Nachträgliche Überlegungen zur soziologischen Methode


Essai Scientifique, 1989

22 Pages


Extrait


Nachträgliche Überlegungen

zur soziologischen Methode*

Wolfgang RUTTKOWSKI

Unter den Problemen, die die marxistische Literaturwissenschaft[i] besonders gern diskutiert hat, gibt es einige "für den Hausgebrauch" und einige, die auch die "bürgerliche" Literaturwissenschaft immer wieder beschäftigt haben. - Zur ersten Gruppe von Fragen, die hauptsächlich in der marxistisch denkenden Welt für interessant gehalten wurden, gehören die sogen. "Realismus-Kontroverse" (hauptsächlich zwischen Brecht und Lukacs) und das richtige Verständnis des "sozialistischen Realismus,“[ii] sowie der Zusammenhang von realistischer Schreibweise und Darstellung des "Typischen"[iii], außerdem die Begriffe "Volksverbundenheit", "Volkstümlichkeit" und "proletarische Literatur", schließlich die Aneignung des "literarischen Erbes". - Zur zweiten Gruppe von Fragen, die auch in den nicht-marxistischen Ländern interessieren, gehören die nach der sogen. "Autonomie" literarischer Werke[iv], bezw. nach ihrer Determiniertheit durch sozioökonomische und gesellschaftliche Faktoren, und - damit eng verbunden - die nach, der Wertung, bezw. von "Objektivität" oder "Parteilichkeit", bei Literaturproduktion, -vermittlung, und -rezeption, letztere besonders in der Wissenschaft[v]. - Diese Fragen werden auch von Norbert Fügen[vi] und Laurenson/Swingewood[vii] als die ent scheidenden und unter scheidenden (zwischen bürgerlicher und marxistischer Literaturwissenschaft) herausgestellt. Und auf diese müssen wir uns hier beschränken.

Reichweite des Autonomiebegriffs

Wie verpflichtend der Autonomiebegriff bis heute war, sieht man daran, dass er nicht nur für den russischen Formalismus, für den New Criticism, für die Immanente Interpretation und für die französische Explication des Textes[viii] Dogma war, sondern dass auch der bedeutendste Vertreter der marxistischen Literaturtheorie, Georg Lukacs, an ihm festhielt. Und der führende Ästhetiker der Frankfurter Schule, Theodor Adorno, gab ihm in seiner geradezu elitären Kunstauffassung wieder eine zentrale Rolle. So stellte Peter Uwe Hohendahl fest "Adorno, in spite of all his hostility towards Lukacs, shares basic philosophical assumptions with him [...] a common notion of the autonomous work of art."[ix] Dietrich Steinbach nennt Adornos Theorie eine "Soziologie der oppositionellen Autonomie des Kunstwerks bezw. des Asozialen der Kunst," welches im "wesensgesetzlich immanenten Widerspruch zwischen ihrem gesellschaftlichen Charakter und ihrer im Moment der Form realisierten Bewegung gegen die Gesellschaft" liegt.[x] - Adorno selbst: "Gesellschaftlich aber ist Kunst weder nur durch den Modus ihrer Hervorbringung [...] noch durch die gesellschaftliche Herkunft ihres Stoffgehalts. Vielmehr wird sie zum Gesellschaftlichen durch ihre Gegenposition zur Gesellschaft, und jene Position bezieht sie als autonome."[xi] - Auch Lucien Goldmann bekennt sich letztlich zum Prinzip der Autonomie[xii]. - Der frühe Strukturalismus der Prager Schule, unter dem Einfluss russischer Formalisten, interpretierte das literarische Werk so, als ob es ein autonomer Gegenstand sei, d.h. unter weitgehender Absehung von seiner historischen Dimension. Erst die Rezeptionstheorie[xiii] und die Semiotik haben sich entschieden gegen das Konzept der Autonomie gestellt. In der klassischen Unterscheidung von drei Sprachfunktionen (mindestens seit Wilhelm von Humboldt) kann die Sprache Gefühle ausdrücken, etwas beschreiben und erzählen oder eine Handlung auslösen. Wir können diese drei Funktionen auch mit Karl Bühler[xiv] als "Symptom, Symbol und Signal" bezeichnen. Unter kommunikativem Aspekt betrachtet kann Sprache also ohnehin nicht als autonomes System erscheinen, sondern nur als Mittel zum Zweck, als Zeichen. (Die sogen. "experimentellen Lyriker", von den Symbolisten bis zu den "Konkretisten", waren natürlich anderer Ansicht.) Jedenfalls nimmt dann der spätere Strukturalismus[xv] unter dem Einfluss der Semiotik eine vermittelnde Stellung ein.

Es ist also keineswegs so, dass etwa nur die "bürgerlichen" Richtungen der Literaturwissenschaft dem Autonomieprinzip gehuldigt hätten und die soziologischen - oder selbst nur die marxistischen - nicht. Ein kurzer Überblick über die vielfältigen soziologischen Richtungen wird das noch deutlicher machen. - Peter Demetz hat darauf aufmerksam gemacht, dass "die Literatursoziologie [...] jeder Germanistik historisch vorangeht, und wer Herder, Madame de Stael, Sismondi und de Bonald gelesen hat, weiß, dass der gesellschaftliche Umgang mit der Dichtung, der heute gelegentlich avantgardistische Ansprüche anmeldet, älter ist als die Wissenschaft von der deutschen Dichtung."[xvi] - Bereits der sogen. "positivistische Biographismus" war stark "soziologisch" eingestellt, indem er die Persönlichkeit des Autors und sogar dessen Werke aus seiner Herkunft ableiten wollte. Und diese Richtung hat nur offiziell ausgespielt (wie übrigens ideengeschichtliche Untersuchungen und immanente Interpretation auch), wird aber in Wirklichkeit munter weiterbetrieben.[xvii] (Es gibt dagegen wiederum Richtungen, die aus irgendwelchen Gründen vergessen worden sind, obwohl man sie noch gelegentlich respektvoll in den Anmerkungen erwähnt. So erging es ungerechterweise Nicolai Hartmanns Schichtenpoetik[xviii], auf die wir später zusammen mit der von Ingarden, die nicht vergessen worden ist, zurückkommen. Dabei hat diese mit dem Strukturalismus, der weiterhin das Feld behauptet, viel gemeinsam. -) Natürlich gibt es nicht nur eine Literatursoziologie auch nicht nur eine marxistische-, ebenso wie es nicht nur einen Strukturalismus[xix] gibt.

Soziologische Methoden

Ivo Braak teilt die "soziologische Gruppe literaturgeschichtlicher Richtungen der Gegenwart" in vier Untergruppen auf: a. die "sozialpsychologische" als "Literaturgeschichte unter psychogenetischem Aspekt" (Fritz Brüggemann) verstanden. (Eine „sozialpsychologisch-biologische Abwandlung" sieht "Kulturen gleich Organismen, die biologischen Wachstumsgesetzen gehorchen".) b. die "literatursoziologische", die von der englischen Germanistik und der deutschen Anglistik angeregt wurde; c. die "ethnologischen Versuche, die Literaturgeschichte rassentheoretisch zu begründen" - und d. die "marxistische Literaturforschung", nach der sich "geistige Bewegungen ausschließlich aus wirtschaftlich-gesellschaftlichen Strukturveränderungen erklären."[xx] - David H. Miles (“Literary Sociology: Some Introductory Notes” in: German Quarterly XLVIII/1, Jan. 1975, 1-35) unterscheidet folgende sechs Gruppen: "l. the Positivists (Escarpit and the Bordeaux School); 2. the Leftist Hegelians (Adorno, Benjamin, and the Frankfurt School); 3. the Neo-Marxists; 4. the Non-Marxists; 5. the Audience Analysts (Jauss and the Konstanz School of Wirkungsästhetik); and 6. the New Literary Historians (Kermode, Kosik, Weimann, Jameson, and Hermand)."[xxi] - Bekanntlich wird in Deutschland auch manchmal zwischen "Soziologie der Literatur" und "Literatursoziologie" (oder auch "soziologischer Literaturwissenschaft") unterschieden.[xxii] Wenn wir aber bedenken, dass die meisten konkreten Analysen von Literatur in ihrem sozialen Umfeld gerade an den Wechselbeziehungen zwischen Literatur und Gesellschaft interessiert sind, manchmal mehr an der ersteren und manchmal mehr an der letzteren, dann erscheint die Unterscheidung der beiden Begriffe überflüssig und verwirrend[xxiii]. Alle diese Gruppen haben höchst unterschiedliche Vorstellungen von Autonomie- und Wertbegriff der Literatur.

Bedeutungen des Autonomiebegriffs

Was aber ist mit dem Autonomiebegriff gemeint? - Er muss zunächst von dem der "Autarkie" abgegrenzt werden. Niemand wird im Ernst behaupten wollen, dass das Kunstwerk in keinerlei Relation zur Außenwelt stünde, also autark wäre. - Andererseits hat bekanntlich Karl Marx selbst ausdrücklich "das inegale Verhältnis der Entwicklung der materiellen Produktion zur künstlerischen" anerkannt.[xxiv] Inzwischen hat man sich weithin darauf geeinigt, dass sich zwischen "Basis" und "Überbau" vermittelnde Instanzen einschalten können, die eine Verzögerung der Reaktion des Überbaus auf Veränderungen in der Basis bewirken, z. B. die Macht von Traditionen.[xxv] - Man kann Kunstwerke auch in dem Sinne als "autonom" bezeichnen, dass sie sich nicht auf eine spezielle Wirklichkeit beziehen, sondern entweder auf eine fiktive Welt oder auf allgemeine Phänomene der Umwelt, die sie "exemplarisch" gestalten. Lukacs hat ähnliches mit seinem Begriff des "Typischen" in der Literatur[xxvi] gemeint. Speziell in der Dichtung kann Autonomie auch mit der sogen. "Autoreflexivität" ihrer Sprache begründet werden. Angeblich unterscheidet sich die dichterische Sprache von der mitteilenden des Alltags durch ihren ästhetischen Selbstzweck-Charakter. Das trifft zweifellos für große Bereiche der Lyrik (in Frankreich seit etwa 1870, in Deutschland seit der Jahrhundertwende) zu, - aber doch wohl nur für diese. Bekanntlich hat dieses (formalistische) Konzept in der "konkreten Poesie" seine extreme Anwendung erlebt. - Der Prager Strukturalismus hat der Kunst (als einer selbständigen "Reihe", wie er solche Bereiche nannte) auch in ihrer historischen Evolution Autonomie zugesprochen. Zwar wird anerkannt, dass aus der soziokulturellen Umwelt Anstöße kommen, die Veränderungen bewirken. Die Art dieser Veränderungen hängt jedoch angeblich nur von der Eigengesetzlichkeit der literarischen "Strukturen" (worunter man hauptsächlich Gattungen verstand) ab.[xxvii] Eine moderne und verfeinerte Literatursoziologie[xxviii] hat jedoch inzwischen konkret gezeigt, dass auch die Umgestaltung oder Neuentwicklung von literarischen Formen (nicht nur Themen und Gehalten) sozial determiniert ist.

Wer, wie die Rezeptionstheorie, dem Kunstwerk als ästhetischem Objekt nur im subjektiven Kunsterleben Wirklichkeit zuspricht, der spricht ihm Autonomie ab. Denn das subjektive Kunsterlebnis ändert sich von Rezipient zu Rezipient, von Epoche zu Epoche, von Gesellschaftsform zu Gesellschaftsform. Ja, es kann sogar beim gleichen Rezipienten zu verschiedenen Zeiten verschieden ausfallen. (Man denke etwa daran, wie Werther in seiner Zeit gelesen wurde,[xxix] - oder wie wir selbst ihn in unserer Jugend gelesen haben.) Wer das Kunstwerk mit seinen unzähligen "Konkretisierungen" (Ingarden) gleichsetzt, der kann von einem Kunstwerk nicht mehr reden, sondern nur noch von einem Artefakt als materialer Grundlage von so vielen Kunstwerken, wie dieses Rezipienten findet. Damit würde sich die Frage nach der Autonomie des Kunstwerks als Scheinproblem enthüllen. Man könnte allenfalls von einer "logischen" Autonomie sprechen, die in seiner besonderen Beschaffenheit als Artefakt oder in seiner Fiktionalität oder auch im besonders strukturierten Schichtenverhältnis seiner Elemente liegt, keinesfalls jedoch von einer ontologischen. Und wie längst gesehen wurde, ist die Anwendung des Autonomiebegriffs auf das Kunstwerk (d.h. auf seine besondere gesellschaftliche Stellung, die der des Künstlers entspricht) ebenso selbst eine historische Erscheinung wie die Forderung nach Originalität als Wertbegriff.

Der Prager Strukturalismus (Mukarovsky) wies aber darauf hin, dass die Angehörigen einer Kulturgemeinschaft (eines "Kollektivs", wie es damals hieß) ein Mindestmaß an gleichen Vorstellungen an das Kunstwerk herantragen (Jauss nennt sie später einen "Erwartungshorizont"[xxx]), die zwar im Prinzip veränderlich sind, jedoch aus Trägheit über lange Perioden relativ gleich bleiben können. Diese liegen den privaten Assoziationen des Einzelnen gegenüber dem Kunstwerk zugrunde oder mischen sich mit ihnen und garantieren dem ästhetischen Objekt eine relative Unabhängigkeit (Autonomie) vom bloß privaten Kunsterlebnis des Einzelnen. - Hier liegt ein möglicher Berührungspunkt von strukturalistisch und soziologisch orientierten Literaturwissenschaften, da beide gleichermaßen an den gemeinsamen Vorstellungen des "Kollektivs" interessiert sein können, die dieses an die Kunstwerke heranträgt. Die erstere bemüht sich mehr um die Beschreibung dieser Vorstellungen (die Abgrenzung ihrer "Strukturen") und die Literatursoziologie mehr um ihre historische Ableitung und Erklärung.

Autonomie und andere ästhetische Qualitäten

Autonomie besitzt das Kunstwerk also nur für uns in dem Moment, wo wir ihm diese zuschreiben. Und darin teilt sie das Schicksal aller übrigen ästhetischen Qualitäten und Werte. Weil wir in einer Kultur leben, die uns - aus was immer für Gründen - dazu erzieht, gewisse Gegenstände aus ihrer funktionellen Eingebundenheit in ihrer Umgebung zu isolieren, oder solche Gegenstände extra herzustellen und in ihnen ästhetische Qualitäten zu erleben, deren wichtigste ihre Einzigartigkeit (Originalität) ist, deshalb haben diese Kunstgegenstände fiir uns Autonomie. - Und wer als Begründung der Autonomie des Kunstwerks dessen "Artefakt-Charakter" anführt, bedenkt nicht, dass wir auch viele andere Gegenstände (z. B. Kleidung) herstellen, die wir nicht mit dem Autonomiebegriff beladen. - Wenn man aber berücksichtigt, dass der Autonomiebegriff mit allen Strukturmodellen gemeinsam hat, dass man sie entweder als ontologisch fundiert oder aber lediglich als heuristische Vorstellungen auffassen kann (bekanntlich gibt es einen "ontologischen" und einen "methodologischen" Strukturalismus-), dann erweist sich der Autonomiebegriff gelegentlich doch als hilfreich. Ein Vertreter des Strukturalismus sagt: "Etwas als System zu beschreiben, heißt ihm eine relative Abgeschlossenheit gegenüber seiner

[...]


* Die vorliegende Arbeit ist eine erweiterte Fassung meines Vortrags auf der Tagung der Japanischen Gesellschaft für Germanistik am 17.5.1988 in Tokio. Sie erschien in: Acta Humanistica XVIII, No. 4, Humanities Series No. 16 (Kyoto March 1989) 156-182.

[i]) Einen klaren Überblick mit Literaturangaben über die bis ca. 1980 "in den sozialistischen Ländern" dominierenden Ansichten zur "relativen Autonomie von Kunst im Verhältnis zu ökonomischen und sozialen Entwicklungen" sowie zum Begriff des "Sozialistischen Realismus" und zur Realismus-Kontroverse zwischen Lukacs und Brecht in den Dreißiger Jahren gibt Bela Köpeczi in Main Trends in Aesthetics (ed. Mikel Dufrenne et al., New York-London 1978) 19-32. Vergl. Auch Helga Gallas: Marxistische Literaturtheorie. Sammlung Luchterhand 19. Neuwied-Berlin 1971.

[ii]) Die wichtigste Literatur wird im Artikel "Sozialistischer Realismus" von Hans Günther im Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte (Begr. von P. Merker und W. Stammler, 2. Aufl., Hg. W. Kohlschmidt und W. Mohr, 1958 ff.; im Weiteren zitiert als Reall. IV, 1979, 57-64 aufgeführt. Dort werden als "ideologische Prinzipien" des SR "Parteilichkeit, Volkstümlichkeit, Ideengehalt" angegeben.

[iii] Vergl. das Vorwort von Lukacs zu Balsac und der französische Realismus (1952) in Schriften zur Literatursoziologie (Hg. P. Ludz, 4. Aufl. 1970) 242-245: "Der Typus in bezug auf Charakter und Situation ist eine eigentümliche, das Allgemeine und Individuelle organisch umfassende Synthese [...] dadurch, dass in ihm alle menschlich und gesellschaftlich wesentlichen, bestimmenden Momente eines geschichtlichen Abschnittes zusammenlaufen." - Vergl. auch Claus Träger. Studien zur Realismustheorie und Methodologie der Literaturwissenschaft. 1972.

[iv] Über den Begriff der "Autonomie" des Ästhetischen vergl. Renate von Heydebrand in Reall. IV, 845. - Über die "strukturalistische Auffassung vom künstlerischen Text als autonomem Gebilde" vergl. Lothar Fietz. Strukturalismus (1982) 45 ff.

[v] Vergl. den Artikel "Literarische Wertung" von R. von Heydebrand, Reall IV, 828-871; speziell die des Marxismus und über "Ideologiekritik" Sn. 857ff. - Eine Abgrenzung der Begriffe "Wertung" und "Rezeption" am Anfang des Artikels "Wirkung und Rezeption" von Marianne Wünsch, Reall IV, 894-919. - Außerdem Herbert Wutz. Zur Theorie der literarischen Wertung. 1958. - H.-G. Gadamer. Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik. 1960, 21965. - W. Müller-Seidel. Probleme der literarischen Wertung. 1965. - Über den Wertbegriff der Strukturalisten vergl. Fietz (1982) 76 ff.; über die "Norm-Debatte" im Strukturalismus ebenda S. 70 ff. Vergl. auch Robert

[vi] Die Hauptrichtungen der Literatursoziologie (Bonn: Bouvier 1964) 104. Vergl. auch R. Escarpit: Sociologie de la litterature. Paris 1958 (dt. Das Buch und der Leser. Entwurf einer Literatursoziologie. Köln 1961) Vergl. auch Arnold Hausers: Sozialgeschichte der Literatur. München 1953; zur Wissenschaftsgeschichte Jürgen Scharfschwert: Grundprobleme der Literatursoziologie. Ein wissenschaftsgeschichtlicher Überblick. Stuttgart 1977.

[vii] Diana Laurenson and Alan Swingewood. The Sociology of Literature (London 1971) 12.

[viii] Der Richtung der textinternen oder "immanenten" Interpretation entsprachen in Russland der sogen. "Formalismus" (ca. 1910-30), in den USA der "New Criticism" und in Frankreich die "Explication des Textes". Zur Einführung können folgende Werke dienen: Victor Erlich. Russian Formalism. History, Doctrine. 1955; dt. Übers. Russischer Formalismus. 1964. - J. C. Ransom. The New Criticism. 1938. - Robert Weimann. New Criticism und die Entwicklung bürgerlicher Literaturwissenschaft. 1962, 2. Aufl. 1974. - Gerard Delaisemant. Les techniques de l'explication de textes. 1968. - Wolfgang Kayser. Das sprachliche Kunstwerk. 1948. - Emil Staiger. Die Kunst der Interpretation. 1955. - ders. Die Zeit als Einbildungskraft des Dichters. 1953.

[ix] "Autonomy of Art: Looking Back at Adorno's Ästhetische Theorie."German Quarterly, LIV/2 (March 1981) 133-148. - In kürzester Form findet man Adornos Anschauungen zum Autonomiebegriff und Wertbegriff in seinen "Thesen zur Kunstsoziologie" formuliert, und zwar zur Autonomie in Thesen 3 und 4, zum Wertbegriff in These 5: Th. A.: Ohne Leitbild (1967) 94-103; auch in Literatursoziologie,2 Bde. (Hg. J. Bark, Stuttgart 1974) 62-68.

[x] ebenda S. 48

[xi] Ästhetische Theorie. Ges. Schriften Bd. 7 (1970) 3 34 f.

[xii] z. B. in "Dialektischer Materialismus und Literaturgeschichte."L.G. Dialektische Untersuchungen, Bd. 29 (1966) 49-69.

[xiii] Wolfgang Iser unterscheidet zwischen "Wirkungstheorie" und "Rezeptionstheorie" einerseits und "Bedeutung" und "Signifikanz" andererseits, wobei jeweils der erste Begriff auf den Text und der zweite auf den Rezipienten bezogen wird. (s. Anm. 47)

[xiv]) Sprachtheorie: Die Darstellungsfunktion der Sprache (1934/65) 28.

[xv] Lothar Fietz. Funktionaler Strukturalismus. Grundlegung eines Modells zur Beschreibung von Text und Textfunktion. 1976.-ders. Strukturalismus. 1982.

[xvi]) "Zur Situation der Germanistik: Tradition und aktuelle Probleme."Die deutsche Literatur der Gegenwart, Aspekte und Tendenzen (Hg. M. Durzak 1971) 322-336; und in Methodenfragen der Literaturwissenschaft (Hg. R. Grimm und J. Hermand 1973) 162-184; ist überarbeitete Fassung von "100 Jahre Germanistik."Neues Forum. 14 (1967) 176-182.

[xvii] Jean Starobinski wies z.B. darauf hin, dass die soziologischen Literaturwissenschaften sich in ihrer Tendenz zu Verallgemeinerungen oft nicht allzu sehr von den Richtungen unterscheiden, die literarische Werke auf das "Genie einer 'Rasse', Nation oder Provinz bezogen," - also in Deutschland etwa Nadlers berühmter Literaturgeschichte. (In Dufrenne ed. 1978, 278)

[xviii] Ästhetik. 1953.

[xix] Man muss zumindest den Prager Strukturalismus vom französischen unterscheiden; vielleicht auch (wie Fietz, 1982) einen "anthropologischen", "ergozentrischen", "funktionalen" und "genetischen" (Lucien Goldmann. Pour une sociologie du roman. Paris 1964; dt. Soziologie des modernen Romans. 1970). Ders.: “La sociologie de la litterature: situation actuelle et problemes de methode.”in: Revue Internationale des Sciences Sociales, vol. 19 (1967).- Starobinski bemerkt: "Structuralism is not, like Marxism, 'a way of looking at the world' [...] just a tendency towards formalization, with due regard for the complex interplay of the component parts within a whole. This explains its universal validity, making it applicable to very different disciplines." (in Dufrenne ed. 1978, 283)

[xx] Poetik in Stichworten (1 965) 11. - Die meisten Beispiele, die Braak gibt, leiden - wie immer in solchen Aufzählungen - darunter, dass sie nicht nur für die angegebene Richtung repräsentativ sind, sondern mehrere Ansätze miteinander verbinden.

[xxi] "Literary Sociology: Some Introductory Notes."German Quarterly, XLVIII/1 (Jan. 1975) 1-35.

[xxii] z.B. von Manon Maren Grisebach. Methoden der Literaturwissenschaft. Uni Taschenbücher 121, Bern: Francke 1970, 2. Aufl. 1972. Der erste Begriff wird dann auf Untersuchungen angewendet, die Literatur nur als Material soziologischer Forschung gebrauchen. Die "Literatursoziologie" will dagegen nicht nur äußerliche Eigenschaften der Literatur für soziologische Fragestellungen benutzen. Sie interessiert sich für Literatur als solche. Der Unterschied liegt also nicht im Material, sondern in der Fragerichtung. Beide Methoden beschäftigen sich mit Literatur unter soziologischem Gesichtswinkel. Die"Soziologie der Literatur" strebt aber hauptsächlich soziologische Einsichten an, für die sie die Literatur (neben anderem Material) benutzt. Die "Literatursoziologie" (oder "soziologische Literaturwissenschaft") will mit soziologischen Methoden Literatur als Literatur verstehen - und darüber hinaus alles, was mit Literatur zusammenhängt. - Dieses Ziel macht jedoch die "Literatursoziologie" nicht zu einer textinternen Methode. Sie ist dennoch im Prinzip textextern ausgerichtet (extrinsic), weil sie nicht hauptsächlich Einzelwerke interpretieren will, sondern vielmehr "solche Literatursorten im Allgemeinen", ähnlich wie die Gattungspoetik, jedoch immer aus soziologischer Perspektive. Vergl. auch Viktor Zmegac, Hg.: Methoden der Literaturwissenschaft. Eine Dokumentation. 1971. (= 1. Bd. von: Von Methoden der Literaturwissenschaft. Literaturgeschichte und Interpretation). Horst Oppel: „Methodenlehre der Literaturwissenschaft“ in: Deutsche Philologie im Aufriss 1. Bd. 1952.

[xxiii] Zu Fragen der empirisch-positivistischen Literatursoziologie vergl. Fügen, Anm. 6.

[xxiv] Vergl. Karl Marx und Friedrich Engels. Über Kunst und Literatu: Eine Sammlung aus ihren Schriften. Hg. Michail Lifschitz, Berlin 1949, 6. Aufl. 1953; und Peter Demetz. Marx, Engels und die Dichter. 1959 (engl. Marx, Engels, and the Poets: Origins of Marxist Literary Criticism. Chicago-London: U. of Chicago Press 1967) Vergl. Fritz Raddatz, Hg.: Marxismus und Literatur. Eine Dokumentation in 3 Bänden. Reinbek 1969.

[xxv] Der Strukturalismus merkt zum Begriff "Tradition" an: "Wer die Konstanz eines Sachverhalts etwa mit dem Verweis auf 'Tradition' erledigt glaubt, hat ihr nur einen Namen gegeben. Die Geschichte einzelner Elemente kann jedenfalls niemals die Funktion der Elemente in einem gegebenen System erklären." (M. Titzmann in Reall IV, 268)

[xxvi] Siehe Anm. 3.-Aber der Begriff wird bereits in diesem Sinne von Jan Mukarovsky verwendet (Kapitel aus der Ästhetik, 1966/70, 129).

[xxvii] Vergl. J. Mukarovksy. Kapitel aus der Poetik (1948/67) 20.

[xxviii] Richtungsweisend Erich Köhler: "Über die Möglichkeiten historisch-soziologischer Interpretation (aufgezeigt an französischen Werken verschiedener Epochen)." Zuletzt in Literatursoziologie I (Hg. J. Bark 1974) 20-27. Vergl. auch Janus Slawinski: „Literatursoziologie und historische Poetik“ in: Literatur als System und Prozess, Hg. R. Fieguth (München 1975) 173-202; Für die Goethezeit Walter H. Bruford: Die gesellschaftlichen Grundlagen der Goethezeit. (Frankfurt/Main 1975) und Helmuth Kiesel/Paul Münch: Gesellschaft und Literatur im 18. Jahrhundert (München 1977).

[xxix] Vergl. Benno von Wiese: "Goethes 'Werther' angemessen zu verstehen, das erfordert nicht nur Kenntnis der empfindsamen Epoche, des Briefromans und seiner Überlieferung, der Einwirkung Rousseaus, Ossians und Klopstocks, es setzt auch Einblick in den Wandel der Sprachgeschichte von der Aufklärung zum Sturm und Drang und in den der Religionsgeschichte mit ihrem Übergang von lutherischer Orthodoxie zu pantheistischer Weltfrömmigkeit voraus." ("Geistesgeschichte oder Interpretation?"Festschrift für Friedrich Maurer, 1963, 239-261; und in B.v.W. Zwischen Utopie und Wirklichkeit, 1963, 11-3 1; und in Methodenfragen der Literaturw., Hg. R. Grimm und J. Hermand 1973, 88)

[xxx] Hans Robert Jauss. Literaturgeschichte als Provokation der Literaturwissenschaft. Konstganz 1967; Neuaufl. 1979

Fin de l'extrait de 22 pages

Résumé des informations

Titre
Nachträgliche Überlegungen zur soziologischen Methode
Université
Kyoto Sangyo University  (German Department)
Auteur
Année
1989
Pages
22
N° de catalogue
V8297
ISBN (ebook)
9783638153041
ISBN (Livre)
9783638799034
Taille d'un fichier
500 KB
Langue
allemand
Annotations
Vortrag und wissenschaftlicher Aufsatz. Die vorliegende Arbeit ist eine erweiterte Fassung eines Vortrags auf der Tagung der Japanischen Gesellschaft für Germanistik am 17.5.1988 in Tokio. Sie erschien in: Acta Humanistica XVIII, No. 4, Humanities Series No. 16 (Kyoto March 1989) 156-182.
Mots clés
Literaturwissenschaft, Marxismus, Soziologie der Literaturwissenschaft, Soziologische Literaturwissenschaft, Autonomiebegriff, Wertbegriff
Citation du texte
Dr. Wolfgang Ruttkowski (Auteur), 1989, Nachträgliche Überlegungen zur soziologischen Methode, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8297

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