Stabilisator und ist außerdem noch sehr oberflächenaktiv, was zu mechanisch starken Grenzflächenfilme kommt. In der Praxis der Lebensmittelverarbeitung, ist die Oberflächenviskosität zu hoch, dass Gasblasen einfach in das Lebensmittel eingeführt werden können. Einige Denaturierungsprozesses, verursachen eine Minderung der Oberflächenspannung, aber ein noch höherer Denaturierungsgrad hat zur Folge, dass die Proteine unlöslich werden. Deswegen empfehlen Kochbücher, den Schaum so lange zu schlagen bis man definierte Spitzen beim Anheben des Besens sehen kann, aber nicht mehr.

Andere Lebensmittelschaumstabilisatoren, inklusive die Kohlenhydrate wie die Polysaccharide, interagieren zusammen mit den Proteinen für die Schaumfilmstabilität. Zusätzlich können Emulgatoren wie Polysorbate und Sorbitanester, die zum Emulgieren von Öl zugegeben werden, auch zur Schaumstabilisierung beitragen.

Lebensmittelschäume brauchen unterschiedliche Stabilitätsgrade. Einige Schäume brauchen nur so lange stabil zu sein, bis des Schaum verhärtet, wie zum Beispiel im Brot. Während des Backvorgangs, Inhaltsstoffe wie Backpulver im Teig, zerfallen unter Hitzeeinwirkung zu Kohlendioxid, was den Schaum produziert. Gleichzeitig verursacht die Hitze aus dem Backvorgang auch Quervernetzungen zwischen den natürlichen Polymeren im Lebensmittel, so dass Brotgel und der Schaum die nötige Steifigkeit haben, um die Gase aus dem Backpulver so lange zu halten, bis de Backvorgang abgeschlossen wird. Andere Lebensmittel, zum Beispiel geschlagene Garnituren wie Sahne, sollen die Stabilität für einen längeren Zeitraum halten.

Weil Proteine sich an den Grenzflächen anreichern, können geringe Mengen an Proteine (weniger als 1 mg/l) schon Schäume verursachen. Dieses Phänomen kann aber an Stellen auftreten, wo es nicht gerade erwünscht ist und somit technische Problemen hervorrufen wie zum Beispiel in Gärungsprozesse. Zusätze mit Fettsäurenketten neigen normalerweise die Schäume zu stabilisieren, welche die mit ungesättigten Fettsäurenketten dagegen die Tendenz zeigen, Schäume zu kollabieren. Andere Beispiel für Lebensmittelentschäumer sind Öle, Glykole, Siloxane.

Schäume können komplexe rheologische Eigenschaften zeigen. Einige Schäume zeigen eine sehr starke Scherbeanspruchung, wie die Produkte die „steif“ geschlagen worden sind.

[...]

Fin de l'extrait de 65 pages

Résumé des informations

Titre
Mathematisch-statistische Modellierung von Schäumen
Université
University of Applied Sciences Weihenstephan
Note
1,3
Auteur
Année
2007
Pages
65
N° de catalogue
V82015
ISBN (ebook)
9783638884143
ISBN (Livre)
9783638883221
Taille d'un fichier
3329 KB
Langue
allemand
Mots clés
Mathematisch-statistische, Modellierung, Schäumen
Citation du texte
Daniel Anaya (Auteur), 2007, Mathematisch-statistische Modellierung von Schäumen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82015

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