Jean Bodin: Humanist und Hexenverfolger


Seminar Paper, 2002

20 Pages, Grade: 1(+)


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Lebenslauf – Bodins Herkunft, Ausbildung und Werdegang

I. Six livres de la République – Bodin als Staatsdenker und Begründer der Souveränität

II. Colloquium Heptaplomeres – Bodin als Verfechter der Religiösen Toleranz
Exkurs:
Les Politiques – Bodin als Politiker

III. De la Démonomanie des Sorciers – Bodin als Hexenverfolger
Schlusswort – Bodin als Humanist und Hexenverfolger
Literatur- und Quellenverzeichnis

Einleitung

Diese Arbeit entstand im Rahmen eines Seminars über Hexenverfolgung. Dennoch soll Jean Bodin nicht nur in seiner Funktion als Hexenverfolger oder bloß als Verfasser eines dämonologischen Werkes betrachtet werden. Bodin hat zwar durch sein Werk De la Démonomanie des Sorciers einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur europäischen Hexenverfolgung in der frühen Neuzeit geleistet, doch sollen auch die Leistungen des Franzosen als Staatstheoretiker, Theologe, Philosoph und Politiker zur Sprache kommen und kritisch gewürdigt werden.

In dem Ausmaß, in dem es in einer Seminararbeit möglich ist, stellt diese einen Versuch dar, ein möglichst umfassendes Bild des Universalgelehrten Bodin darzustellen, und verschiedene Facetten seines Werkes und seiner Persönlichkeit anklingen zu lassen. Bodin scheint eine Person mit vielen Widersprüchen und Ungereimtheiten gewesen zu sein, die hier nicht künstlich harmonisiert werden sollen. Es wird aber auch festgestellt, dass er stets, sowohl als Politiker als auch als Verfasser vieler Bücher in den verschiedensten Wissenschaftsbereichen, konsequent seine Linie vertrat und sein ganzes Tun in den Dienst eines übergeordneten Gedankens, nämlich den der Staats- und Friedenserhaltung, stellte.

Diese These wird nun in der Arbeit entfaltet. Zu diesem Zweck werden, nach einer Kurzbiographie des Rechtswissenschaftlers, drei ausgewählte, bekannte Werke Bodins, die jeweils unterschiedliche und bedeutsame Wirkungsgeschichten hatten, näher betrachtet. Das erste Buch, das vorgestellt wird, sind die Six livres de la République, ein staatsrechtliches Werk, welches Bodin als Begründer des modernen Souveränitätsbegriffes bekannt gemacht hat. Das zweite, das Colloquium Heptaplomeres, wird dafür geschätzt, dass Bodin darin, während in Frankreich ein konfessioneller Bürgerkrieg tobte, die Idee der religiösen Toleranz vertrat. Danach folgt ein Exkurs zur Bedeutung Bodins als Politiker. Die Démonomanie des Sorciers, das dritte Werk Bodins, das hier behandelt wird, zeigt ihn von seiner schlimmsten Seite als zutiefst abergläubischen Menschen, der die Verfolgung und Vernichtung aller Hexen forderte. Zum Schluss wird versucht, in diesen z.T. widersprüchlichen Werken einen einheitlichen Nenner zu finden, soweit dies möglich ist. Einige Widersprüche müssen aber so stehengelassen werden, um Bodin als vielschichtige Persönlichkeit gerecht zu werden. Bei aller Wertschätzung seines staatsrechtlichen und philosophischen Werkes darf nicht ausgeklammert werden, dass der selbe Autor zu brutaler Hexenverfolgung aufgerufen hat. Auf der anderen Seite würde eine pauschale Verurteilung seines gesamten Werkes aufgrund seiner dämonologischen Arbeit eine verkürzte Sicht seines Wirkens darstellen. Deshalb endet die Arbeit mit der Feststellung, dass Bodin sowohl Humanist als auch Hexenverfolger war.

Lebenslauf – Bodins Herkunft, Ausbildung und Werdegang

Die Biographie Jean Bodins ist an manchen Stellen etwas zweifelhaft und schwer zu ermitteln aufgrund eines Mangels an Dokumenten und der Tatsache, dass Bodin im Frankreich des 16. Jahrhunderts ein sehr verbreiteter Familienname war. Es ist bekannt, dass es mehrere Männer mit Namen Jean Bodin gegeben haben muss, die nicht immer klar zu identifizieren sind.[1] Der Jean Bodin, von dem diese Arbeit handelt, wurde jedenfalls im Jahr 1529 oder 1530 in der westfranzösischen Universitätsstadt Angers als Sohn eines Schneidermeisters geboren. Seine Mutter war vermutlich jüdischer Abstammung. Im Alter von 15 oder 16 Jahren trat er in den Karmeliterorden ein und besuchte dessen Schulen in Angers und Paris. Somit beschritt er den einzigen Bildungsweg, den seine relativ bescheidene Herkunft ermöglichte. Der hochbegabte und wissensdurstige Klosterschüler studierte nicht nur die orthodoxe Scholastik, sondern erweiterte seinen Gesichtskreis auch auf aus der Sicht seines Ordens unerwünschte Weise durch das Studium „heidnischer“ Literatur. Dies führte wohl auch zu dem abrupten Ende seiner Karriere als Kleriker. Vermutlich infolge eines Häresieverfahrens (aus dem er dank der Hilfe eines geistlichen Gönners unbeschadet hervorging) verließ Bodin im Jahr 1549 den Karmeliterorden und wandte sich nun weltlichen Studien zu. Aus dem Theologen wurde der Jurist. Bodin schloss seine juristischen Studien an der Universität von Toulouse ab[2], wo er bald auch selbst Rechtswissenschaft lehrte. Im Jahr 1560 bekam er einen Lehrstuhl in Paris und trat als Rechtsberater in die Dienste der königlichen Familie.[3] Bis 1576 diente Bodin den letzten Königen aus dem Hause Valois und war in dieser Zeit auch politisch sehr aktiv. Nachdem er sich mit König Heinrich III. überworfen hatte, zog er sich in die Provinz zurück, heiratete die wohlhabende Witwe Françoise Trouillart und arbeitete als Staatsanwalt am Präsidialgericht von Laon. Dort starb er im Jahr 1596 an der Pest.[4]

Der vielseitig gebildete Jean Bodin entsprach dem Ideal des Humanismus, der seine Zeit und seine Studien prägte. Er erscheint als klassischer „Homo Universalis“, der über umfassende Kenntnisse der Theologie, der Rechtswissenschaft, der Philosophie und der Philologie verfügte. Diese vielseitige Bildung spiegelt sich auch im umfassenden Werk Bodins wieder, das von Büchern über das Staatsrecht, über religiöse, wirtschaftliche und politische Themen und Geschichtswissenschaft bis hin zu einer Abhandlung über das Hexenwesen reicht. Drei seiner bedeutendsten Werke sollen nun etwas genauer betrachtet werden und dazu dienen, über die Person Jean Bodins mehr Aufschluss zu geben.

I. Six livres de la République – Bodin als Staatsdenker und Begründer der Souveränität

Bodins bekanntestes Werk sind seine Staatsrechtlichen Abhandlungen, die Six livres de la République, die Sechs Bücher über den Staat, mit denen er, gemäß R. Hoffmann, die „Zeit des säkularen Staatsdenkens“ einleitete.[5]

Der Humanist Bodin war der Überzeugung, dass die Wissenschaft vom Staat die „fürstlichste von allen“ sei, weil er den Staat als prägenden Faktor des menschlichen Zusammenlebens betrachtete. Aufgrund dieses Standpunktes beziehen sich auch alle von ihm aufgeführten Staatsziele auf den Menschen, auf seine körperliche und geistige Existenz. Als Staatszweck galt Bodin in erster Linie die Sicherung der sozialen (Ko-)Existenz, also die Sicherung von Leib, Leben und Eigentum. Er ging sogar noch weiter und formulierte als Staatsziel die Sicherung der Voraussetzung einer glückseligen Existenz. Nun versuchte er auch, die Voraussetzungen für einen Staat, in welchem diese Ziele verwirklicht werden können, zu formulieren.

Im Mittelpunkt der Bodinschen Begrifflichkeit steht der auf eine neue Inhaltsebene gehobene Begriff der Souveränität. Das Adjektiv souverain war bereits seit dem 13. Jahrhundert in Gebrauch, und zwar in der komparativischen Bedeutung seines lateinischen Ursprungswortes superanus (=superior). Es diente dazu, die Rechtsstellung der jeweils höheren Stufe gegen die der jeweils tieferen Stufe in der Sozialpyramide abzugrenzen. Bodin gab nun, aufgrund der Einsicht, dass innerhalb eines Gemeinwesens nicht die Unterscheidung, sondern die Versöhnung von Freund und Feind das Wesen des Politischen konstituiere, dem Begriff der Souveränität in der Staatswissenschaft eine völlig neue Bedeutung. Jean Bodins geschichtliche Fortwirkung ist in erster Linie an den Begriff der Souveränität gebunden.[6] Im 8. Kapitel des ersten der sechs Bücher über den Staat lautet die Definition: „La soveraineté est la puissance absolue et perpétuelle d’une République“[7], es handelt sich dabei also um die über den Gesetzen stehende Regierungsgewalt.

Für Bodin sind einzig drei Staatsformen denkbar: die Monarchie (Einzelner Träger der Souveränität), die Aristokratie (eine souveräne Minderheit) und die Demokratie (Mehrheit des Volkes hat Souveränität inne). Aus dem Umstand, dass Bodin Ungeteiltheit als grundsätzliches Element der Souveränität betrachtete, leitete sich seine Überzeugung ab, dass die Monarchie „die beste Staatsform“ sei:[8] „Das Souveränitätsrecht kann im eigentlichen Sinne nur in der Monarchie bestehen, denn niemand kann im Staat souverän sein als nur ein einziger. Wenn es zwei, drei oder mehrere sind, ist keiner souverän, weil keiner seinem Mitregenten Gesetze geben oder sich von ihm Gesetze geben lassen kann.“[9]

Gemäß Bodins Definition hat die Souveränität, abgesehen von der Unteilbarkeit, zwei wesentliche Attribute: Erstens ist die souveräne Macht zeitlich unbegrenzt. Regentschaften auf Zeit sind folglich keine souveränen Herrschaften im Sinne dieser Definition. Bedeutsamer ist aber das zweite Attribut der Souveränität, nämlich ihr absoluter, also von Gesetzen losgelöster Charakter. Der Herrscher kann, unabhängig von der Zustimmung der Untertanen, Gesetze erlassen oder streichen, und er ist von der Gehorsamspflicht gegenüber den Gesetzen befreit.

Dass die Souveränität unbegrenzt und absolut ist, bedeutet aber nicht, dass sie uneingeschränkt ist. Es gibt nach der Definition Bodins in der Tat Grenzen der Souveränität, die verhindern sollen, dass die Herrschaft zur Willkürherrschaft wird. Die grösste Beschränkung der Souveränität geschieht durch die Gesetze, denen auch alle Herrscher Folge leisten müssen, das göttliche und das natürliche Gesetz.[10] Die entsprechende Stelle in den Six livres de la République lautet: „La souveraineté donnee à un Prince sous charches et conditions, n’est pas proprement souveraineté, ni puissance absoluë: si ce n’est que les conditions apposees en la création du Prince, soyent de la loy de Dieu ou de nature“[11] oder, noch deutlicher: „...les loix des Princes souverains ne peuvent alterer, ni changer les loix de Dieu et de la nature.“[12] Bodin nannte vor allem das Eigentumsrecht als ein von den göttlichen und natürlichen Gesetzen geschütztes Recht. Der Souverän ist daher nicht befugt, fremdes Eigentum ohne vernünftigen, rechtfertigenden Grund zu entziehen. Dasselbe gilt für Steuern und Abgaben, die der Souverän dem Volk nicht nach Belieben auferlegen kann. Auch die bürgerliche Freiheit wird unter den Schutz des natürlichen Rechtes gestellt. Weitere Grenzen der Souveränität setzen die grundlegenden Gesetze des Königreiches, so wie die lex salica, welche die französische Erbfolge regelte.[13] Im Fall von Missachtung des göttlichen oder natürlichen Rechtes durch den Herrscher räumte Bodin den Untertanen ein passives Widerstandsrecht ein.[14]

[...]


[1] Couzinet, Marie-Dominique, “Note biographique sur Jean Bodin” (in: Jean Bodin: Nature, histoire, droit et politique; hg. V. Yves Charles Zarka; Presses Universitaires de France, Paris: 1996) 234.

[2] Cornelius, Peter, Jean Bodin: Eine Einführung in sein Leben, sein Werk und seine Wirkung (Düsseldorf: Parerga, 2000) 9-10.

[3] Vorwort zu: Bodin, Jean, Vom ausgelassenen wütigen Teufelsheer (Übersetzt von Johann Fischart; um ein neues Vorwort vermehrter Nachdruck der Ausgabe Straßburg 1591; Akademische Druck- und Verlagsanstalt: Graz, 1973) III.

[4] Cornelius, Jean Bodin, 2000, 19-20.

[5] http://www.uni-kiel.de/internat-recht/verfassung2.rtf

[6] Cornelius, Jean Bodin, 2000, 23-27.

[7] Bodin, Jean, Les six livres de la République (1593) (Bd. I; Fayard, Paris: 1986) 179.

[8] Cornelius, Jean Bodin, 2000, 29-30.

[9] Bodin, Jean, Sechs Bücher über den Staat (Bd. 2: Buch 4-6; Übers. V. Bernd Wimmer; C. H. Beck-Verlag, München: 1986) 460.

[10] Zarka, Yves Charles, “État et gouvernement chez Bodin et les Théoriciens de la raison d’État” (in : Jean Bodin: Nature, histoire, droit et politique; hg. V. Yves Charles Zarka; Presses Universitaires de France, Paris: 1996) 151-152.

[11] Bodin, République, 1986, 187.

[12] Bodin, République, 1986, 215.

[13] Zarka , État et gouvernement, 1996, 152.

[14] Cornelius, Jean Bodin, 2000, 35-39.

Excerpt out of 20 pages

Details

Title
Jean Bodin: Humanist und Hexenverfolger
College
University of Vienna  (Institut für Geschichte)
Course
Gesellschaftliche Vorurteile in der frühen Neuzeit (Hexenverfolgung)
Grade
1(+)
Author
Year
2002
Pages
20
Catalog Number
V8394
ISBN (eBook)
9783638153720
File size
684 KB
Language
German
Keywords
Jean, Bodin, Humanist, Hexenverfolger, Gesellschaftliche, Vorurteile, Neuzeit
Quote paper
Petra Fischer (Author), 2002, Jean Bodin: Humanist und Hexenverfolger, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8394

Comments

  • guest on 9/14/2021

    ich erlaube mir einen hinweis zum titel der arbeit zu geben, nämlich jean bodin: humanist und hexenverfolger, wobei schon der titel von bodins "de la démonomanie des sorciers" besagt, dass der autor generell von hexern spricht, die ganze abhandlung keinesfalls frauenspezifisch auftritt. n.b. ich konnte im zuge der dissertation von liane kamper ein französisches original in der ub der karl-franzens universität zu graz begutachten, Jean Bodin, de la démonomanie des sorciers. A. Anvers. Chez Arnould Conix. Antwerpen 1586. großteils spricht der autor spezifisch von hexern, also in der männlichen form.

    dieses wurde von liane kamper im kapitel zu jean bodin in deren dissertation auf den seiten 56 ff. stringent aufgezeigt:
    Prolegomena zu einem jeden künftigen Metafeminismus, der als ethische Grundlage der Beziehung zwischen den Geschlechtern wird auftreten können
    Kamper, Liane [VerfasserIn]
    1998

    die arbeit liegt auf der ÖNB auf, Benützungsbereich Heldenplatz (NEU) Magazin Heldenplatz (MAG) Signatur: 1469537-C

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Title: Jean Bodin: Humanist und Hexenverfolger



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