Wolfram von Eschenbachs Roman „Parzival“ enthält eine Fülle schillernder Persönlichkeiten und Figurenkonzeptionen. Eine der vielleicht Exotischsten ist die Figur der surziere Cundry.
Unverhofft taucht sie im sechsten Buch des Romans auf, verflucht den Helden Parzival und verschwindet nach ihrem kurzen Auftritt für lange Zeit. Erst im elften Buch er-scheint sie wieder persönlich, bittet Parzival um Vergebung und spricht dessen Berufung zum Gralskönig aus. In der Zwischenzeit erfährt der Leser, dass sie die Klausnerin Sigune mit Nahrung versorgt , Kontakt zu den eingeschlossenen Frauen auf Schastel marveile hält und wir erfahren durch ihren Bruder Malcreatüre von ihrer Herkunft.
All dies würde Cundry vielleicht noch nicht zur außergewöhnlichen Frauenfigur ma-chen. Das Besondere an ihr ist ihre außergewöhnliche Hässlichkeit, ihr Äußeres, das halb aus Mensch, halb aus Tier besteht und die Art ihres rabiaten Auftretens, das schlichtweg nicht zu einer Frau von Stand zu passen scheint. Eben diese Exotik ist es, welche die Forschung zu ausführlichen Spekulationen und Interpretationen bezüglich ihrer Funktion im „Parzival“ gereizt hat.
Unter Literaturwissenschaftlern umstritten, kommen ihr die unterschiedlichsten Namen und Attribute zu. Joachim Bumke bezeichnet sie als „Gralsbotin.“ Diesen Titel greift Ralph Breyer auf, diskutiert, ob er ihr ohne weiteres zusteht, und kommt zu dem Schluss, dass die Figur „bei ihrem ersten, spektakulären Auftritt weniger, beim zweiten mehr als eine Botin“ ist.
Für Helmut Brall ist sie das „Zerrbild einer Frau“ , „eine zoologisch gemilderte Inkarnation des kosmologischen Alptraums“ Herzeloydes, gar „eine von männlichen Triebwünschen mißhandelte Ruine von Weiblichkeit.“
Ich möchte im Folgenden diskutieren, ob und wie wichtig die Hässlichkeit der Cundry-Figur für ihre Konzeption und ihre Funktion im „Parzival“ ist. Des Weiteren möchte ich erarbeiten, was ihre besondere Hybridität ausmacht und in welchem Zusammenhang die einzelnen Aspekte ihres hybriden Wesens mit dem Romanhelden stehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- ein magt gein tiuwen wol gelobt, wan daz ir zuht was vertobt
- Cundry, die Grenzgängerin
- Cundry als komplementäre Figur zu Parzival
- Die Funktion der Cundry-Figur im Romangeschehen
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die Figur der Cundry in Wolfram von Eschenbachs „Parzival“ und analysiert ihre Rolle im Roman. Im Zentrum der Betrachtung steht die besondere Hybridität der Cundry-Figur, die sich in ihrem Aussehen, Verhalten und ihren Fähigkeiten manifestiert. Die Arbeit untersucht, wie diese Hybridität die Funktion der Cundry im Roman beeinflusst und wie sie zum Verständnis der Figur des Parzival beiträgt.
- Die besondere Hässlichkeit und Exotik der Cundry-Figur
- Die Hybridität der Cundry: Mensch-Tier-Verhältnis, Gelehrsamkeit, Verhaltensweisen
- Die komplementäre Beziehung zwischen Cundry und Parzival
- Die Funktion der Cundry-Figur im Gesamtkontext des „Parzival“
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die Forschungsfrage sowie die Methode der Untersuchung dar.
- Kapitel 3 beleuchtet die groteske Erscheinung der Cundry und die Bedeutung ihrer Exotik für das Gesamtverständnis der Figur. Es wird insbesondere auf die Hybridität des Erscheinungsbildes und die widersprüchliche Kombination von Hässlichkeit und Schönheit eingegangen.
- Kapitel 4 untersucht die einzelnen Aspekte des hybriden Wesens der Cundry: ihr Mischwesen aus Mensch und Tier, ihre Gelehrsamkeit und ihr ambivalentes Verhalten. Es wird analysiert, wie diese Elemente zur Gesamtkonzeption der Figur beitragen.
- Kapitel 5 erörtert, wie die Cundry-Figur als komplementäre Figur zum Romanhelden Parzival verstanden werden kann. Es wird untersucht, wie die Interaktion zwischen den beiden Figuren deren Entwicklung und die Handlung des Romans beeinflusst.
- Kapitel 6 fasst die gewonnenen Erkenntnisse zusammen und beleuchtet die Funktion der Cundry-Figur im Gesamtkontext des Romans. Es wird dargelegt, wie die Cundry-Figur zum Verständnis des „Parzival“ beiträgt und welche Rolle sie im literarischen Kontext des Mittelalters spielt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit der Figur der Cundry, einer prominenten Nebenfigur in Wolfram von Eschenbachs „Parzival“. Im Fokus der Untersuchung steht die Hybridität der Cundry-Figur, die sich in ihrem Aussehen, ihrem Verhalten und ihren Fähigkeiten manifestiert. Die Analyse umfasst Themen wie Exotik, Hässlichkeit, Gelehrsamkeit, Komplementarität und die Rolle der Cundry im Kontext des Gralsromans.
- Quote paper
- Christine Mewes (Author), 2007, "ein magt gein triuwen wol gelobt": Zur Figur der surziere Cundry in Wolfram von Eschenbachs "Parzival", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83689