Die Übernahme börsennotierter Unternehmen - Möglichkeiten und Gefahren am Beispiel MAN/Scania


Praktikumsbericht / -arbeit, 2007

18 Seiten


Leseprobe


A. Inhaltsverzeichnis

1. Einführung
1.1 Abgrenzung der Themenstellung
1.2 Begriffsdefinitionen

2. Sichtweise des Bieters
2.1 Motive für eine Übernahme
2.2 Risiken einer Übernahme auf n des Käufers
2.3 Rechtlicher Rahmen

3. Sichtweise des Zielunternehmens
3.1 Abwehrmaßnahmen
3.2 Chancen und Risiken für das Zielunternehmen

4. Fazit

B. Literaturverzeichnis

1. Einführung

1.1 Abgrenzung der Themenstellung

Während meines Praxissemesters hatte ich u.a. die Aufgabe, den Übernahmepoker um die beiden Lkw-Hersteller MAN[1] und Scania für die tägliche Publikation Corporates Daily zu kommentieren. Die deutsche MAN AG hatte am 18. September 2006 ein öffentliches Kaufangebot in Höhe von 48 EUR je Aktie (insgesamt 9,6 Mrd. EUR) für seinen schwedischen Konkurrenten vorgelegt, welches von Scania als feindlich eingestuft wurde. Als Reaktion auf die ablehnende Haltung von Scania und seinen Hauptaktionären erhöhte MAN am 11. Oktober das Angebot auf 51,29 EUR je Aktie (gesamt 10,3 Mrd. EUR). Auch dieses Angebot wurde als zu niedrig zurückgewiesen. Dennoch besteht die Offerte des deutschen Unternehmens weiterhin aufrecht. MAN hält mit der Vorlage des offiziellen Angebots am 16. November an seinem Übernahmeplan fest. Gegenwärtig haben die Anteilseigner von Scania noch bis zum 31. Januar 2007 Zeit, das Angebot anzunehmen.

In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Unternehmenszusammenschlüsse an den Kapitalmärkten wieder deutlich zugenommen und in 2006 das Niveau der Jahre 1999/2000 erreicht und überschritten.[2] Die Investmentbank JPMorgan hält die wesentlichen Treiber für Unternehmensübernahmen wie niedrige Zinsen, hohe Liquidität am Fremdkapitalmarkt und die Performance der Aktienmärkte weiter für intakt und erwartet auch für 2007 ein florierendes Geschäft in diesem Bereich.[3] Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich diese Projektstudie mit den Möglichkeiten, Chancen und Gefahren der Übernahme eines börsennotierten Unternehmens und verdeutlicht diese am Beispiel MAN/Scania.

Beginnend mit der Einführung zum Thema werden einige Begrifflichkeiten erklärt und verschiedene Übernahmeformen umrissen. Im Anschluss erfolgt eine Betrachtung zunächst aus Sicht des bietenden Unternehmens gefolgt von der Sichtweise des Zielunternehmens. Hierbei wird auf der einen auf die möglichen Gründe für eine Übernahme eingegangen, auf der anderen werden Abwehrmaßnahmen gegen eine angestrebte Übernahme dargestellt. Sowohl auf n des Käufers als auch aus Sicht der zu kaufenden Gesellschaft werden die Risiken den Chancen gegenübergestellt. Die wesentlichen rechtlichen Aspekte werden bei der Betrachtung aus Bietersicht erläutert. In den Abschnitten dieser Arbeit wird jeweils ein Bezug zum Fall MAN/Scania erstellt. Die Anwendung auf dieses aktuelle Beispiel ist jedoch begrenzt, da es weiterhin unklar ist, ob die Übernahme zustande kommt. Damit ist der Prozess des Zusammenschlusses zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen.

1.2 Begriffsdefinitionen

Eine genaue und einheitliche Definition des Begriffs der Übernahme lässt sich in der Literatur nicht finden. Es stellt sich somit die Frage, welcher Anteil eines Unternehmens den Besitzer wechseln muss, um von einer Übernahme sprechen zu können. Im Hinblick auf die Übernahme börsennotierter Gesellschaften, die Gegenstand dieser Arbeit ist, liegt der Blick auf das deutsche Übernahmerecht nahe, welches die Übernahme mit der Erlangung von Kontrolle gleichsetzt. Gemäß § 29 Abs. 2 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) ist Kontrolle das Halten von min. 30% der Stimmrechte einer Zielgesellschaft. Ein Überschreiten dieser Anteilsgrenze bringt die Pflicht zum Übernahmeangebot mit sich (§ 35 WpÜG), was unter Umständen die vollständige Übernahme der Gesellschaft zur Folge hat. Häufig wird in diesem Zusammenhang von Fusionen gesprochen, obwohl eine Fusion im Gegensatz zur Übernahme die Verschmelzung der beteiligten Unternehmen in einer neuen Gesellschaft darstellt. Da die Grenzen zwischen Fusionen und Übernahmen in der Praxis jedoch oftmals fließend sind[4], wird auf eine Differenzierung im Rahmen dieser Arbeit verzichtet. Der Begriff des Zusammenschlusses wird ebenso als Synonym für eine Übernahme verwendet.

Übernahmen werden häufig als „freundlich“ oder „feindlich“ bezeichnet. Die Unternehmensführung von Scania nannte das Angebot des Konkurrenten MAN von Anfang an feindlich. MAN hatte den Aktionären des schwedischen Unternehmens ein Angebot gemacht, ohne sich zuvor an des Management gewand zu haben. Eine freundliche Übernahme wird demgegenüber von der Führung des Zielunternehmens unterstützt oder wurde zumindest im Vorfeld des Angebots mit dieser abgestimmt.

Beim Vorgang der Übernahme eines Unternehmens gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Zum einen kann der Käufer jeden einzelnen Vermögensgegenstand erwerben (Asset Deal), zum anderen kann die Aktienmehrheit übernommen werden (Share Deal). Beim letzten Fall verbleibt das Eigentum an den Vermögensgegenständen unverändert in der Hand des Unternehmensträgers, bzw. der Zielgesellschaft, beim Asset Deal wechselt dagegen das Eigentum an den Käufer.[5] In der Praxis handelt es sich bei einer Übernahme in der Regel (wie auch bei MAN/Scania) um einen Share Deal.

2. Sichtweise des Bieters

2.1 Motive für eine Übernahme

Unternehmenszusammenschlüsse bzw. die Übernahme börsennotierter Unternehmen spielen in der Welt des globalen Wettbewerbs und zusammenwachsender Kapitalmärkte eine immer größere Rolle. Viele Wirtschaftsbereiche befinden sich seit Jahren in einem anhaltenden Konsolidierungsprozess. Die Deregulierung vieler Industriezweige, das Zusammenwachsen der Märkte und die schwindende Bedeutung nationaler Grenzen ebenso wie umfassende Veränderungen auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie haben einen tief greifenden Strukturwandel ausgelöst.[6] In diesem Umfeld fordern Anteilseigner insbesondere von Aktiengesellschaften ein möglichst überdurchschnittliches Wachstum. Unter dem Druck der Aktionäre ziehen viele Unternehmensleitungen das externe Wachstum durch Unternehmenskäufe dem internen Wachstum vor. So führt oftmals Konsolidierungsdruck dazu, dass sich Unternehmen zu einer kritischen Größe zusammenschließen.[7]

Grundsätzlich kann es für die Übernahme eines börsennotierten Unternehmens weitere vielfältige Motive geben. Zum einen sind finanzielle Ziele im Blickpunkt des kaufenden Unternehmens. Diese zielen im Wesentlichen auf so genannte Synergie- und Skaleneffekte ab. Im Rahmen der Synergieeffekte sollen Ertragssteigerungen und Kostensenkungen erzielt werden und damit die Rentabilität steigern. Skaleneffekte bezeichnen in erster Linie die Fixkostendegression, d.h. die Fixkosten des Unternehmens werden nach dem Zusammenschluss auf eine größere Stückmenge an Produkten verteilt. Solche Effekte lassen sich in erster Linie in zentralen Abteilungen (z.B. F&E), von denen alle Bereiche des Unternehmens profitieren, erzielen. Des Weiteren ist die Begrenzung verschiedener Risiken ebenfalls zu den finanziellen Zielen zu zählen.[8] In der Vergangenheit wurden immer wieder Übernahmen durchgeführt, um das Zielunternehmen im Anschluss zu zerschlagen und durch den Verkauf von profitablen Unternehmensteilen hohe Gewinnchancen zu realisieren.

Im Fall MAN/Scania wird von n des deutschen Unternehmens das hohe Synergiepotential als Hauptgrund für den geplanten Zusammenschluss genannt. Der deutsche Lkw-Hersteller beziffert die Kostensynergien auf rund 500 Mio. EUR und erwartet diese Höhe innerhalb von drei Jahren zu erreichen[9].

Neben finanziellen Zielen lassen sich Marktziele klassifizieren. Im Hinblick auf den Markt beabsichtig der Käufer oftmals seine Anteile zu erhöhen bzw. durch die Ausweitung seiner Marktsegmente oder neue Vertriebsregionen weitere Märkte zu erschließen. Auch die Ergänzung des Produkt- und Leistungsportfolios ist in diesem Zusammenhang zu nennen. Häufig beinhalten die Überlegungen des kaufenden Unternehmens weitere Zielsetzungen wie z.B. die Gewinnung zusätzlichen Know-hows oder die Verbesserung der Produkt- und Dienstleistungsqualität.[10] MAN erhofft sich durch einen erfolgreichen Zusammenschluss mit seinem schwedischen Konkurrenten eine Vervollständigung der Produktpalette verbunden mit einem engmaschigerem Vertriebs- und Servicenetzwerk.[11] Scania baut in erster Linie schwere Nutzfahrzeuge, während MAN auch leichte und mittlere Lkw anbietet. Scania könnte die bereits in diesem Segment bei MAN vorhandenen Ressourcen nutzen. Der Aufbau eigener Vertriebsstrukturen sowie Zulieferer- und Kundenbeziehungen ist erheblich aufwendiger als die Übernahme bereits existierender Marktpositionen durch eine Fusion.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Unter dem Strich sollte das Ziel einer Fusion stets die Verbesserung der Wettbewerbsposition sein. Dennoch kann es auch weniger rationale Motive für einen Unternehmenszusammenschluss geben. So könnten auch bei Hakan Samuelsson, dem Vorstandsvorsitzenden der MAN AG, Eigeninteressen eine Rolle spielen. Der Schwede war vor seiner Zeit bei MAN in München bei Scania angestellt und bei der Vergabe des CEO-Postens nicht berücksichtig worden.

2.2 Risiken einer Übernahme auf n des Käufers

Nach Aufführung möglicher Übernahmemotive ist zu betonen, dass durch eine Fusion lediglich Synergiepotenziale geschaffen werden. Es bleibt jedoch offen, ob es gelingt, diese Potenziale ertragsteigernd zu nutzen. Letztendlich scheitern über 50% der Fusionen, weil die Erwartungen und Ziele nicht erfüllt bzw. erreicht werden.[12] Die Gründe für das häufige Scheitern von Unternehmenszusammenschlüssen resultieren aus vielfältigen Risiken.

Eines der größten Risiken ist in diesem Zusammenhang die falsche weil überhöhte Einschätzung der Synergiepotenziale. Solche Fehleinschätzungen werden durch die Tatsache begünstigt, dass die Aussicht auf verbesserte Profitchancen die Zustimmung unter Aktionären und Analysten, aber auch bei Politikern, Kunden, Geschäftspartnern und nicht zuletzt bei den eigenen Mitarbeitern erhöht.[13] Als Folge wird die angestrebte Fusion zu positiv dargestellt. Auch Eigeninteressen von Managern sowie ein Unternehmensumfeld mit vielen Fusionen könnten hierzu beitragen und ein gewisses „Herdenverhalten“ auslösen.

Bei der geplanten Übernahme von Scania stellt der potenzielle Käufer MAN vor allem Kosteneinsparungen in Höhe von 500 Mio. EUR in Aussicht. Dieser Anspruch könnte sehr ambitioniert sein. Die Scania-Führung äußerte mehrfach, dass diese Synergiepotenziale aus ihrer Sicht kurzfristig zu hoch gegriffen seien, langfristig dagegen mit größeren Synergien zu rechnen ist. Im Hinblick auf die Modellzyklen der beiden Unternehmen erscheinen die von MAN genannten Zahlen in der Tat sehr hoch. Sowohl Scania als auch der deutsche Konkurrent haben erst vor kurzem neue Modellreihen aufgelegt, so dass es hier schwierig sein dürfte viele Komponenten zusammenzulegen um damit Synergien zu heben.

Vor diesem Hintergrund ist bereits die Phase vor dem möglichen Zusammenschluss (Pre-Merger) sorgfältig zu planen und durchzuführen. Im Rahmen der Due Diligence ist eine umfangreiche Unternehmensbewertung (z.B. DCF-Methode aber auch eine strategische Analyse) des Zielunternehmens durchzuführen, um festzustellen ob es in finanzieller, organisatorischer und rechtlicher Hinsicht den Anforderungen und Vorstellungen entspricht. Jeder Fehler, der im Vorfeld einer Fusion gemacht wird, erhöht das Risiko und die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns. Hierbei ist es zwingend erforderlich, dass sich das kaufende Unternehmen über seine kritischen Erfolgsfaktoren im Klaren ist. Es muss wissen, welche Fähigkeiten und Produkte verbessert und wie die strategischen Geschäftsfelder positioniert werden müssen (z.B. mithilfe von Portfolio- u. SWOT-Analyse). Gleichzeitig muss das Unternehmensumfeld genau untersucht werden. Aktuelle Veränderungen und Trends, Einstellungen und Wünsche sowie technische Neuentwicklungen müssen bekannt sein.[14]

[...]


[1] Die MAN AG stellt neben Nutzfahrzeugen (50% Umsatzanteil 2005) auch Maschinen – vornehmlich Motoren – (28%) her und bietet div. Industriedienstleistungen an (19%).

[2] Vgl. Böhmert, Karin: „Bei M&A liegt der Höchststand noch vor uns“. In: Börsenzeitung. Nr. 234 (05.12.2006). S. 5

[3] Vgl. o.V.: Auch 2007 rosige Zeiten für Übernahmen. In: Börsenzeitung. Nr. 240 (13.12.2006). S. 1

[4] Vgl. Kleinert, Jörn u. Klodt, Henning: Megafusionen. Trends, Ursachen und Implikationen. Tübingen. Mohr Siebeck, 2000. S. 11

[5] Vgl. Wirtz, Harald: Die Übernahme börsennotierten Aktiengesellschaften. Eine ökonomische Analyse des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes. Münster. Monsenstein & Vannerdat, 2004. S. 16

[6] Vgl. Blättchen, Wolfgang u. Wegen, Gerhard: Übernahme börsennotierter Unternehmen. Stuttgart. Schäffer-Poeschel Verlag, 2003. S. 2

[7] Vgl. Blättchen, Wolfgang u. Wegen, Gerhard: a.a.O., S. 4

[8] Vgl. Friggemann, Peter: Fusionsmanagement. Skript zur Vorlesung Financial Engineering im SS 2005. S. 5

[9] Vgl. Angebotsunterlage MAN: Offer to the Shareholders in Scania Aktiebolag. (14.11.2006) S. 10

[10] Vgl. Friggemann, Peter: a.a.O., S. 5

[11] Vgl. Angebotsunterlage MAN: a.a.O., S. 8

[12] Vgl. Kranz, Wolfgang (Hrsg.) u.a.: Fusionen. Tübingen. Mohr Siebeck, 2002. S. 55

[13] Vgl. Budzinski, Oliver u. Kerber, Wolfgang: Megafusionen, Wettbewerb und Globalisierung. Stuttgart. Lucius & Lucius, 2003. S. 45f.

[14] Friggemann, Peter: a.a.O., S. 39ff.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Übernahme börsennotierter Unternehmen - Möglichkeiten und Gefahren am Beispiel MAN/Scania
Hochschule
Hochschule Osnabrück
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V82731
ISBN (eBook)
9783638885843
Dateigröße
511 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unternehmen, Möglichkeiten, Gefahren, Beispiel, MAN/Scania
Arbeit zitieren
Jörg Jahnel (Autor:in), 2007, Die Übernahme börsennotierter Unternehmen - Möglichkeiten und Gefahren am Beispiel MAN/Scania, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82731

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