Öffentlichkeit und öffentliche Meinung üben einen wichtigen Einfluss auf soziales Handeln im Allgemeinen und die verschiedensten sozialen Phänomene und politischen Entwicklungen im Speziellen aus. Es geht in dieser Ausarbeitung darum, die Wirkungsmechanismen von Öffentlichkeit und des Prozesses der öffentlichen Meinung anhand eines modernen Beispiels zu untersuchen. Hierzu dient die politische Revolution in der Ukraine Ende 2004. Insbesondere soll, gestützt durch die Beleuchtung der massenhaften Mobilisierung zum anhaltenden Protest gegen die Wahlfälschungen, der Wirkungsansatz des „Two-step flow of Communication“ kritisch analysiert werden. Dieses von Lazarsfeld im Jahr 1944 publizierte Modell der Wirkung von Kommunikation ist nach seiner Veröffentlichung auf breite Resonanz gestoßen und hat die Kommunikationsforschung lange geprägt. Es ist jedoch mit der Zeit der Vorwurf laut geworden, dass das Modell falsche Annahmen tätigt und der Prozess der politischen Meinungsbildung durch diese Theorie nicht zufriedenstellend und vor allem umfassend verstanden werden kann. Es ist deshalb interessant zu untersuchen, welche Aspekte des Modells tragfähig sind und welche Faktoren für die Meinungsbildung in einer modernen Mediengesellschaft tatsächlich relevant sind.
Inhalt
1. Einleitung
2. Begriffe und theoretischer Hintergrund
2.1 Öffentlichkeit
2.2 Öffentliche Meinung
2.3 Wirkung von Kommunikation
2.4 Die Theorie des „Two-step flow of Communication“
3. Rahmenbedingungen der ukrainischen Revolution
3.1 Politische und soziale Situation
3.2 Das Mediensystem der Ukraine
4. Meinungsbildung in der Mediengesellschaft
4.1 Prinzip der Selektivität und Reflexivität
4.2 Die Wirkung von massenmedialer Kommunikation
4.3 Die Wirkung von informeller Kommunikation
4.4 Virtuelle Meinungsführer
5. Resümee
6. Literatur
1. Einleitung
Öffentlichkeit und öffentliche Meinung üben einen wichtigen Einfluss auf soziales Handeln im Allgemeinen und die verschiedensten sozialen Phänomene und politischen Entwicklungen im Speziellen aus. Es geht in dieser Ausarbeitung darum, die Wirkungsmechanismen von Öffentlichkeit und des Prozesses der öffentlichen Meinung anhand eines modernen Beispiels zu untersuchen. Hierzu dient die politische Revolution in der Ukraine Ende 2004. Insbesondere soll, gestützt durch die Beleuchtung der massenhaften Mobilisierung zum anhaltenden Protest gegen die Wahlfälschungen, der Wirkungsansatz des „Two-step flow of Communication“ kritisch analysiert werden. Dieses von Lazarsfeld im Jahr 1944 publizierte Modell der Wirkung von Kommunikation ist nach seiner Veröffentlichung auf breite Resonanz gestoßen und hat die Kommunikationsforschung lange geprägt. Es ist jedoch mit der Zeit der Vorwurf laut geworden, dass das Modell falsche Annahmen tätigt und der Prozess der politischen Meinungsbildung durch diese Theorie nicht zufriedenstellend und vor allem umfassend verstanden werden kann. Es ist deshalb interessant zu untersuchen, welche Aspekte des Modells tragfähig sind und welche Faktoren für die Meinungsbildung in einer modernen Mediengesellschaft tatsächlich relevant sind.
Nach einer kurzen allgemeinen Begriffsklärung und einer Einführung in den Wirkungsbegriff folgen eine Darstellung der politischen und sozialen Rahmenbedingungen in der Ukraine sowie ein Überblick über das ukrainische Mediensystem. Im Hauptteil schließt sich eine theoretische Auseinandersetzung mit der Wirkung von Öffentlichkeit und öffentlicher Meinung im Kontext des Ablaufes der ukrainischen Revolution an. Hierzu werden zunächst Aspekte der informellen und der massenmedialen Kommunikation, von denen angenommen werden kann, dass sie für die Meinungsbildung in einer modernen Gesellschaft von Bedeutung sind, differenziert voneinander betrachtet. Auf diese Art und Weise wird versucht, das Modell des „Two-step Flow of Communication“ dahingehend zu modifizieren, dass ein authentisches Bild der Einflussstrukturen einer Mediengesellschaft entsteht und deutlich wird, wie informelle- und massenmediale Kommunikation im Prozess der (politischen) Meinungsbildung miteinander verknüpft sind.
2. Begriffe und theoretischer Hintergrund
Die Begriffe „Öffentlichkeit“ und „öffentliche Meinung“ sind ein fester Bestandteil unserer Alltagssprache geworden. Die genaue Bedeutung dieser Termini ist jedoch oft unklar. Für die Untersuchung der Einflussstrukturen politischer Meinungsbildung ist jedoch eine klare, exakte Definition dieser Begriffe notwendig. Ebenso müssen der Wirkungsbegriff geklärt werden und das zu kritisierende Modell des „Two-step flow of Communication“ mit seinen ursprünglichen Annahmen vorgestellt werden.
2.1 Öffentlichkeit
In einem modernen Verständnis ist Öffentlichkeit „[...] eine Situation gemeinsamer Aufmerksamkeit für Themen und Informationen, also ihre aktuelle Publizität, und nicht etwa eine bürgerliche Einrichtung oder irgendein Publikum“ (Westerbarkey 1999: 154). Zentrale Funktion des Sozialsystems Öffentlichkeit ist die Ausbildung von Wissenskonsens.
Es lassen sich drei verschiedene Erscheinungsformen von Öffentlichkeit voneinander abgrenzen. Die episodische Öffentlichkeit entfaltet sich bei jedem Prozess der informellen Kommunikation. Eine Situation gemeinsamer Aufmerksamkeit für Informationen besteht nämlich stets dann, wenn ein Kommunikationsangebot aufgrund der Tatsache akzeptiert ist, dass Menschen ihr Verhalten modifizieren, weil sie wahrnehmen, dass sie selbst wahrgenommen werden. (Vgl. Berghaus 2004: 75 ff.)
Veranstaltungsöffentlichkeiten katalysieren sich zwischen den füreinander wechselseitig wahrnehmbaren Teilnehmern einer Veranstaltung, z.B. einer Rede. Zwischen den Rezipienten einer Rede besteht zunächst keine direkte Kommunikation. Da sie sich aber wechselseitig wahrnehmen können, kann der Einzelne annehmen, dass auch hier eine Situation kollektiven Wissens besteht. Virtuelle Öffentlichkeiten entfalten sich zwischen füreinander anonymen Rezipienten eines Mediums und haben deshalb einen fiktionalen Charakter. Die Akzeptanz eines medialen Kommunikationsangebotes kann hier nur unterstellt werden, d.h. Rezipient A eines Massenmediums M unterstellt, dass auch andere Personen das Medium M rezipieren und dass diese Personen wiederum von anderen Personen („man“) annehmen, dass sie das Medium M rezipieren. Auch virtuelle Öffentlichkeiten üben aufgrund der auch hier nachweisbaren reflexiven Struktur eine konsensstiftende Bindewirkung aus. (Vgl. Merten 1999: 225 ff.)
2.2 Öffentliche Meinung
Die öffentliche Meinung ist ein Kommunikationsprozess, der sich auf dem „Nährboden“ der Öffentlichkeit entfaltet. Er dient der Auswahl von konsensfähigen Meinungen zu Themen und wird in jedem Moment öffentlicher Meinungsäußerung in Gang gesetzt. Die Meinung ist allgemein eine nicht auf Wahrheit verpflichtete Aussage über eine Aussage und deshalb äußerst flexibel. Durch die öffentliche Meinung kann Komplexität reduziert werden, d.h. aus einem unbegrenzten Horizont an möglichen Meinungen zu einem Thema wird eine mehrheitsfähige Meinung ausgewählt. Öffentliche Meinung kann somit als öffentliches Abstimmen über gemeinsame Handlungen begriffen werden. Das Individuum orientiert sich in seiner eigenen Meinungsbildung deshalb an der Meinung anderer, weil es sich im Grunde über die Subjektivität der eigenen Wirklichkeitskonstruktion bewusst ist (Vgl. Merten/Westerbarkey 1994: 326).
In der modernen Gesellschaft gewinnt der Einzelne seine Vorstellung von der Meinung anderer vor allem aus den Medien, diese etablieren Themen und erzeugen und präsentieren zu diesen Themen öffentlich Meinungen. Der Rezipient eines Mediums kennt die Meinung anderer nicht, bildet sich aufgrund dieses Strukturmangels aber eine Vorstellung von der Meinung anderer (unterstellter) Rezipienten des Mediums über die Meinung wiederum anderer (unterstellter) Rezipienten und orientiert an dieser Erwartung seine eigene Meinungsbildung (Vgl. Merten 1999: 241 f.).
2.3 Wirkung von Kommunikation
Wenn wir davon ausgehen, dass der Kommunikationsprozess der öffentlichen Meinung die Meinung des Individuums in erster und das Verhalten einer sozialen Gruppe in letzter Instanz maßgeblich bestimmt (z.B. anhaltende Demonstrationen gegen Wahlfälschungen), wird impliziert, dass Kommunikation wirkt. Wirkung kann verstanden werden als personenbezogene Veränderung von Wissen, Einstellungen und Verhalten (vgl. Maletzke 1963: 190 ff.). Das klassische Stimulus-Response-Modell geht davon aus, dass durch Kommunikation ein in seiner Bedeutung feststehender Stimulus von einem Kommunikator zu einem Rezipienten transportiert wird. Dieser Annahme folgend, kann die Wirkung von Kommunikation allein am Stimulus festgemacht werden. Gleicher Stimulus löst somit gleiche Wirkungen aus.
2.4 Die Theorie des „Two-step flow of Communication“
Die Theorie des „Two-step flow of Communication“ hat die Annahmen des bis in die 1940er Jahre gemeinhin akzeptierten Stimulus-Response-Modells teilweise revidiert. Nach dem klassischen Modell sind „[...] die Rezipienten den Stimuli der Massenkommunikation und deren Wirkungen schutzlos ausgesetzt“ (Eisenstein 1994: 58). Im Gegensatz hierzu geht die von Lazarsfeld, nach einer im amerikanischen Präsidentenwahlkampf 1940 getätigten Untersuchung, formulierte Hypothese von einem Zweistufenfluss der Kommunikation aus (vgl. Lazarsfeld et al. 1969). Aus den Ergebnissen seiner Untersuchung zieht Lazarsfeld den Schluss, dass nur sogenannte Opinion-Leader von den Medien direkt beeinflusst werden. Diese Gruppe weist eine hohe Konformität mit Gruppennormen auf, besitzt aufgrund einer hohen Sachkompetenz in einigen Gebieten eine hohe Glaubwürdigkeit sowie ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten (vgl. Eisenstein 1994 ff.). Opinion-Leader lassen sich von Medien in ihrer Meinungsbildung beeinflussen und beeinflussen in einem zweiten Schritt durch informelle Kommunikation Opinion-Followers, eine weniger aktive Personengruppe.
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