Auch wenn die Entstehung von Goethes Faust I und Faust II nunmehr rund zwei Jahrhunderte zurückliegt, sind beide Werke von besonderer Aktualität. Insbesondere im zweiten Teil der Tragödie lassen sich Analogien in Bezug auf wirtschaftliche und dadurch bedingte gesellschaftliche Ordnungen erkennen. Natürlich konnte Goethe seinerzeit die Entwicklung nicht eindeutig voraussehen, dennoch sind die Beschreibungen in beeindruckender Art und Weise in die Wirklichkeit übertragen worden. Goethes Kritik an der wirtschaftlichen Entwicklung, deren Auswirkungen auf soziale, gesellschaftliche und technische Veränderungen, sind damals wie heute von prägnanter Aktualität. Auf Basis des Fauststoffes werden die Entwicklung der industriellen Revolution und die Etablierung kapitalistischen Wirtschaftens deutlich dargestellt. Goethe, der die Anfänge dieser Entwicklung selbst miterlebt hat – insbesondere auch als Geheimer Rat am Weimarer Hof, wo er mit wirtschaftlichen Fragen betraut war –, versetzt sie mit den beiden Faust-Dramen ins Reich der Magie, der Zauberei und der Alchemie.
Inhaltsverzeichnis
- Auch wenn die Entstehung von Goethes Faust I und Faust II nunmehr rund zwei Jahrhunderte zurückliegt, sind beide Werke von besonderer Aktualität.
- Bereits im ersten Teil spielen Reichtum und Gold eine besondere Rolle.
- Ist das Motiv in der Gretchenszene noch dezent, so tritt es schließlich umso heftiger in der Walpurgisnacht und insbesondere in den Paralipomena auf, wo Sexualtrieb und die Gier nach Gold klar thematisiert werden.
- In Faust II schließlich wird das Geld ein über weite Teile bestimmendes Motiv. Losgelöst von der sexuellen Komponente, eröffnet Goethe hier eine weitere, der Gesellschaft, der Industrialisierung und dem Kapitalismus zugewandte Dimension.
- Zu Beginn des zweiten Teils beklagen sich am Hof des noch jungen Kaisers dessen Berater über den desolaten Zustand des Reiches; die Welt, die hier skizziert wird, – und das macht die eingangs erwähnte Aktualität des Fauststoffes auch heute noch aus - ist aus den Fugen geraten.
- Die Szene am Kaiserhof wird nun von buntem, karnevaleskem Treiben und zauberhaftem Maskenspiel unterbrochen.
- Kaum ist der turbulente Mummenschanz vorbei, sehen der Kaiser und seine Berater alle Verbindlichkeiten des Landes getilgt, die Wirtschaft floriert und alle Menschen sind im Freudenrausch, denn Mephisto hat für den Kaiser das Papiergeld erfunden.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay analysiert die Bedeutung von "Zauberblättern", Kapitalismus und Unternehmertum im Kontext von Goethes "Faust" und untersucht die Aktualität dieser Themen in Bezug auf die damalige und heutige Gesellschaft.
- Die Verknüpfung von Reichtum und Sexualität als prägendes Leitmotiv in "Faust I" und ihre Verbindung mit dem Teuflischen.
- Die Darstellung der industriellen Revolution und des aufstrebenden Kapitalismus in "Faust II".
- Goethes Kritik an der wirtschaftlichen Entwicklung und deren Auswirkungen auf soziale und gesellschaftliche Veränderungen.
- Die Rolle der Alchemie und des "Steins der Weisen" in der Verbindung von Reichtum und Macht.
- Die Auswirkungen von Geld und Kapital auf die Gesellschaft, dargestellt durch die allegorischen Figuren Plutus, Mephisto und Lenker.
Zusammenfassung der Kapitel
Der Essay fokussiert auf die Rolle von Geld und Kapital in beiden Teilen von Goethes "Faust". "Faust I" zeigt die Verknüpfung von Reichtum und Sexualität, die als teuflische Kräfte dargestellt werden und die Tragödie von Margarethe auslösen. Im zweiten Teil werden die Anfänge des Kapitalismus und die Industrialisierung thematisiert, wobei Goethe die Entwicklung des Papiergeldes und seine Auswirkungen auf die Gesellschaft kritisch beleuchtet. Mephistopheles agiert als Verkörperung des Kapitalismus und verkörpert die Verbindung von wirtschaftlicher Macht und Manipulation.
Schlüsselwörter
Der Essay befasst sich mit den Themen "Faust", "Zauberblätter", "Kapitalismus", "Unternehmertum", "Reichtum", "Sexualität", "Industrialisierung", "Alchemie", "Papiergeld", "Mephistopheles" und "Goethe".
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- M.A. Florian Schneider (Author), 2006, „Da seht nur her, ist das wohl Geldes wert?“ Ein Essay über „Zauberblätter“, Kapitalismus und Unternehmertum in Goethes 'Faust', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83205