Kontrastive rhetorische und sprachwissenschaftliche Untersuchung an deutschen und ungarischen Werbeslogans aus dem Spiegel und der HVG


Mémoire (de fin d'études), 2006

153 Pages, Note: 1,0


Extrait


INHALT

1. DIE MACHT DER WERBUNG
1.1 Zum Begriff der Werbung
1.2 Werbung als persuasive Kommunikation

2. BAUSTEINE DER WERBUNG
2.1 Schlagzeile
2.2 Fließtext
2.3 Der Werbeslogan
2.4 Produktname
2.5 Bildelemente

3. RHETORIK UND WERBUNG
3.1 Das rhetorische System
3.2 Die rhetorischen Figuren
Figuren des Ersatzes (Tropen)
Figuren der Hinzufügung
Figuren der Auslassung
Figuren der Anordnung und des Platzwechsels
Ein tabellarischer Vergleich der Kategorisierungsprinzipien rhetorischer Figuren bei Römer, Janich, Baumgart und Fleischer

4. KONTRASTIVE RHETORISCHE, SYNTAKTISCHE UND MORPHOLOGISCHE UNTERSUCHUNG DEUTSCHER UND UNGARISCHER WERBESLOGANS
4.1 Das Textkorpus
4.2 Methodische Grundlagen
4.3 Synchrone rhetorische und sprachwissenschaftliche Untersuchung deutscher und ungarischer Werbeslogans
4.4 Statistischer Vergleich deutscher und ungarischer Werbeslogans unter rhetorischen und sprachwissenschaftlichen Aspekten
Auf den Sender, Empfänger und Sachverhalt gerichtete Argumentation
Rhetorische Figuren
Satzbau
Satzlänge: Zahl der Wörter in den Slogans
Satzarten
Wortarten
Vergleich der drei sowohl in Dtl. als auch in Ungarn vertretenen Banken

5. SCHLUSS

6. MAGYAR NYELVű ÖSSZEFOGLALÓ

7. LITERATUR

8. ANHANG

Diese Arbeit ist ein Beitrag zur rhetorisch orientierten Werbeanalyse. Ihre Aufgabe besteht darin, rhetorische Charakteristika der deutschen und ungarischen Werbeslogans zu bestimmen und zu analysieren. Die Arbeit stellt dar, ob und wie die verwendeten rhetorischen Mittel der deutschen und ungarischen Slogans sich voneinander unterscheiden und ob Kulturunterschiede dabei eine Rolle spielen. Ich gehe davon aus, dass sich die Kultur auf unsere Kommunikation und Schreibgewohnheiten auswirkt und bezüglich dieser Gewohnheiten die Rhetorik eine bedeutende Rolle spielt.

Allgemein verfolgt die Untersuchung zwei Hauptziele:

- was für rhetorische Mittel überhaupt in den Anzeigen vorkommen, d. h. wie, durch welche Mittel der Werbende auf uns zu wirken versucht? Welche Mittel werden am meisten gebraucht und welche eher vernachlässigt?
- gibt es Unterschiede zwischen den deutschen und ungarischen Werbeslogans aus rhetorischer Sicht, die auf kulturelle Unterschiede zurückzuführen sind?

Ich beschränke mich nur auf einen Bereich der Werbung, auf Slogans aus Werbeanzeigen der Printmedien. Auf eine Analyse des gesamten Werbetextes wird hier verzichtet. Eine zweite Beschränkung betrifft den Werbegegenstand. Das Untersuchungsmaterial besteht aus Werbeanzeigen, die für Banken, Kreditinstituten und Versicherungsfirmen werben. Die Wahl des Materials begründet sich vor allem darin, dass diese Sphäre aus rhetorischer und sprachwissenschaftlicher Sicht noch nicht umfassend untersucht wurde. Es besteht eine große, wachsende Nachfrage nach diesem Bereich sowohl in Deutschland als auch in Ungarn. Das ist auch der Grund, warum die Literaturliste nicht so umfangreich ist. Unter all diesen Aspekten gleichzeitig wurde die Werbung noch nicht untersucht. Außerdem wollte ich ein Gebiet wählen, worin sowohl deutsche, als auch ungarische Firmen vertreten sind. In anderen Branchen wie z. B. technische Produkte, Automarken, usw. wäre diese Beschränkung nicht möglich gewesen. Es gibt kaum ausschließlich ungarische Firmen, die für ihre in Ungarn hergestellten Produkte werben. In Bezug auf die technischen Produkte sind die meisten Firmen in Ungarn aus dem Ausland. Die Banksphäre eignet sich jedoch gut zur Analyse. Es lässt sich hierin erwarten, dass eventuelle Unterschiede in der Rhetorik der Slogans aus unterschiedlichen Schreib- und Vertextungsgewohnheiten und damit aus unterschiedlichen Kulturen resultieren. Das zu untersuchen ist das Hauptziel dieser Arbeit.

Ein weiteres Argument der Wahl ist: es gibt deutsche Banken, die auch in Ungarn vertreten sind (z. B. Volksbank, Raiffeisenbank) und in Ungarn für ihre Kunden werben. Ein Vergleich in diesem Spezialfall ist ebenfalls sinnvoll. Umgekehrt ist dies nicht der Fall. Ungarische Kreditinstitute sind in Deutschland nicht vertreten.

In der Arbeit wird unter „beworbenes Produkt“ nicht nur ein konkretes materielles Erzeugnis verstanden (was diesen Bereich betrifft - Banksphäre und Versicherungen - ist dies eher selten der Fall), sondern auch die Dienstleistung.

Für das Werbematerial habe ich die Zeitschrift Spiegel in Deutschland und die HVG in Ungarn als Medium gewählt. Die Recherchen betreffen den Zeitraum von März 2005 bis November 2005. Die Analyse umfasst jeweils 35 Ausgaben.

Durch die Konzentration auf eine Textgattung (Slogans), auf eine Branche (Finanzen und Versicherung), auf ein Medium (Werbeanzeigen aus dem Spiegel und der HVG) und auf einen Zeitraum (von März 2005 bis November 2005) soll die Homogenität des Untersuchungsmaterial garantiert und damit viele Unsicherheitsfaktoren ausgeschlossen werden. Dies führt aber gleichzeitig dazu, dass die externe Validität der Untersuchung gering ist.[1]

Für das ungarische Material dienen Anzeigen der Unternehmen HVB, Erste Bank, Cib Bank, Raiffeisen Bank, IEB, OTP Bank, MKB, Commerzbank, K&H Bank, Budapest Bank, Magyar Állampapír, Citibank, Allianz und MFB. Für das deutsche Material: Dip, MLP, Bank Austria Creditanstalt, VHV, Hannoversche Garantie, Union Investment, Volksbanken Raiffeisenbanken, Sparkasse, Postbank, Deka, Südwestbank, West LB, Allianz, Bayern LB, Wüstenrot, AWB, Comdirect, Commerzbank, ING DIBA, KFW, Cosmos Direct, Deutsche Bank, Delta, BW Bank, L-Bank, Dresdner Bank. Die Beispiele sind kursiv gedruckt.

Die methodischen Aspekte umfassen den Vergleich zweier Kulturen und Aspekte einer rhetorischen und teilweise syntaktischen bzw. morphologischen Untersuchung. Die Arbeit ist eher deskriptiv als normativ aufzufassen. Es wird untersucht, welche rhetorische Mittel in den Anzeigen gebraucht werden und ob dabei Unterschiede zwischen den deutschen und ungarischen Anzeigen festzustellen sind.

Die Untersuchung ist hauptsächlich qualitativer Art, aber es werden dabei auch quantitative Beobachtungen dargestellt.

Die Analyse der gesammelten Werbeslogans basiert auf der klassischen aristotelischen Tradition und dadurch auf der Dreiteilung der Beeinflussung in ethos (Redner), pathos (Hörer) und logos (Sachverhalt). Das liefert einen guten Ausgangspunkt für die Analyse von heutigen Werbetexten. Außerdem werden noch einzelne rhetorische Figuren, syntaktische und morphologische Kriterien unter verschiedenen Aspekten untersucht:

- Welche Figuren kommen vor?
- Welche werden am meisten gebraucht?
- Gibt es Unterschiede zwischen den in ungarischen und deutschen Werbeslogans vorkommenden rhetorischen Mitteln? Und wenn ja, welche?
- Syntaktische und morphologische Bemerkungen; Unterschiede?

Als Sekundärliteratur werden vor allem neuere Bücher und Studien benutz, wobei auf Grundwerke wie die von Ruth Römer (Römer 1968) und von Manuela Baumgart (Baumgart 1992) nicht verzichtet wird. Vesalainen untersuchte in seinem Buch (vgl. Vesalainen 2001) die deutschen und finnischen Werbeprospekte technischer Produkte unter rhetorischen Aspekten. Die kontrastive Grundidee dieser Arbeit basiert auf seinen Untersuchungen.

1. DIE MACHT DER WERBUNG

Für den Grund, warum ich mich überhaupt mit der Psychologie der Werbesprache in einer sprachwissenschaftlichen Arbeit beschäftige, sollte hier ein Zitat von Ruth Römer stehen: „Werbefachleute bekennen sich selbst dazu dass sie überreden wollen, und entdecken die Verwandtschaft zwischen Rhetorik und Werbung, die beide den Zweck verfolgen, ihre Hörer „zu beeindrucken und zu beeinflussen“.“ (Römer 1968:173) Werbung und Rhetorik folgen also dem gleichen Ziel, sie wollen beeinflussen und überreden. Deswegen halte ich es zuerst für notwendig zu klären, wie Werbung eigentlich definiert wird, was sie darstellt und vor allem wie sie funktioniert, bevor ich auf die Untersuchung der Besonderheiten der Werbesprache und der Rhetorik in der Werbung in Kapitel 3 und 4 (S. 15ff) näher eingehe.

1.1 Zum Begriff der Werbung

„Das gemeingerm. Verb, mhd. werben, ahd. hwerban ´sich drehen; sich bewegen; sich umtun, bemühen´ (…) Die Bedeutung ´sich um jemanden bemühen, jemanden für etwas zu interessieren, zu gewinnen suchen´ hat sich also aus ´sich drehen, sich [um jemanden] bewegen´ entwickelt;“ (Duden 2001:923)

Werbung wird heutzutage eher wirtschaftlich als etymologisch definiert. Werbung ist ein Teilbereich des Marketings. Als Werbung werden alle Maßnahmen bezeichnet, die darauf abzielen, den Bekanntheitsgrad und damit letztendlich den Absatz von Waren zu steigern. Die Werbung und das Marketing enthalten strategische Merkmale, die dafür geeignet sind, Konsumenten zu beeinflussen. Bei dieser Absatzwerbung machen Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen mit Hilfe von Werbemitteln wie Fernsehwerbespots, gedruckten Anzeigen oder Plakaten über so genannte Werbeträger wie elektronische Medien (Fernsehen, Hörfunk, Online- Dienste), Druckmedien (Zeitungen, Zeitschriften, Prospekte) und Außenwerbung (Schaufenster, Verkehrsmittel, Plakatwand) in der Öffentlichkeit bekannt. Dadurch soll bei der jeweiligen potentiellen Käufergruppe Aufmerksamkeit für ein Produkt oder eine Dienstleistung erregt, Informationen über dieses oder diese vermittelt und das Kaufinteresse geweckt werden. (vgl. Microsoft Encarta Enzyklopädie 2005: Suchkriterium: „Werbung“)

Diese Definition gilt aber nur für einen Teilbereich der Werbung, für die Wirtschaftswerbung. Die Wirtschaftswerbung wirbt für Waren und Dienstleistungen und ist umsatzorientiert. (vgl. Vesalainen 2001:52) Das trifft aber nicht auf jede Art von Werbung zu. Es gibt auch Werbeformen wie z. B. die politische oder religiöse Werbung - dazu gehören die Propaganda und die Wahlkampagne -, die keine wirtschafts- und absatzorientierten Ziele haben (s. Abb. 1). In dieser Arbeit wird unter Werbung ausschließlich die Wirtschaftswerbung verstanden.

Abb. 1: Werbung in verschiedenen Bereichen (Behrens, zit. nach Vesalainen 2001:52)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Schlüter unterscheidet noch zwischen Verkaufswerbung (Wirtschaftswerbung, Werbung für eine bestimmte Warenart (Trinkt mehr Milch), für eine bestimmte Branche (Fragt den Drogisten) oder für eine bestimmte Firma (AEG – aus Erfahrung gut)) und Image oder Good Will, in der eine Firma oder Branche versucht, sich beim Publikum beliebt zu machen. Außerdem unterscheidet er noch die Einführungs- von der Repräsentationswerbung. Eine Einführungswerbung versucht neue Kunden zu gewinnen, indem sie die Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Eine Repräsentationswerbung versucht dagegen die bereits gewonnenen Kunden zu behalten und sorgt dafür, dass ein bereits bekannter Name in Erinnerung der Konsumenten bleibt. (vgl. Schlüter 1988:61)

Die verschiedenen Werbearten fordern verschiedene Techniken, verschiedene Arten der Annäherung an das Publikum. Die Verkaufswerbung muß aggressiv und massiv, die Good Will- Werbung einschmeichelnd und nuanciert wirken. Einführungswerbung kommt ohne ein gewisses Maß von Argumentation und Beschreibung nicht aus. Repräsentationswerbung kann sich auf einen einzigen Leitsatz (Slogan) oder sogar auf die bloße Namensnennung beschränken. (Schlüter 1988:61)[2]

Slogans spielen folglich in der Repräsentationswerbung eine wichtige Rolle, wie Klotz auch betont: „Nur Slogan und Markenname dagegen sollen erinnert werden, der Kunde soll sie wieder erkennen und wiederholen können. Darum müssen sie kurz und einprägsam sein und der Zunge schmeicheln.“ (Klotz 1963:98)[3]

1.2 Werbung als persuasive Kommunikation

Der Grund, warum ich dieses Themengebiet so detailliert behandele, liegt daran, dass Rhetorik und Werbung auf der gleichen Art und Weise funktionieren: der zentrale Begriff sowohl der Werbung als auch der Rhetorik ist die Persuasion. Beide wollen überzeugen und beeinflussen und beide versuchen ihr Interesse durchzusetzen. Wie es aus der Abb. 1 hervorgeht, handelt es sich bei der Werbung um eine persuasive Kommunikationsform. Die Art und Weise wie die Werbung funktioniert, basiert auf der Psychologie der Einstellung- und Verhaltensänderung. Bevor ich näher darauf angehe, welche Methoden der Einstellungsänderung der Werbung zugrunde liegen, ist es notwendig zu erläutern, wie man auf die Überzeugungen und Einstellungen Einfluss nehmen kann. Im Weiteren folgt ein kurzer psychologischer Überblick über die Einstellungen und Einstellungsänderungen. Dem Überblick liegt eines der aktuellsten und meistverkauften Sozialpsychologie Bücher der amerikanischen, weltweit anerkannten Sozialpsychologen Aronson, Wilson und Akert zugrunde. (Aronson, Wilson, Akert 2004)

Die Sozialpsychologie beschäftigt sich bereits seit Jahrzehnten mit den Einstellungen und unterscheidet dabei drei Formen. Bei den kognitiv basierten Einstellungen handelt es sich um eine Einstellung, „bei der sich die Bewertung vor allem auf die Überzeugung bezüglich der Eigenschaften des Einstellungsobjekts gründet.“ (Aronson, Wilson, Akert 2004:232)

Manchmal basieren unsere Einstellungen primär auf einer Überprüfung der relevanten Fakten, wie beispielsweise der objektiven Vorzüge eines Autos. Wie viel Benzin verbraucht der Wagen auf 100 Kilometer? Hat er einen großen Airbag? (…) Die Funktion dieser Art von Einstellungen ist die Objektbewertung, wobei wir Objekte klassifizieren gemäß der Belohnung oder Strafe die durch diese entsteht. In anderen Worten, diese Einstellungsart ist dazu da, das Objekt nach seinen Vorzügen und Nachteilen zu beurteilen, um schnell feststellen zu können, ob es wert ist, sich damit abzugeben oder nicht. (ebd.)

Aus der oben angeführten Beschreibung gehen vor allem die rationale, objektive Dimension und der kognitive, bewusste Denkprozess der Beurteilung und der Entscheidungsfindung hervor. Im Gegensatz dazu steht bei den affektiv basierten Einstellungen die emotionale Dimension im Vordergrund: „Eine Einstellung, die eher Gefühle und Werte zur Basis hat als eine objektive Bewertung der Vor- und Nachteile nennt man eine affektiv basierte Einstellung - eine Einstellung, die sich mehr auf Gefühle und Werte gründet als auf Überzeugung bezüglich dem Wesen des Einstellungsobjekts.“ (Aronson, Wilson, Akert 2004:232) Die affektiven Einstellungen entstehen nicht durch logische Überlegungen, sondern kommen eher „aus dem Bauch“. Wenn es um affektive Einstellungen geht, entscheiden wir aus dem Bauch heraus. Hierbei stammen die affektiv basierten Einstellungen aus mehreren Quellen.

Zum einen können sie von den Werten eines Menschen kommen, wie zum Beispiel von ihren religiösen und moralischen Überzeugungen. Die Ansichten, die der Mensch zu Themen wie Abtreibung, der Todesstrafe oder vorehelichem Geschlechtsverkehr hat, basieren oft mehr auf inneren Werten als auf einem kalten Abwägen der Fakten. (…) Andere affektiv basierte Einstellungen können ein Ergebnis einer sensorischen Reaktion sein, wie der Geschmack eines Bechers Kakao, den wir mögen (…) oder eine Reaktion unseres Gefühls für Ästhetik, wenn wir die Linienführung oder die Farbe eines Autos bewundern. Wieder andere sind Ergebnisse von Konditionierungen.[4] (Aronson, Wilson, Akert 2004:232)

Eine Einstellung kann aber auch auf Verhalten basieren. „Eine verhaltensbasierte Einstellung versteht sich als eine Einstellung, die auf Beobachtungen des eigenen Verhaltens gegenüber einem Einstellungsobjekt basiert.“ (Aronson, Wilson, Akert 2004:233) Diese Definition von Aronson, Wilson und Akert setzt die Annahme voraus, dass wir unsere Gefühle von unserem Verhalten ableiten. Da ich weine, bin ich traurig. Da ich dreimal hintereinander den Film gesehen habe, gefällt er mir.

Einstellungen können sich ändern und können geändert werden. Im Folgenden werden die Umstände behandelt, unter denen auf Einstellungen Einfluss genommen werden kann. Die Frage besteht darin, wie sich persuasive Kommunikation am besten konstruieren lässt und „worin die Effektivität der persuasiven Kommunikation liegt.“ (Aronson, Wilson, Akert 2004:238) Die Frage bezieht sich aber auch auf die Werbung, schließlich geht es in der Werbung um Beeinflussung. Die Werbeagenturen müssen sich dabei zahlreiche Kriterien vor Augen halten und zwischen verschiedenen Strategien entscheiden können, um die meisten Konsumenten zum Kauf zu bewegen, indem sie sich für die richtige Art und Weise der Beeinflussung entscheiden. Im Folgenden werden diese Strategien behandelt.

Die zentrale Frage lautet: sollten sich die Werbetexter eher um die Person kümmern, die die Werbung präsentiert, oder eher um den Inhalt der Werbung. Anders formuliert geht es darum, ob bestimmte Faktoren für die Kommunikation von zentraler Bedeutung sind wie z. B. die logische Nachvollziehbarkeit der Argumente, oder ob sie für die Logik der Argumente eher eine periphere Rolle spielen, wie z. B. die äußere Erscheinungsform oder die vom Publikum eingeschätzte Glaubwürdigkeit des Redners. Hier werden zwei Wege der Persuasion unterschieden: der zentrale und der periphere Weg. Der zentrale Weg der Informationsverarbeitung besagt, dass das Gehörte sorgfältig durchgedacht wird: „das Gehörte wird elaboriert, es wird sorgfältig überdacht und die Information (der Inhalt der Kommunikation) wird verarbeitet. (…) die persuasive Kommunikation wird elaboriert, den Argumenten wird sorgfältig zugehört und sie werden überdacht. Dies geschieht, wenn sowohl die Fähigkeit als auch die Motivation vorhanden ist, der Kommunikation ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken.“ (Aronson, Wilson, Akert 2004:239) Aronson, Wilson und Akert sprechen in diesem Kontext von der Motivation als ein wichtiger Faktor. Die entscheidende Frage, ob Leute motiviert sind oder nicht, dem Redner aufmerksam zuzuhören, ist die der persönlichen Relevanz des Themas. „das Ausmaß also, in dem das Thema und dessen Konsequenzen wichtig für das persönliche Wohlergehen des Zuhörers sind. (…) Je relevanter ein Thema ist, desto eher sind die Zuhörer auch willens, den Argumenten Aufmerksamkeit zu zollen und daher wird es auch wesentlich wahrscheinlicher sein, dass der zentrale Weg der Informationsverarbeitung gewählt wird.“[5] (Aronson, Wilson, Akert 2004:240) Wenn aber keine Motivation vorhanden ist, über die Argumente aufmerksam und logisch nachzudenken, wird eher den oberflächlichen Eigenschaften der Botschaft Aufmerksamkeit geschenkt wie etwa der Attraktivität und der Überzeugungskraft des Redners, die Länge der Rede und ob sie interessant ist oder nicht. In diesem Fall, wenn die persönliche Relevanz niedrig ist, wird vom peripheren Weg der Informationsverarbeitung gesprochen. Bei niedriger Relevanz spielt die logische Argumentation des Redners und die Aussagekraft der Rede keine Rolle, sondern stärker die Person, die die Rede hält. Die Zuhörer, für die ein Thema keine hohe Relevanz aufweist, lassen sich durch logische Argumentation nicht überzeugen, sondern mehr von der Person. Ein gut situierter, attraktiver Redner kann somit die Zuhörer mit niedriger Themenrelevanz überzeugen.

Zusammenfassend kann man also behaupten, dass „wenn ein Thema persönliche Relevanz hat, wird den Argumenten mehr Aufmerksamkeit geschenkt (…) Wenn das Thema wenig persönlich relevant ist, wird den Argumenten auch weniger Aufmerksamkeit gezollt. Stattdessen (…) wird der periphere Weg der Informationsverarbeitung eingeschlagen unter einem Motto wie „berühmten Sprechern kann man Vertrauen schenken“ oder „eine lange Rede ist ein Hinweis auf gute Argumente.““ (Aronson, Wilson, Akert 2004:241-242) Abb. 2 zeigt, unter welchen Umständen Menschen ihre Einstellungen ändern, wenn sie persuasive Kommunikation hören. Aus der Abb. 2 geht auch hervor, dass der zentrale Weg - im Gegensatz zum peripheren Weg - zu einer lang anhaltenden Einstellungsänderung führt. Wenn wir also das Ziel haben, dass die erreichte Änderung der Einstellung langfristig erhalten bleibt, muss der zentrale Weg gewählt werden.

Abb. 2: Strategien der Einstellungsänderung (vgl. Aronson, Wilson, Akert 2004:241)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Was geschieht, wenn wir eine lang anhaltende Einstellungsänderung erreichen möchten, aber keine hohe persönliche Relevanz der Zuhörer vorhanden ist? Die persönliche Relevanz kann „geweckt werden“ und die Aufmerksamkeit darauf gelenkt werden, indem die Emotionen der Zuhörer angesprochen werden. Emotionen können die Prozesse der Einstellungsänderung beeinflussen:

Es hat sich gezeigt, dass Menschen, wenn Sie guter Laune sind, sich auch weiterhin gut fühlen möchten und daher Aktivitäten zu vermeiden suchen - wie die Anstrengung unternehmen, einen Artikel über ein unangenehmes Thema zu lesen -, die ihnen die Stimmung verderben könnte. Wenn sie sich gerade also großartig fühlen, werden Sie aller Wahrscheinlichkeit nach (…) den peripheren Weg der Informationsverarbeitung einschlagen. Wenn Sie aber traurig oder neutraler Stimmung sind, werden Sie eher den zentralen Weg nehmen und jedes Argument detailliert analysieren. (Aronson, Wilson, Akert 2004:244-245)

Die Antwort lautet also: die Emotionen der Zuhörer ansprechen. Wenn wir beabsichtigen, eine lang anhaltende Emotionsänderung zu bewirken, hilft uns dabei die gute Laune der Zuhörer nicht. Wenn wir wollen, dass der zentrale Weg der Informationsverarbeitung eingeschlagen wird, müssen wir für eine neutrale oder ernste Stimmung im Publikum sorgen, falls sie nicht vorhanden ist.

Die Welt der Werbung ist voll mit Beispielen aus dem Bereich der Einstellungsänderung. Nachdem wir uns die Prinzipien der Einstellungsänderung näher angesehen haben, können wir jetzt die Wirkungsmethoden der Werbung näher angehen, da sie hauptsächlich auf der persuasiven Kommunikation basieren. Der wichtigste Punkt, den die Werbefachleute in Betracht ziehen sollten, ist die Frage, ob es sich um eine affektiv oder kognitiv basierte Einstellung handelt, die geändert werden soll.

Wenn versucht werden soll, eine affektiv gegründete Einstellung zu verändern, dann ist es am besten, wie wir schon feststellen konnten, Emotionen mit Emotionen zu bekämpfen. Eine Menge Reklame verwendet den emotionalen Ansatz - z. B. die Werbung für die unterschiedlichen Cola- Marken. Wenn man von der Tatsache ausgeht, dass die verschiedenen Cola- Marken gar nicht so unterschiedlich sind, basiert die Kauf- Entscheidung vieler Leute nicht auf den objektiven qualitativen Kriterien der verschiedenen Marken. Folglich liegt bei der Cola- Werbung die Betonung nicht auf Fakten und Zahlen. (Aronson, Wilson, Akert 2004:257)

Das ist aber nicht das einzige Beispiel. Eine Menge Reklame basiert auf dem affektiven Ansatz wie z. B. die verschiedenen Last-Minute-Angebote der Reisebüros. Der Preisunterschied zwischen den einzelnen Angeboten ist nicht so groß, deswegen entscheiden wir uns nicht durch gründliches Nachdenken über die Fakten, sondern eher aus dem Bauch heraus. Natürlich nur, wenn Geld keine Rolle spielt. Diejenigen, die finanziell nicht so großzügig vorgehen können, werden eher objektiv und logisch ihre Entscheidung treffen.

Wenn die Einstellung der Leute eher kognitiv ist, dann spielt die persönliche Relevanz die entscheidende Rolle. Aronson, Wilson und Akert veranschaulichen die kognitiv gegründete Einstellungsänderung am folgenden Beispiel:

Nehmen wir z. B. das Problem des Sodbrennens. Das ist kein Thema, das starke Emotionen hervorruft oder auf die Werte eines Menschen anspielt. Daher basiert dieses Thema mehr auf Kognition. Für Menschen, die unter Sodbrennen leiden, ist dieses Thema aber sicherlich von persönlicher Relevanz. In diesem Fall wäre der beste Weg die Verwendung von logischen, auf Fakten basierenden Argumenten, um die Überzeugung der potentiellen Käufer zu verändern. (Aronson, Wilson, Akert 2004:257)

Ein Problem besteht dann, wenn kognitiv begründete Einstellungen nicht von hoher persönlicher Relevanz für die potentiellen Kunden sind. Wenn z. B. neue Autos an bereits glückliche neue Autobesitzer verkauft werden sollen, wird der Werbung höchstwahrscheinlich keine große Aufmerksamkeit und Interesse geschenkt. In diesem Fall ist eine Einstellungsänderung wahrscheinlicher, wenn die Werbefachleute versuchen sie auf dem peripheren Weg zu erzielen, indem sie einen Filmstar oder eine attraktive junge Frau für ihr Produkt werben lassen. Ein anderer Weg wäre - „wenn Sie ein Produkt haben, das nicht die Emotionen der Leute anspricht und auch nicht von direkter persönlicher Relevanz für ihr tagtägliches Leben ist, (…) dafür zu sorgen, dass das Produkt persönliche Relevanz gewinnt.“ (Aronson, Wilson, Akert 2004:257-258) Das klassische Beispiel dazu ist der Fall von Gerald Lambert:

(…) Gerald Lambert, der im frühen 20. Jahrhundert eine Firma geerbt hatte, die ein innerlich anzuwendendes Desinfektionsmittel herstellte, mit dem man Halsinfektionen behandelte - Listerine. Da er einen breiten Markt suchte für das Produkt, entschied er sich, es als Mundspülung zu vermarkten. Das einzig Schwierige daran war, dass zu dieser Zeit niemand eine Mundspülung verwendete und auch keiner Ahnung hatte, was das sein sollte. Da er nun das Heilmittel erfunden hatte, musste dazu auch noch eine Krankheit her. Also erfand Lambert eine. (…) Lamberts Erfolg bei seiner Anspielung auf die Ängste der Menschen und ihr Schamgefühl ging an anderen Werbefachleuten keineswegs spurlos vorüber. (Aronson, Wilson, Akert 2004:258)

Das Beispiel Lambert deutet die effektivste Methode an, wie man die persönliche Relevanz erhöhen kann. Die meisten unserer Einstellungen sind kognitiv begründet. Wir neigen dazu über Argumente logisch nachzudenken. Anderseits haben die meisten Werbungen, mit denen wir konfrontiert sind, keine hohe Relevanz für uns. Wir schauen sie an, weil sie lustig sind, aber vor allem, weil wir keine andere Möglichkeit haben. Ständig und überall begegnet uns die Werbung. In diesem Fall - kognitiv begründete Einstellungen ohne hohe Produkt- Relevanz - haben die Werbefachleute die größten Schwierigkeiten, uns zum Kauf zu bewegen. Sie bleiben aber nicht ganz erfolglos. Sie manipulieren uns, indem sie die persönliche Relevanz des Produkts durch fiktive Krankheiten (s. Fall Lambert, S. 10) oder durch andere Mittel erhöhen. Der beste Beweis, dass die persuasive Strategien der Werbung tatsächlich funktionieren, ist der „Split Cable Market Test“:

Die Werbefachleute arbeiten mit Providern von Kabelfernsehen und Lebensmittelläden zusammen und zeigen einer willkürlich ausgewählten Gruppe von Menschen einen Werbespot. Durch spezielle Karten, die dem Kunden gegeben und an der Kasse über den Scanner gezogen werden, kann festgestellt werden ob diejenigen, die den Werbespot für Schrubbe-die-Schrubb gesehen haben, auch tatsächlich mehr Schrubbe-die-Schrubb gekauft haben. (…) [Die] Ergebnisse geben Hinweise darauf, dass Werbung wirklich funktioniert, ganz besonders bei neuen Produkten. (…) Etwa 60 Prozent der Werbung für neue Produkte führten zu einer Steigerung des Kaufverhaltens. Der Unterschied in den Verkaufszahlen, zwischen Leuten, welche die Werbung für ein neues Produkt gesehen hatten und denen, die den Spot nicht gesehen hatten, lag im Mittel bei 21 Prozent. (Aronson, Wilson, Akert 2004:256-257)

Am Anfang des Kapitels wurde Werbung als Wirtschaftswerbung definiert. In der Arbeit wird dieses Verständnis der Werbung weiterhin beibehalten. Eine derartige Definition setzt voraus, dass die Werbung hauptsächlich ökonomische Ziele verfolgt, indem sie versucht, ein Produkt an potentielle Käufer zu bringen und die Kaufzahlen zu erhöhen. Vesalainen definiert noch weitere Ziele der Werbung:

- das Bewusstsein der Menschen über ein neues Produkt zu formen;
- Kunden über die Besonderheiten und Vorteile des Produkts zu informieren;
- ein gewünschtes Bild von dem Produkt zu erzeugen;
- Gewogenheit und Begeisterung für das Produkt hervorzubringen;
- Kunden zum Kauf des beworbenen Produkts zu bewegen; (Bendixen, zit. n. Vesalainen 2001:54)

„Und Der Zweck, der jeder Werbung zu Grunde liegt ist jedoch das letztgenannte Ziel. Jede Produktwerbung versucht also immer Einstellungen der Konsumenten zu beeinflussen und zu ändern und damit Menschen (…) zum Kauf des Produkts A statt des Produkts B (…) zu bewegen.“ (Vesalainen 2001:54) Die Werbung ist somit eine Kollektivbeeinflussungsmethode, eine Beeinflussung zum Kauf. Kollektiv ist sie in dem Sinne, da sie sich hauptsächlich nicht an einzelne Personen, sondern an ganze Gruppen wendet. (vgl. Vesalainen 2001:54) Diese Behauptung lässt sich aber kritisieren. Das Hauptziel der Werbung ist zwar die Menge zum Kauf zu bewegen, dies erreicht sie jedoch, indem sie sich an die einzelnen Subjekte wendet. Durch den Fernseher, die Zeitschriften und Plakate werden Individuen angesprochen und nicht Gruppen. Schließlich geht es darum, die Einstellungen der Einzelnen zu verändern. Um zu erklären, wie sich Individuen am effizientsten zum Kauf bewegen lassen, hat die amerikanische Werbepsychologie ein Vier-Stufen-System, das AIDA-Modell entwickelt. Das Wort AIDA setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Begriffe attention, interest, desire und action[6] zusammen; diese sollen die erhoffte Wirkung auf die jeweilige Zielgruppe darstellen:

- Attention: Die Werbung soll Aufmerksamkeit erregen. Eine Voraussetzung dafür ist Prägnanz, sowie eine inhaltsreiche Knappheit, wobei dies unter anderem durch rhetorische Stilfiguren erreicht werden kann.
- Interest: Die Aufmerksamkeit soll z. B. durch Überraschung oder Verlockung in echtes Interesse verwandelt werden.
- Desire: Durch die Schilderung der Vorzüge des Produkts soll ein Verlangen nach ihm entstehen.
- Action: Die Zielperson soll zur eigentlichen Handlung übergehen. Diese soll z. B. im Einprägen des Produkts oder der Marke, im Kauf oder in der Bitte um weitere Informationen bestehen.

Das Modell wurde mehrfach kritisiert, „vor allem weil davon ausgegangen wird, dass jede einzelne Stufe des Modells erfolgreich realisiert und verwirklicht werden soll, bevor die nächste beginnt.“ (Franzen, zit. n. Vesalainen 2001:62) Die Kritik ist berechtigt, jedoch ist das Durchlaufen jeder Stufe des Systems und zwar in der Reihenfolge von Attention zu Action eine notwendige Voraussetzung dafür, dass das Hauptziel der Werbefachleute - Bewegen zum Kauf - erreicht wird. Schließlich muss ein Reiz Aufmerksamkeit erregen, bevor es bei den Rezipienten ein Verlangen nach sich hervorruft.

Am Ende dieses Abschnittes halte ich es für wichtig, noch einmal hervorzuheben, dass es sich bei der Werbung um eine Kommunikationsform handelt. Der Grundbaustein einer Kommunikation ist die Dreiheit Sender - Kommunikationsinhalt - Empfänger, die in der Werbung der Trias Produzent - Werbebotschaft - Konsument entspricht.

Ein Individuum (Sender) übermittelt Stimuli (Informationen, Aussagen), um das Verhalten (Informationsstand, Meinung) anderer Individuen (Emüfänger, Rezipient, Publikum) zu beeinflussen (Reaktion) (Bechstein, zit. n. Vesalainen 2001: 54)

Wenn wir jetzt nur die Werbung betrachten, sieht die Kommunikation folgendermaßen aus:

Ein Werbender übermittelt eine Werbebotschaft, um die Relation gegenüber einem Produkt oder einer Dienstleistung in den Augen der Konsumenten derart zu beeinflussen, dass ein Kaufanreiz provoziert wird. (Bechstein, zit. n. Vesalainen 2001: 54) (s. AIDA- Modell, S. 13)

Die zwischenmenschliche Kommunikation ist bidirektional. Der Informationsverlauf geht vom Sender zum Empfänger und zurück, indem der Hörer zum Sprecher wird und auf die Informationen reagiert. Im Gegensatz dazu ist der Kommunikationsprozess der Werbung monodirektional, verläuft nur in eine Richtung: vom Sprecher zum Hörer. Die Werbekommunikation ist also eine asymmetrische, künstliche, Ein-Weg Kommunikationsform. Künstlich ist sie in dem Sinne, dass zwischen dem Sender und Empfänger keine persönliche Beziehung besteht. Sie kommunizieren über Medien. (vgl. Vesalainen 2001: 54-55)

2. BAUSTEINE DER WERBUNG

Bei der sprachwissenschaftlichen Untersuchung der Werbung orientiere ich mich methodisch an einem einzelnen Baustein: an den Slogans. Der Slogan ist ein bedeutender Baustein der Webung, deswegen halte ich es für wichtig darzustellen, wie die Werbung aufgebaut wird, bevor ich auf die Rhetorik im Allgemeinen und die Rhetorik in der Werbung näher eingehe. Wie ich in der Einleitung schon erläutert habe, ist bei der Interpretation der Ergebnisse (s. externe Validität, S. 2) aufgrund dieser methodischen Einschränkung vorsichtig vorzugehen.

Die folgende Ausführung und die Beispiele orientieren sich an der Klassifikation von Nina Janich. (Janich 1999:43-70) Janich unterscheidet fünf Bausteine der Werbung: die Schlagzeile, der Fließtext, der Slogan, die Produktnamen und die Bildelemente.

2.1 Schlagzeile

„Die Schlagzeile ist der Aufhänger einer Anzeige. Sie ist neben dem Bild das zentrale Textelement, das beim flüchtigen Blättern Aufmerksamkeit und weiter gehendes Leseinteresse wecken soll.“ (Janich 1999:43) Die Schlagzeile oder anders genannt Headline wird von der Subheadline ´Unterüberschrift´ und von der Topline - eine Einleitungszeile, die sich oberhalb der Headline befindet aber nur selten vorkommt - unterschieden. Die Headline steht normalerweise zwischen Bild und Fließtext. (vgl. Janich 1999:45)

Wichtig zur Identifizierung der Schlagzeile ist ihre Funktion als sprachlicher (und typographischer) Blickfang. Sie ist außerdem das Textelement, das in der Regel den Aufmerksamkeit erregenden und produktspezifischen Zusatznutzen, der in der jeweiligen Anzeige im Vordergrund stehen soll, thematisiert. Dieser wird von den Werbefachleuten USP (unique selling proposition= ´ einzigartige Verkaufsaussage´) genannt. Über die USP/ den Zusatznutzen versucht die Werbung, das Problem der zunehmenden Produktähnlichkeit zu umgehen und auf irgendeine Weise das beworbene Produkt gegen Konkurrenzprodukte abzugrenzen, auch wenn kaum mehr tatsächliche Unterschiede vorhanden sind. (Janich 1999:45)

Die USP entspricht in dem AIDA-Modell der Stufe Attention, deren Aufgabe darin besteht, Aufmerksamkeit zu erregen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist eine inhaltsreiche Knappheit, die die Schlagzeile ebenfalls erfüllen muss.

Der Zusatznutzen kann zum Beispiel darin bestehen,

- Eine Produkteigenschaft besonders hervorheben (z. B. Werbeslogan für die Hannoversche Garantie: Hannoversche Leben. Günstig, fair & mehr)
- Eine besondere Verwendungssituation oder einen Verbrauchsaspekt aufzuzeigen (z. B. Werbeslogan für die Sparkasse: Wenn´ s um Geld geht - Sparkasse)
- Einen besonderen Nutzen für den Konsumenten zu benennen (z. B. Slogan für die KfW Bankengruppe: Ich habe gewonnen. Wir haben gewonnen.)
- Das Produkt in allgemeine Wertvorstellungen einzubetten (z. B. der Slogan für Union Investment: Werte fürs Leben) (Janich 1999:46; die Beispiele stammen aus meinem Textkorpus: Anhang I, S. 88ff)

2.2 Fließtext

„Der eigentliche Textblock oder Fließtext einer Anzeige heißt in der Werbesprache Copy, Textbody oder Body Copy. Seine Funktion ist es, den in der Schlagzeile thematisierten Aufhänger als Text-Thema aufzugreifen und in einer stilistisch und semantisch kohärenten[7] Form auszuführen bzw. das Bildmotiv der Anzeige sprachlich auszuformulieren oder mit weiteren Angaben zu ergänzen.“ (Janich 1999: 47)

„(…) Im Fließtext [wird] mehr über das Produkt ausgesagt als in Schlagzeile oder Slogan, so dass seine sprachliche Gestaltung auch anderen Prinzipien unterliegt und daher nicht ohne weiteres mit den sprachlichen Merkmalen von Slogans und Schlagzeilen verglichen werden kann.“ (Janich 1999:47-48) Diese sprachlichen Kriterien betreffen etwa die Satzlänge - es werden längere, grammatikalisch und sinngemäß vollendete Sätze verwendet.

Der Fließtext einer Anzeige wird nur in seltenen Fällen ganz gelesen und wird von daher nicht sehr inhaltsreich angelegt. Deshalb übernimmt oft der Fließtext neben seiner informatorischen Funktion auch eine eher suggestive. Er kann nämlich allein durch sein Vorhandensein eine gewisse Glaubwürdigkeit erzeugen. (vgl. Janich 1999:48)

Aus linguistischer Sicht gesehen ist der Fließtext, also die eigentliche Sprache der Werbung, keine Sprechsprache. Viele Slogans wie Maggi klare Fleischsuppe oder Pfanni rohe Klöße sind nicht gut sprechbar, was allerdings in diesem Fall an dem syntaktischen Spezifikum der Slogans liegt. Die Sprache der Werbung wird nicht spontan gesprochen, sie ist nur ein Vortrag fertiger Texte. Aus diesen Gründen bezeichnet man die Werbesprache als Sondersprache: sie wird von einem beschränkten Personenkreis gesprochen, besitzt einen besonderen Wortschatz und wird zum Zwecke einer esoterischen Kommunikation genutzt. Ein Unterbegriff der Sondersprache ist die Fachsprache. In dem Sinne gehört folglich die Werbesprache auch zu den Fachsprachen. (vgl. Schubert & Hellmann 1970:338-342)

2.3 Der Werbeslogan

„Das Wort ´Slogan´, ein ursprünglich aus dem Gälischen stammender Ausdruck, ´´ sluagh-ghairm ´´, bedeutet soviel wie ´Kriegsgeschrei, Heergeschrei´ und fand erst im 20. Jahrhundert über das Englische Eingang in die deutsche Sprache, wo es nun für Werbespruch oder Schlagwort steht.“ (Baumgart 1992:25)

Baumgart definiert Slogan als die zusammenfassende Schlusszeile der Werbung, der Abbinder des Gesamtkonzepts. Er kann das Produkt, zu dem er gehört, über viele Jahre unverändert begleiten und sollte von hohem Erinnerungswert sein. Seine Hauptaufgabe ist die Abgrenzung gegen Konkurrenzprodukte und die Vermittlung des emotionalen Zusatznutzens der beworbenen Ware. Außerdem betont Baumgartner, dass der Slogan und die Schlagzeile oft miteinander verwechselt werden, obwohl ein klarer Unterschied zwischen den beiden besteht: „Die Schlagzeile einer Anzeige will, wie der Slogan auch, die Aufmerksamkeit des Lesers erregen, um sie aber gleichzeitig auf die bildliche Darstellung und/oder den nachfolgenden Text lenken. Sie ist also immer nur ´Aufhänger´ für etwas Folgendes, nie selbstständiges oder alleinwirkendes Element einer Anzeige. (…) Die Schlagzeile führt hinein in die Anzeige - hin zum Eigentlichen“ (Baumgart 1992:25) Aus der Definition geht hervor, dass eine Schlagzeile eher als eine Einleitung funktioniert, die immer am Anfang der Anzeige steht und Aufmerksamkeit erregen soll. Ein Slogan steht jedoch mehr als Abschluss eines Werbespots am Ende einer Werbung, der dafür zuständig ist, dass an die Ware erinnert wird.

Janich betont andere Eigenschaften des Slogans: „Er wird sehr häufig als Abbinder bezeichnet, dem damit implizit oder explizit die Funktion zugewiesen wird, abschließend in kurzer und prägnanter Form die Werbeaussage zusammenzufassen. Dies ist nicht ganz korrekt. Das Hauptmerkmal des Slogans besteht in seiner Funktion, die Wiedererkennung eines Produkts, einer Marke oder eines Unternehmens zu ermöglichen und zu stärken und dabei imagebildend zu wirken (so etwa der Slogan von VW Da weiß man, was man hat oder der des VW Polo So groß kann klein sein.)“ (Janich 1999:48) Janich betont die imagebildende Funktion, die für die Wiedererkennung des Slogans notwendig ist. Der Slogan ist einprägend und wird erinnert, weil er medienübergreifend und konstant eingesetzt wird und sich verstärkt auf die Inhalte der Anzeige bezieht. Der konstante Einsatz lässt sich kritisieren, weil viele Unternehmen im Laufe der Zeit öfters ihre Slogans ändern.[8]

Die wichtigste Funktion des Slogans nach Janich ist die Identifikationsfunktion: „Er soll fest mit einer Ware oder einem Unternehmen verbunden werden und durch eine allgemeine und nicht selten unkonkrete Thematisierung positiver Aspekte (Die Antwort ( Fiat Punto), Freude am Fahren ( BMV), (…) Mit dem grünen Band der Sympathie (ehemals Dresdner Bank)[9] (etc.) zu einem bestimmten Firmen-/ Marken-/ Produktimage beitragen. (Janich 1999:49) Im Gegensatz zu Janich unterscheidet Baumgart sechs Funktionen der Slogans (vgl. Baumgart 1992:32-34):

1) Herstellung der Kommunikation (Erregen von Aufmerksamkeit)
2) Penetration des Slogans in Verbindung mit den Markennamen durch Bekanntmachen und Einprägen (Ständige Wiederholbarkeit durch griffige Formelhaftigkeit; Entstehen eines Pavlovschen Reizes: bei Nennung des Markennamens wird der Slogan assoziiert und seine Behauptung als Tatsache akzeptiert - und vica versa.)[10]
3) Scheinbar sachliche Information und Argumentation in Slogans (Herausstellen eines imaginären Produktwertes als realer Vorteil: die verschleierte Vermittlung des emotionalen Nebennutzens)

[...]


[1] Unter externer Validität wird die Generalisierbarkeit der Ergebnisse verstanden. Da ich in meiner Arbeit synchron und nicht diachron vorgehe - es wird nur einen kurzen Zeitraum von 8 Monaten untersucht - ist es nicht möglich, die Ergebnisse zu verallgemeinern. Im Gegensatz zu Römer, die eine Langzeitstudie von fünf Jahren - 1961 bis 1966 - durchführte (vgl. Römer 1968:7), fand ich es sinnvoller, synchron vorzugehen, damit der aktuelle Trend der Werbeslogans dokumentiert werden kann. Das führt aber gleichzeitig zu einer geringeren Repräsentativität, obwohl kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird.

[2] Argumentation ist ein wichtiger Bestandteil der dispositio. (Näheres dazu siehe im Kapitel 4.)

[3] Dazu näheres im Kapitel 3.3

[4] Bei der klassischen Konditionierung (entdeckt von Iwan Petrowitsch Pawlow im Tierversuch) kommt es zur Ausbildung einer Assoziation zwischen einem neutralen Reiz (z. B. dem Ton einer Hupe oder dem Licht einer Lampe) und einem unkonditionierten (unbedingten) Reiz (etwa Futter). Bei seinen Arbeiten zur Physiologie der Verdauung beobachtete Pawlow, dass Hunde (mit denen er gewöhnlich experimentierte) nicht nur dann Speichel bildeten, wenn sie gerade Futter ins Maul nahmen, sondern auch als Reaktion auf eine Reihe anderer Ereignisse, z. B. bei der Annäherung des Laborgehilfen, der das Futter brachte. Schließlich nimmt der neutrale Reiz die emotionalen Eigenschaften des ersten Reizes an. Ein alltägliches Beispiel für das Phänomen ist die Liebe z. B.: Wir verbinden neutrale Reize wie Orte, Düfte, usw. mit der geliebten Person. Der neutrale Reiz - Duft - wird mit dem unkonditionierten Reiz - geliebte Peson – verbunden und ruft in der Abwesenheit des unkonditionierten Reizes emotionale Reaktionen hervor.

Die operante Konditionierung ist ein Phänomen, bei dem Verhalten, über das der Mensch selbst entscheidet, in seiner Häufigkeit ab- oder zunimmt, je nachdem, ob dieses Verhalten positive Verstärkung nach sich zieht oder Bestrafung. (Aronson, Wilson, Akert 2004:233) Man würde vermuten, dass eine positive Verstärkung (z. B. Geld als Belohnung) von den Eltern auf eine permanente gute Leistung ihres Kindes (z. B. gute Noten in Mathe) eine noch bessere Leistung hervorrufen würde. In diesem Fall verursacht aber die positive Verstärkung einen Nachlass der Leistung.

[5] Nehmen wir an, Sie haben es vor eine neue Wohnung zu kaufen und eines Tages klingelt ein Immobilienmakler bei Ihnen an der Tür. Da das Thema für sie hoch relevant ist, werden Sie den Makler wahrscheinlich herein bitten und ihm aufmerksam zuhören, also den zentralen Weg der Informationsverarbeitung wählen. Sie werden über die Argumente des Maklers logisch nachdenken. Wenn Sie aber bereits glücklicher Besitzer eines neuen Hauses sind, wird das Thema für Sie wenig persönliche Relevanz aufweisen und Sie werden wahrscheinlich die Tür so schnell wie möglich vor der Nase des Maklers zuschlagen.

[6] Attention= ´Aufmerksamkeit´, Interest= ´Interesse´, Desire= ´Wunsch´, Action= ´Handlungsauslösung´

[7] Unter Kohärenz wird in der Textlinguistik eine Verknüpfung von Sätzen durch den Sinnzusammenhang verstanden.

[8] Das ungarische Kreditinstitut Kereskedelmi & Hitelbank hat ungefähr vor einem halben Jahr seinen Slogan geändert, in der Hoffnung, neue Kunde damit gewinnen zu können. Der neue Slogan lautet: Dönts okosan! (`Triff kluge Entscheidungen´)

[9] Heute lautet der Slogan der Dresdner Bank: Dresdner Bank. Die Beraterbank.

[10] Siehe klassische Konditionierung (S. 6)

Fin de l'extrait de 153 pages

Résumé des informations

Titre
Kontrastive rhetorische und sprachwissenschaftliche Untersuchung an deutschen und ungarischen Werbeslogans aus dem Spiegel und der HVG
Université
Universität of Szeged  (Germanistisches Institut)
Note
1,0
Auteur
Année
2006
Pages
153
N° de catalogue
V84004
ISBN (ebook)
9783638878012
ISBN (Livre)
9783638878166
Taille d'un fichier
1091 KB
Langue
allemand
Mots clés
Kontrastive, Untersuchung, Werbeslogans, Spiegel, Werbung, Slogan, Rhetorik
Citation du texte
Gabor Nagy (Auteur), 2006, Kontrastive rhetorische und sprachwissenschaftliche Untersuchung an deutschen und ungarischen Werbeslogans aus dem Spiegel und der HVG, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84004

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