Mobilität und Familie - Die Auswirkungen von beruflich bedingter Mobilität


Hausarbeit, 2007

18 Seiten, Note: 2


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Theoretischer Rahmen beruflich bedingter Mobilität

3. Formen beruflich bedingter Mobilität

4. Folgen beruflich bedingter Mobilität
4.1. Allgemeine Folgen
4.2. Gesundheitliche Folgen
4.3. Folgen nach Mobilitätsform und Geschlecht differenziert

5. Auswirkungen beruflich bedingter Mobilität auf die Partnerschaft
5.1. Auswirkungen auf die Elternschaft
5.2. Auswirkungen auf die Paarbeziehung

6. Möglichkeiten der Minimierung
von mobilitätsinduzierten Stressoren

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Es ist der Deutschen liebstes Statussymbol, jeder fährt es gerne spazieren und viele täglich auch damit zur Arbeit – das Auto. Während zurzeit auf der Internationalen Automobilausstellung IAA in Frankfurt am Main bis vor Kurzem gesehen werden konnte, was Morgen bewegt, bewegt neben der ökologischen Verträglichkeit noch ein ganz anderer Aspekt des Autofahrens die Gemüter der Autofahrer.

2001 machte die damalige Bundesregierung die Entfernungspauschale – oder im Volksmund auch gerne: Pendlerpauschale – für alle zum Arbeitsplatz zurückgelegten Wege – egal, ob mit dem Auto, dem öffentlichen Nahverkehr oder dem Fahrrad – mit 30 Eurocent pro Kilometer von der Steuer absetzbar. Seit Januar diesen Jahres ist diese Steuervergünstigung wieder teilweise kassiert: Nurmehr ab dem 21. Kilometer zwischen Wohnort und Arbeitsplatz ist es möglich, seine Kosten zur Erreichung der Arbeitsstelle vor der Steuer geltend zu machen.[1]

Viele laufen nun Sturm: Millionen von ehrlichen Bürgen, die täglich zu ihrer Arbeit pendeln müssen, sind nun von großer finanzieller Mehrbelastung bedroht. Während der Bundesfinanzminister keine Mängel erkennen kann, hat der Bundesfinanzhof verfassungsrechtliche Zweifel angemeldet; eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird für Anfang 2008 erwartet.[2]

Selbst wenn die soziologische Definition eines Pendlers nicht vor 20 Kilometern Arbeitsweg anfangen würde, ist es unumstritten, dass das beruflich induzierte Pendeln – die beruflich bedingte Mobilität – in seinen unterschiedlichen Formen ein Phänomen der Moderne ist und sich in den vergangenen Jahrzehnten verstärkt hat.[3] Auch sind die Auswirkungen von Mobilität mitnichten auf eine finanzielle Dimension beschränkt.

So soll sich im Rahmen dieser Hausarbeit vor Allem mit den Auswirkungen von beruflich bedingter Mobilität auf die partnerschaftliche Beziehung beschäftigt werden. Hierzu wird zunächst der theoretische Rahmen von Mobilität als Zeichen unserer Zeit betrachtet. Ebenso soll ein kurzer Überblick gegeben werden über die verschiedenen Mobilitätsformen und deren spezielle Auswirkung. Im Fokus des Hauptteils sollen dann die Auswirkungen auf die Paarbeziehung stehen. Den Abschluss der Arbeit wird eine Reflexion über die Möglichkeiten bilden, mit denen die negativen Folgen beruflich bedingter Mobilität minimiert, und die positiven herausgestellt werden können.

2. Theoretischer Rahmen beruflich bedingter Mobilität

Definierte sich die Industriegesellschaft, wie sie in den westlichen Demokratien noch bis in die 1960er Jahre vorherrschte, vor allem durch die Schlagworte Synchronisierung, Standardisierung und Maximierung, haben sich diese Maxime in der heutigen Zeit mehr und mehr verabschiedet. Gerade in der Arbeits- und Familienwelt sind diese Veränderungen besonders gut zu beobachten.

Die neuen Devisen heißen Pluralisierung, Individualisierung und Flexibilisierung[4]. Auf der Ebene der Familie ist dies vor Allem an der Veränderung der Lebensformen erkennbar: weniger Ehen werden geschlossen, es wird später geheiratet; Lebensabschnittsgefährten anstelle von dauerhaften Beziehungen; mehr Frauen sind erwerbstätig, die klassische Geschlechterrollentrennung löst sich auf. Auf der Ebene der Arbeit ist die Entwicklung vor Allem hier zu sehen: Wissen ist das zentrale Gut, durch die Bildungsexpansion ist Bildung das Aufstiegskriterium; die Arbeitszeiten sind flexibel; die Normalbiographie verschwindet.

So wandeln sich gleichzeitig die Werte: Durch eine geringere Wochenarbeitszeit entsteht eine größere Konsumorientiertheit in einem von mehr Freizeit und persönlicher Entfaltung geprägtem Leben. Alles ist möglich und alles kann mit allem kombiniert werden.

Um auf all diese Veränderungen eingehen, um bei der Dynamik dieses Wandels schritthalten zu können, ist Mobilität eines der wichtigsten Wesenszüge und Eigenschaften: Mobilität auf geistiger und physischer Ebene. Globalisierung, internationale Einflüsse auf die Wirtschaft eines Landes stellen dynamische Anpassungsbereitschaft in den Mittelpunkt. Vor Allem werden eine kurzfristige Planung und die Möglichkeit schneller Reaktionen vorausgesetzt. Diese Anforderungen schlagen sich auf die persönliche Ebene eines jeden Mitglieds der Arbeitswelt aus. Ein solcher dynamischer Arbeitsmarkt fordert flexible Arbeitnehmer.

Während die schlichte Vereinbarkeit von beruflichen Interessen mit persönlichen und privaten keinen neuen Tatbestand an sich darstellt, entsteht die neue Problematik vor Allem durch das Ideal der egalitären Rollenverteilung zwischen Mann und Frau. Vor nicht all zu langer Zeit bedurfte es keinerlei Diskussion, wer in einer Paarbeziehung für die Familienarbeit zuständig war und nach wem sich gerichtet wurde, falls ein beruflich bedingter Umzug bevorstand. Heutzutage müssen die Bereiche Beruf und Familie nicht aufgeteilt werden, sondern eine Vereinbarkeit getroffen werden, kann nicht unbedingt einfach ein Umzug erfolgen, sondern muss eine Kombinierbarkeit gefunden werden. Das fordert auf jeden Fall geistige und gegebenenfalls auch physische Mobilität ein.

Gleichzeitig besitzen die Schlagworte der Moderne ein ganz klares Image: Flexibilität, Individualität, Pluralität und Mobilität stehen für Fortschritt und Freiheit, aber auch Risiko. Die bewusste Verweigerung dieser Werte steht zwar auf der einen Seite für Sicherheit, auf der anderen aber für Zwang, Kleinbürgerlichkeit und Stillstand.[5]

Einer der namhaftesten Kritiker dieses imperativen Mobilseins ist der Kultursoziologe Richard Sennett. Er stellt die Frage, ob mit steigender Mobilität und Individualität wirklich die persönlichen Freiheiten und die Unabhängigkeiten wachsen, oder ob dadurch letztenendes doch der Zwang immer größer wird, immer flexibler und mobiler zu sein. Sennett kommt zu dem Ergebnis, dass ein sehr hohes Maß an Mobilität durchaus zu einem ziellosen Dahintreiben führt – wie er es nennt: Drift, ein seelisch leerer Zustand mit nachteiligen Auswirkungen auf sozialer, kultureller und psychischer Ebene.[6]

Konkret kann Mobilität viele Ausdrucksformen haben, in dieser Hausarbeit sollen jedoch nur die räumlicher Natur Gegenstand der Betrachtung sein. So sollen im Folgenden Abschnitt die sechs Grundformen kurz umrissen werden.

3. Formen beruflich bedingter Mobilität

Die wohl bekanntesten Mobilitätsformen sind die des Fernpendelns und der Fernbeziehung. Der einfache Weg von Wohnsitz zum Arbeitsplatz eines Fernpendlers dauert täglich mindestens eine Stunde. Zu dieser Mobilitätsform kann es aus zwei Gründen kommen: Entweder wird der gemeinsame Wohnort des Paares beziehungsweise der Familie aufrechterhalten und ein langer Weg zum Arbeitsplatz in Kauf genommen oder aber der Arbeitsplatz wird beibehalten, während aus privaten Gründen umgezogen wird.

In einer Fernbeziehung leben beide Partner – in den seltensten Fällen werden in diesen Konstellationen Familien gegründet – in ihrem jeweils eigenen Haushalt in weit auseinander liegenden Wohn- und Arbeitsorten; an Wochenenden besuchen sie sich gegenseitig. Diese Mobilitätsform ergibt sich durch ein jeweiliges, hohes Bedürfnis an Eigenständigkeit sowie dem jeweiligen Bestreben, die eigenen beruflichen Ziele zu verfolgen. Oftmals wird die räumliche Trennung aufgrund der gleichzeitig erhalten bleibenden Unabhängigkeit aber auch als positiv für die Beziehung empfunden. Für diese Mobilitätsform wird oft die Abkürzung des englischen Fachbegriffes „living apart together“ verwand: LAT.

Ebenfalls mit regelmäßiger, zeitweiser, räumlicher Trennung fertig werden müssen die Wochenendependler, die so genannten Shuttles. Vor Allem Mobilitätserfordernisse über große Distanzen veranlassen Paare sich für einen Haupthaushalt am primären Wohnort und eine Nebenwohnung am Arbeitsort des pendelnden Partners zu entscheiden. Oft sind ein schon zuvor gemeinsam geführter Haushalt, eine bereits vorhandene Familie und Karriereorientierungen für eine solche Entscheidung ausschlaggebend.

Lassen sich die Karriereorientierungen bei bevorstehendem Arbeitsortwechsel des einen Partners mit der beruflichen Laufbahn des anderen Partners vereinen oder stuft der eine Partner seine beruflichen Bedürfnisse zu Gunsten der Beziehung beziehungsweise der Familie als zweitrangig ein, besteht die Möglichkeit eines gemeinsamen Umzugs. Findet ein beruflich bedingter Fernumzug des Paares oder der Familie statt, so spricht man von Umzugsmobilität. In Deutschland sind häufige Fernumzüge im Allgemeinen eher selten, es sei denn es handelt sich ganz speziell um Berufe mit hoher Umzugsmobilität wie etwa um Beamten im Diplomatischen Dienst.

[...]


[1] vgl. o.V.: „Die Pendlerpauschale.“, tagesschau.de (http://www.tagesschau.de/meldung491942.html), 06.09.2007

[2] vgl. o.V.: „Geld bald wieder ab dem ersten Kilometer?“, tagesschau.de (http://www.tagesschau.de/meldung491878.html), 06.09.2007

[3] vgl. Ott, Erich / Gerlinger Thomas: „Die Pendlergesellschaft. Zur Problematik der fortschreitenden Trennung von Wohn- und Arbeitsort.“, Köln 1992, S. 163

[4] vgl. Hradil, Stefan: „Die Sozialstruktur Deutschlands im internationalen Vergleich“, Wiesbaden 2004, S. 26-31

[5] vgl. Schneider, Norbert F. / Limmer, Ruth / Ruckdeschel, Kerstin: „Mobil, flexibel, gebunden: Familie und Beruf in der modernen Gesellschaft.“, Frankfurt am Main 2002, S. 13 ff.

[6] vgl. Sennett, Richard: „Der flexible Mensch. Die Kultur des Neuen Kapitalismus.“, Berlin 1999, S. 15-38

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Mobilität und Familie - Die Auswirkungen von beruflich bedingter Mobilität
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Beruf Familie Mobilität
Note
2
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V83847
ISBN (eBook)
9783638001243
ISBN (Buch)
9783640330744
Dateigröße
488 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mobilität, Familie, Auswirkungen, Mobilität, Beruf, Familie, Mobilität
Arbeit zitieren
Tilman Scheipers (Autor:in), 2007, Mobilität und Familie - Die Auswirkungen von beruflich bedingter Mobilität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83847

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