Vor etwa zwei Jahren teilte der Notenwart des symphonischen Blasorchesters des Ausbildungsmusikkorps der Bundeswehr ein Werk mit Namen "The Lord of the Rings" von Johan de Meij aus. Ich selber wußte nur von einem Buch, das J.R.R. Tolkien geschrieben hat, kannte aber weder den Inhalt dieses Buches, noch die Symphonie. Dirigent Professor Trommer führte uns mit intensivster Probenarbeit langsam aber stetig an das Werk heran, das dann auch von uns in Solingen und Hilden zur Aufführung gebracht wurde. Die Symphonie machte bei mir einen gewaltigen Eindruck, und ich begann zu hinterfragen, was ich eigentlich in diesem Werk für eine Rolle spielte.
Meine Stimme war das erste Altsaxophon, und mir wurde zusätzlich die Ehre zuteil, als Sopransaxophonist auch den wichtigsten Part im dritten Satz "Gollum" zu übernehmen.1
Nachdem ich mir einige Aufnahmen von verschiedenen namhaften Orchestern kaufte, und schließlich auch das Buch von J.R.R. Tolkien mehrfach las, fiel mir auf, daß Johan de Meij nicht nur "irgendeine" Symphonie mit dem mehr oder weniger "zufälligen" Titel "The Lord of the Rings" komponiert hat. Vielmehr erkannte ich anfangs zwar nur Stellen, bei näherer Betrachtung aber auch ganze Passagen, die exakt das unterstützten, was ich mir beim Lesen des Buches vorstellte. Die Idee, meine ersten Eindrücke als musikwissenschaftliche Arbeit genauer zu hinterfragen, lag also nahe.
Im folgenden liegen Ihnen die Ergebnisse meiner Untersuchungen vor.
Inhaltsverzeichnis
1. Johan de Meij, der Komponist / J.R.R. Tolkien, der Autor
1.1. Biographie von Johan de Meij
1.2. Biographie von J.R.R. Tolkien
2. Symphony 1 ´The Lord of the Rings´
2.1. Inhaltsangabe des Buches von J.R.R. Tolkien
2.2. Einige Worte über die Komposition
2.3. Gliederung mit Inhaltsangaben:
2.3.1. Gandalf - The Wizard
2.3.2. Lothlórien - The Elvenwood
2.3.3. Gollum - Sméagol
2.3.4. Journey in the dark
a) The Mines of Moria
b) The Bridge of Khazad - Dûm
2.3.5. Hobbits
3. Die Komposition in Bezug auf den Originaltext von J.R.R. Tolkien
Die Relation von Text zu thematischen Materialien, tonalen Mitteln und Rhythmik:
3.1. Gandalf - The Wizard
3.2. Lothlórien - The Elvenwood
3.3. Gollum - Sméagol
3.4. Journey in the dark
a) The Mines of Moria
b) The Bridge of Khazad - Dûm
3.5. Hobbits
4. Résumée
4.1. Résumée
4.2. Schlußwort
5. Appendix
5.1. Literatur- und Quellenverzeichnis
5.2. Anhang: Aufnahmen/Interpretationen der Symphony 1
5.2.1. CD 1 The Dutch Royal Military Band (KMK), Pierre Kuipers
5.2.2. CD 2 The U.S. Air Force Band, Washington D.C.
Ich sage Euc h, ohne zu beichte
Three Rings for the Elven-Kings under the sky,
Seven for the Dwarf-Lords in their Halls of Stone,
Nine for the Mortal Men, doomed to die,
One for the Dark Lord on his Dark Throne
In the Land of Mordor where the shadows lie.
One Ring to rule them all, One Ring to find them,
One Ring to bring them all and in the darkness bind them
In the Land of Mordor where the Shadows lie.
Ich sage Euc h, ohne zu beichte
Ich sage Euc h, ohne zu beichte
Drei Ringe den Elbenkönigen hoch im Licht,
Sieben den Zwergenkönigen in ihren Hallen aus Stein,
den Sterblichen, ewig dem Tode verfallen, neun,
Einer dem Dunklen Herrn auf dunklem Thron
Im Lande Mordor, wo die Schatten droh´n,
Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden,
Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden
Im Lande Mordor, wo die Schatten droh´n.
Ich sage Euc h, ohne zu beichte
Vorwort
Vor etwa zwei Jahren teilte der Notenwart des symphonischen Blasorchesters des Ausbildungsmusikkorps der Bundeswehr ein Werk mit Namen „The Lord of the Rings“ von Johan de Meij aus. Ich selber wußte nur von einem Buch, das J.R.R. Tolkien geschrieben hat, kannte aber weder den Inhalt dieses Buches, noch die Symphonie. Dirigent Professor Trommer führte uns mit intensivster Probenarbeit langsam aber stetig an das Werk heran, das dann auch von uns in Solingen und Hilden zur Aufführung gebracht wurde. Die Symphonie machte bei mir einen gewaltigen Eindruck, und ich begann zu hinterfragen, was ich eigentlich in diesem Werk für eine Rolle spielte.
Meine Stimme war das erste Altsaxophon, und mir wurde zusätzlich die Ehre zuteil, als Sopransaxophonist auch den wichtigsten Part im dritten Satz „ Gollum “ zu übernehmen.[1]
Nachdem ich mir einige Aufnahmen von verschiedenen namhaften Orchestern kaufte, und schließlich auch das Buch von J.R.R. Tolkien mehrfach las, fiel mir auf, daß Johan de Meij nicht nur „irgendeine“ Symphonie mit dem mehr oder weniger „zufälligen“ Titel „The Lord of the Rings“ komponiert hat. Vielmehr erkannte ich anfangs zwar nur Stellen, bei näherer Betrachtung aber auch ganze Passagen, die exakt das unterstützten, was ich mir beim Lesen des Buches vorstellte. Die Idee, meine ersten Eindrücke als musikwissenschaftliche Arbeit genauer zu hinterfragen, lag also nahe.
Im folgenden liegen Ihnen die Ergebnisse meiner Untersuchungen vor.
Kapitel 1
Johan de Meij / J. R. R. Tolkien
1.1. Die Biographie von Johan de Meij
Der Komponist der Symphony 1, Johan de Meij, wurde am 23. November 1953 in Voorburg in den Niederlanden geboren. Früh konnte man erkennen, daß er eine Laufbahn als Musiker einschlagen wird, und so erhielt er dann auch seine musikalische Ausbildung am königlichen Konservatorium in den Haag.[2]
Seinen Abschluß mit Diplom machte er in den Fächern Dirigieren und Posaune, das ihn beides schon immer sehr interessiert hat. Nach und nach errang Johan de Meij einen sehr guten internationalen Ruf als Arrangeur. Arrangieren war für ihn nicht nur Hobby, sondern eigentlich der zentrale Mittelpunkt seiner Arbeit, obwohl er diese Fachrichtung nicht studierte. Nicht nur für kleine Bands entstanden Arrangements, sondern auch immer mehr Werke für größere Orchester, bis hin zu seinen symphonischen Arbeiten.
Seine erste Komposition für symphonisches Blasorchester, die Symphony 1 ´The Lord of the Rings´, inspiriert durch den gleichnamigen Roman nach J.R.R. Tolkien, wurde im Rahmen einer sehr erfolgreichen Uraufführung in Brüssel 1988 erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellt. Wenig später wurde sie bei der Sudler International Wind Band Composition Competition 1989 in Chicago mit dem ersten Preis, der mit $10000 dotiert war, ausgezeichnet. Erwähnenswert gerade bei dieser Auszeichnung ist, daß Johan de Meij der erste Europäer war, dem dieser Preis verliehen wurde.
Im November 1990 wurde die Symphonie dann auch noch mit einem $18000-Stipendium des niederländischen Komponisten-Fonds belohnt.
Doch das sollte noch lange nicht alles sein. Johan de Meij entdeckte immer mehr Freude am Komponieren, und schrieb auch häufig eigene Stücke, wobei er aber das Arrangieren niemals ganz außer acht ließ. Seit Ende der siebziger Jahre schreibt er durchschnittlich zwei größere Arrangements pro Jahr. Es zählen zum Beispiel Moment for Morricone und Pink Panther Theme mit weltweit je 6000 verkauften Stimmsätzen und ungleich mehr Aufführungen zu den erfolgreichsten Blasmusikausgaben der Gegenwart.
Für das Internationale Festival in Uster in der Schweiz, im September 1989, schrieb er das symphonische Gedicht Loch Ness und für Fanfarenorchester Pentagram, ein Auftragswerk für das Frysk Fanfare Festival 1990. Sein drittes Werk für Blasorchester trägt den Namen Aquarium, sein Opus 5, ein Auftragswerk für den Niederländischen Komponisten-Fonds, und fand schnell Verwendung als Titelmelodie zu der Fernsehserie Seaquest DSV.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Johan de Meij
De Meij´s Symphony 2 ´The Big Apple´, die ´New Yorker Symphonie´, entstand in der Zeit von Oktober 1991 bis September 1993; sie wurde im Auftrag von The United States Air Force Band, Washington D.C., geschrieben und auch von ihr uraufgeführt. Diese zweite Symphonie war Finalist beim 14. Internationalen Kompositionswettbewerb 1993 in Corciano, Italien, und erhielt eine ehrenvolle Erwähnung durch die Jury.
Eine Übersicht seiner gesamten Arbeitsleistung als Komponist und Arrangeur ist als Zusammenstellung diesem Kapitel angefügt.
Johan de Meij wird am Freitag, den 21. Dezember diesen Jahres noch mit dem 2001 Midwest Clinic Award, Chicago ausgezeichnet, der den Musiker wegen seiner Blasorchesterkompositionen und seinem Engagement für die Verbesserung der musikalischen Ausbildung für Jugendliche würdigen wird. Dieser Preis wurde im Jahre 1992 ins Leben gerufen, um Menschen für ihr Engagement für Verbesserungen in musikalischer Ausbildung und einen symbolischen musikalischen Botschafterposten in aller Welt zu unterstützen.
Er ist außerdem ein vielseitiger Musiker, wenn man bedenkt, daß er sich nicht nur als Dirigent, Komponist und Arrangeur betätigt, sondern auch als Posaunist- und Euphoniumspieler in mehreren Ensembles aktiv ist, darunter im Amsterdam Wind Orchestra, ein 1989 gegründetes Berufsblasorchester, im Amsterdam Trombone Quartet, und im Orkest De Volharding, welches zeitgenössische Musik mit einem alternativen Blasorchester spielt, sich zunächst mit politisch engagierter Musik hervortat und sich inzwischen zu einem der wichtigsten niederländischen Ensembles engagiert hat. Im Dutch Brass Sextet spielte er 14 Jahre lang: Aus dieser 1978 gegründeten Gruppe entstand eines der renommiertesten europäischen Blechbläser-Ensembles.
Johan de Meij wird immer häufiger als Gastdirigent eingeladen, seine eigenen Werke zu dirigieren. Allein im Jahre 1993 dirigierte er in Japan, in den USA, in Norwegen, Dänemark, Deutschland, Spanien und Italien. Zur Zeit leitet er die Probenarbeit als Gastdirigent des Landesblasorchesters Baden-Württemberg.
Sicher wird die Welt der symphonischen Blasmusik noch lange Jahre weitere wertvolle Werke von Johan de Meij zu hören bekommen.
Johan de Meij´s Arbeiten als Arrangeur und Komponist bis Ende 2000:[3]
I) Eigene Kompositionen
1979 Patchwork für Blechbläser-sextet
1984-1987 Symphony 1 " The Lord of the Rings"
1988 Loch Ness - a Scottish Fantasy
1989 Pentagram
1991 Aquarium (Opus 5)
1991/1993 Symphony 2 "The Big Apple"
1995 Polish Christmas Music - part I
1996 T-Bone Concerto
1997 Continental Overture
1997 Madurodam
1998 La Quintessenza
2000 Casanova
2000 Voice of Space
2000 The Red Tower
2000 Magic Garden
2000 Empire of Light
II) Klassische Transkriptionen
1983 In the Mystic Land of Egypt, von Albert Ketèlbey
1985 Berceuse (from "Mazeppa"), von Pjotr Iljitsch Tschaikowski
1987 Chanson de Matin (Opus 15, Nr.2), von Edward Elgar
1988 American Suite (Opus 98b), von Antonin Dvoràk
1989 Jupiter Hymn (from "The Planets"), von Gustav Holst
1990 Pavane pour une Infante défunte, von Maurice Ravel
1991 Romeo and Juliet (Ballet suite), von Serge Prokofjev
1991 Jig (from "St. Pauls Suite"), von Gustav Holst
1992 Aladdin Suite, von Carl Nielsen
1992 Oriental Festival March from the Aladdin Suite, von Carl Nielsen
1993 Two Songs from Porgy and Bess, von George Gershwin
1994 Ratatouille Satirique, von Erik Satie
1994 Trois Rag Caprices, von Darius Milhaud
1994 Waltz no. 2 (aus der Jazz Suite Nr. 2), von Dmitri Shostakovich
1994 Funeral Music (aus dem Melodram 'Bergliot´), von Edvard Grieg
1995 Jazz Suite no. 2, von Dmitri Shostakovich
1995 To my Country (aus der Symphonie Nr. 3), von Bernard Zweers
1999 Angelo del Cielo (aus der Oper 'Suor Angelica), von Giacomo Puccini
III) Orchestrationen
1983 Cake Walk Phantasy, von Peter Milray
1984 Honky Tonk Ragtime, von Willy Faust
1984 March to Mars, von Julius Steffaro
1985 Les Papillons (eine Ballet-Suite), von Coby Lankester
IV) Filmarrangements und Musicals
1980 Moment for Morricone, Ennio Morricone
1981 Midnight Cowboy, John Barry
1982 The Pink Panther Theme, Henry Mancini
1983 Highlights from Annie, Charles Strouse
1983 James Bond 007, Barry/Norman/Conti
1984 Willem van Oranje, Tonny Eyk
1985 Songs from the Musical "Cats", Andrew Lloyd Webber
1986 Il Trièllo, Ennio Morricone
1987 Star Wars Saga, John Williams
1988 The Phantom of the Opera, Andrew Lloyd Webber
1991 Out of Africa, John Barry
1991 The Exodus Song, Ernest Gold
1992 Highlights from the musical 'Chess' , Ulvaeus/Andersson
1992 Anthem (aus dem Musical 'Chess'), Ulvaeus/Andersson
1994 Miss Saigon - A Symphonic Portrait, Schönberger/Boublil
2000 Elisabeth - The Musical, Kunze/Levay
V) Arrangements von “U-Musik”
1978 Abba Cadabra, Ulvaeus/Andersson
1978 Bee Gees Revival, Die Bee-Gees
1979 Copacabana, Barry Manilow
1981 Beatles' Collection, Lennon/McCartney
1982 Can't take my eyes off you, Crewe/Gaudio
1982 Chanson d'Amour, Wayne Shanklin
1996 The Glory of Love, Köthe/Heck
VI) Solobegleitungen / Instrumentalbegleitungen
1982 Shoutin' Liza, Henry Fillmore
1982 Teddy Trombone, Henry Fillmore
1999 Angelo del Cielo (aus der Oper 'Suor Angelica), Giacomo Puccini
2001 Concerto for Tuba and Wind Orchestra, Alexander Arutiunian
VII) Gesangbegleitungen
1984 Some enchanted evening (von "South Pacific")
1984 This nearly was mine (von "South Pacific")
1985 In the Mystic Land of Egypt, Albert Ketelbey
1996 Polish Christmas Music - part I
1.2. Die Biographie von J.R.R. Tolkien
Der Autor des Buches „The Lord of the Rings“, John Ronald Reuel Tolkien, wurde an einem heißen Sonntagmorgen am 3. Januar 1892 in Bloomfontein, Afrika, geboren. Sein Vater hieß Arthur Reuel Tolkien, der vor der Geburt seines Sohnes zunächst ein Bankangestellter bei der Lloyd Bank Birmingham war, schließlich aber nach Afrika auswanderte. Seine Mutter hieß Mabel. Die Eltern von J.R.R. Tolkien heirateten in Kapstadt, im Jahre 1891.[4]
Der dritte Vorname des Autors, Reuel, ist die Fortführung einer Familientradition. Alle Nachkommen der Tolkien-Familie führen diesen Vornamen. Das Wort ´reuel´ stammt aus dem hebräischen, und bedeutet „Freund Gottes“ oder „Gott ist sein Freund“. Der Nachnahme der Familie Tolkien kommt philologisch von ´tollkiehn´, welches, wie im Deutschen auch, „tollkühn“ bedeutet.
1895 zog Mutter Mabel mit John Ronald Reuel und Bruder Hilary Reuel zurück nach Sarehole, bei Birmingham. Sein Vater verblieb in Afrika, und hat seine Familie nie mehr wiedergesehen, bis er dort 1896 an einer Bauchfellentzündung starb.
Als zunächst zahlender Schüler bekam Tolkien 1903 endlich das lang ersehnte Stipendium für die King Edward VI School in Birmingham. Ein ernster Schlag war für ihn der Tod seiner Mutter 1904. Danach übernahm ein Pater namens Francis Morgan die Vormundschaft der Waisen, also für ihn und seinen Bruder.
Früh wurde sein übergroßes Interesse an Sprachen klar. Im Laufe seines gesamten Lebens lernte er Französisch, Englisch, Isländisch, Angelsächsisch, Finnisch, Walisisch, Latein, Griechisch, Deutsch, Althochdeutsch, Gotisch und mehrere alte Sprachen.
Unterstützt wurde er bei seinen besonderen Sprachstudien von dem Professor Joseph Wrighty, am Oxford College tätig, der ihm die Kunst der Sprachschöpfung zeigte, welche er später für die Kreation einer eigenen Sprache brauchte – für sein „Elbisch“.
Diese Sprache hat später eine elementare Bedeutung in „The Lord of the Rings“. Dieser Professor lehrt ihm, daß Sprache Mythologie voraussetzt - sein „Elbisch“ braucht also jetzt eine erfundene Geschichte, damit diese Sprache leben kann.
„…ich hatte wenig Hoffnung, daß andere Leute sich für diese Arbeit interessieren würden, zumal sie in erster Linie sprachwissenschaftlich inspiriert war und ursprünglich darauf zielte, den notwendigen ´geschichtlichen´ Hintergrund für die Elbensprachen zu schaffen.“[5]
Den Entschluß, für sein Land in den Krieg zu ziehen, machte er nach seinem Abschluß in Englischer Sprache und Literatur mit einem Honours-Grad 1. Klasse im Jahre 1915 in Oxford. Später sind viele Leser von „The Lord of the Rings“ davon überzeugt, daß die Eindrücke des Krieges die Stimmungsbilder lieferten, die die traurigen, düsteren und unheilvollen Passagen des Buches beschreiben.
Im Jahre 1916 wird Tolkien wegen einer Erkrankung an Fleckfieber nach Hause geschickt, und bis zu seinem Ausscheiden aus der Armee 1920 konnte er neben seinem Ersatzberuf im Arbeitsministerium dem Vorläufer von „The Lord of the Rings“, das „Silmarillion“, erste Schritte beibringen.
„Tolkien war jemand, dem es gelungen war, durch Willenskraft, Phantasie und Schreiben seine Kriegserfahrungen und die harte Wirklichkeit der Nachkriegszeit zu bewältigen.“[6]
Neue Kraft zu lehren und zu schreiben sammelte er durch die Heirat mit Edith Mary und die Anstellung als untergeordneter Herausgeber für den Oxford English Dictionnary, ein englisches Nachschlagewerk, das noch heute im Unterricht auf der ganzen Welt benutzt wird.
Ein entscheidendes Jahr war 1921. Tolkien konnte durch den Tod von Professor Moorman, der bis dato Professor für Englische Sprache an der Universität Leeds war, seinen Platz einnehmen. Dort erarbeitete er eine eigene Übersetzung und Interpretation des ältesten englischen, nicht-geistlichen Schriftstückes `Beowulf´, mit der auch heutzutage noch gearbeitet wird.
„Mode“ in dieser Zeit war, seinen Kindern eigene Geschichten zu erzählen: das Kinderbuch „Peter Pan“ und „Alice im Wunderland“ wurden in dieser Zeit erst erfunden, und später niedergeschrieben. Tolkien machte so seine ersten eigenen Gehversuche in seiner Welt, der Mittelerde, von der er auch seinen eigenen Kindern erzählte.
Am 1. Oktober 1925 wurde er Professor für Englische Sprache in Oxford.
Mit zunehmendem Maße äußert er sein Mißfallen an der Veränderung, die in diesen Jahren in der Welt passiert:
„Nur ein Wahnsinniger und Dummkopf kann das 20. Jahrhundert ohne Grausen betrachten.“[7]
Weltweite Anerkennung findet er als Lehrer zahlloser sehr guter Philologen, und wird sehr schnell als Bester seines Faches bekannt.
Im Sommer 1928 ist Tolkien durch ernste Geldprobleme dazu gezwungen, auch während der Sommerpause an der Oxford University Arbeiten zu korrigieren, um sich Geld dazuzuverdienen. Dabei schrieb er auf ein leeres Blatt, das er in ein einer seiner zu korrigierenden Arbeiten fand: „In einem Loch lebte ein Hobbit “. Wer oder was Hobbits waren, wußte er bis zu diesem Zeitpunkt selbst noch nicht, und es sollte auch noch einige Zeit verstreichen, bis er diesen einfachen Satz weiter ausarbeitete.
Kollegen Tolkiens haben später die Theorie entwickelt, es könnte sich um einen unbewußten Einfall handeln: ´hob´ ist ein altenglischer Wortstamm, und bedeutet einfacher Landmann, eine Art Heinzelmännchen.
Die Veröffentlichung des Buches mit Namen „Hobbits“, das auf diesem kleinen Einfall auf dem leeren Blatt basiert, folgte im Jahre 1938 und wurde zunächst als Kinderbuch verkauft. Mit sehr gutem Erfolg, und so wurde Tolkien von seinem Verleger gebeten, ein Nachfolgebuch zu verfassen.
„Diesmal wollte ich versuchen, eine wirklich wahnsinnig lange Geschichte zu schreiben, die den Durchschnittsleser auch bei der Stange halten würde. Eine der besten Formen für eine lange Geschichte ist die der Sentenzen der Hobbits, nur noch mehr ausgearbeitet, die Beschreibung einer Wanderschaft, einer Reise in Verbindung mit einem geheimnisvollen Gegenstand.“[8]
Tolkien bezeichnete diesen Nachfolger, also „The Lord of the Rings“, als einen Versuch, Mythen zu modernisieren und glaubhaft zu machen. Mythen waren für ihn das Bindeglied zur Vergangenheit, und helfen dem Menschen, in der Gegenwart zu leben und nach vorn zu sehen.
„The Lord of the Rings“ hätte nie eine Konzeption und Entwicklung erfahren, wenn Tolkien nicht seine berühmteste Vorlesung ´On Fairy Stories´ am 8.3.1939 an der St. Anna University in Schottland gehalten hätte, die als die impulsgebende Grundlage seiner Arbeit gilt.
„Für Tolkien stand das Bedürfnis nach phantastischer Literatur in direktem Zusammenhang mit den immer bedrückenderen und unerträglicheren Zuständen unserer wirklichen Welt.“[9]
Im Jahre 1936 begann die Arbeit an „The Lord of the Rings“ - es sollten aber noch 11 Jahre vergehen, bis das erste Manuskript, mehr eine Rohfassung, fertig geworden war.
Jede Kleinigkeit im Buch wurde von Tolkien minutiös recherchiert. Beispielsweise schlug er in einem Soldatenhandbuch nach, welche Strecke ein Soldat bei einem Gewaltmarsch am Tag zurücklegen kann, um seine Schilderungen der zahllosen Wanderungen im Buch möglichst nah an der Wirklichkeit ausführen zu können. Die Mondzyklen im Buch sind exakt denen des Jahres 1942 nachempfunden.
Alle Bezeichnungen und jeder einzelne Name, der im Buch Verwendung findet, hatte Tolkien so sorgfältig zusammengesetzt oder herausgesucht, daß es genau zu dem jeweiligen Charakter, zu der Landschaft etc, paßte. Sämtliche Zwergennamen im Buch stammen beispielsweise aus einer Sammlung alter nordischer Gedichte mit Namen „Die Ältere Edda“, der „Düsterwald“, Mirkwood, wurde in einer alten isländischen Sage zum ersten Mal erwähnt, usw.
Das endgültige Konstrukt des Buches wurde erst im Jahre 1949 fertig. Es gab dann leider noch bis 1953 ´Stillstand´ wegen eines Mißverständnisses seitens des Verlegers: Ein Mitarbeiter, der Tolkien noch nicht kannte und auch nicht wußte, daß der Verlag auf die Fertigstellung von Tolkiens Arbeit wartete, schickte das Manuskript einmal gelesen ohne Kommentar einfach an ihn zurück. Klar, daß Tolkien sehr enttäuscht war, eine solche Reaktion auf seine immense Arbeit zu bekommen, deswegen dauerte es noch weitere drei Jahre, bis ihn endlich seine Freunde und Familie dazu überreden konnten, das Buch noch einmal beim Verleger vorzustellen.
Tolkien hatte wohl das Gefühl, daß die Welt, wie er sie gekannt hat, im Umbruch war, er sich ihr aber dennoch verbunden und verpflichtet fühlte. Deswegen wahrscheinlich auch sein freiwilliger Beitritt zum Kriegsdienst. Darum wollte er, daß das Land der Elben, Märchen und Sagen existiert, und in seiner Vorstellung gab es dieses Land ja auch, denn für ihn war es unserer Realität mit den Kriegen, dem Hunger und der Umweltzerstörung deutlich überlegen. Aber trotzdem wußte er beides zu trennen: die beiden Welten waren für ihn zwei verschiedene Universen.
Es war allein die Idee des Verlegers, das Buch dann als Trilogie herauszugeben, damit der erwartete 1000 Pfund kalkulierte Verlust der Finanzierung möglichst gering blieb. Klar: bei drei kleineren Ausgaben statt einer großen kann man die Nachfolgebände in geringerer Stückzahl drucken lassen, wenn der erste Teil kein Erfolg wird.
Allerdings hätte der Verlag nicht davon zu träumen gewagt, daß die Welt dann langsam aber allmählich auf „The Lord of the Rings“ aufmerksam wurde.
Tolkien wurde dann 1954 zum Ehrendoktor der Literatur ernannt. Dies war nur eine der vielen Ehrungen, die er in seinem Leben bekam: Ernennung zum Ehrenmitglied des Hid Islezka bokmennta-felag, einer isländischen Gesellschaft, und zum Vizepräsidenten der Philologischen Gesellschaft von Großbritannien, 1957 Preis für die beste phantastische Geschichte ´56 - der Preis bestand hier aus einer Silberrakete mit „Flossen“, die nach der
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
John Ronald Reuel Tolkien
Auszeichnung bald auf Tolkiens Speicher verschwand. Sein Kommentar zu dem Preis: „uninteressant“.
Er zog sich dann mit gegen seine zunehmende Popularität aus der Öffentlichkeit zurück, sagte beinahe alle Interviews ab und folgte kaum Einladungen zu Vorlesungen oder um Vorträge zu halten.
Der endgültige Durchbruch des Buches kam dann durch den Paperback-Druck von Ace Books, die zwar durch die rigorose Gesetzgebung in Amerika das Copyright umgehen konnten, Tolkien aber dennoch mit $11000 unterstützten. Von nun an konnten auch Menschen mit weniger finanziellem Segen sein Werk lesen.
Pensioniert wurde Tolkien 1959, nach einer sehr fruchtbaren Tätigkeit in Oxford, die enormen Einfluß auf die Ausbildung an den Hochschulen und den Umgang mit Literatur hatte.
„The Lord of the Rings“ bekam 1965 Bestsellerstatus in den USA, England und weiteren Ländern - endlich bekam Tolkien die finanzielle Unabhängigkeit, die er sich immer erwünscht hatte. Aber leider war dies gekoppelt mit dem absoluten Verlust seines Privatlebens. Er fand dann nie mehr den Seelenfrieden, den er für sein Schreiben immer so dringend gebraucht hatte. Durch diesen Zustand konnte er die Arbeit an „Silmarillion“, dem eigentlichen mythologischen Vorläufer und das Werk über die Erschaffung der Mythologie und Kultur von Mittelerde, nie beenden.
Sein Leben mit dem Weltruhm kam fast dem eines Eremiten gleich. Zwar war er durch seine Einnahmen ein finanziell unabhängiger Gelehrter geworden, aber er zog es dennoch vor, weiterhin in dem Standard zu bleiben, in dem er bisher auch lebte. Lediglich seine Kinder profitierten von seiner finanziellen Sicherheit, die für ihre eigene Ausbildung damals noch sehr wichtig war.
Für Presse und Bewunderer, Bittsteller und Filmemacher wurde ein Termin bei der Queen von England angeblich leichter zu ergattern als bei ihm.
Die eventuell klarste Begründung für den weltweiten Erfolg des Buches kam von Tolkiens Sohn Michael Reuel Tolkien:
„Für mich zumindest steckt nichts mysteriöses dahinter, warum das Werk meines Vaters eine so starke und weite Anziehungskraft ausübt; sein Genie hat schlichtweg dem Ruf der Menschen aller Altersklassen und jeden Temperaments geantwortet, die so angeödet sind von der Häßlichkeit, der Schnellebigkeit, den falschen Werten, den aalglatten Philosophien, die man ihnen als trostlosen Ersatz gegeben hat für die Schönheit, das Gefühl für Geheimnis, Erregung, Abenteuer, Heldenmut und Freude, ohne die die Seele des Menschen allmählich verkümmern muß und schließlich stirbt“[10]
Die Welle der Popularität kannte keine Grenzen: In den Staaten erfreuten sich unzählige Eisenbahnwaggons und Brückenpfeiler an wachsender Beliebtheit, da sie der Untergrund für Graffitis waren, auf denen Slogans wie „Gandalf for President“ oder „Hobbits leben!“ zu lesen waren. Viele junge Leute hatten sogar allmorgendliche Begrüßungsrituale aus dem Buch adaptiert. Es wuchsen Vereine und Fanclubs von „The Lord of the Rings“, es wurden Partys organisiert, die Bilbos Geburtstag jährlich feierten - trotz der Ablehnung Tolkiens dem ganzen Rummel um seine Person gegenüber kann man sich wohl schlecht vorstellen, daß er sich insgeheim nicht über die Verehrung seiner Arbeit gefreut hat.
Mit den Jahren wurde Tolkien selbst von seinen engen Freunden und teilweise auch von seiner eigenen Familie als Mischung zwischen Bilbo Beutlin, einem Hobbit, und Gandalf dem Zauberer bezeichnet, der sich vermutlich auch über J.R.R.´s Auszeichnung zum Eremit Fellow 1963 gefreut hätte.
Am 24.11.1966 folgte dann die Benson Medal, die höchste Auszeichnung von der Royal Society of Literature.
Leider mußte Tolkien einige Jahre später, genauer gesagt am 29.11.1971 den Tod seiner Frau Edith Mary Tolkien hinnehmen, die im Alter von 82 Jahren nach ein paar gesundheitlich angeschlagenen Jahren verstarb.
Mitgezählt hat er wahrscheinlich nicht, es müssen wohl vier oder fünf Ehrendoktortitel gewesen sein, die er im Laufe seines Lebens bekam, aber den Dr. h.c., den er am 3.6.1972 in Oxford bekam, schätzte er am meisten. Als er dann auch noch Anfang 1973 den Orden des British Empire (OBE) von Königin Elisabeth überreicht bekam, konnte er kaum stolzer sein; dieser Orden war nicht mehr als eine Stufe niedriger als die Ritterschaft. Sicherlich wäre John Ronald Reuel auch noch ein SIR Tolkien geworden, wenn er länger gelebt hätte.
Die letzte Auszeichnung seines Lebens erhielt er im Februar 1973 in Frankreich für den besten ausländischen Roman. Schon da konnte er aufgrund seiner Gesundheit den Preis nicht persönlich in Empfang nehmen - er wurde ihm nach der Zeremonie zugesandt.
J.R.R. Tolkien starb am 2.9.1973 an einer Lungenentzündung, als Folge eines Magengeschwürs. Er hinterläßt vier Kinder: John Francis (der Name ist seinem Vormund Pater Francis Morgan entliehen) Reuel Tolkien, *1917, Michael Hilary (dieser Name wurde in Anlehnung an Tolkiens Bruder gewählt) Reuel Tolkien, *1920, Christopher Reuel Tolkien, *1924, und als einzige Tochter Priscilla Anne Reuel Tolkien, *1929.
[...]
[1] Das Gerücht, ich hätte „ Gollum “ als einen Künstlernamen behalten, möchte ich hiermit dementieren.
[2] Vgl. Partiturinformationen der Symphony 1 „The Lord of the Rings“ und die private Homepage von Johan de Meij.
[3] Quelle: Die Internetseite des Verlages von „The Lord of the Rings“, mit einem Link zu Johan de Meij
[4] Quelle: Daniel Grotta „Eine Biographie von J.R.R. Tolkien“ und verschiedene private Fan-Homepages aus dem Internet.
[5] „Der Herr der Ringe, Klett-Cotta Verlag, Vorwort des Verfassers J.R.R. Tolkien, S. 9
[6] Daniel Grotta: Eine Biographie von J.R.R. Tolkien, „Der Soldat“, S. 71, Zitat von Prof. Sale
[7] Daniel Grotta: Eine Biographie von J.R.R. Tolkien, „Der Professor“, S. 89 und 90, Zitat von J.R.R. Tolkien
[8] Daniel Grotta: Eine Biographie von J.R.R. Tolkien, „Der Mythenmacher“, S.125, Zitat von J.R.R. Tolkien
[9] Daniel Grotta: Eine Biographie von J.R.R. Tolkien, „Der Mythenmacher“, S.121, Zitat des Verfassers
[10] Daniel Grotta: Eine Biographie von J.R.R. Tolkien, „Der Einsiedler“, S.163, Zitat von Michael Reuel Tolkien.
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