Die Rolle des Eigentums im Kapitalisierungsprozess


Term Paper (Advanced seminar), 2007

20 Pages, Grade: 1,7


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Inhaltsverzeichnis

Was kann das Scheitern des Marktes verhindern?

A Allgemeine Funktionen von Eigentum
1. Der Eigentumsbegriff
2. Soziale Funktionen des Eigentums
3. Funktion einer Eigentumspolitik
4. Funktion eines Eigentumsrechtes

B Eigentum als tragender Faktor einer Marktwirtschaft
1. Marktwirtschaft in der 3. Welt
2. Die Verantwortlichkeit der Regierung
3. Marktversagen im Kapitalisierungsprozess
4. Repräsentationssysteme und Informationsprozesse

C Fallbeispiel: Grundeigentum in Entwicklungsländern
1. Eigenschaften von Landrechten
2. Zugang zu Land
3. Landreformen

Globale Verantwortung als Lösungsansatz
Literaturliste

Was kann das Scheitern des Marktes verhindern?

Seit dem Aufkommen des Kommunismus im 19. Jahrhundert hat das Privateigentum die Welt politisch gespalten. Die politischen Fronten liefen zwischen den Bereichen Privat- oder Gemeindeeigentum beziehungsweise individuelle oder kollektive Verfügungsbefugnis. Geht man in der Geschichte zurück stößt man unweigerlich auf zahlreiche Philosophen, die sich mit der Thematik bereits beschäftigt haben. Während beispielsweise Rousseau im Privateigentum noch den Sündenfall des Menschen und die Ursache für Krieg und Elend sieht, betrachtet Locke Eigentum als den Grund, aus dem sich Menschen überhaupt zum Staat zusammenfinden.

Die vorliegende Hausarbeit bezieht sich schwerpunktmäßig auf den Text des peruanischen Wirtschaftswissenschaftlers Hernando de Soto „Freiheit für das Kapital“.[1] De Soto interessiert sich jedoch weniger für das Eigentumsrecht an sich, als für die Metarechte – also das Recht auf und gleichermaßen den Zugang zu Eigentum. Nachdem das Privateigentum mittlerweile die Ideen des Kommunismus übertrumpft hat, ist auch in ganz Deutschland laut Artikel 14 des Grundgesetzes das Recht auf Privateigentum ein Grundrecht. Damit impliziert ist gleichzeitig eine Verpflichtung: Der Gebrauch von Eigentum soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Es ist die Aufgabe des Staates, gute Eigentumsrechte zu schaffen und durchzusetzen, da sie eine Grundvoraussetzung für wirtschaftliche Prosperität sind. Die Realität sieht in den meisten anderen Ländern jedoch anders aus. Konflikte um Eigentum, insbesondere um Grund und Boden, sind alltäglich. Sie reichen von Grenzstreitigkeiten zwischen Nachbarn bis hin zu Kriegen zwischen einzelnen Völkern. Gerade in den Entwicklungsländern zeigt sich, dass die Auffassung der Bedeutung von Eigentum divergiert. Dient Eigentum dort vor allem seinem materiellen Zweck, führt es in der westlichen Welt bereits ein Doppelleben als Kapital. Zwar wurde der Übergang zum Kapitalismus bereits geschaffen, der Erfolg bleibt jedoch gerade in den ehemaligen Ostblockstaaten und Dritte-Welt-Ländern größtenteils aus. Denn das „tote Kapital“[2] braucht laut de Soto ein formales Fundament, um im Zuge der Globalisierung und Kapitalisierung im Prozess der freien – wenn auch noch nicht sozialen – Marktwirtschaft zu prosperieren.

Im Folgenden sollen die Eigenschaften und Funktionen des Eigentums genauer betrachtet [A], seine Rolle in der Marktwirtschaft dargelegt [B] und am Beispiel von Landbesitz die Situation in der 3. Welt aufgezeigt werden [C]. Der Fokus liegt jedoch durchgehend auf der Frage, warum trotz fortschreitender Kapitalisierung der Markt dennoch versagen kann. Es wird sich zeigen, dass nicht nur für Hernando de Soto Unstimmigkeit in den Eigentumssystemen ein zentraler Faktor zur Beantwortung dieser Frage ist.

A Allgemeine Funktionen von Eigentum

1. Der Eigentumsbegriff

Der Begriff Eigentum kann unterschiedlich definiert werden. Laut Christoph Engel versteht man unter Eigentum „die sozial anerkannten Ansprüche eines Individuums“[3]. Im Zuge der Globalisierung wurden weitere Unterscheidungseinteilungen notwendig wie beispielsweise Privateigentum, Betrieb- oder Grundeigentum, geistiges Eigentum, etc. Zeller zum Beispiel unterscheidet zwischen zwei Arten von Eigentum: Das Eigentum an „Konsumgütern, die verbraucht werden“ und das Eigentum an „Produktionsmitteln, die eingesetzt werden, um mit menschlicher Arbeit Mehrwert zu erzeugen“.[4] Hier zeigt sich bereits, dass der Begriff des materiellen Eigentums erweitert werden muss in Eigentums- und Nutzansprüche, bzw, -rechte. Dies mag als grobe Einteilung des Begriffes genügen.

2. Soziale Funktionen des Eigentums

Eine der wichtigsten sozialen Leistungen von Eigentum besteht in der Bewältigung von Knappheitsproblemen. Daneben gibt es jedoch weitere gesellschaftliche Aspekte, die durch Besitz beeinflusst werden: In einer kapitalistischen Gesellschaft, deren Fundament ein absolutes Eigentum ist, stellt Besitz ein sichtbares Statussymbol dar. Jemand der etwas Hochwertiges besitzt, hat es zu etwas gebracht. Die Kehrseite der Medaille zeigt sich darin, dass Eigentum gleichzeitig der sichtbarste Ausdruck von Ungleichheit ist: Es symbolisiert ungleiche Vermögensverhältnisse. Durch eine strikt durchgehaltene Eigentumsordnung können eventuelle Konflikte zwar vermieden werden, aber gleichzeitig wirt mitunter Neid auf fremden Besitz geradezu herausgefordert. Dennoch: „Eigentum garantiert den Frieden also nicht. Es hat aber doch einen erheblichen befriedigenden Effekt.“[5] In diesem Sinne tragen Markt und Eigentum zur Zivilisation der Menschen bei, indem der Markt die Menschen dazu erzieht, Reputationen und Bedürfnisse zu achten und Kontakte zu pflegen. Es stellt sich allerdings die Frage, warum andere Menschen überhaupt das durch Arbeit erworbene Recht eines Eigentümers respektieren sollen. Eigentumssysteme setzen den Besitz immer zugleich in das Verhältnis zu all denen Personen, denen der Respekt des fremden Eigentums abverlangt wird. Das heißt, Eigentum schafft theoretisch Freiheitssphären, die von anderen im Normalfall akzeptiert werden.[6] Desweiteren führt Besitztum dazu, dass Menschen sich bemühen, ihre volle Arbeitskraft freizusetzen, um auf dem freien Markt Kapital zu produzieren. Eigentum und Markt beschleunigen also die Innovation der Menschen und wirken motivierend, was wiederum dem Markt zunutze kommt.

Eigentum und Freiheit hängen eng zusammen. Jedes Individuum mit (Human-)Kapital hat Zugang zu den Gütern, ohne dass es zwangsweise an eine formelle oder informelle Gesellschaft gebunden ist. Mit dem Besitz von Gütern wird dem Individuum Verantwortung auferlegt, die es daran hindert, seine Freiheit zu missbrauchen.[7] Jedes Individuum ist durch seine eigene Verantwortung daran gebunden, in einer kapitalistischen Marktwirtschaft Risiken z.B. durch Kredite einzugehen oder Risiken auf andere abzuwälzen, beispielsweise durch Versicherungen. Dies alles ist nur aufgrund eines formellen, rechtlichen Eigentumssystems möglich.

Was aber, wenn das System vielfältige Eigentumsbeschränkungen vorsieht? Diese können sich zu einer weitgehenden Entrechtung des Eigentümers summieren, so dass er in eine Art „soziale Knebelung“ gerät.[8] Zu den Eigenschaften von Eigentumssystemen gehört, dass sie historisch kontingent sind. Überspitzt gesagt bedeutet dies, dass eine Gesellschaft von Kapitalisten eine andere Eigentumsordnung braucht als eine Gesellschaft von Jägern und Sammlern. Eigentumssysteme werden, wie der folgende Abschnitt zeigen wird, vor allem von der Politik maßgeblich mitbestimmt.

3. Funktion einer Eigentumspolitik

Die globalisierte Wirtschaft braucht einen „sozialen Rahmen“, den ihr nur eine globalisierte Politik geben kann.[9] Zwar geht man bei einer freien Marktwirtschaft davon aus, dass die Wirtschaftsindividuen freiwillig und konkurrierend miteinander ins Geschäft kommen, aber der Einsatz von Staatsgewalt ist natürlich trotzdem notwendig. Denn der Bürger gilt immerhin als der Besitzer der Ertragsrechte an der Organisation Staat und der Politiker als vorübergehender Verwalter der Kontrollrechte.[10] Die Verfasser des Jahresberichtes des „economic freedom of the world“ betonen ausdrücklich, dass der Schutz der Personen und ihres rechtlich gesichertes Eigentums ein zentrales Element einer zivilisierten Gesellschaft und einer freien Wirtschaft sind. Dies zu bewerkstelligen sei eine der wichtigsten Aufgaben einer Regierung.[11] Würde das Privateigentum also fehlen, würden sich sowohl die Gesellschaft als auch die Wirtschaft fundamental ändern. Um diese Staatsaufgabe zu meistern ist es nötig, die Parlamentsaufgaben zu differenzieren, weil Marktprozesse oft zu komplex sind, als dass ein Parlament sie bewältigen könne.

Dem würde wohl auch de Soto zustimmen, der den Fokus bei seinen Reformen neben den Juristen vor allem auf die Technokraten legt. De Soto weist außerdem darauf hin, dass die westlichen Länder den Kapitalisierungsprozess schon längst durchstanden haben, und dass man mit einem Blick auf die Geschichte feststellen könne, dass die wichtigsten Instrumente die Veränderungen der politischen Meinungen und die Trends der Rechtsauffassungen waren, die den gesellschaftlichen Bedürfnissen Rechnung tragen wollten.[12] Er weist der Politik indessen vier klare Aufgaben zu:

Sie soll vor allem Metarechte schaffen. Um das zu erreichen, muss politische Überzeugungsarbeit geleistet werden, um kleine, einflussreiche Gruppen zu überzeugen. Desweiteren sollen Normen entwickelt werden, die den Ansichten der Menschen auch entsprechen, was eine gut fließende Kommunikation zwischen Politikern und Bürgern voraussetzt. Eine gute Eigentumspolitik muss außerdem vor allem die zahlreichen armen Bevölkerungsschichten berücksichtigen und ihr Vertrauen in den Staat festigen.[13] In anderen Worten: Der Staat muss dem Bürger verständlich machen, dass der Grund überhaupt Steuern zu zahlen darin liegt, dass er in Folge dann auch vom Repressionsvermögen des Staates zum Schutz der Eigentumsrechte profitieren würde.

Umgekehrt dient Eigentum dem Staat selbst. Er bereichert sich schließlich durch Steuern am Wohlstand seiner Bürger und sein Interesse liegt also darin, dem Bürger durch das Marktgeschehen an Kapital gewinnen zu lassen. Ein wichtiges Mittel dabei ist die Schaffung von Institutionen.[14] Im institutionellen Rahmen müssen eine gültige Rechtsordnung, in der Eigentums- und Vertragsrecht enthalten sind, sowie diverse Grundregeln Platz finden. Daneben gibt es meist noch individuelle institutionelle Vereinbarungen. Über den institutionellen Rahmen weist der Staat demjenigen die absoluten Eigentumsrechte an einer Sache zu, der daraus den größten Nutzen zieht. Gleichzeitig sind Institutionen auch ein Mittel, die gesellschaftlichen Regeln zu definieren, die das Zusammenleben der Menschen koordinieren.

[...]


[1] Soto, Hernando de: Freiheit für das Kapital. Warum der Kapitalismus nicht weltweit funktioniert. Berlin: Rowohlt 2002. [Anm. M.B.: Im folg. abgekürzt: de Soto 2002]

[2] de Soto 2002, S.50.

[3] Engel, Christoph: Bericht zur Lage des Eigentums. In: Otto Depenheuer (Hg.), Bibliothek des Eigentums, Bd. 1. Berlin: Springer 2002, S. 32. [Anm. M.B.: Im folg. abgekürzt: Engel 2002]

[4] Zeller, Christian: Zur gesellschaftlichen Aneignung. In: Christian Zeller (HG.), Die globale Enteignungsökonomie. Münster: Westfälisches Dampfboot 2004, S. 300.[Anm. M.B.: Im folg. abgekürzt.: Zeller 2004]

[5] de Soto 2002, S. 63.

[6] Vgl. Engel 2002, S. 23.

[7] Vgl. Engel 2002, S. 64.

[8] Vgl. Engel 2002, S. 5.

[9] Vgl. Nuscheler, Franz: Globalisierung: Chancen und Risiken, Gewinner und Verlierer. In: Ralf Elm (Hg.), Ethik, Politik und Kulturen im Globalisierungsprozess. Eine interdisziplinäre Zusammenführung, (SchriftenReihe Bd. 49), Bochum: Projekt Verlag 2003, S. 147. [Anm. M.B.: Im folg. abgekürzt: Nuscheler 2003]

[10] Kobler, Markus: Der Staat und die Eigentumsrechte. Institutionelle Qualität und wirtschaftliche Entwicklung. (Die Einheit der Gesellschaftswissenschaften. Studien in den Grenzbereichen der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Bd. 110). Tübingen: Mohr Siebeck 2000, S. 122. [Anm. M.B.: im folg. abgekürzt: Kobler 2000]

[11] Gwartney, James; Robert Lawson; William Easterly: Economic freedom of the world. Annual report 2006. Kanada: The Fraser Insitute 2006, S.10. [Anm. M.B.: Im folg. Abgekürzt Gwartney 2006]

[12] Vgl. de Soto 2002, S. 171.

[13] Vgl. de Soto 2002, S. 180f.

[14] Vgl. Kobler 2000, S. 74f.

Excerpt out of 20 pages

Details

Title
Die Rolle des Eigentums im Kapitalisierungsprozess
College
University of Bamberg
Course
Politik und Markt
Grade
1,7
Author
Year
2007
Pages
20
Catalog Number
V83460
ISBN (eBook)
9783638899901
ISBN (Book)
9783640396498
File size
491 KB
Language
German
Keywords
Rolle, Eigentums, Kapitalisierungsprozess, Politik, Markt
Quote paper
Michelle Bayona (Author), 2007, Die Rolle des Eigentums im Kapitalisierungsprozess, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83460

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