Cicero und geheime Abstimmungen


Seminar Paper, 1998

17 Pages, Grade: 1-


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Cicero und geheime Abstimmungen
2.1 Die Quelle
2.2 Stimmabgabe bei Wahlen in der Römischen Republik
2.3 Einführung geheimer Abstimmungen in der Römischen Republik
2.4 Ciceros Einstellung zum Wahlverfahren
2.5 Geheime Abstimmungen im Spiegel der Forschung

3. Schlußbetrachtung

4. Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Meiner Arbeit liegt als Quelle ein Auszug aus Ciceros drittem Buch seiner Schrift DE LEGIBUS[1] zugrunde. Die verwendete Edition leitet kurz die Thematik ein und liefert neben der lateinischen Urfassung des Textes eine englische Übersetzung.

Ausgehend von Ciceros Ausführungen zu geheimen Abstimmungen soll zum einen seine persönliche Einstellung zum Vorgehen bei Wahlen und Abstimmungen, andererseits vor allem aber die Frage untersucht werden, was zur Einführung geheimer Stimmabgaben in der späten römischen Republik führte und wann dies geschah. Zur Frage nach den Gründen für eine Änderung des Abstimmungsverfahrens findet sich in der Forschung eine Kontroverse, die hauptsächlich zwei Lager aufweist. Während einerseits in diesem Zusammenhang von einer mehr oder weniger opportunistischen popularen Maßnahme gegen Senat und Optimaten und das traditionelle Bindungssystem ausgegangen wird, wird andererseits die Änderung als eine Maßnahme gegen den Ambitus, also die Wahl-bestechung, erklärt.[2]

Weiterhin ist in diesem Kontext eine Betrachtung des Ablaufs von Stimmabgaben vor und nach Einführung geheimer Abstimmverfahren nötig und schließlich ist auch zu überlegen, wie sich eine Verfahrensänderung auf den Ablauf einer Wahl oder Abstimmung auswirken mußte.

In der Forschung nehmen Betrachtungen des republikanischen Wahl- und Abstimmungssystems einen breiten Raum ein und auch die Thematik des Ablaufes solcher Vorgänge sind von unterschiedlichsten Ansätzen aus behandelt worden. Neben den Schlußfolgerungen aus dem Studium der überlieferten schriftlichen Quellen ist zum anderen auch von archäologischen Funden wie Überresten von Bauwerken und Abbildungen auf entdeckten römischen Münzen auf Vorgehensweisen geschlossen worden.[3] Diese verschiedenen Ansatzpunkte haben ziemlich plastische Vorstellungen über den Ablauf von Wahlen und Abstimmungen ermöglicht.

2. Cicero und geheime Abstimmungen

2.1 Die Quelle

Wie in der Einleitung bereits erwähnt, liegt meinen Ausführungen als Quelle primär der Abschnitt aus Ciceros Werk „DE LEGIBUS“ zugrunde, in dem er zu geheimen Abstimmungen Stellung nimmt.[4] „DE LEGIBUS“ ist von Cicero in Form eines fiktiven Gespräches zwischen seinem Bruder Quintus, seinem Freund Atticus und ihm selbst wahrscheinlich 52/51 v. Chr. verfasst worden.[5]

Cicero stellt in diesem dritten Buch sein Modell für einen idealen Aufbau und die Verwaltung der „re publica“ dar und gibt, nachdem er zuerst seine Thesen formuliert hat[6], im Gespräch Erklärungen hierzu. Er befaßt sich in diesem Zusammenhang auch mit dem Wahlverfahren für den Magistrat und Abstimmungen in Gerichts- und gesetzgebenden Versammlungen. Den für die geheimen Abstimmungen relevanten Passus[7] führt er im o.g. Teil[8] dann weiter aus.

C. Nicolet weist in seinem Aufsatz auf ein Übersetzungsproblem hin. Während der erste Satzteil „Creatio magistratuum, iudicia populi, iussa vetita quom suffragio cosciscentur“ eindeutig den Rahmen der Regelung (Wahlen, Gerichts- und Gesetzesabstimmungen) beinhaltet, ist der zweite Satzteil „optumatibus nota, plebi libera sunto“ weniger eindeutig. Allerdings wird nach Nicolet durch Ciceros Wiederaufgreifen der Thematik mit leicht abgewandelter Formulierung („nota esse optimatibus, populo libera“[9]) klar, daß es sich bei „optimatibus“ um einen Dativ handeln muß, was nun zwei Übersetzungen ermöglicht. Zum einen könnte es sich hier um einen dativus possessoris handeln, nachdem die Stimmen der Optimaten dann bekannt/offen sein sollten, die des Volkes dagegen frei, also geheim. Die zweite Möglichkeit bietet das Auffassen des Dativ mit attributivem Charakter, so daß hier die geheimen Stimmen des Volkes den Optimaten bekannt sein sollen. Sowohl Nicolet als auch alle anderen Ver-öffentlichungen batrachten dies als plausibler und gehen aufgrund der Gesamtthematik von dieser zweiten Übersetzung aus.[10]

2.2 Stimmabgabe bei Wahlen in der Römischen Republik

Im Zusammenhang mit Abstimmungen bei Wahlen und Versammlungen will ich im folgenden kurz den Ablauf der Stimmabgabe vor und nach Einführung des geheimen Verfahrens skizzieren. Ich beschränke mich hierbei auf die Zenturiatskomitien, da eine Gesamtdarstellung den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde und zum Aufzeigen der Problematik eine Beschränkung in diesem Sinne ausreicht. Auch angesichts der übergeordneten Thematik meiner Seminararbeitsgruppe, der Wahl Ciceros zum Konsul, steht die Struktur der Zenturiatskomitien im Vordergrund.

Vor Einführung des geheimen Abstimmungsmodus ordnete sich das Volk nach Aufruf durch den Wahlleiter in die für die Abstimmung aufgestellten 193 Zenturien.[11] Nachdem die Zenturien auf dem Abstimmungsplatz Aufstellung genommen hatten, konnte der „rogator centuriae“ die einzelne Zenturie abschreiten und jeden Bürger nach seiner Stimme befragen, die er dann auf einem Täfelchen mit einem Punkt notierte.[12]

Bei dieser Form der offenen Abstimmung zeigt sich natürlich sehr deutlich, daß die einzelnen Bürger ständig unter Beobachtung standen und ihr Stimmverhalten jedem anderen uneingeschränkt offen lag. Was dies für die Bereitschaft zum oppositionellen Stimmen bedeutete, muß hier nicht näher erläutert werden.

[...]


[1] Cic. De Leg. 3, 33 - 3, 39 in: Cicero in 28 volumes. XVI. DE RE PUBLICA, DE LEGIBUS, übers. von C. Walkerkeyes, Cambridge (Mass.), London 1988, (Loeb Classical Library), S. 497-505.

[2] Diese Darstellung der Kontroverse ist zu finden in: Jehne, M., Geheime Abstimmungen und das Bindungswesen in der Römischen Republik, HZ 257, 1993, S. 597-599.

[3] Vgl. Taylor, L. R., Roman Voting Asemblies. From the Hannibalic War to the Dictatorship of Caesar, 2. Aufl., Ann Arbor 1990, (Jerome Lectures 8).

[4] Cic. leg. 3, 33 - 3, 39

[5] Zur Datierung siehe Nickel, R., Einführung, in: M. T. Cicero, De Legibus, Paradoxa Stoicorum, Lateinisch-deutsch, hg., übers. und erläutert von R. Nickel, Zürich 1994 und Werner, V., Quantum bello optimus, tantum pace pessimus: Studien zum Mariusbild in der antiken Geschichtsschreibung, Bonn 1995, (Habelts Dissertationsdru>

[6] Cic. leg. 3, 6-3,11

[7] Cic. leg. 3, 10: „Creatio magistratuum, iudica populi, iussa vetita quom suffragio cosciscentur, optumatibus nota, plebi libera sunto.“

[8] Wie Anmerkung 1

[9] Cic. leg. 3, 33

[10] Nicolèt, C., Cicéron, Platon et le vote secret, Historia 19, 1970, S. 39f.

[11] Zur Zenturieneinteilung siehe: Rilinger, R.: Der Einfluß des Wahlleiters bei den römischen Konsulwahlen von 366 bis 50 v. Chr., München 1976, (Vestiga Bd. 24), S. 114f.

[12] Rilinger, R., Einfluß des Wahlleiters, S. 115.

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Details

Title
Cicero und geheime Abstimmungen
College
University of Kassel  (FB 05)
Course
Wahlen in der späten römischen Republik
Grade
1-
Author
Year
1998
Pages
17
Catalog Number
V8324
ISBN (eBook)
9783638153171
ISBN (Book)
9783656060246
File size
502 KB
Language
German
Keywords
Cicero, Abstimmungen, Wahlen, Republik
Quote paper
Ralf Käcks (Author), 1998, Cicero und geheime Abstimmungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8324

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